Die Sinne geistig.
Die folgende Bemerkung über die scheinbare Bewegung der Sonne verdient Beachtung: „Die falsche Auslegung der Wahrnehmung des Gesichtssinnes, weit entfernt durch eine bessere Einsicht widerlegt zu sein, wurde vielmehr durch eine richtige Auslegung derselben Sinneswahrnehmung korrigiert.”
Dieser Satz scheint einen Widerspruch zu enthalten. Wenn die Sinneswahrnehmung der Auslegung bedurfte, oder durch eine richtige Auslegung korrigiert wurde, welchen Zweck hat es dann Einspruch zu erheben gegen die Behauptung, daß die alte Anschauung durch eine bessere Einsicht widerlegt wurde? Tatsache ist, daß die täuschende Sinneswahrnehmung durch eine Erkenntnis berichtigt wurde, welche völlig außerhalb des Gebietes ihrer eigenen Auslegung lag.
Christian Science lehrt nicht, daß die Sinne Illusionen sind ebensowenig wie sie behauptet, daß der Körper eine Illusion ist. Mrs. Eddy lehrt in ihrem Lehrbuch, daß die Sinne des Menschen geistiger Natur sind. (Science and Health, S. 252.)
Die Folgerung, daß der Mensch nicht durch das Mittel der Materie sieht, beruht auf der Voraussetzung, daß er geistig sieht; und dieselbe Erkenntnis, welche die Sinne für geistig erklärt, öffnet die Augen der Blinden und die Ohren der Tauben. Unter dem Einfluß von Christian Science bessert sich der Körperzustand, — nicht weil eine materielle Besserung eingetreten ist, sondern weil unser materieller Begriff vom Körper in gewissem Grade durch einen geistigen Begriff desselben ersetzt worden ist. Der Eindruck, daß der Körper materiell ist, ist geschwächt und hierdurch wie durch die teilweise Erkenntnis der Wahrheit, treten die geistigen Tatsachen deutlicher zu Tage. Der Körper ist nach der Christian Science Behandlung in einer besseren Verfassung und bietet ein gesünderes Aussehen.
Wenn wir unsere Widerspiegelung im Spiegel betrachten, so erscheint sie substantiell im Besitz von Leben und Intelligenz; wir jedoch wissen, daß wir es lediglich mit einem Spiegelbild zu tun haben. Eine Ziege, die ihr Abbild im Spiegel erblickt, hält dasselbe für eine andere Ziege, und versucht dieselbe mit den Hörnern anzugreifen, weil ihr die Erkenntnis fehlt, welche über der Sinneswahrnehmung stehend dem Menschen eigen ist.
Unser Kritiker sagt: „Wir hegen einen gewissen Verdacht gegen Allwissenheit und haben ein Recht dazu. Ein paar Jahrtausende enttäuschter Hoffnung haben uns gelehrt über das Wort ‚Panacee‘ zu lächeln.” Wie sollen wir dann die Sätze der Bibel erklären: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten.” „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen.” „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen”? Obwohl es richtig ist, daß die Sterblichen noch nicht bewiesen haben, daß Gottes Wahrheit eine universelle „Panacee” ist, so liegt die Schuld jedoch nicht an der Panacee, sondern an unserer Unfähigkeit von derselben Gebrauch zu machen. Wenn Gott, wie es die Bibel verheißt, für den Menschen nicht „Alles in allem” werden kann, so ist Seine Existenz eine Mythe.
Die Christian Scientisten behaupten nicht allwissend zu sein, sondern glauben, daß eine richtige Erkenntnis Gottes, des Prinzips der Existenz, der Schlüssel zur richtigen Erklärung aller Dinge ist, so unvollkommen auch unser Gebrauch davon sein mag. Jesus sagte: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christ, erkennen.” Den wahren Gott und Seine Schöpfung kennen zu lernen, anstatt einen falschen Begriff von ihnen zu hegen, ist ein unumgänglich notwendiges Erfordernis zur Erlangung dauernden Glückes. Wir sollten nicht schließen, daß es kein Panacee gibt, weil unsere Hoffnungen getäuscht waren und unsere Erkenntnis mangelhaft blieb. Wir sollten fortfahren auf der Wahrheit der Schrift zu bestehen, und unsere Forschung fortsetzen.
Christian Science und Evolution.
Unser Kritiker sagt ferner: „Noch unhistorischer ist die Behauptung, daß Christian Science nicht das Resultat von Entwicklung, sondern ein Lichtstrahl vom Himmel ist. Der Wahrheit ist Eile verhaßt.”
Die Wahrheit fordert von uns, daß wir sofort so werden, wie Gott uns haben will. Die Wahrheit läßt sich auf keinen Vergleich mit dem Irrtum ein. Auch wird die Wahrheit nicht gekränkt durch die sofortige Umkehr des Menschen, wenn auch angesichts gegenwärtiger Verhältnisse solch eine Umkehr unwahrscheinlich sein mag. Wenn behauptet wird, daß Christian Science reine geistige Wahrheit, die unmittelbare Äußerung göttlicher Intelligenz im Gegensatz zu bloßer Meinung ist, so wird andrerseits auch erklärt, das ihr Erscheinen das Resultat von Entwicklung ist. Ihre Begründerin fing nicht nur da an, wo die Weisen der Welt aufhörten, sondern hatte sich auch ausgedehnter Forschung gewidmet und reiche Erfahrung gesammelt. Fortschritt wird möglich gemacht durch das Überleben des Besten auf jeder Stufe der Entwicklung.
Zu einer gewissen Zeit kann es zahllose Ansichten über eine gewisse Tatsache geben, aber es kann nur eine absolute Wahrheit betreffs derselben existieren; durch praktische Anwendung und Tatbeweise gelangte Mrs. Eddy zu der Wahrheit von Gott und Seiner Schöpfung. Mrs. Eddys tiefe geistige Natur, klarer Blick, und beständiges Forschen nach der Wahrheit, und im Anschluß hieran die aus ihrer ungewöhnlichen Erfahrung richtig gezogenen Schlußfolgerungen, befähigten sie in hohem Maße die Entdeckerin dieser großen Wahrheit zu werden.
Wenn der Weg deutlich gezeigt worden ist, dann gibt es für Raten keine Entschuldigung mehr. „Wenn aber kommen wird das Vollkommne, so wird das Stückwerk aufhören.” In ihrem Ringen nach Äußerung hat die Wahrheit alle Zeitalter durchdrungen, und zu gewissen Zeiten haben sich in dem Bewußtsein besonders geeigneter Individuen Begriffe von Recht ausgebildet, welche die Welt im großen vielleicht nicht begreifen und bewahren konnte.
