Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass die Nachrichtenmedien zunehmend das Wort Chaos verwenden. Es beschreibt Verwirrung, Unordnung und unvorhergesehene Dinge, die im menschlichen Körper, in der Politik und der Natur auftreten. Alle derartigen Zustände vermitteln ein beunruhigendes, irrtümliches Gefühl der Abwesenheit von Kontrolle seitens einer einzelnen regierenden Macht bzw. eines die Herrschaft ausübenden Prinzips. Der Dichter Wiliam Butler Yeats drückt dies in seinem Gedicht „Das zweite Kommen“, das den Antichristen darzustellen scheint, folgendermaßen aus: „Die Welt zerfällt, die Mitte hält nicht mehr.“
Das Konzept des Chaos entstammt der Leere. Das erste Kapitel der Bibel erwähnt eine finstere Tiefe (siehe 1. Mose 1:2). John Milton bezeichnete diese Leere in seinem epischen Gedicht Das verlorene Paradies als Chaos, und ein Wörterbuch definiert Chaos als „ungeordneter Zustand vor Einsetzen schöpferischer Gestaltung“ (Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Nachbearbeitung; woerterbuchnetz.de). Das verallgemeinerte Verständnis des Begriffs, bei dem es um Unordnung und Verwirrung geht, existiert bis heute.
Doch die Christliche Wissenschaft zeigt, dass das Konzept von Chaos falsch ist, indem sie Gott als göttliches Prinzip und unendlichen Geist offenbart, der von Anbeginn allen Raum erfüllt. Mary Baker Eddy erklärt im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Das Unendliche hat keinen Anfang. Das Wort Anfang wird gebraucht, um das Einzige zu bezeichnen – das heißt, die ewige Wahrheit und Einheit von Gott und Mensch, einschließlich des Universums“ (S. 502). Gott ist der alleinige Schöpfer, und da Gott Geist ist, muss Seine Schöpfung vollständig geistig sein. Geist hat keine Materie geschaffen, und somit hat Materie noch nie existiert, auch nicht als eine sogenannte finstere Tiefe bzw. Leere. Die Allgegenwart des Geistes schließt jegliche Leere aus, und das allmächtige göttliche Prinzip ordnet und regiert das Universum.
Ein neues Teilgebiet wissenschaftlicher Forschungen mit der Bezeichnung Chaostheorie beschreibt, „wie in scheinbar zufälligen und unvorhersehbaren Systemen dennoch eine zugrundeliegende Ordnung existiert“ (studysmarter.de) und dass mithilfe von Mathematik und Physik Muster, die in dynamischen Systemen als von einer Ursächlichkeit entstanden erkannt wurden, dazu genutzt werden können, zukünftige Begebenheiten vorherzusagen. Aufgrund dieser Theorie aufgestellte Modelle finden sich beispielsweise in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr, Computerwissenschaft und bei der Wettervorhersage.
Vor Jahren habe ich eine Bildungssendung im Fernsehen zu diesem Thema gesehen, und ein Segment war von ganz besonderem Interesse für mich. Eine Glasvase wurde über einem gefliesten Boden fallengelassen und zerbrach wie erwartet, wobei die Scherben sich in alle Richtungen verteilten. Das Experiment wurde daraufhin wiederholt und mit Zeitraffer-Fotografie aufgenommen. Diese Aufnahmen zeigten, dass die Vase auf formal kontrollierte, angenehm symmetrische Weise zerschlug – kein bisschen ungeordnet – und die Einzelteile sich nach einem genauen Muster bewegten.
In den seitdem vergangenen Jahren ist mir bei meinen weiteren Forschungen in der Christlichen Wissenschaft das, was ich damals gesehen hatte, noch bedeutsamer geworden. Für mich verdeutlicht es, dass der Anschein einer chaotischen Fragmentierung eine Illusion ist. Die Christliche Wissenschaft offenbart, dass die Substanz jedes Objekts mental und nicht materiell ist. Alle wahren Denkmodelle, einschließlich des Gedankens an eine Vase, haben ihren Ursprung in Gott und sind daher ewiglich intakt.
