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Lieben Sie sich selbst?

Eine Frage und eine Reise hin zu Heilung und innerem Frieden

Aus der Juli 2010-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es war ein entscheidender Moment in der Geschichte: Der Wechsel in ein neues Jahrzehnt stand kurz bevor und jeder dachte an Frieden und hoffte auf Frieden. Bedeutende Friedensinitiativen waren weltweit im Einsatz und viele religiöse Gemeinschaften widmeten ihr Gebet ganz bewusst diesem Ziel.

Dann, im Jahr 1989, fiel völlig friedlich die Berliner Mauer, durch die diese Stadt seit 28 Jahren getrennt gewesen war, und 1994 löste sich das Apartheidsregime auf, das auch Südafrika seit 46 Jahren geteilt hatte. Diese Ereignisse schienen wie ein gnadenreiches Wunder.

Zu dieser Zeit wurde so eine Vielzahl von Vorschlägen zur Erlangung von Frieden geäußert, dass ich nicht mehr genau sagen kann, von wem die folgenden Worte stammten, aber sie blieben mir im Gedächtnis:

„Zuerst sei im Frieden mit Gott.
Dann kannst du in Frieden mit dir selbst sein.
Danach kannst du in Frieden mit deinem Nächsten sein.
Und dann wird es Frieden auf Erden geben."

Diese vier Schritte, die so beeindruckend in ihrer absoluten Schlichtheit sind und von denen keiner ausgelassen und deren aufgestellte Ordnung nicht verändert werden darf, bedeuten mir sehr viel. Ich stellte außerdem fest, dass diese Schritte, wenn man das Wort Frieden durch das Wort Liebe ersetzt, das widerspiegeln, was in den von Jesus als den zwei größten bezeichneten Geboten zum Ausdruck kommt: „Liebe den Herrn deinen Gott von ganzem Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Gemüt ... Das andere aber ist dem gleich: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst." (Matthäus 22, Neue Internationale Übersetzung)

Unseren Nächsten lieben wie wir uns selbst lieben!

Beinahe jedem, mit dem ich mich von da an unterhielt, stellte ich die Frage: „Liebst du dich selbst?" Die Antworten überraschten mich! Über 80 Prozent waren negativ – manchmal kam nur ein einfaches „Nein". Andere sagten: „Nicht wirklich; mir war nicht klar, dass ich das tun sollte; ich wüsste auch gar nicht wie." Oder: „Ich dachte Eigenliebe wäre falsch."

Ich fragte mich: War das wirklich die Ansicht der meisten Leute über die Liebe?

Die Antworten schienen klar darauf hinzuweisen, dass der zweite Schritt – mit sich selber in Frieden zu sein – für gewöhnlich fehlte. Für viele ist die Vorstellung, Gott und seinen Nächsten zu lieben, nachvollziehbar und sinnvoll, aber die ldee, sich selber zu lieben, weit weniger. Die meisten schienen dies wesentlich schwerer zu verstehen, ja es war ihnen teilweise sogar völlig unmöglich.

Als ich weiter darüber nachdachte, ich fest, dass manche Menschen eine Art innere Berliner Mauer aufbauen, Stein für Stein, um sich gegen Verletzungen, Furcht und Ablehnung zu isolieren. Sie glauben anscheinend: „Jetzt bin ich sicher! Ich werde mich nicht mehr verletzt fühlen." Aber diese Einstellung kann das Gute ebenso außen vor lassen, gewissermaßen Gottes Liebe ausschließen, wobei sie sich zur selben Zeit bemühen, eine Liebe zu verstehen und zu fühlen, die sie nie kennen gelernt haben – und das, obwohl sie versuchen, ihre eigenen Verletzungen los zu werden, indem sie anderen Gutes tun.

Ich beschloss, einen ganzen Tag lang gründlich über das schmerzhafte Bedürfnis so vieler nach dem Gefühl geliebt zu werden, zu beten. Mary Baker Eddy schreibt: „Die göttliche Liebe hat immer jeden menschlichen Bedarf gestillt und wird ihn immer stillen." (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 494) Ich wollte wissen, wie das genau aussehen könnte.

