Ein Vortrag gehalten unter den Auspizien Der Mutterkirche von mitglied des Christian Science komitees für Vorlefungen, in Symphony Hall, Boston, Mass., U.S.A., am 10ten April 1906.
„Das Gebet des Glaubens.”
Wir lesen in der Bibel, daß einer der Apostel Jesu erklärte, daß das Gebet des Glaubens den Kranken helfen würde. Diese Behauptung, die ohne jeden Rückhalt und ohne jede Beschränkung gemacht worden ist, wird von zahlreichen Erklärungen Jesu über die Wirksamkeit des Glaubens und des Gebets unterstützt. Jeder wohlunterrichtete Christ versteht natürlich, daß es nicht konsequent ist, die Macht und Wirksamkeit des Gebetes zu bezweifeln oder zu verleugnen, und auch, daß es nichts in der Bibel gibt, was in irgend einer Weise die universelle Macht und die Wirksamkeit des Gebetes und des Glaubens beschränkt; aber das darf kein bloßer abergläubischer und unwissender Glaube oder eine blinde Leichtgläubigkeit sein, es muß ein Glaube sein, der auf geistiges Verständnis begründet ist. Der Zweck des Gebetes ist nicht Gott zu überreden, noch seine Absichten oder Pläne zu ändern. Sein Zweck ist den sterblichen Gedanken dem göttlichen Gesetze zu unterwerfen, und die Menschen in eine bessere geistige Stellung und in einen besseren Zustand zu versetzen, um sie für die Wohltaten der ewigen und unwandelbaren Gesetze der göttlichen Liebe empfänglich zu machen. Der Zweck des Gebetes, wie der Golgathas, ist den Menschen mit Gott zu versöhnen und nicht Gott mit den Menschen.
Wir lernen aus den Worten Jesu, daß der Glaube, wenn er wirksam sein soll, nicht zögernd und zweifelnd sein darf, sondern daß er in einem absoluten Vertrauen auf Gottes himmlische Macht und Güte bestehen muß. Jesus sagte: „Habt Glauben an Gott.” Vier kurze einfache Worte; aber sie sind ein kostbares Kleinod, welches für immer an dem Zeigefinger der Zeit erglänzen wird. Wenn wir diese kurzen einfachen Worte „Habt Glauben an Gott” heimnehmen, und sie zu einem Teile unsrer täglichen Gedanken und unseres Bewußtseins machen, so werden sie sich als ein unschätzbarer Segen in unserem Leben und in unserem Heim erweisen.
Vertrau auf Gott! Im Glauben bleib.
Du dessen Herz so schwer geprüft!
Gott ist für immer an deiner Seite.
Suche Ihn, keine Macht kann Sein Lächeln verbergen!
Bitte Ihn, er wird dir nichts verweigern.
Lerne zu glauben! Vertraue auf Gott!
Aber wie können wir am besten lernen, einen vollkommenen, nicht wankenden Glauben und ein nicht wankendes Vertrauen in Gott zu erhalten? Wie lernt das Kind einen vollkommenen und nicht wankenden Glauben an die Regel der Addition zu erhalten? Nicht nur dadurch, daß es Worte liest und dieselben dem Gedächtnis einprägt. Es muß etwas mehr tun. Es muß die Regel der Addition prüfen, anwenden und beweisen, dadurch daß es Probleme darnach ausarbeitet. Wenn es das getan hat, dann wird sein Glaube an die Regel der Addition unzweifelhaft. Deshalb lehrte Jesus seinen Nachfolgern aller Zeiten und aller Länder, nach seinem Beispiel, die praktischen und beweisenden Werke, einschließlich des Heilens der Kranken zu verrichten, welche beweisen, daß unser Vertrauen auf Gott eine feste Grundlage hat. Deshalb die Worte des Apostels: „Der Glaube, wenn er nicht Werke hat, ist er tot an ihm selber,” und die Hinzufügung: „Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben zeigen aus meinen Werken.”
