Im zweiten Buch Esras, einer der apokryphischen Schriften des Alten Testaments, finden wir diese wundervolle Weissagung: „Dann wird das Böse abgeschafft und der Betrug abgetan werden. Der Glaube aber wird blühen und die Verderbtheit wird überwunden werden. Die Wahrheit, die in so viel Tagen ohne Frucht gewesen ist, wird verkündet werden.” Der Denker der Jetztzeit, der über die Jahrhunderte zurückblickt und in der Geschichte des Christentums Ursache und Wirkung gegeneinander abwägt, vermag mit dem für sich alleinstehenden Esra zu erkennen, daß die Wahrheit „in so viel Tagen ohne Frucht gewesen ist”; daß sie aber, wo und wann sie verkündet wurde, Frucht getragen hat. Die erste große nationale Verkündigung der Wahrheit wurde den Kindern Israel in jenen formulierten Bestimmungen zu Teil, die man als die zehn Gebote kennt. Moses erkannte die Wahrheit des Seins genügend, um zu wissen, daß der Gehorsam gegen Gottes Gesetz für den Menschen der einzige Weg zur Seligkeit ist, aber sein Volk konnte vielleicht nicht mehr ertragen als das „Du sollst nicht,” das dank seines Gesetzes der Ausschließung, das Denken allmählich dahin führt, den besseren Weg zu lieben. Diese formulierten Gebote, die in der Tat für alle Zeiten verkündete Wahrheit sind, da sie die Art und Weise des Verhaltens anordnen, die allein zur Erkenntnis des Christus, der Wahrheit führen, entsprangen der klaren Anschauung des Moses.
Nach Moses kam die lange Reihe der Führer und Propheten, die nach ihrem Grade des Verständnisses die Wahrheit über den Menschen mit Nachdruck betonten und gegen die Lehren, die Sitten und Sünden ihrer Zeit auftraten, da sie einer wie alle erkannten, daß eine Tatsache verkündet werden müsse, um festgestellt zu werden, und sie wirkten zu dem Zwecke durch Anklagen, Ermutigung, Ermahnung, Tadel, erhabenes Beispiel, Lobpreisung und Weissagung. Jesaja schildert diese göttliche Verkündigung als „die Stimmes eines Predigers in der Wüste” und sagt weiter: „Redet mit Jerusalem freundlich ... Jerusalem, du Predigerin, heb deine Stimme auf mit Macht, heb auf und fürchte dich nicht; sage den Städten Juda’s: Siehe da ist euer Gott!” David fleht in seinen Psalmen: „Gott schweige doch nicht also.” Dieser König von Israel stand groß da in der Gewißheit, daß: „Er Frieden zusagte seinem Volk,” und er verkündet: „Er sandte sein Wort und machte sie gesund und errettete sie, daß sie nicht starben.” Im Jesaja lesen wir: „Also soll das Wort, das aus meinem Munde gehet auch sein. Es soll nicht wieder zu mir leer kommen, sondern thun, das mir gefällt und soll ihm gelingen, dazu ich’s sende.”
Nach dem Kommen des Herrn, dessen ganzes Leben eine beständige Offenbarung des „Wortes Gottes” war, verkündet Lukas, sein Jünger, daß „seine Rede ... gewaltig [war],” und der geliebte Johannes gibt die Erklärung, die alles krönt — „das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.” Paulus führt das Denken auf die Wirkung des verkündeten Wortes hin, wenn er den Ebräern schreibt „Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert ... und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.” In der Tat die Schrift offenbart von Anfang bis zu Ende den Wert des angewandten Wortes Gottes; von dem „Gott sprach” der Schöpfungsgeschichte an, bis zu dem Bilde Dessen in der Offenbarung der da „hieß Treu und Wahrhaftig und er richtet und streitet mit Gerechtigkeit ... und sein Name heißt das Wort Gottes.”
Hier tritt uns eine Tatsache, die von großer Wichtigkeit für die Menschheit ist, entgegen, nämlich die Anwendbarkeit dieses Wortes Gottes auf die Angelegenheiten der Menschen heutzutage. Mit Ausnahme der frommsten Christen, hat die Menschheit das Wort Gottes auf fernliegende Jahrhunderte verwiesen. Was auch immer Gott in der Vergangenheit getan haben mag, so nimmt man doch an, daß die Angelegenheiten der jetzigen Zeit dem sogenannten Naturgesetz und der Leitung der Männer und Frauen überlassen bleiben, die an diesen Angelegenheiten beteiligt sind, und man betrachtet das Wort Gottes als nicht anwendbar oder denkt nicht eher daran bis jede menschliche Kraft versagt hat.