Während ich innig auf eine Antwort von Gott wartete, fiel mir Jesus Gleichnis vom verlorenen Sohn ein. (Lukas 15) Diese bekannte und zeitlose Geschichte von einem jüngeren Sohn, der sein Erbe einfordert. Sein Vater gibt es ihm, ungeachtet der eigentlich sehr kränkenden Tatsache, dass die Sicht des Sohnes impliziert, dass der Vater für ihn gewissermaßen schon tot ist. Mit der zeit haben viele Menschen die Antwort dieses Vaters mit der Gottes, unseres himmlischen Vaters, gleichgesetzt und mit Seiner unfehlbaren Liebe zu uns, Seinen Kindern.

In der Geschichte bricht der Sohn augenblicklich zu einem weit entfernten Ziel auf, lebt ein wildes Leben und gibt all sein Geld aus. Als sein Erbe verbraucht ist, ist alles weg. So scheint es zumindest. Der Sohn befindet sich in einer tristen Umgebung. Er findet einen Job, bei dem er Schweine füttert, aber es scheint, als ob ihm niemand etwas abgibt – vielleicht auch, weil er nichts erwartet. Sogar das, was er den Schweinen verfüttert, scheint ihm auf einmal appetitlich zu sein!

Allmählich regt sich in dem Sohn die Erkenntnis, wer er wirklich ist. Er bricht auf und beschließt nach Hause zu gehen, um seinen Vater zu finden. Als der Vater ihn sieht, läuft er ihm entgegen und umarmt ihn, als ob er nie weg gewesen wäre. Aber, und das fand ich bemerkenswert, der Sohn weist die Liebe zurück. Er sagt seinem Vater, dass er ihn bestimmt nicht mehr lieben möchte, wenn er erst einmal erfährt, was er getan hat, und dass er es nicht wert sei, sein Sohn zu sein. Weil er noch nicht gelernt hat, wie er sich selbst lieben kann, stoßt er genau das von sich, wonach er sich so sehnt.

Doch der Vater scheint das nicht zu bemerken. Er bringt ein schönes Gewand, Schuhe und einen Ring herbei, alles äußerliche Zeichen dafür, dass dieser junge Mann wirklich sein Sohn ist. Und danach wird seine sichere Heimkehr mit einem großen Fest gefeiert.

Da gibt es jedoch noch einen älteren Bruder, der das überhaupt nicht gerecht findet. Er ist zu geblieben, hat gearbeitet und wurde nie gefeiert. In seiner Eifersucht stößt auch er die väterliche Liebe zurück.

Jesus führt seine Zuhörer zur bedingungslosen Liebe Gottes; als Sohn oder Tochter (also jeder von uns) werden wir immer von Gott geliebt und gesegnet.

Zum ersten Mal betrachtete ich die Auseinandersetzung mit dem Vater nicht so sehr als eine zwischen zwei Söhnen und einem Vater, sondern als eine von verschiedenen Gedankenzuständen. die uns scheinbar von Gottes Gegenwart trennen wollen. Jesus führt seine Zuhörer zur bedingungslosen Liebe Gottes; als Sohn oder Tochter (also jeder von uns) werden wir immer von Gott geliebt und gesegnet. Jeder von uns hat sein oder ihr eigenes geistiges Erbe, das niemals geteilt werden oder verloren gehen kann.

Der Vater, der sich über beide Kinder freut, sagt zu seinem älteren Sohn: „Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein." (Lukas 15) Und das ist Gottes Zusicherung an uns alle: „Alles, was mein ist, ist dein, und dein, und dein."

Als diese umwandelnde kraft der göttlichen Liebe mein Denken durchflutete, fühlte ich plötzlich in mir eine Berliner Mauer fallen. Ich fühlte mich tief in meinem Sein absolut eins mit Gott. In diesem Moment verstand ich besser denn je die Einheit von Vater und Sohn, Schöpfer und Schöpfung, Liebe und Geliebten.