Die geistige Wahrheit sucht Einlaß gerade wie das Licht, das auf eine Wand fällt und in dem Augenblick wo sich ein Riß zeigt, hindurchdringt. Mrs. Eddy hatte von der Vergangenheit und ihrer eigenen Erfahrung hinreichend gelernt, um dem Materialismus den Rücken zu wenden. Ihre Hoffnung und Mut waren stark genug, um sie zu einer Forschung auf geistigem Gebiete zu treiben, welche zur Entdeckung rein geistiger Ursächlichkeit führte. Dem Charakter Gottes nahe genug, gewann sie die heilkräftige Erkenntnis von Seinem Wesen, welche die Grundlage von Christian Science ist.
Daß Christian Science die menschlichen Übel richtig abschätzt und in vernunftgemäßer Weise damit umgeht, ergibt sich aus dem außerordentlichen Erfolg der Heiler. Es ist daher nicht richtig, wenn gesagt wird, daß Christian Science sich mit der Sünde durch Leugnen ihrer Existenz abfinden will, ausgenommen wenn diese Leugnung in dem Entschluß besteht, die Sünde aus Denken und Handeln für immer zu verbannen.
Durch eine der geistigen Wirklichkeit der Existenz entsprechende Lebensweise sollte man sich derart von materiellen Gewohnheiten und Leidenschaften abwenden, daß man der Möglichkeit der Krankheit entwächst, denn nicht unsere geistige Natur, sondern die materielle körperliche ist es, welche sündigt und zur Strafe dafür leidet. Es ist der Zweck dieser Wissenschaft ihre Anhänger sittlich so zu heben und zu läutern, daß sie nicht krank werden können. Man muß zugeben, daß der gute Mensch sich auf dem Wege zur Gesundheit und Harmonie befindet, wenn er sie auch noch nicht gefunden haben mag, der Übeltäter dagegen auf dem Wege zum Verderben, wenn er es auch noch nicht erreicht haben mag.
Christian Science kann wie die Mathematik nur in dem Maße praktisch ausgeübt werden, in welchem man dieselbe versteht; für den Anfänger kann man sie daher nicht als völlig praktisch ansehen, obgleich schon durch ein geringes Verständnis erstaunliche Resultate erreicht worden sind; und jeder gewissenhafte Schüler fühlt, daß er reich belohnt worden ist für alle Mühe und Opfer, welche dieses Studium und seine praktische Anwendung von ihm verlangten. Der „begrenzte Mensch” übersetzt keine einzige Lebenstheorie vollständig in die Praxis, denn seine praktische Anwendung wird immer dem Maß seiner Fähigkeit entsprechen, die praktische Anwendung der Wahrheit jedoch stärkt und erweitert notwendigerweise unsere Fähigkeit. Die richtige und gewissenhafte Befolgung einer Regel bereitet uns für die nächst höhere und schwierigere vor.
Man nimmt nicht mehr auf sich, wenn man den Grundsatz von Christian Science, daß Gott Geist ist, annimmt, als wenn man eine Regel der Mathematik zugibt. Es wird vorausgesetzt, daß diese Regel richtig ist, und der Beweis dafür wird durch die Lösung der Aufgaben, die als Beispiele gegeben werden, gefunden. Ebenso wird Christian Science als Wahrheit bewiesen durch die Wirkungen ihrer richtigen Anwendung auf menschliche Bedürfnisse; und solche Wirkungen zeigen sich in der Besserung körperlicher wie geistiger Zustände, und der sittlichen Hebung derer, die unter ihren wohltuenden Einfluß kommen.
Während ein Christian Scientist in seinen Gebeten keine Macht oder Einfluß außer Gott anzuerkennen sucht, ist er jedoch im täglichen Leben gezwungen, vieles „jetzt also sein zu lassen”; und bis er eine höhere Stufe der Vergeisterung erreicht hat, unternimmt er nur das, worin er seiner Erfahrung und Beobachtung gemäß vernünftigerweise auf Erfolg rechnen darf. Aus diesem Grunde hat die weise Führerin, der Christian Science Bewegung den Rat gegeben, daß chirurgische Fälle den Händen eines Chirurgen überlassen werden, und der Scientist sich „in erster Linie auf geistige Wiederherstellung und die Verhinderung von Entzündung beschränken solle” (Science and Health, S. 401). Überdies wirkt Christian Science in keiner Weise störend auf solche Einrichtungen, welche zum Wohlergehen der Menschen beitragen; ihr Zweck ist, dieselben zu vergeistigen und sie dadurch wirksamer zu machen. Sie will die Geschäfte der Menschen nicht durch Zwang oder Gewalt reformieren; sondern pocht bescheiden an die Tür der öffentlichen Meinung, und wartet geduldig auf Einlaß. Getrieben von dieser christlichen Gesinnung, gab Mrs. Eddy aus Rücksicht auf die augenblicklichen Befürchtungen der Nicht-Scientisten, ihren Schülern den Rat: „Solange das Denken des Publikums noch nicht mit Christian Science vertrauter geworden ist, sollen die Christian Scientisten es ablehnen, ansteckende Krankheiten zu behandeln”; diese Maßregel wurde getroffen, obgleich sie tatsächlich solche Fälle mit mehr Erfolg als die Ärzte behandelten.
Das Böse muß aufgegeben werden.
Wenn Christian Science auch lehrt, daß Sünde, Krankheit und Tod nicht Schöpfungen Gottes sind, und deshalb in der Tat und in der Wahrheit keine Begründung haben, so muß ihre Existenz in der irrenden menschlichen Erfahrung doch erkannt und überwunden werden. Sie müssen vor dem Richterstuhl der Wahrheit angehört, und nach der göttlichen Gerechtigkeit muß ihr Urteil endgültig gefällt werden. Daher ist die Behauptung, daß Christian Science sich mit der Sünde abfertigt, indem sie einfach ihre Existenz leugnet oder dieselbe ignoriert, falsch. Mrs. Eddy hat sich besondere Mühe gegeben, diesen Punkt klar zu machen, nicht nur in ihrem Lehrbuch, sondern auch in anderen Werken. Wir wollen aus Science and Health einige Stellen kurz anführen: —
S. 339, „Nur diejenigen, welche die Sünde bereuen und sich von allem Bösen abwenden, können die Unwirklichkeit des Bösen wirklich verstehen.” S. 37, „Wer sündigt, muß leiden.” S. 537, „Die Sünde bringt ihre eigene Strafe mit sich.” In ihrer „Message to the Mother Church,“ im Jahre 1901, schreibt sie: „Christian Science macht es klar, daß Gott in keinem Falle die Strafe für die Sünde eher fortnimmt, als bis die Sünde selber aufgegeben worden ist.” „Ferner: anzunehmen, daß die Sünde keine wirkliche Existenz besitzt, und trotzdem zu sündigen, ist eine Sünde, welcher tiefe Verderbtheit anhaftet.”