Grade wie die Kinder Bilder in ihren Fibeln zu brauchen scheinen, um den Text ihrem Geiste einzuprägen, so brauchen die Menschen aller Zeiten lebende Beispiele vor ihren Augen, so brauchen sie die praktischen und beweisenden Werke, um ihnen ein nicht zweifelndes und absolutes Vertrauen auf Gott und einen absoluten Glauben an Ihn zu lehren. Ohne diese Werke ist der Glaube tot an ihm selber, wie der Apostel erklärt. Jesus lehrte seinen Nachfolgern, ohne irgend welche Beschränkung in Hinblick auf Zeit oder Ort, diese Werke zu vollbringen, wie er sie vollbracht hatte, um das Evangelium der göttlichen Liebe zu verbreiten und auch, was noch von weit größerer Bedeutung war, um das Evangelium für alle Generationen des Menschengeschlechtes zu bewahren. Um alle Zweifel auf Seiten seiner Nachfolger aller Zeiten fortzunehmen und zu beseitigen, im Hinblick auf ihre Fähigkeit die Werke zu vollbringen, die er vollbrachte, erklärte er sorgfältig: „Wer an mich glaubet [das schließt natürlich auch seine Lehren ein], der wird die Werke auch thun, die Ich thue.” Er erklärte auch sorgfältig, daß der Vater die Werke täte und nicht er, daß er nichts von selbst tun könnte, daß er gekommen wäre, um das Gesetz zu erfüllen und nicht um es aufzulösen. Er befahl nicht nur seinen Nachfolgern aller Zeiten die Kranken zu heilen, sondern er sagte ihnen auch: „Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote.” Er versprach auch seinen Nachfolgern aller Zeiten während er von dem ewigen Christus sprach: „Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.”
Die Geschichte der Christenheit beweist, daß Jesus die einzige erfolgreiche Weise lehrte, um sein Evangelium zu verbreiten und zu bewahren. Wir können das Christentum nicht teilen, wir können es nicht entzweischneiden und seine Werke fortnehmen, ohne daß der Glaube tot ist, — um mit den Worten des Apostels zu sprechen.
Lassen Sie mich beiläufig wiederholen, daß, wenn Jesus die einzige erfolgreiche und deswegen die einzig wissenschaftliche Weise lehrte, um das Evangelium zu verbreiten und zu bewahren, er deshalb ebenfalls die einzig erfolgreiche und daher wissenschaftliche Weise gelehrt haben muß, um die Kranken zu heilen. Was für das eine wahr ist, ist auch für das andere wahr. Heilen Sie zum Beispiel ein Krebsleiden ohne Arzenei oder Chirurgie, besonders nachdem man eingestanden hat, daß Arzeneien und Chirurgie nicht im stande waren es zu heilen — und das ist viele Male im Dienste der Christian Science getan worden — und Sie tun zwei Dinge. Sie überzeugen den skeptischten Menschen von der Wahrheit des Christus Evangeliums und Sie beweisen ebenfalls, daß die christliche Methode die Kranken zu heilen wissenschaftlich ist, und daß sie deshalb die richtige Methode ist.
Manche verhalten sich skeptisch im Hinblick auf die Macht des Gebetes, die Kranken zu heilen, weil sie nicht verstehen, wie das Gebet den Körper des Menschen beeinflussen oder verändern kann. Ist es irgendwie leichter für sie zu verstehen, daß unsere Gedanken immer ihren Stempel auf unser Gesicht und auf andere Teile unseres Körpers prägen? Beweisen nicht unsere alltäglichen Beobachtungen, daß das eine Tatsache ist? Sind diese Einflüsse, die von den Gedanken auf den Körper ausgeübt werden, nicht oft sehr mächtig? erfolgen sie nicht oft unmittelbar? Und ist es denn schwerer, die Macht des Gebetes auf den Körper zu verstehen, als zu verstehen, wie religiöse Märtyrer durch die feste Stütze des Glaubens an Gott, eine gänzliche Unempfindlichkeit gegen physische Qualen gezeigt haben, wenn sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden? Die allgemeine Erfahrung beweist, daß gute Gedanken uns auf allen Gebieten Nutzen bringen, dem physischen eingeschlossen. Wenn wir recht beten, dann erklimmen unsere Gedanken das höchste Ziel, welches sie erreichen können. Gebet ist Kommunion mit Gott, mit göttlicher Wahrheit, und wenn wir recht beten, dann sind unsere Gedanken, Empfindungen und Bestrebungen alle in Verbindung mit der göttlichen Wahrheit. Warum sollten nicht unsere guten Gedanken im Gebet uns auf allen Gebieten, dem physischen eingeschlossen, Nutzen bringen? Warum sollte ihr Einfluß, wie der Einfluß unsrer andren Gedanken auf unsren Körper, nicht ebenfalls mächtig und augenblicklich sein? Wer hat irgend eine Grundlage, nach welcher er die Wohltaten des Gebetes auf allen Gebieten bemessen oder beschränken könnte? Es ist sicher nicht unvernünftig, daß Gott uns ein Mittel gegeben hat, um uns die volle Wohltat der göttlichen Gesetze zu nutze zu machen, die uns beherrschen. Und welchen Prozeß, welches Mittel zu diesem Zwecke können Sie für besser halten als das Gebet? Die menschliche Erfahrung aller Zeiten bezeugt die Macht des Gebetes eines nicht zweifelnden Glaubens. Und die Macht des Gebetes einer Person, um einer anderen Person Segen zu bringen, ist in Christian Science sowohl wie in den Seiten der Bibel eine bewiesene Tatsache. Der Dichter Tennyson schrieb weise:
„Mehr Dinge werden durch Gebet vollbracht, als die
Welt sich träumen läßt.”