Jegliches augenscheinliche Chaos, jede Zerstörung oder Auflösung findet ausschließlich im menschlichen Denken statt. Gott, das göttliche Gemüt, kennt kein Chaos. Materielle Muster, die Unordnung und Disharmonie darstellen, sind nicht gesetzmäßig – sie sind nicht wie das heilige und unwandelbare Bild, das Mose auf dem Berg gezeigt wurde (siehe 2. Mose 25:40). Die ewige göttliche Harmonie ist sowohl ein Muster als auch eine Gesetzmäßigkeit des Friedens und der Ordnung, und Frieden und Ordnung sind Beweise für die ewige Gegenwart und Tätigkeit des göttlichen Prinzips, Liebe.
Wissenschaft und Gesundheit sagt Folgendes darüber, sich von materiellen Beobachtungen führen zu lassen: „Die alten Propheten gewannen ihren Blick in die Zukunft von einem geistigen, unkörperlichen Standpunkt aus und nicht dadurch, dass sie Unheil ankündigten und Tatsache mit Dichtung verwechselten – dass sie die Zukunft auf der Grundlage von Körperlichkeit und menschlicher Meinung vorhersagten“ (S. 84). Letztendlich lässt sich außer dem Sieg und der Herrschaft des allmächtigen Prinzips und dessen harmonischer Ordnung nichts wirklich vorhersagen.
Die Praxis der Christlichen Wissenschaft stützt sich nicht auf die Vorhersage, sondern auf die Umkehrung von Disharmonie. Das wird besonders beim Heilen der Auswirkungen von Unfällen deutlich. Das Zerschlagen der Vase war ein Experiment, ahmte aber einen Zufall oder Unfall genau nach. Die Zeitraffer-Fotos, aus denen die geordnete Fortdauer der vollkommenen Form der Vase hervorging, deuteten auf die Tatsache hin, dass das Denkmodell der Vase keineswegs zerstört worden war. Es wurde nicht zerstört, denn Gottes unwandelbare geistige Ideen, die einzig wahr und wirklich sind, fallen nie aus dem Gemüt heraus, das sie erschafft und aufrechterhält.
Da das Universum des Menschen und der Dinge eine Widerspiegelung des Geistes und vollständig geistig ist, ist eine materielle Darstellung eine Fälschung – ein Bild, das im Glauben des sogenannten fleischlichen oder sterblichen Gemüts existiert, das aber seinerseits ein irriger Glaube ist. Ein gefälschter Glaube kann das Originalobjekt oder die Originalidee ebensowenig beeinträchtigen oder ändern, wie ein Spiegel oder See das verändern könnte, was auf ihm widergespiegelt wird. Wenn man ein Bild in einem Zerrspiegel oder vom Wind aufgewühlten See betrachtet, mag es verzerrt aussehen, doch das Original bleibt unverändert. Wir lesen im Prediger: „Ich merkte, dass alles, was Gott tut, für immer besteht: Man kann nichts dazutun oder wegtun; und Gott tut das, damit man sich vor ihm fürchten soll“ (3:14).
Der Zerfall von Dingen, das Säuglingsalter und Hilflosigkeit, hohes Alter und Verfall sind irrige Muster. Sie sind keine zutreffende Darstellung vom unwandelbaren Menschen, der auf ewig die sich immer entfaltende Vollständigkeit und Vollkommenheit des selbst-existierenden Guten, Gottes, widerspiegelt. In der sterblichen Vorstellung werden Unfälle oft mit körperlichen Problemen irgendwelcher Art verbunden. Die Abhilfe liegt darin, das wahre, geistige Modell im Denken zu hegen. Heiligkeit bzw. Vollständigkeit ist wahre Gesundheit, himmlische Harmonie.