Wenn man im Einklang mit der Lehre der Christian Science ist, so muß man Sünde aufgeben, man muß den Glauben aufgeben, daß man Vergnügen oder Vorteil durch Sünde genießen könne; denn der Sünder ist schuldig, weil die Sünde für ihn etwas ist und nicht, weil sie nichts ist. Man würde nicht die Hand nach etwas ausstrecken, wenn man glaubt, daß es nicht existiere. Sogar die Nicht-Scientisten, die sich bessern, tun es gemäß dieser Regel, obgleich sie vielleicht wissentlich keine Kenntnis davon haben.
Geistige Ursächlichkeit.
Unser Kritiker führt aus „Science and Health“ an: „Wenn die Kranken durch den Gebrauch von Arzneien gesunden, so wird diese heilende Wirkung hervorgebracht durch ein Gesetz der allgemeinen Anschauung, welche im Glauben des Individuums gipfelt; selbst wenn dieser individuelle Glaube nicht vorhanden ist, so ist die Arznei doch noch mit denjenigen ... des Chemikers ... des Arztes, des Wärters ausgestattet, und die Wirkung entspricht dem Glauben der Majorität.”
Hier hat unser Kritiker sich die Freiheit genommen, drei selbstständige Sätze und Gedanken in einen Satz zusammenzufassen und gewisse Teile auszulassen, wodurch der Sinn von Mrs. Eddys Worten verdunkelt worden ist. Die richtige Fassung lautet: „Wenn die Kranken durch den Gebrauch von Arzneien gesunden, so wird diese heilende Wirkung hervorgebracht durch ein Gesetz einer allgemeinen Anschauung, welche im Glauben des Individuums gipfelt; und dieser Glaube entscheidet die Wirkung. Selbst wenn dieser individuelle Glaube an die Arznei nicht vorhanden ist, so ist dieselbe doch noch nicht des Glaubens der Allgemeinheit entkleidet. Der Chemiker, der Botaniker, der Apotheker, der Arzt, der Wärter statten dieselbe mit ihren Anschauungen aus, und die Wirkung entspricht dem Glauben der Majorität” (Science and Health, S. 155).
Wenn unser Kritiker den Ausdruck „allgemeine Anschauung oder Glaube,” welchen er in seinem Citat ausgelassen hat, richtig aufgefaßt, und dem nächstfolgenden Absatz Beachtung geschenkt hätte, so würde er wahrscheinlich die Bedeutung von Mrs. Eddys Worten besser verstanden haben. Dieser Absatz lautet: „Der allgemeine Glaube an physische Ursache und Wirkung steht den erhabenen, mächtigen Wahrheiten der christlichen Metaphysik entgegen. Diese allgemeine irrtümliche Anschauung, welche der Medizin zur Basis dient und alle medizinischen Wirkungen erzeugt — arbeitet der Christian Science entgegen; und das Verhältnis von Wirkungskraft auf seiten dieser Wissenschaft, muß die Macht landläufiger Anschauung weit überwiegen, um einen einzigen Krankheitsfall zu heilen.”
Der Ausdruck „allgemeiner Glaube” bezieht sich nicht auf die bewußte Meinung über einen besonderen Fall, sondern auf die allgemein herrschende Anschauung, daß Leben, Substanz und Intelligenz in der Materie enthalten sind, im Gegensatz zu dem von den wenigen vertretenen Glauben, daß Gott die einzige wirkliche Macht ist.
Unser Kritiker nimmt irrtümlicherweise an, daß Mrs. Eddy lehrt, eine Arznei besäße nicht eher Wirkungskraft als bis die Sterblichen dieselbe bewußterweise damit ausstatten. Nicht der Glaube eines Menschen an eine besondere Arznei verleiht derselben Macht, sondern sein Glaube an die Materie im allgemeinen, d. h. sein Glaube an die allgemeine Beschaffenheit, Zustand und Wirkungen materiellen Daseins; dies erstreckt sich auch auf ein neugeborenes Kind, denn dasselbe ist den allgemein angenommenen materiellen Gesetzen untertan bis es hinreichend geistige Kraft gewinnt, um sich über dieselben hinwegzusetzen. Selbst von dem Kind Jesus heißt es, daß er „stark im Geist” wurde, als er heranwuchs. Schritt für Schritt ging er vor, bis er jedes materielle Gesetz durchbrach und sich in den rechtmäßigen Besitz seiner geistigen Natur setzte. So zeigte er durch sein eigenes Beispiel, was vollbracht werden kann, während Christian Science zeigt, wie dies zu erreichen ist. Es ist ganz natürlich, daß die Sterblichen an die Macht der Materie glauben; sie glauben sogar, daß dieselbe unbekannte Eigenschaften besitzt, bis sie durch eine richtige Erkenntnis von dem Wesen Gottes diesen Glauben verlieren. Daher weist Mrs. Eddy auf die Notwendigkeit hin, das Gesetz allgemeiner Anschauung zu durchbrechen, um einen Kranken durch Christian Science zu heilen.
Einem Heiler wurde einst gesagt: „Wenn Sie nicht an die Macht von Gift glauben, weshalb nehmen Sie nicht eine Dosis, um mir dies zu beweisen?” Die Antwort lautete: „Ich glaube in gewissem Grade an die Macht von Gift, weil mir die Alleinexistenz der Einen Macht noch nicht genügend zur Wirklichkeit geworden ist, um allen Glauben an materielle Ursache und Wirkung zu verdrängen.”
In welchem Maße die Macht meiner Erkenntnis von Gott einem Gift, das ich selber nehme, entgegen wirken würde, weiß ich nicht; ich glaube nicht, daß ich jemals Gelegenheit gehabt habe, sie in dieser Beziehung zu prüfen, aber im Laufe meiner Praxis ist es mir gelungen die Wirkung von Gift auf andere zu zerstören. Ich bestehe darauf, daß es dem vernunftgemäßen Gesetz Gottes entspricht, die Macht des Giftes durch ein unbedingtes Vertrauen auf den göttlichen Geist zu überwinden, und daß dies für die Sterblichen erreichbar ist; diese Möglichkeit läßt sich in verständlicher wissenschaftlicher Weise durch die Tatsache erklären, daß die Macht, die einem Gift innewohnt, durch den universellen menschlichen Geist, entweder bewußter oder unbewußter Weise getragen wird. Wenn dies sich nicht so verhielte, so müßten die schrecklichen Wirkungen von Gift einem Gesetze Dessen, den wir die Liebe nennen, zugeschrieben werden.