Und der Dichter der Quäker Whittier schrieb ebenfalls weise:
„Ich wage nicht die Liebe und die Macht Gottes
Durch Maß und Grenze festzustellen.”
Christian Science weist auf vollbrachte Tatsachen in dem christlichen Heilen der Kranken vermittelst des Gebetes des absoluten Glaubens an den einen wahren Gott, ein Glaube, der durch Werke unterstützt wird, die sich auf das richtige Verständnis Gottes gründen. Solchen Werken kann der Mensch, der der Macht des Gebetes und des Glaubens skeptisch gegenübersteht, nur seine Zweifel und seine verneinenden Theorien gegenübersetzen, er hat keine vollkommenen Tatsachen, um sie zu unterstützen. Wir müssen uns daran erinnern, daß es keinen so eigensinnigen und so egoistischen Unglauben gibt, wie den der Unwissenheit. Der Kopf der am meisten in anmaßendem Zweifel und in anmaßender Verleugnung geschüttelt wird, ist ein leerer Kopf. Macaulay erinnert uns daran, daß Missionäre es unmöglich finden, die Inselbewohner der Breiten, in denen Frost unbekannt ist, zu überzeugen, daß es Eis gibt. Sie haben niemals Eis gesehen, und in ihrer Unwissenheit sind sie unfähig zu verstehen, wie Wasser sich in einen festen Block verwandeln kann. Obgleich ihnen diese Tatsache durch das beste menschliche Zeugnis, von denen die tatsächlich Eis gesehen haben, versichert wird, lächeln die unwissenden Inselbewohner in selbstzufriedenem Unglauben. Ihr Unglaube ist ein weiterer Beweis für die Schwachheit der verneinenden Theorien. Wir haben kein Recht eine Tatsache zu bestreiten, die von achtbaren Zeugen bekräftigt wird, bloß weil wir in unsrer Unwissenheit nicht im Stande sein mögen, sie zu verstehen.
Einige Beweise für die Kraft der Christian Science.
Manchmal stellen die Mitglieder andrer christlicher Sekten folgende Fragen: Wenn unsere Gebete in physischer Krankheit vergeblich sind, wie könnt ihr Christian Scientisten erwarten, daß wir in ähnlichen Fällen irgend welches Zutrauen zu euren Gebeten haben?
Als der Apostel erklärte: „Das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen,” so stellte er keine Theorie auf, sondern er sprach von seiner eignen Kenntnis, die Kranken zu heilen, wie es durch Jesus und seine Nachfolger vollbracht worden ist. Er sprach von Dingen, die er als Tatsachen kannte, grade wie Sie von Tatsachen sprechen, die Sie selbst persönlich beobachtet haben. So, wenn Christian Scientisten erklären, daß Heilungen physischer Krankheiten jetzt vollbracht werden, wenn man dem Christus-Verfahren die Kranken zu heilen folgt, stellen sie keine Theorie auf, sondern sie sprechen von Tatsachen, die innerhalb ihrer eignen Erfahrungen liegen. Die Heilungen, von welchen sie in so reichem Maße über die ganze zivilisierte Welt Zeugnis ablegen, sind schon unbestreitbar bewiesen, wie die Heilungen zu Zeiten Jesu und der ersten Christen mehr als zwei hundert Jahre lang nach Golgatha. Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen, daß die Kirchengeschichte ein offenbarendes Licht auf die Gründe wirft, die den Niedergang des christlichen Heilens der Kranken, um die Mitte des dritten Jahrhunderts nach Jesu verursacht haben.
