Waren Sie schon einmal versucht, die Auswirkungen einer Kirche mathematisch zu errechnen, vielleicht mit Variablen für die Anzahl der Anwesenden, die Größe der Sonntagsschule usw.? Mir ist das schon passiert. In einer Gesellschaft mit sozialen Netzwerken in Milliardenhöhe, wo Abonnenten und „Gefällt mir“-Angaben anzeigen, wie stark etwas anerkannt wird, ist vielleicht der Wunsch verständlich, den Wert einer Kirche anhand ähnlicher Formeln zu messen.
Nach dieser Logik müsste ein Gottesdienst mit 27 Anwesenden sich 42 Prozent mehr auf das Umfeld auswirken, als ein Gottesdienst, dem 19 Personen beiwohnen. Dieser Algorithmus würde ferner ergeben, dass die Zusammenkünfte im Haus der Frühchristen nur etwa ein Prozent der Auswirkungen hatten, die die heutigen Megakirchen mit möglicherweise 5000 Teilnehmern pro Gottesdienst haben.
Eine so oberflächliche Analyse lehnen wir instinktiv ab. Doch was würden wir davon halten, wenn nur eine Person am Gottesdienst teilnimmt? Mathematisch gesehen, nicht viel. Aber was ist, wenn diese eine Teilnehmerin Ihre Mutter, Schwester oder Tochter wäre und eine Sache, die sie in dieser Stunde hörte, ihr Denken umwandeln und sie heilen würde? Was wäre, wenn diese eine Heilungserfahrung diese Person so verändert, dass sie inspiriert wird, anderen zu helfen, selbst Heilung und neue Hoffnung zu finden? Wie würden wir dann die Auswirkungen dieses Gottesdienstes messen?
Sobald wir erkennen, dass jeder Mensch einen unendlichen Wert hat, verstehen wir, dass Rechnungen und Analysen uns nicht viel über den Wert von Kirche mitteilen können, weder was ihre gegenwärtigen Auswirkungen angeht, noch was die Zukunft bringen könnte.
Christus Jesus schien es gleichgültig zu sein, ob ein Leprakranker oder eine hungrige Menge von 5000 Menschen vor ihm stand. Er war in allen diesen Augenblicken „von Mitleid bewegt“, wie uns die Bibel erklärt. Und das Ergebnis war immer wieder Heilung – Heilung, die das Leben von Menschen auf ganz individuelle Weise umwandelte.
In einem seiner Gleichnisse über die Macht von Gottes rettender Liebe scheint Jesus seine Nachfolger auf die wundervolle Heilung eines einzelnen Menschen aufmerksam machen zu wollen: „So, sage ich euch, wird vor den Engeln Gottes Freude sein über einen Sünder, der Buße tut“ (Lukas 15:10).
Im Jahr 1867 bestand die Bewegung der Christlichen Wissenschaft offenbar aus zwei Personen: aus Mary Baker Eddy und ihrem ersten Schüler. Sie schreibt im Vorwort zum Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Die erste Schule für christlich-wissenschaftliches Heilen durch Gemüt wurde von der Autorin mit nur einem Schüler um das Jahr 1867 in Lynn, Massachusetts, gegründet“ (S. xi).
Was wäre, wenn Mrs. Eddy beschlossen hätte, die Christliche Wissenschaft erst zu unterrichten, wenn sie 10 oder vielleicht gar 50 Schüler zusammen hatte? Wäre daraus jemals eine Bewegung entstanden?
Diese Beispiele zeigen mir, dass die Wissenschaft des Christentums, einschließlich ihrer Entwicklung als Kirche, nicht auf Zahlen beruht. Solange es eine Person gibt, die Hilfe braucht, haben wir die Gelegenheit, die Macht von Kirche zu demonstrieren und zu sehen, dass sie „den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt“ (siehe Definition von Kirche im Glossar von Wissenschaft und Gesundheit, S. 583).
