Vor zweitausend Jahren kam Jesus in die Welt, um den Menschen die Wahrheit näherzubringen. Dieser langersehnte, prophezeite Messias bzw. Gesalbte verschrieb sich einzig und allein der Anbetung Gottes, des Geistes. Die von Jesus offenbarte Wahrheit war ein Reich, das nicht auf Erden – im Fleisch – war, sondern in Geist.
Er offenbarte die Einheit des Menschen mit dem einen göttlichen Vater-Mutter-Gott. Wir lesen im ersten Johannesbrief: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater geschenkt, dass wir Gottes Kinder heißen sollen! ... Geliebte, wir sind nun Gottes Kinder“ (3:1, 2). Das impliziert eine völlig neue Denkweise, denn der Vater, Gott, ist Geist, und somit müssen Seine Nachkommen vollständig geistig sein.
Jesus drängte die Menschen immer wieder, Buße zu tun, was im Griechischen „den Sinn ändern“ bedeutet (Rudolf Kassühlke, Kleines Wörterbuch zum Neuen Testament), bzw. „anders denken“. Er wies auf die Notwendigkeit hin, die alten materiellen Sichtweisen vom Leben abzulegen, um Platz für eine neue, geistige Denkweise zu schaffen. Es können nicht zwei Gegensätze – Materie und Geist – gleichzeitig existieren. Jesus offenbarte die große Wirklichkeit, dass Geist alles erschaffen hat; somit muss Materie, das Gegenteil von Geist, unwirklich sein und ist es auch.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, folgte Christus Jesus hingebungsvoll nach. In ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift offenbarte sie die Wissenschaft dieser Heilsmission. Dort schreibt sie: „Die Wissenschaft offenbart, dass es im Geist nichts gibt, woraus Materie erschaffen werden könnte. Die göttliche Metaphysik erklärt Materie zum Nichts. Geist ist die einzige Substanz und das einzige Bewusstsein, das von der göttlichen Wissenschaft anerkannt wird“ (S. 278). Und ferner: „Die Materie verschwindet unter dem Mikroskop des Geistes“ (S. 264).
Diese neue, von Jesus gelehrte Denkweise ist so radikal, dass wir dafür „von Neuem geboren“ werden müssen, wie er es ausdrückte: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen. ... Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht ins Reich Gottes kommen“ (Johannes 3:3, 5). Im griechischen Originaltext kann „von Neuem geboren“ die Bedeutung „von oben geboren“ erhalten. Das zu verstehen ist wichtig, wenn wir in Jesu Fußspuren folgen und so heilen wollen wie er.
Und was bedeutet es, aus Wasser und Geist geboren zu werden? Wissenschaft und Gesundheit erklärt in der geistigen Auslegung der Schöpfungsgeschichte in 1. Mose 1, dass „Wasser die Elemente des Gemüts symbolisiert“ (S. 507). Aus Wasser und Geist geboren zu werden, muss somit bedeuten, das Verständnis zu erlangen, dass wir in Wirklichkeit Ideen des göttlichen Gemüts, Gottes, sind und nicht Sterbliche in einer materiellen Welt.
Da der Mensch eine geistige Idee ist, lehrte Jesus seine Nachfolger, über sterbliche Phänomene (das, was wir mit den Augen sehen) hinaus zu sehen und geistige Wahrnehmung zu erlernen. Er lehrte uns, auf ungesehene Dinge zu schauen, statt auf das, was wir mit den materiellen Sinnen sehen, die trügerisch sind. Ein bekanntes Sprichwort sagt: „Man glaubt, was man sieht und hört.“ Auf diese Weise redet ein Zauberer dem Publikum ein, dass seine Illusionen echt sind – er macht sich die illusorische Natur der körperlichen Sinne zunutze.
Zu glauben, was wir mit unseren Augen sehen, wird uns niemals geistiges Verständnis eröffnen. Deshalb wies uns Jesus an: „Richtet nicht nach dem Schein, sondern richtet ein gerechtes Gericht“ (Johannes 7:24). Im Deutschen wie im Griechischen kann sich sehen auf mentale Wahrnehmung beziehen. Das Glossar in Wissenschaft und Gesundheit definiert Augen als „geistiges Erkennen – nicht materiell, sondern mental“ (S. 586).
Als die Ärzte Mrs. Eddy nach einer schweren Verletzung aufgegeben hatten, schlug sie ihre Bibel auf und las den Bericht einer Heilung von Jesus. Sie erkannte, dass Materie – das, was die Welt als die Grundlage des Lebens betrachtet – an der Heilfähigkeit des Meisters völlig unbeteiligt war, und war augenblicklich geheilt. Diese Heilung und das Verständnis der Wahrheit, das sie bewirkt hat, ebnete den Weg, die göttliche Wissenschaft zu entdecken.
Mrs. Eddy erklärt mutig: „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie. Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Manifestation, denn Gott ist Alles-in-allem“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468). Und sie schreibt in Vermischte Schriften 1883–1896: „Was kann mehr sein als Alles? Nichts, und gerade so bezeichne ich die Materie: Nichts“ (S. 26).
Wenn die Materie nichts ist, dann hat Jesus nicht Materie geheilt, sondern den falschen Glauben an die Materie. Wenn wir eine Praktikerin oder einen Praktiker der Christlichen Wissenschaft um metaphysische Behandlung bitten, ist es deshalb nicht hilfreich zu denken: „Ich habe folgende Krankheit, weiß aber, dass die Christliche Wissenschaft sie heilen kann.“ Wie Jesus versucht die Christliche Wissenschaft nicht, Materie zu heilen. Vielmehr beweist sie, dass Materie nicht existiert und somit machtlos ist, einen unerfreulichen Zustand für den Menschen zu schaffen. Diese große Wahrheit zu akzeptieren führt zu Heilung.
Die Vorstellung, wir würden Materie heilen, ist auf zweierlei Weise problematisch. Wenn wir erstens glauben, Materie in Ordnung zu bringen, stellen wir uns auf die falsche Grundlage, dass wir wieder krank oder aber alt und schwach werden können. Doch wenn wir die Unwirklichkeit der Materie verstehen, räumen wir die Möglichkeit einer wiederkehrenden oder neu geformten Krankheit aus. Und zweitens, wenn die Christliche Wissenschaft einfach Materie in Ordnung bringt, sind wir hinsichtlich des Fortschritts der Heilung von der Materie abhängig; doch wir wollen auf geistigen Fortschritt achten. Der Blick auf die Materie führt uns zurück zu deren Ausgangspunkt – dem Glauben, dass das Unwirkliche in Ordnung gebracht werden muss. Inspiriertes Verständnis akzeptiert das, was wirklich ist, statt zu versuchen, das zu verändern, was unwirklich ist.
Gott weiß nichts von Materie, daher wäre die Bitte, Er möge sie heilen, ungefähr so sinnvoll wie die Bitte, Er möge in einen sterblichen Traum eingreifen und die Traumbilder anders anordnen. Das ist unmöglich, denn Traumbilder haben ja keine Wirklichkeit. Gott, das unendliche Gemüt, kennt nur die Vollkommenheit Seiner geistigen Schöpfung und sonst nichts.
Die Unwirklichkeit der Materie und unser Verständnis ihrer Nichtsheit ist die Grundlage der Christlichen Wissenschaft und befähigt uns, Heilung zu bezeugen. Mrs. Eddy schreibt auf Seite 113 von Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes: „... Paulus erklärt die Wahrheit des gesamten Systems der Christlichen Wissenschaft in diesen kurzen Sätzen: ‚So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind, die nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist [hier nach der King James Bibel]. Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christus Jesus, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.‘“