Kürzlich blätterte ich eine der großen, angesehenen Tageszeitungen in Deutschland durch. Ich suchte nichts Bestimmtes. Doch plötzlich fiel mein Blick auf Seite eins auf eine Tabelle, die die Verschuldung der Staaten der Eurozone aufzeigte.
Auf Seite zwei gab es Zahlen zu einem ganz anderen Thema: Es waren gerade die jüngsten Arbeitslosenzahlen bekannt gegeben worden. Auf Seite drei gab es einen Hintergrundbericht über den Anteil rechtsextremer Abgeordneter in deutschen Landtagen. Ich will Sie jetzt nicht mit Zahlen aufhalten, aber durchgängig bis Seite 8 gab es auf jeder Seite Zahlen und Tabellen. Der flüchtige Eindruck war, dass all diese Zahlen nicht gerade verheißungsvoll waren, ja, dass sie sogar das Gegenteil suggerierten. Und ich fragte mich: Wo sind die Zahlen über neue Firmengründungen, wo die Tabellen über das harmonische Zusammenarbeiten von Menschen unterschiedlicher Nationalität, wo der Beleg für Lembereitschaft und Friedfertigkeit vieler Jugendlicher?
Und das führte mich zu einer viel grundlegenderen Frage: Was wird da eigentlich gemessen? Was wird mit diesen Aussagen gemacht? Und letztlich, wenn ich mich als Praktiker der Christlichen Wissenschaft sehe: Wie messe ich Gebet? Ist Geistigkeit mess bar?
Inzwischen gibt es viele Studien, die in einem mathematischen Sinne belegen wollen (und zum Teil auch können), dass die Beschäftigung mit geistigen Begriffen, im weitesten Sinne mit Gott, Religiosität und Gebet, das Wohlbefinden des Menschen beeinflussen, seine Gesundheit stärken kann. Es gibt Studien, die zeigen, wie eine demütige und zugleich aufgeschlossene Haltung positive Wirkungen auf den Körper hat und mancher Genesungsprozess schneller geht als bei gleichen Patientengruppen, die eher als eigensinnig oder stur bezeichnet werden.
Kein Wunder, so heißt es in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Eine sterbliche, körperliche oder endliche Vorstellung von Gott kann die Herrlichkeiten des grenzenlosen, unkörperlichen Lebens und der grenzenlosen unkörperliche Liebe nicht umfassen. Daher das unbefriedigte menschliche Verlagen nach etwas Besserem, Höherem und Heiligerem, als der materielle Glaube an einen physischen Gott und einen physischen Menschen bietet. ... Der Mensch spiegelt Unendlichkeit wider und diese Widerspiegelung ist die wahre Idee Gottes.“ (S. 258)
Die Tatsache, dass ich das Gewicht, i. e. die Bedeutung eines Gebets nicht in Kilogramm messen kann, heißt nicht, dass Gebet keine Wirkung hätte. Es besagt lediglich, dass es andere Einflüsse im Leben gibt als diese zählbaren Elemente wie Körpergewicht, Temperatur oder Blutdruck.
Dass sich mehr und mehr Menschen mit nicht-materiellen Einflüssen beschäftigen, dass sie in Geistigkeit und Spiritualität einen Wert an sich sehen, wurde kürzlich auf dem so genannten bleep-Kongress in Stuttgart deutlich. (Siehe www.bleepkongress.de) Wie die Veranstalter berichteten, haben mehr Menschen als je zuvor diese Veranstaltung besucht, auf der Wissenschaftler verschiedener Richtungen sich in ihrer ihnen geeignet erscheinenden Weise der Aufgabe näherten, das Wirken von Gedanken wissenschaftlich zu erfassen, zu beschreiben und nachzuweisen. Manche der Ansprachen versuchten, im feinstofflichen Bereich Einflüsse zu erfassen, von denen die traditionellen Wissenschaften wenig halten, andere zielten sehr bewusst auf die Geisteshaltung jedes einzelnen Menschen ab und betonten den Wert, sich selbst als geistige Einheit zu identifizieren.
Übereinstimmendes Fazit war, dass sich die Gesellschaft in den letzten zehn Jahren dramatisch gewandelt hat und es eine große Offenheit und Bereitschaft gibt, sich mit spirituellen Fragen zu beschäftigen und vorurteilsfrei so manche alt hergebrachte Vorstellung über Welt, Mensch und Leben herauszufordern und bereit für neue Wege und Antworten zu sein.
Auch diese Entwicklung entzieht sich weitgehend einer Darstellung durch Zahlen, aber sie ist dennoch spürund erkennbar. Oder wie Mary Baker Eddy, die Autorin des oben genannten Buches sagt: „Geistige Ideen gehen, wie Zahlen und Töne, vom Prinzip aus und lassen keine materialistischen Ansichten zu. Geistige Ideen führen zu ihrem göttlichen Ursprung, zu Gott, hinauf und zur geistigen Auffassung vom Sein.“ (S. 298)