Wenn Christian Science Gebete bewiesenermaßen Kraft besitzen physische Disharmonie zu überwinden und wenn, im Gegenteil, die Gebete einiger andrer christlicher Sekten, wie von Mitgliedern derselben zugegeben wird, in ähnlichen Fällen wirkungslos bleiben, so ist es sicherlich ganz gerecht, geltend zu machen, daß diejenigen, die so vergeblich beten, irgendwie übel beten so inbrünstig und aufrichtig, wie sie sein mögen. Es ist unsere Pflicht als Christ, ein Name, der Freund der leidenden Menschheit bedeutet, darnach zu streben, diese Erklärung zu entdecken, und gleichfalls darnach zu streben, bei dieser Nachforschung unsern Geist von allen parteilichen und vorurteilsvollen Meinungen zu befreien; und kein Christ kann sich gestatten in dieser Nachforschung im geringsten Grade nachzulassen, aus Furcht, daß seiner Sekte durch den Erfolg der Wirksamkeit der Christian Science in der Erfüllung des Befehls und der Verheißung Jesu der Vorwurf gemacht werden könnte, daß es ihr mißlingt, die Kranken zu heilen.
Christian Science lehrt, daß wir Gott als einen Geist anrufen müssen, und nicht als einen menschenähnlichen Gott; daß wir nicht einen vermutlichen Gott anrufen müssen, den wir für den Urheber des Bösen in irgend einer seiner Erscheinungen, wie Sünde, Krankheit, Leiden und Tod, ansehen. Wenn Gott nicht der Urheber des Bösen ist, und wir wenden uns an ein angenommenes Wesen, welches wir für den Urheber des Bösen halten, dann ist es klar, daß wir uns an ein Wesen wenden, welches nicht existiert. Wir brauchen nicht geltend zu machen, daß man nicht erwarten kann, daß solch ein Gebet wirksam sei.
Christian Science lehrt auch, daß die Erscheinungen des Bösen nicht die Wirklichkeit oder Wahrheit des Wesens des Menschen sind — des Menschen, welcher in seiner wahren Individualität das Bild und das Gleichnis Gottes ist. Wenn diese Lehre wahr ist, so kann derjenige, dessen Bewußtsein durch die Falschheit vergiftet ist, daß das Böse ein Teil der Wirklichkeit oder der Wahrheit des menschlichen Wesens ist, nicht wirksam beten, daß das beseitigt wird, was Gott nach des Menschen Glauben beschlossen und erschaffen hat, und welches daher wirklich existiert. Es mangelt ihm an einer Grundlage der festen Zuversicht.
Christian Science unterscheidet sich von andern modernen christlichen Sekten durch diese zwei Behauptungen. Sie lehrt und vollbringt ihre Werke von der Grundlage aus, daß Gott nicht der Urheber des Übels in irgend einer seiner Offenbarungen ist, und daß alle solche Offenbarungen, da sie nicht von Gott erschaffen worden sind, kein Teil der Wirklichkeit oder der Wahrheit des Daseins sind. Christian Science hat beinahe vierzig Jahre lang bei diesen Behauptungen als fundamentale Bedingungen des Christus-Prozesses die Kranken zu heilen, beharrt, und auf diese Behauptungen basiert Christian Science ihre erfolgreiche Praxis in der Heilung der Kranken. Ferner, wegen dieser Behauptungen ist Christian Science bei denen auf solch heftigen Widerstand gestoßen, die lehren, daß Gott der Urheber des Bösen ist, und daß dieses Böse wirklich ist. Wenn Christian Science in diesen Punkten recht hat, so erklärt sie durch ihre wunderbaren Werke in der Überwindung sündiger Angewohnheiten und physischer Krankheiten, was sonst unmöglich wäre zu erklären. Wenn sie im Hinblick auf diese Punkte recht hat, dann werden die Heilungen der Kranken, welche durch Jesus und die ersten Christen während ungefähr drei Jahrhunderten nach Christo vollbracht worden waren, vollständig erklärt; und eine vielgebrauchte Waffe wird dadurch aus den Händen der Ungläubigen genommen.