Da Geist unendliches Gutes ist, ist sein widergespiegeltes Ebenbild, der Mensch, ebenfalls vollständig und dauerhaft gut. Somit können wir Unordnung oder Chaos jeglicher Art, ob aufgrund von Unfall oder Krankheit, durch die Praxis der Christlichen Wissenschaft leugnen und als unwirklich beweisen. Wenn wir jeglichen Irrtum für uns und andere im Gebet umkehren, erkennen wir die göttlichen Gesetze der Fortdauer an, durch die alles, was Gott erschaffen hat und das nur Gottes ewiger, sich entfaltender Entwicklung unterliegt, intakt bleibt. Wir haben vielleicht noch nicht das vollkommene Verständnis erreicht, mit dem wir eine Vase „wieder zusammensetzen“ können, doch Tausende von Zeugnissen im Archiv des Herolds und seiner Schwesterzeitschriften berichten von Knochenbrüchen, die gerichtet, und anderen Problemen, die allein durch Gebet gelöst wurden – durch die Tätigkeit des heilenden Christus, des wahren Verständnisses von Gott.
Eine Vase hat eine klare Form und einen Zweck, die als Idee ewiglich intakt bleiben, und dasselbe trifft auf den Menschen zu. Daher können nicht nur Unfälle, sondern auch Krankheiten – ob körperlicher oder seelischer Art – zu diesen falschen Hypothesen des Chaos gezählt werden, denn sie sind kein Bestandteil des wahren Selbst und Lebenssinns des Menschen. Störungen und Disharmonie jeglicher Art, die körperlich aufzutreten scheinen, ob im Körper eines Einzelnen oder in der Körperschaft der Menschheit insgesamt, sind nur der Glaube an eine Trennung von unserer göttlichen Quelle, der göttlichen Liebe.
Unter der Gesetzgebung des göttlichen Prinzips, Liebe, hält die Mitte sehr wohl; es gibt kein Chaos. Jeder Teil der Schöpfung befindet sich an seinem richtigen Platz und funktioniert in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes, denn jeder Teil ist eine geistige Idee Gottes – ein ausdrücklich individualisierter Ausdruck der Eigenschaften des Geistes. Und unser Lebenszweck besteht darin, die überragende Majestät des Schöpfers zu bezeugen.
Wir beseitigen jede augenscheinliche Unordnung, indem wir diesen Wahrheitsinhalten Raum schaffen und sie lieben. Heilung ist gesichert, wenn wir daran denken, dass Gott, Liebe, sich ständig Seiner eigenen Manifestation bewusst ist, jede einzelne Seiner Ideen liebt und alle durch die Allmacht des göttlichen Prinzips segnet, erhält und regiert.
Was ist mit den entmutigenden Ansichten, die manche über die Unvermeidbarkeit von Chaos hegen? Diese Ansichten sind wahrhaft Irrtum, sie sind niemals ein Teil des wirklichen, von Gott verliehenen Bewusstseins. Der von Gott erschaffene Mensch besitzt kein eigenes Gemüt, sondern spiegelt das eine göttliche Gemüt, das göttliche Prinzip, wider. Somit ist der Glaube an Chaos unfähig, einen Menschen von seinem wahren Zweck abzuhalten: dem Vater-Mutter-Gott Ehre zu erweisen. Wenn wir dies klar verstehen, lieben wir unseren Nächsten wie uns selbst.
In Seele, Gott, herrscht weder Leere noch Chaos. Wenn wir verstehen, dass Seele gut ist, kann nie die Vorstellung aufkommen, dass „die Morgensterne“ (siehe Hiob 38:7) – die in Ordnung und Licht erscheinen – plötzlich in Unordnung geraten könnten. Wissenschaft und Gesundheit bestätigt dies: „‚Es werde Licht‘ ist die beständige Forderung von Wahrheit und Liebe, die Chaos in Ordnung und Disharmonie in Sphärenmusik verwandelt“ (S. 255). Und ein Lied stellt ein Gebet für das Auflösen von Chaos und das Erkennen der göttlichen Ordnung dar, die in 1. Mose 1 gefordert wird:
Gott, dessen Wort der Macht
nahm Chaos, Not und Nacht
alles Gewicht,
höre, was wir erflehn!
Sprich, wenn wir irre gehn
und noch im Finstern stehn:
Es werde Licht!
(John Marriott, Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 346, Abwandl. und Übers. © CSBD)