Wenn wir im stande sind die Wirkung von Gift dadurch aufzuheben, daß wir das Denken des Opfers ändern, so haben wir damit den Beweis dafür, daß das Gift ein irrender Gedanke, eine irrtümliche Überzeugung war. Ferner beweisen wir durch unseren Sieg über dieselbe, daß unser geistiger Gedanke den irrtümlichen Glauben der Majorität zerstören kann. Selbst ein Gift, welches von jemandem unwissentlich genommen wird und niemandem bekannt ist, ist trotzdem in seiner Eigenschaft als Gift von dem universellen Glauben, daß Leben, Substanz und Intelligenz in der Materie sind, gehalten; und dieser Glaube kann durch eine hinreichend klare Erkenntnis, daß Gott, der Geist, die einzige wirkliche Macht ist, überwunden werden. Alle Sterblichen sind den materiellen Gesetzen solange unterworfen, bis sie durch bewußte Erkenntnis sich über dieselben erhoben haben.
Mrs. Eddy ist weit davon entfernt zu behaupten, daß in jedem Falle individueller oder bewußter Glaube nötig ist, um eine gewisse Wirkung zu erzeugen, vielmehr erklärt sie, daß „die allgemeine Anschauung, welche im individuellen Glauben gipfelt,” auch das Gefühl der Besserung im Patienten erzeugt. Dieser universelle Glaube mag der Arznei ihre spezifische Wirkungskraft verliehen haben, schon ehe irgend ein individueller Geist sich dessen bewußt ist; aber auch dies entspringt dem sterblichen Bewußtsein und wird mit gleicher Sicherheit durch eine richtige Erkenntnis des göttlichen Geistes zerstört. Wenn dies nicht der Fall wäre, so wäre Jesu Verheißung, „Und so sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden,” der reine Hohn.
Unser Gegner räumt ein, daß Acetanilid in Fieberfällen zuweilen die gewünschte Wirkung nicht erzielt, „selbst wenn die Maximal-Dosis verabreicht wird,” und fügt hinzu, daß „seine Wirkung durchaus nicht von dem Glauben des Patienten abhängig ist, da sie auch an Tieren beobachtet wird, die doch schwerlich irgend welchen hierauf gerichteten Glauben haben dürften.”
Diese Tatsache ist kein Beweis für seine Stellung, bestätigt vielmehr die Lehre von Christian Science. Wenn die Arznei tatsächlich die Wirkungskraft besäße, die man ihr zuschreibt, so würden ihre Wirkungen gleichmäßiger Natur sein, und unter gleichen materiellen Bedingungen niemals schwanken. Es hat sich erwiesen, daß eine bestimmte Arznei, welche zu einer Zeit gewisse Wirkungen auf einen Patienten ausübte, zu einer andern Zeit gar keine Wirkung hatte. Das Laboratorium des Arztes ist daher einem beständigen Wechsel unterworfen, da viele Arzneien, welche einst als wertvolle Mittel angesehen wurden, ihre Wirkungskraft verloren haben und daher nicht mehr gebraucht werden.
Die Anwendung eines neuen Mittels zeichnet sich meist durch einen gewissen Grad von Erfolg aus, später bleibt derselbe jedoch aus. Dies läßt sich häufig aus der neugeweckten Hoffnung und Erwartung des Patienten erklären. Die meisten Ärzte geben bereitwillig zu, daß ein Patient, welcher auf seinen Arzt und dessen Mittel Vertrauen hat, bessere Fortschritte macht, als einer dem dieser Glaube fehlt. Tiere und kleine Kinder werden durch das universelle Gesetz sterblicher Anschauung beherrscht, wenn sie sich dessen auch nicht bewußt sind. Christian Science beweist dies dadurch, daß sie dieselben heilt.
Die Illusion des Bösen.
Wenn unser Kritiker, der Lehre von Christian Science getreu, gewissenhaft an dem Glauben, daß Leben, Substanz und Intelligenz nicht materiell sind, festhält, so erhält er damit die einzige Erklärung über den Ursprung der materiellen Illusion, welche wir ihm geben können. Die Christian Scientisten können nicht besser tun, als sich an ihren Text, daß es keine materielle Illusion gibt, halten, und es denjenigen, die an diese Illusion glauben, überlassen, dieselbe zu erklären. Das Böse steht in demselben Verhältnis zum Guten, wie die Dunkelheit zum Licht. Man fragt niemals, woher das Nichts kam. Wenn man wirklich zugibt, daß der falsche Anspruch ein Nichts ist, dann hat man keine solche Frage zu stellen. Die Dunkelheit wird nicht als ein Etwas angesehen, sondern als Abwesenheit von einem Etwas — der Abwesenheit des Lichts.
Gleicherweise sollte das Böse als Abwesenheit des Guten betrachtet werden. Der Psalmist sagte: „Denn auch Finsternis nicht finster ist bei dir, und die Nacht leuchtet wie der Tag, Finsternis ist wie das Licht.” Hier wird erklärt, daß es für die höchste Intelligenz keine Finsternis gibt, alles ist Licht. Gott ist gut und allgegenwärtig; daher gibt es keinen Raum für das Böse. Es ist unlogisch, nach dem Ursprung von etwas, das man als Illusion ansieht, zu forschen. Vielmehr sollte man einen Beweis dafür suchen, daß es eine Illusion ist und daher keinen Ursprung hat.
Jesus löste das Problem des Bösen dadurch, daß er das Böse im Bewußtsein und in der Erfahrung der Menschen vernichtete; und die Christian Scientisten können sicherlich nicht besser tun als seinem Beispiel folgen. Es kommt uns nicht darauf an, den Ursprung des Bösen zu entdecken, sondern dasselbe so schnell und gründlich wie möglich zu zerstören. Die einzige Art und Weise, auf welche wir einen Trug mit seinen Folgen aus unserer Lebenserfahrung beseitigen können, ist die Wahrheit kennen zu lernen und dieselbe allein bis zum Ausschluß jeder Spur von Irrtum praktisch zu leben.
Wir stimmen Dr. Churchman bei, wenn er sagt, daß solange Leiden da ist, dasselbe geduldig getragen werden muß; wir sollten uns niemals hinreißen lassen zu murren, uns zu beklagen, oder dem gerechten Gesetze: „Was der Menfch säet, das wird er ernten,” ausweichen zu suchen; aber weder vom wissenschaftlichen noch vom christlichen Standpunkte aus ist es zu rechtfertigen, sich den Verheerungen von Krankheit und Not widerstandlos zu unterwerfen, ohne nach einem rechtmäßigen Hilfsmittel zu suchen, ebensowenig wie wir ruhig dem gesetzlosen Treiben eines Verbrechers zusehen würden, ohne alle erreichbaren Mittel anzuwenden, die seinem unsinnigen Vorgehen Halt gebieten könnten. Wenn unser Kritiker seiner Logik treu bleibt, so wird er niemals wieder eine Arznei verschreiben, oder Leiden zu lindern suchen. Anstatt zu behaupten, daß es unheroisch ist, glücklich sein zu wollen, sollten wir vielmehr glücklich sein, selbst in der Mitte von Widerwärtigkeiten, so lange wir nur recht handeln; glücklich in dem Bewußtsein von der unsichtbaren Gegenwart Gottes.