Interessanterweise klingelte kurz darauf mein Telefonund es hörte gar nicht mehr auf. Ich hörte von Umwandlungen, die stattfanden, von wiederhergestellten Beziehungen, von Selbstwertgefühl, das Selbstverdammung ersetzte. Ein paar Tage später rief mich jemand noch einmal an, der mir schon vorher am Telefon von seinem gefundenen Selbstwert erzählt hatte, dass sein inniges Gebet nach einem Partner beantwortet worden war. Dies bestätigte mir, dass wir bereit sind andere zu lieben, wenn wir uns selber in der richtigen Weise lieben. Als ich die Leute danach fragte, ob sie sich selber lieben, kam als häufigste Antwort: „Wie?" Es gibt einen Bibelvers, der mir bei der Erklärung half. lm 1. Brief des Johannes heißt es: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt." (1. Johannes 4) Es scheint mir nur natürlich, einen Gott zu lieben, der uns liebt. Wunderbarerweise braucht man diese Liebe nicht erst zu verdienen. Sie ist bereits hier und es liegt an uns, sie zu akzeptieren. Darüber hinaus hat genau dieser Gott, der göttliche Liebe ist, uns als Sein Bild und Gleichnis geschaffen. (siehe 1. Mose 1) Wie könnten wir es also nicht lieben, Gottes einzigartige, individuelle ldee zu sein?

Diese Wahrheit zu entdecken mag eine Reise erforderlich machen, wie die des jüngeren Sohnes, aber wir werden letztlich immer an demselben Platz landen – in den Armen unseres himmlischen Vaters, Gott, Dann werden die Wunden des Lebens die Macht verlieren, uns zu begrenzen. So wird es möglich, das Gepäck unglücklicher Erinnerungen, das so lange und schwer zu tragen war, loszulassen. Mit Erleichterung und Freude sehen wir die Last, zusammen mit allen negativen Eigenschaften, abfallen, die niemals zu den Söhnen und Töchtern Gottes gehört hat und niemals gehören wird.

Ich habe miterlebt, wie eine Bekannte von mir diese Freiheit erreicht hat. Ihre Mutter war schwere Alkoholikerin und verhielt sich jahrelang ausfallend und aggressiv. Wie es manchmal tun, glaubte meine Bekannte, dass es irgendwie ihr Fehler sei. Je schlimmer das Verhalten ihrer Mutter wurde, desto mehr verurteilte sie sich selber dafür, keine bessere Tochter zu sein.

Als meine Freundin die Christliche Wissenschaft zu studieren begann, bat sie einen Praktiker der Christlichen Wissenschaft um Hilfe durch Gebet. Sie studierte die wöchentlichen Bibellektionen der Christlichen Wissenschaft, obwohl sie ihr wie eine neue Sprache vorkamen und die Worte für sie keinen Sinn ergaben.

Eines Tages wies sie jemand darauf hin, dass sie mit der Misshandlung durch ihre Mutter nicht einverstanden sein oder sich damit abfinden Müsse. Das war der Weckruf. Diese Worte waren für sie wie eine göttliche Engelsbotschaft und sie war bereit, sie zu empfangen und danach zu handeln. Später stellte sie fest, dass die Gedanken in den Bibellektionen eine erhebliche Wirkung auf ihr Denken hatten, noch bevor sie sich dessen bewusst war. Die Lektionen hatten ihr Denken sanft für das Gute von Gott geöffnet.

In den folgenden Monaten ließ sie Stück für Stück das Gefühl fallen, dass ihr eigener Wert von der Anerkennung durch ihre Mutter abhinge. Stattdessen wandte sie sich an eine höhere Quelle – an Gott, den sie als ihren tatsächlichen und göttlichen Vater-Mutter anerkannte, ihre wirklichen Eltern. Letztendlich wurden Maßnahmen ergriffen, in deren Folge man sich professionell um ihre Mutter kümmerte und diese das Trinken aufgeben konnte. Heute ist meine Bekannte in der Lage, für ihre Mutter Dinge aus ehrlicher Zuneigung zu tun, und ihre Mutter kann ihr im Gegenzug Anerkennung schenken.

Meine Bekannte schrieb mir:„Ich lernte verstehen, dass es unmöglich für mich ist, ein guter Nachbar, ein guter, Samariter' oder auch nur eine gute Tochter zu sein, ohne zuerst meine eigene verhungerte Zuneigung an der göttlichen Quelle zu stillen. Danach konnte ich lernen, andere so zu lieben, wie ich von Gott geliebt werde."

Und auf diese Weise wird unsere Wahrnehmung der Welt umgewandelt, ein Leben nach dem anderen, bis die universelle Natur der göttlichen Liebe gesehen und Frieden spürbar wird. So wie es dieses Lied verspricht:

„So tritt Vollkommenheit zutag; Ihr Strahlenglanz umfängt die Welt." (Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Lied Nr. 363)

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