Wir kennen nicht alle Gründe, warum Mrs. Eddy im Handbuch der Mutterkirche ein Verbot erteilte, die Personen zu zählen (siehe S. 48). „Christliche Wissenschaftler“, so lesen wir dort, „dürfen weder die Anzahl der Mitglieder Der Mutterkirche noch die der Zweigkirchen zum Zweck der Veröffentlichung bekanntgeben. Gemäß der Heiligen Schrift müssen sie sich von der Persönlichkeit und dem Zählen von Personen abwenden.“
Eins ist klar: Die Teilnehmer der Gottesdienste oder der Sonntagsschule zu zählen kann uns in die Irre führen, egal ob uns das Ergebnis groß oder klein erscheint. Wenn wir nicht aus tiefstem Herzen den Wert eines jeden Menschen akzeptieren, wird uns eine geringe Zahl entmutigen. Andererseits bringt eine augenscheinlich große Gemeinde und Sonntagsschule das Risiko der Bequemlichkeit mit sich – ein Leerlauf bei aufgebrauchtem Gastank, den frühere Arbeiter der Kirche einst gefüllt haben.
Doch wie ist es, wenn wir trotz unseres tiefen Engagements für die Christliche Wissenschaft und unserer Überzeugung von ihrem Wert für jeden Menschen weiter über leere Sitzbänke oder Sonntagsschulklassen entmutigt sind?
Algorithmen und Analysen sind unfähig, uns viel über den Wert von Kirche mitzuteilen.
Vor Jahren lud ich ein paar Freunde und Verwandte zu einem Konzert meiner Lieblingsmusiker Sergio und Odair Assad ein. Diese brasilianischen Brüder gehören zu den besten Konzertgitarristen der Welt. Bei anderen Konzerten hatte ich höchstens Plätze auf dem Rang finden können, weit entfernt von der Bühne. Doch diesmal war es ganz seltsam. Das Konzert fand in einem kleinen College am Stadtrand statt, das wenig Werbung betrieben hatte, und so war der Konzertsaal für mehrere Hundert Menschen mit 15 Leuten völlig unterbesetzt. Wir saßen alle in den ersten paar Reihen, und hinter uns herrschte Leere.
Erst taten mir diese beiden wundervollen Musiker leid. Auch für meine Gäste tat es mir leid. Sie hatten mir vertraut, als sie mit ins Konzert gingen, und nun war sonst kaum jemand da. Doch nach den ersten Klängen der Assad-Brüder verschwanden alle Zweifel. Man spürte nichts als Liebe – ihre Liebe zur Musik und zu uns Zuhörern und unsere Liebe für das Privileg, dort zu sein. Ich weiß noch, wie ein Mann rechts von mir seinen Kopf auf die Hände gestützt hatte, offenbar voll Dankbarkeit, einem Zusammenspiel derart lyrischer Virtuosität beiwohnen zu können.
Ich war noch nie so dankbar für die Schönheit der Musik wie an jenem Abend. Machte es etwas, dass so viele Sitze leer waren? Eigentlich nicht. Ich glaube, dass die Anwesenden sich höchstens vornahmen, nächstes Mal mehr Leute einzuladen.
Als ich über dieses Konzert nachdachte, fand ich, dass es mit einigen Erfahrungen vergleichbar war, die wir in der Kirche, der Sonntagsschule, dem Leseraum oder in Vorträgen machen. Wenn wir von einer einzelnen Heilungserfahrung oder einem Besucher der Sonntagsschule hören, der mit einem neuen Verständnis seines Selbstwerts wieder geht, bedeutet unsere Dankbarkeit für diese eine Demonstration mit all der Verheißung des Guten, die sie enthält, mehr als jede Rechenart erbringen könnte.
Der Begriff Mensch (Gottes geistiges Bild und Gleichnis) umfasst alle Menschen, und wie wir in Wissenschaft und Gesundheit lesen, ist der Mensch „die zusammengesetzte Idee Gottes“ (S. 475). Also demonstriert jeder für Christus, Wahrheit, empfängliche Mensch ein für alle Kinder Gottes greifendes Gesetz der Empfänglichkeit. Im Gegenzug dazu leugne ich die Empfänglichkeit aller Menschen für den Christus – meine eingeschlossen –, wenn ich Zweifel über die Bereitschaft eines Menschen für Kirche hege. Das möchte ich auf keinen Fall!