Christian Science lehrt allerdings, was auch die Bibel lehrt, daß Gott Alles in allem ist, aber nicht in einem pantheistischem Sinne. Der Pantheismus behauptet, daß Schöpfer und Schöpfung ein und dasselbe sind, ein innerer Widerspruch, während Christian Science lehrt, daß die Schöpfung, wenn auch unzertrennlich vom Schöpfer, in alle Ewigkeit ihre Individualität bewahrt; und sie liefert den Beweis hierfür, indem sie der Individualität des praktischen Scientisten durch Erfahrung mehr Kraft und Gewicht verleiht. Christian Science stimmt ferner mit dem Bibelanspruch überein: „Wenn aber alles ihm unterthan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst unterthan sein dem, der ihm alles untergethan hat, auf daß Gott sei alles in allem.”
Das Zeugnis der körperlichen Sinne.
Unser Kritiker erklärt: „Nachdem der Christian Scientist das Zeugnis der körperlichen Sinne in positiver Weise umgestoßen hat, ist es ziemlich überraschend zu finden, daß er seine Kuren durch Tatsachen beweist, welche er vermittelst dieser selben Sinne findet.”
Hier schließt er wieder von seiner eigenen Voraussetzung, anstatt derjenigen Mrs. Eddys. Christian Science legt einem Glauben an Gesundheit in der Materie nicht mehr Bedeutung bei als dem Glauben an Krankheit. Sie hält sich treu an ihre grundlegende Voraussetzung, daß der Geist die einzig wahre Substanz ist.
Christian Science lehrt nicht, daß wir jemals wirklich durch das Mittel eines materiellen Sinnes wahrnehmen, sondern daß wir Wahrnehmungsfähigkeit besitzen ungeachtet des materiellen Elementes, welches dieselbe trüben mag. Zu einem gewissen Zeitpunkte mag dieses materielle Element eine Krankheit mit einschließen; im nächsten Augenblick ist dieselbe verschwunden, weil mittlerweile unser Begriff sich genügend geklärt hat, um den Eindruck der Krankheit in Nichts aufzulösen.
Unser Kritiker behauptet ferner: „Wenn ein Finger, amputiert wird, so wird uns gesagt, daß der Nerv, welcher den Schmerz in dem Finger verursachte, verschwunden ist; und die Tatsache, daß der Schmerz sich nach der Amputation wiedereinstellt, wird als Beweis dafür angeführt, daß Empfindung unabhängig von der Materie sei. ... Der Nerv ist nicht beseitigt; und das Wiederkehren des Schmerzes ist ebenso gut möglich, wie Wasser durch, einen Schlauch, dem das Mundstück fehlt, laufen kann.”
Wenn unser Kritiker annimmt, daß der Rest des Körpers dem Schlauch entspricht, und der amputierte Finger dem fehlenden Mundstück, so hat er noch keine Erklärung dafür gegeben, wie man sich eines Fingers, der nicht mehr da ist, bewußt sein kann. Wenn der Finger fort ist, woher kommt dann das Bewußtsein, daß er noch da ist, weshalb fühlt der Mensch ihn und sucht mit der andern Hand nach demselben?
Der Körper besitzt den Finger nicht mehr; das physische Element ist verschwunden und der Physiologie gemäß, könnte kein Bewußtsein von dem Teil des Fingers, der amputiert wurde, zurückbleiben. Es kann für die Erscheinung keine andere Erklärung gegeben werden, als daß dasselbe im Geiste des Menschen verblieb. Nach der Theorie unseres Kritikers jedoch ist ein Bewußtsein von irgend etwas, was sich jenseit des durchschnittenen Nervs befände, unmöglich. Was verzweigt die Finger oder Nerven? Der sterbliche Geist. Hiergegen könnte man einwenden, daß die ganze Empfindung des Körpers vom Gehirn ausgehe; wenn dies jedoch der Fall wäre, weshalb hört dann die Empfindung auf, wenn es scheint als wenn der Geist nicht mehr im Körper wäre?
Wenn der Körper völlig zerstört würde, so würde der sterbliche Geist ihn wahrscheinlich seinen eigenen Begriffen entsprechend wiederherstellen, wenn auch auf einer Bewußtseinsebene, wo er für materielle Wahrnehmungsfähigkeit unsichtbar wäre; dies wird begreiflich gemacht durch die Erscheinung, daß wir in Träumen uns immer ganz von selber mit einem Körper ausstatten. Bewußtsein ist immer von einem Körper begleitet, aus dem einfachen Grunde, weil Bewußtsein und Verkörperung unzertrennlich sind. Das Bewußtsein von einem materiellen Körper wird nicht eher verschwinden, als bis durch geistige Erkenntnis jede Spur körperlicher Empfindung verloren geht.
Der Traum im wachen Zustande.
Man hat die Frage aufgeworfen: „Wenn alle Vorgänge im Bewußtsein Träume sind, weshalb erkenne ich dann nur gewisse Vorgänge als Träume?” Wir dürfen wohl die Behauptung aufstellen, daß solange wir fest schlafen, wir keinen einzigen Vorgang als Traum erkennen. Nur wenn wir ganz oder teilweise wach sind, merken wir, daß wir geträumt haben. Der Traum im Schlaf erscheint wirklich bis wir erwachen; dann erst erkennen wir ihn als solchen. In derselben Weise scheint der Traum materieller Existenz wirklich, bis wir anfangen zu einer Erkenntnis von der geistigen Wirklichkeit des Seins aufzuwachen. Der Traum am Tage erscheint nur dann wirklicher und vernünftiger, wenn er lebhafter ist. Der individuelle, menschliche Begriff stellt sich im wachen Zustande von seiner besten Seite dar, und kommt daher der Gesetzmäßigkeit, Fortdauer und Ordnung der geistigen Tatsachen näher.
Christian Science behauptet jedoch nicht von jedem Augenblick oder Erfahrung im Leben, daß sie alle Traumgebilde seien, sondern nur in sofern sei dies der Fall, als sie vom materiellen Sinn getrübt sind. Wenn unsere Augen mehr für die Wirklichkeiten des Lebens geöffnet sind, so wird uns dasselbe zweifelsohne in demselben Maße vernunftgemäßer als unser jetziger Zustand erscheinen, wie in der Gegenwart unsere Erfahrungen während des Tages vernünftiger als die Träume der Nacht sind. Wenn ein Traum ein schlummernder Zustand des Bewußtseins ist, so ist es richtig, diesen Ausdruck auf jeden Geisteszustand, der tiefer steht als der vollkommene, anzuwenden. Der Psalmist verstand dies, wenn er sang: „Ich will satt werden, wenn ich erwache, an deinem Bilde.”