Es ist undenkbar, daß das erschaffende Prinzip des Weltalls anders sein könnte, als wie Gott in der Bibel beschrieben wird, nämlich als Geist, Wahrheit, Leben, Liebe. Es ist ebenfalls undenkbar, daß solch ein schöpferisches Prinzip irgend etwas erschaffen könnte, welches Seiner eignen göttlichen Natur zuwider ist. Daher erkennt Christian Science durch das Licht unsrer höchsten Vernunft, sowohl als durch das Zeugnis der Heiligen Schrift, daß die folgende Schriftstelle, die erhabene Wahrheit ist: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut.” Nicht nur gut, sondern sehr gut. Also enthält Christian Science keine Lehre, die zugibt oder auch nur andeutet, daß Gott der Urheber des Bösen ist. Sie enthält keine Lehre, welche göttlichen Haß, göttliche Grausamkeit oder Ungerechtigkeit zugibt oder andeutet. Sie ist ganz unfähig irgend ein Bild zu zeichnen, welches irgend welche Eigenschaften Satans andeutet, und dann darunter den heiligen Namen Gottes zu schreiben. Sie ist in der Tat unfähig irgend ein Bildnis der Gottheit zu zeichnen, ausgenommen mit den himmlischen Farben der Liebe, der Freude, der Verheißung und des Glaubens.
Das Böse kommt nicht von Gott.
Aber, fragt jemand, wer machte die Phänomene des Bösen, wenn Gott sie nicht gemacht hat? Sie sind von Menschen gemacht worden und nicht von Gott, denn sie gehören zum menschlichen Bewußtsein, und es ist undenkbar, daß sie zum göttlichen Bewußtsein, welches Liebe, Wahrheit und Güte ist, gehören können. Lassen Sie mich wieder auf unser mathematisches Beispiel Bezug nehmen. Wenn uns irrtümlich gelehrt worden wäre, daß zwei mal zwei fünf ist, so würde diese Unwahrheit dem menschlichen Bewußtsein angehören und nicht dem göttlichen. Wenn wir diese Unwahrheit vollständig glauben, jahrelang darnach handeln, deswegen falsch rechnen, unser Geld verlieren, und durch diese falsche Lehre, daß zwei mal zwei fünf ist, leiden, können wir sagen, daß Gott solch eine Unwahrheit gemacht hat? Gott ist die Wahrheit und ist deshalb gänzlich unfähig, eine Unwahrheit zu erschaffen.
Um die schöpferische Kraft zu sein, muß Gott das Prinzip der Harmonie und nicht der Disharmonie sein, und ist so ganz unfähig irgend etwas Disharmonisches zu erschaffen. Gott ist die Liebe und ist so gänzlich unfähig irgend etwas Hassenswertes, Ungerechtes oder Grausames zu schaffen. Gott ist vollkommen gut, und gebraucht deshalb nicht das Böse als ein Werkzeug, in seinen göttlichen Einrichtungen.
Eine falsche Philosophie hat uns zu lange gelehrt, die Dinge so anzunehmen, wie sie uns zu sein scheinen, anstatt so, wie sie sind. Christian Science lehrt, daß alle Wirklichkeit, alles, was wirklich existiert, sehr gut ist, weil nichts existiert, was nicht von Gott kommt, von dem göttlichen unendlichen Guten.
Es ist eine falsche Theologie, die unserer höchsten Vernunft und der Heiligen Schrift widerspricht, welche lehrt, daß die Erscheinungen des Bösen, die Phänomene der Sünde, der Krankheit und des Leidens, Gottes Schöpfungen sind. Wir müssen entweder Gott vollständig verwerfen, oder wir müssen anerkennen, daß es ebenso unvernünftig ist, zu sagen, daß das unendliche Gute Böses erschafft, wie das die unendliche Wahrheit Unwahrheit erschafft. Obgleich wir glauben, daß Sünde, Krankheit und Leiden Wirklichkeiten in der wahren Existenz des Menschen sind, so macht das dieselben nicht zu Wirklichkeiten. Nach einer vernünftigen Schlußfolgerung, gehören Erscheinungen zu einer Kategorie, und Wirklichkeiten zu einer anderen, die gänzlich verschieden ist.