Der Junge hebt unbeeindruckt einen weiteren Seestern auf und wirft ihn ins sichere Wasser.
Mehrere Jahre nach dem Gitarrenkonzert, als ich relativ neu im dreijährigen Amt des Ersten Lesers war, der die Gottesdienste unserer Zweigkirche leitet, gab mir eine Geschäftsreise in einen anderen Teil des Landes die Gelegenheit, über dieses neue Kapitel in meiner Erfahrung mit Kirche nachzudenken. Ich hatte mich gerade an den Ablauf der Vorbereitungen für die Sonntagsgottesdienste und die Mittwochabend-Zeugnisversammlungen gewöhnt. Doch nun ich fragte mich: Was ist, wenn ich alles zu lässig mache? Kann mir diese Aufgabe als Pflicht erscheinen statt als inspirierte Aktivität? Mein Beruf erforderte so viel Einsatz, wie konnte ich da sichergehen, dass mir die Arbeit des Ersten Lesers nie zur Last wurde?
Als ich über diese Fragen nachdachte, war ich mit folgender Suggestion konfrontiert: Naja, wenn mehr Leute kämen, würde sich dein Einsatz lohnen. Und dann fiel mir ein Wort ein: Seestern. Ich musste an einen Essay von Loren Eiseley mit dem Titel „Die Geschichte vom Seestern“ denken. Eine der vielen Abwandlungen von der Geschichte handelt von einem Jungen, der einen am Strand angespülten Seestern ins Wasser zurückwirft, um ihn zu retten. Ein Mann am Strand weist ihn darauf hin, dass das nutzlos ist. „Es gibt Tausende von Seesternen an diesem Strand. Deine Hilfe bringt da nichts.“ Der Junge hebt unbeeindruckt einen weiteren Seestern auf und wirft ihn ins sichere Wasser. „Diesem Seestern bringt es etwas“, erklärt er.
Die Botschaft war klar. Solange der Fokus auf einer Gemeinde oder Sonntagsschule als etwas Abstraktem liegt, einer gestaltlosen Gruppe ohne Rücksicht auf den Einzelnen, dann mag ein Ordner oder Sonntagsschullehrer oder Leser meinen, dass es sich nicht lohnt. Doch sobald wir erkennen, dass jemand die heilende Liebe der Kirche aufnehmen kann und diese Liebe wirklich auf neue Weise braucht, dann kann sich unsere gesamte Sichtweise ändern, auch wenn es nur um eine Person geht.
Nicht lange nach meiner Rückkehr von der Geschäftsreise fing ich an, in der ruhigen Vorbereitungszeit vor den Mittwoch-Zeugnisversammlungen ein oder zwei Zeugnisse aus dem Kapitel „Früchte“ in Wissenschaft und Gesundheit zu lesen. Zu sehen, wie das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft einen Menschen umgewandelt hatte – und zweifellos auch andere erhoben hatte, die diese Person kannten –, reichte aus, um mir ins Gedächtnis zu rufen, wie ein einzelnes Zeugnis eine Familie, eine Kirche oder eine Stadt erheben kann.
Und manchmal glaubte ich zu Anfang der Lesung an einem Mittwochabend oder beim Gebet des Herrn am Sonntagmorgen, dass ich derjenige war, der die heilende Macht von Kirche am meisten brauchte, die sich durch ein fröhlich gesungenes Lied oder ein dankbar abgegebenes Zeugnis äußerte.
Nun zähle ich die Menschen nicht mehr, sondern empfinde eine erneuerte Dankbarkeit für jedes Gebet, jedes Zeugnis und jeden Augenblick in der Kirche. Die Kirche verheißt Heilung für jeden Menschen und somit für die ganze Menschheit.