Dokumentarischer Beweis.
Augenscheinlich hat unser Kritiker nicht alles, was über diesen Gegenstand geschrieben worden ist, gelesen; daher seine Bemerkung, daß in der Tageslitteratur von keinen wohlverbürgten Füllen von Heilungen durch Christian Science berichtet worden ist. Tatsache ist, daß viele solche Fälle veröffentlicht worden sind. Hat unser Freund von Johns Hopkins so schnell den Fall von Mrs. Anders vergessen, der in so fähiger Weise von John Henry Keene aus Baltimore untersucht wurde? Als es laut wurde, daß Mrs. Anders durch Christian Science von einem Krebsleiden geheilt worden war, unternahm es Mr. Keene, ein bekannter Rechtsanwalt von ungewöhnlich scharfem Verstände, diese Behauptung als falsch zu erweisen. Er fand, daß die Tatsachen den Berichten entsprachen und gab die Heilkraft von Christian Science zu.
Mrs. A. J. Anders, aus Salem, Ore., war während des Sommers 1892 ein Patient im Johns Hopkins Hospital in Baltimore, Md., nachdem ihre Krankheit für Brustkrebs erklärt war.
Sie wurde operiert und blieb sieben Wochen im Hospital. Während vier hierauf folgender Jahre war sie in Behandlung bei Ärzten im Osten wie auch im Westen, und gelegentlich wurden ihr von dem Johns Hopkins Hospital Rezepte zugesandt, die sie gewissenhaft gebrauchte. Alle Ärzte, die sie im Hospital sah, teilten ihr mit, daß sie ihre Gesundheit nicht wieder erlangen könnte, da ihr Lebensalter (sechzig Jahre) zu weit vorgerückt sei.
Als sie das Hospital verließ, hatte sie eine offene Wunde, ihr Arm war beinahe gebrauchsunfähig, auf der Brust und unter dem Arm hatte sie mehrere Geschwulste, und heftige Schmerzen plagten sie Tag und Nacht. Weder die Operation, noch die Behandlung im Hospital, noch die darauf folgende ärztliche Behandlung, hatte ihr irgend welche Linderung gebracht.
In diesem Zustande verblieb sie während eines Zeitraumes von vier Jahren nachdem sie das Hospital verlassen hatte, ohne daß sich die geringste Besserung eingestellt hätte. Um diese Zeit, im Jahre 1896, las Mrs. Anders das Lehrbuch von Christian Science, und während des Lesens wurde sie von jeder Spur von Krebs und seinen verschiedenen Wirkungen geheilt. Die offene Wunde und die Geschwulste verschwanden, die Entzündung legte sich, der Arm wurde wieder völlig gebrauchsfähig, alle Schmerzen wie auch Schlaflosigkeit, Schwäche und Nervosität verschwanden, und ihre Gesundheit wurde völlig wiederhergestellt.
Vier Jahre später, im Jahr 1900, erhielt Mrs. Anders einen Brief vom Johns Hopkins Hospital, in welchem sie als frühere Patientin gebeten wurde, einen Bericht über ihren Gesundheitszustand zu senden, mit der Bemerkung: „Wenn Sie nicht selber im stande sind zu schreiben, so bitten Sie Ihren Arzt dies für Sie zu tun.” Hieraus geht hervor, daß die Ärzte des Hospitals, selbst nach einem Zeitraum von acht Jahren, sie noch für hilflos hielten, wie sie vorhergesagt hatten,
Mrs. Anders hat viele Zeugen, welche ihren Zustand während ihres Aufenthaltes im Hospital und während der darauf folgenden vier Jahre bestätigen können, ebenso die Tatsache, daß sie vollkommen gesund ist, seitdem sie das Lehrbuch von Christian Science gelesen hat.
Hunderte wohlverbürgter Heilungen durch Christian Science in Fällen, die von geachteten Ärzten diagnosiert worden waren, sind veröffentlicht worden. Wir haben nicht das Verlangen, die Seiten des „Journal“ mit Zeugnissen auszufüllen, aber da unser Kritiker eine so schwere Anklage erhoben hat, so bieten wir hiermit einige wenige.
Was wir anführen, sind Auszüge aus den Zeugnissen von Personen, die als Zeugen in dem Prozeß „The People v. Merrill Reed et al.,“ der kürzlich in Los Angeles, Cal. entschieden wurde, auftraten. Die Zeugnisse wurden unter Eidschwur abgegeben, und ihre Richtigkeit durch die Atteste der Gerichtsreporter verbürgt. Die Zeugen waren wohlbekannte Personen. Ihre Krankheiten waren vorher von Ärzten untersucht und behandelt worden. Ausführliche Berichte hiervon finden sich in The Christian Science Journal, Band XX, Nr. 11.
Mrs. F. F. Müller, Frau eines Apothekers, erklärte: „Am 2. April, 1901, wurde ich durch Christian Science geheilt von einer Komplikation von Leiden, welche über fünfzehn Jahre lang den angestrengtesten Bemühungen von sechs geschickten und erfahrenen Ärzten, in deren Behandlung ich mich während dieser Zeit befand, getrotzt und dieselben vereitelt hatten. Diese Ärzte behandelten mich wegen schweren Magenleidens, Nervosität, nervöser Schwäche, Schlaflosigkeit und zwei anderer innerer Leiden, die mir viel Qual und Sorge verursachten. Zwei Ärzte teilten mir mit, daß ich Geschwüre im Magen oder in den Eingeweiden, vielleicht in beiden, hätte. Seitdem ich die erste Behandlung in Christian Science erhielt, habe ich jede Mahlzeit einnehmen können, habe gegessen was ich wollte, wozu ich nie vorher in meinem Leben im stande gewesen bin. Die entkräftenden Anfälle von Schlaflosigkeit haben sich nie wieder gezeigt, und meine Gesundheit und Kraft hat stetig zugenommen. Ich habe beinahe zwanzig Pfund an Körpergewicht zugenommen und bin vollkommen gesund und kräftig.”
R. P. Bishop, von der Firma Bishop & Co., Fabrikanten in Los Angeles, sagte: „Fünf Jahre lang hatte ich ein Lungenleiden und während dieser Zeit wandte ich mich an die besten Ärzte, die ich hier finden konnte, jedoch ohne merkbaren Erfolg. Da wurde mein Interesse auf Christian Science gelenkt, und nach einer zweiwöchentlichen Behandlung war ich von meinem Leiden vollkommen befreit.”