Eine tiefe Wahrheit ist in der Erklärung der Heiligen Schrift enthalten: Denn wie ein Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er. [Übersetzung von der englischen Bibel.] Die Auffassung, die wir von Gott besitzen, übt einen mächtigen Einfluß über unseren Charakter, unser Verhalten, unsere Denkart und unser physisches Dasein aus. Es ist in der Tat unmöglich, die Wirksamkeit und den Spielraum dieses Einflusses und seiner weitreichenden Wirkungen zu bemessen oder zu begrenzen. Christian Science erweckt die schlafende Aufmerksamkeit der Menschheit zu der dringenden Wichtigkeit einer richtigen Auffassung Gottes. Wenn wir glauben, daß Gott der Urheber der Sünde ist, dann sehen wir Sünde als einen unvermeidlichen und in der Tat unerläßlichen Teil der Einrichtungen des Weltteils an; und wird nicht eine solche Anschauung der Sünde dahinzielen, uns duldsamer gegen ihre Gegenwart in uns selbst und in anderen zu machen, und die Widerstandskraft dagegen zu entmutigen? Wenn wir glauben, daß Gott der Urheber der Krankheit ist, daß Krankheit eine der Einrichtungen der göttlichen Vorsehungen ist (um eine Phrase zu brauchen, die einst sehr in Mode war), was hat es für einen Zweck irgend welche Schritte zu tun, um wieder gesund zu werden? Wenn wir glauben, daß Gott beschlossen hat, daß wir krank sein sollen, können wir erwarten, daß Arzeneien, Gebete des Glaubens oder irgend etwas anderes, den göttlichen Zweck umstoßen wird? Wir können in unsern Anstrengungen, Sünde und Krankheit zu überwinden, in dem Maße hoffnungsfreudiger werden, in dem wir unseren Glauben an solch einen Gott verlieren. Unser falscher Glaube, daß Gott der Urheber von Sünde und Krankheit ist, führt uns dahin an Gottes Dasein zu zweifeln und wendet unsere entmutigten Gedanken der Verzweiflung des Atheismus zu. Würde Jesus irgend etwas, was von Gott kam, überwunden haben oder seinen Jüngern gelehrt haben, zu versuchen es zu überwinden?
Das von Menschen gemachte Dogma, daß Gott das Böse benutzt, um das Gute zu vollbringen, hat nur zu lange die Menschen dazu gebracht, das nachzuahmen, was sie als das göttliche Beispiel annahmen, schlechte Mittel und Kräfte zu brauchen, und sich so mit dem Vorwande selbst zu betrügen, daß sie dadurch Gutes vollbringen könnten. Wir beweisen nicht nur unser höheres Verständnis Gottes, sondern wir beweisen auch unsere Liebe zu Gott am besten durch unsere Liebe zum Guten, weil Gott gut ist.
Es mag der großen trägen Masse von Männern und Frauen leichter erscheinen, den Ellbogen zu krümmen und einen Löffel zum Munde zu erheben als recht zu denken. Manche Leute finden es leichter, andere als die Hüter ihres Gewissens handeln zu lassen, und sie vergessen, daß ein jeder von uns persönlich für sich verantwortlich ist; aber jede derartige Trägheit ist ein Verbrechen gegen uns selbst und gegen unsere Mitleidenden. Diese Trägheit kann uns niemals helfen, von dem gefesselten menschlichen Bewußtsein die rostigen Handschellen des falschen Glaubens zu schlagen, und die Prophezeiung Jesu zu verwirklichen, ihr „werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.”
Die Gründerin der Christian Science Bewegung hat die Notwendigkeit erkannt und hat ihr abgeholfen, das Christentum wieder zu einer rein geistigen Basis zu erheben, die alle materialistischen und heidnischen Falschheiten auslöscht, die praktisch und menschenfreundlich ist, sich allen unsern Bedürfnissen und Nöten anpaßt, und die durch ihre ganze Lehre und Praxis hindurch intellektuell und logisch ist.
Wer mit dem Leben spielt,
Kommt nie zurecht;
Wer sich nicht selbst befiehlt,
Bleibt immer ein Knecht.
Copyright, 1906, Mary Baker G. Eddy.
Verlagsrecht im Jahre 1906, Mary Baker G. Eddy.
    