G. O. Newman, der viele Jahre lang leitender Ingenieur der Riverside-Wasserversorgungs-Gesellschaft war und jetzt dieselbe Stellung bei der Pacific-Licht- und Kraftversorgungs-Gesellschaft einnimmt, gab das folgende Zeugnis ab: „Durch einen Unfall mit meinem Gefährt, mit dem das Pferd durchging, wurde meine linke Schulter ausgesetzt und die Muskeln von dem Knochen des Oberarms losgerissen. Dr. Gill, mein Hausarzt, sagte mir, daß er noch niemals einen solchen Fall gesehen hätte; er tat sein Möglichstes, konnte mir jedoch keine Linderung verschaffen. Vier Monate lang behandelte er mich, jedoch ohne Erfolg. Von heftigen Schmerzen gequält, entschloß ich mich schließlich zu Christian Science meine Zuflucht zu nehmen, und sie heilte mich.”
Aus dem Zeugnis von Dr. A. Willis Paine, führen wir an: „Während meiner ärztlichen Praxis stellte sich bei mir vor etwa fünf und zwanzig Jahren ein Magenleiden ein, welches einen sehr bedenklichen Charakter annahm. Ich magerte schließlich zum Gerippe ab, konnte meinen ärztlichen Beruf nicht mehr verfolgen und mußte denselben aufgeben. Nachdem ich etwa acht oder zehn Jahre lang krank gewesen war, wurde meine Frau durch Christian Science geheilt. Ihre Gesundheit war durch Nervenschwäche vollkommen zerrüttet worden. Es war ein erbliches Leiden, und ihre Sehnerven waren so schwer in Mitleidenschaft gezogen, daß wir Blindheit fürchteten. Sie wurde jedoch von diesem Leiden geheilt und völlig wiederhergestellt.
„Ich teilte meiner Frau mit, daß ich bereit sei, Christian Science zu versuchen, und begann die Behandlung. In wenigen Wochen war ich im stande alles, was ich begehrte, zu essen, und bin seitdem hierzu immer im stande gewesen. In dieser kurzen Zeit wurde ich von jener Verdauungsschwäche und anderen Leiden geheilt.”
Hon. John D. Works aus Los Angeles, früher Richter des Superior Court der County San Diego, und später einer der Associate Justices des Supreme Court von Californien, bezeugte seine Heilung von schwerem Magenleiden und Kopfschmerzen durch Christian Science, nachdem viele erfahrene Ärzte ihn vergeblich behandelt hatten. Er fügte hinzu, daß seine Frau ebenfalls geheilt wurde, nachdem sie Jahre lang krank gewesen war.
Mrs. Lila Young bezeugte, daß sie durch Christian Science von Schwindsucht geheilt wurde, nachdem sechs Mitglieder ihrer Familie an derselben Krankheit unter ärztlicher Behandlung gestorben waren.
W. E. Brown, von der Firma Brown, Stanley & Co., sagte aus, daß er durch Christian Science von schwerem Nervenleiden und von einem gänzlichen Zusammenbruch aller körperlichen wie auch fast aller geistigen Kräfte geheilt sei, nachdem er „bei den besten Ärzten von San Francisco die Runde gemacht hatte.”
L. M. Holt, Inseraten-Agent der Imperial-Land-Company und langjähriger Herausgeber einer Zeitung, sagte aus, daß er sein ganzes Leben lang invalid gewesen, von seinem zwanzigsten Jahre an, an Verdauungsschwäche gelitten habe und durch Christian Science völlig geheilt sei.
William Pridham, vier und dreißig Jahre lang Oberaufseher von Wells, Fargo & Co. Expreß, sagte aus, daß er durch Christian Science von Auszehrung, und seine Frau von allgemeiner Schwäche und Verdauungsschwäche geheilt worden seien.
Silas P. Eldridge, daß er von Hüftrheumatismus, an dem er fast sein ganzes Leben gelitten und von einem zu kurzen Bein geheilt worden sei.
All diese Aussagen wurden vor Gericht unter Ablegung eines Eides gemacht, so daß ihre Glaubwürdigkeit verbürgt ist.
Bemerkenswert ist ferner, daß Christian Science viel zur Verlängerung der Lebensdauer, nicht nur ihrer eigenen Anhänger, sondern auch derjenigen anderer beigetragen hat, indem sie die Menschheit erzieht, die Lichtseite des Lebens anzusehen und dem beständigen Denken und Sprechen über Krankheit und Not Einhalt zu gebieten. Es ist nicht zu leugnen, daß Tausende heute dank Christian Science am Leben sind, die sonst in ihren Gräbern liegen würden, und dies muß notwendigerweise die Langlebigkeit der Menschheit im allgemeinen erhöhen.
Christian Science und die Bibel.
Während unser Kritiker Christian Science als unchristlich bezeichnet, ist es bemerkenswert, daß er nichts aus den Worten unseres Meisters anführt, um diese Behauptung zu beweisen, sondern seine Kritik lediglich auf menschliche Philosophie und das Zeugnis der körperlichen Sinne gründet.
Die Bibel hat für den Menschen nur dann Wert, wenn sie ihm als Wegweiser zum richtigen Lebenswandel dient. Zweifellos ziehen die Christian Scientisten ebenso viel praktischen Nutzen aus derselben, als andere, die darin forschen. Was man auch von Mrs. Eddys Erklärung der Bibel sagen mag, es ist nicht zu leugnen, daß die praktischen Resultate derselben den Christian Scientisten vollauf genügen; und wir müssen darauf bestehen, daß wenn es andern freisteht, dieselbe zu ihrer eigenen Befriedigung auszulegen, Mrs. Eddy dasselbe Recht zusteht.
Die Behauptung, daß Christian Science das Versöhnungswerk Christi leugnet, beruht auf Irrtum; jedoch geben wir zu, daß unsere Erklärung desselben von einigen anderen verschieden ist; und dieser Unterschied gerade verleiht ihm einen praktischeren und wirksameren Wert. Die Christian Scientisten glauben, daß das Erlösungswerk insofern ein Opfer für Jesus war, als er freiwillig durch eine Erfahrung hindurchging, die für ihn selber nicht nötig war, wozu ihn nichts als reine Liebe zur Menschheit trieb; andererseits jedoch ist es Tatsache, daß — in Mrs. Eddys Worten — „Jesus uns nicht eine einzige individuelle Erfahrung erspart, wenn wir seinen Geboten getreulich folgen; und alle werden den Kelch schwerer Arbeit zu trinken haben, je nach dem Maße in welchem sie seine Liebe betätigen, bis alle durch die göttliche Liebe erlöst sein werden” (Science and Health, S. 26).
Das Erlösungswerk ist die Tat, welche die Vereinigung des Menschen mit Gott vollbringt. Daß dies Jesu Aufgabe war, geht aus seinem Gebet hervor: „Daß sie eines seien, gleichwie wir.” Jesus vollbrachte ein Versöhnungs-, ein Erlösungswerk für uns, dadurch daß er durch den menschlichen Begriff vom Leben zu dem geistigen, vollkommenen hindurchdrang, wodurch er den Sterblichen zeigte, daß dieses Einssein mit Gott erlangt werden kann; und Christian Science zeigt wie dies zu erreichen ist.
Die Christian Scientisten glauben fest an die Lehre der Bibel: „So wir sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. So wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergiebt, und reiniget uns von aller Untugend.” Ferner glauben sie an die Worte des Meisters: „So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich,” ebenso wie an die Prophezeiung des Apostels: „Und der Tod wird nicht mehr sein,” gleichzeitig jedoch sind sie der Meinung, daß Jahrhunderte vergehen mögen, bevor dieser Höhepunkt erreicht werden wird.
Man wird schwerlich irgend welche Anhänger anderer Bekenntnisse finden, welche aufrichtiger an die Bibel glauben als die Christian Scientisten. Die Bibel ist ihr beständiger Begleiter und es ist nicht wahr, daß sie einen Teil derselben nicht annehmen. Wenn, wie er behauptet: „Die Bibel wenig oder garnichts über den Ursprung des Bösen zu sagen hat,” so mag man es den Christian Scientisten verzeihen, wenn sie nicht versuchen, denselben zu erklären. Wir glauben jedoch, daß die Bibel über diesen Gegenstand alles, was nötig ist, erwähnt; und Christian Science stimmt damit überein. Die Bibel lehrt, daß Sünde, Krankheit und Tod die Werke des Teufels sind, und Jesus erklärte die Erzeugnisse Satans für eine „Lüge” (ein Trug). Hieraus ergibt sich, daß Sünde, Krankheit und Tod Lügen oder Truggebilde sein müssen.
Das Buch Hiob, für welches unser Kritiker solch eine Vorliebe gezeigt hat, läßt Satan seinen Ursprung selber erklären mit den Worten: „Ich habe das Land umher durchzogen.” Dieses „umher durchzogen” ist alles, was am Satan dran ist, eine bedeutungslose grundlose Erscheinung, welche ihren Ursprung nicht erklären kann, einfach weil sie keinen hat.
Der Erfolg im Überwinden des Bösen hängt von unserem Verständnis seines Wesens ab. Wohl sagte Hiob: „Er wird mich doch erwürgen ... doch will ich meine Wege vor ihm verantworten.” In den Tagen seiner besseren Erkenntnis jedoch, unter der Unterweisung des Elihu sagte er: „Darum bekenne ich, daß ich habe unweislich geredet, das mir zu hoch ist, und ich nicht verstehe.” Und als eins dieser „zu hohen” Dinge erwähnt er: „Es sei ferne, das; Gott sollte gottlos handeln, und der Allmächtige ungerecht.” Als Hiob eine richtige Erkenntnis von Gottes Wegen gewann, da wurde ihm alles, was er verloren hatte, seine Gesundheit eingeschlossen, wieder ersetzt.
Befreiung von Schmerz.
Jeder Mensch muß ohne Zweifel gegen Kummer und Enttäuschung ankämpfen, aber wenn der Kampf vorüber ist, so sollte der Kummer verschwunden sein. Unser Kritiker nimmt es auf sich, zu behaupten: „Nirgends in der Bibel finden wir die geringste Berechtigung, Freiheit von Schmerz zu erwarten”; und doch lehrt die Bibel von Anfang bis zu Ende die Möglichkeit, uns durch die Macht Gottes über alle Not zu erheben. Wir finden sogar die Weissagung: „Noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein”; und David erklärte: „Denn der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übels begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen.”
Die Geschichte Hiobs lehrt nicht, daß Unglück etwas natürliches für den Menschen ist, sondern daß wir auch trotz der äußersten Not fortfahren sollen, auf Gott zu vertrauen; daß wir bis zum Ende alles Leidens standhaft bleiben sollen, wie der Apostel Paulus sagt: „Lasset uns aber Gutes thun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten ohne Aufhören.”
Christian Science lehrt nicht, daß die Menschen dem Leiden entrinnen können, ehe sie nicht den Zustand erreicht haben, dem die Harmonie angehört; mit anderen Worten, sie können das gerechte Gesetz: „Denn was der Mensch säet, das wird er ernten.” nicht beiseite setzen. Jesaja sagt dasselbe mit den folgenden Worten: „Wollt ihr mir gehorchen, so sollt ihr des Landes Gut genießen.”
Unser Kritiker bemerkt ferner: „Weder die Bedeutung der dunklen Wolke noch die ihres leuchtenden Randes zu betonen, sondern sich so zu stellen, daß wir sie beide sehen, ist der Liberalismus der Bildung. Das Böse ist eine Tatsache; aber die Möglichkeit der Besserung ist ebenfalls Tatsache; und der ehrliche Forscher nach der Wahrheit muß seine Blicke nicht so gespannt auf das erstere richten, daß er gegen die zweite blind ist.”
Wir möchten wiederum darauf hinweisen, daß es die Aufgabe von Christian Science ist dazwischen zu treten und das Gute vom Bösen zu scheiden; das Böse zu überwinden und das Gute zu erhalten. Das Böse wird als Tatsache für die Sterblichen existieren, bis sie es bekämpfen und überwinden; die Möglichkeit es zu vernichten beruht jedoch auf der Tatsache, daß es nur ein zeitlicher Trug ist, während das Gute die ewige Wirklichkeit ist.
Die Einräumung unseres Kritikers, daß „wir noch sehr weit davon entfernt sind über diesen mysteriösen Gegenstand das letzte Wort gesprochen zu haben” zeigt die Unsicherheit seiner Stellung an; er gibt damit zu, daß er an Stelle von Christian Science keine befriedigende Erklärung für die Beziehung des Geistes zur Krankheit bieten kann.
Selbst die Kritiker leugnen nicht, daß Christian Science ihren Schülern sittliche Läuterung, Gesundheit und Freude bringt; es ist daher kann, am Platze das zu bemängeln, was Resultate erzielt, die von keiner anderen religiösen, philosophischen oder ärztlichen Methode übertroffen, nicht einmal erreicht werden.
Wenn das, was gewisse Leute für „Unsinn” erklären, bessere Früchte trägt, als das, was wir mit Sinn und Verstand ausgekleidet haben, ist es dann nicht vielleicht wahrscheinlich, daß unsere Begriffe verkehrt sind, und daß Christian Science die Welt in die richtige Lage bringt, dadurch daß sie dieselbe umkehrt?
Copyright, 1904, by Mary Baker G. Eddy.
Verlagsrecht im Jahre 1904 von Mary Baker G. Eddy.