Auf den Schauplatz dieses 19ten Jahrhunderts trat eine Frau — eine, die die ganze Wahrheit des Seins, wie sie von unserm Meister, Jesus von Nazareth bezeugt wurde, erkannte, — die Frau, die den Wert der göttlichen Kundgebung wahrnahm und den vom Himmel stammenden Mut hatte die Wahrheit auszusprechen, wie sie dieselbe sah. Mrs. Eddys Buch „Science and Health with Key to the Scriptures“ will nichts zum Worte Gottes hinzufügen, aber es legt Zeugnis ab von seiner Gegenwärtigkeit, seiner Macht, seiner Anwendbarkeit in der schweren Not der Menschen; es setzt, wenn ein solcher Ausdruck gebraucht werden darf, die Tätigkeit dieses „Wortes” in Bewegung, dadurch daß es die Kinder der Menschen dazutreibt es zu denken, es zu sprechen, es zu verstehen, es zu lieben, es zu leben. Das Buch gibt eine so klare Auslegung dieses für alle Zeiten geltenden Wortes, daß in der Tat darin „ein Schlüssel zur Heiligen Schrift” geboten wird. Die erste Wirkung des Buches von Mrs. Eddy ist die, in vielen Familien eine unbenutzte Bibel aus ihrer Vergessenheit ans Licht zu bringen und die Familienmitglieder zu veranlassen in ihren Blättern zu forschen, eifrig bemüht das darin enthaltene Wort des Lebens heute als lebendige Wirklichkeit zu erkennen.
Jedes Herz, in dem das Gute überwiegend ist, sehnt sich nach der Zeit, wo das „Böse abgeschafft und der Betrug abgetan werden wird,” daß der „Glaube blühen wird” und „die Verderbtheit wird überwunden werden”; und solche Herzen frohlocken, daß die Zeit, die dieser prophetische Esra voraussah, nahe ist; jene Zeit, in der „die Wahrheit, die in so viel Tagen ohne Frucht gewesen ist, verkündet werden soll.” Das Kommen der Christian Science verkündet wiederum, daß die Wahrheit, die ihre Frucht trug in dem Leben des Begründers des Christentums, das menschliche Denken aus seinem Glauben an ein schlummerndes unbenutztes „Wort” erweckt zu einer praktischen, intelligenten Verkündigung dessen, was heilt und erlöst.
Eins der ersten Dinge, die von dem Leidenden verlangt werden, der seine Aufmerksamkeit der Christian Science zuwendet, ist, daß er die Wahrheit behaupten und sich weigern soll den Irrtum zu äußern. Er mag in seinem ersten Bestreben dies zu tun wenig davon verstehen und vielleicht Einwendungen machen, wenn die Sache ihm vorgestellt wird. Wenn er aber gehorsam ist, wenn er anfängt das Wort Gottes zu sprechen, das dem Zeugnis der Sinne entgegentritt, wird er finden, daß dies behauptete Wort das angesammelte materielle Denken mit allen seinen Wirkungen vertreibt und zerstört. Dieser Vorgang mag zuerst nicht verstanden werden, wenn man aber damit anfängt, wird er mit einem Gedanken zur Zeit die mentalen Methoden des Irrtums zu nichte machen und dies erhabene Wirken des Christus-Gemüts im individuellen Denken begründen. Dies ist aus dem Grunde wahr, weil jeder Handlung und jedem Zustand irgend ein Gedanke vorangeht; und die Eigenschaft des Gedankens bestimmt das Wesen der äußeren Kundgebung. Das Denken, welches Unbehagen und Krankheit hervorgebracht hat, muß aufgegeben werden, sobald der christliche Maßstab angenommen wird und die einzige Art es abzulegen ist die, etwas Besseres an seine Stelle zu setzen. Daher verlangt die Christian Science, daß Gedanke für Gedanke, Behauptung für Behauptung umgewandelt werden soll und daß Worte der Wahrheit an Stelle der früheren Unterhaltung des fleischlichen Sinnes gesetzt werden sollen. Wenn die Wahrheit richtig verstanden und wenn sie geliebt wird, ist dies keine mühsame Aufgabe, denn die Erkenntnis der Macht und Gegenwart Gottes geht leicht in Gedanke und Wort über. In den Stunden aber, wo richtiges Denken nicht von selbst vorhanden ist, ist der Anfänger genötigt alle mögliche Zucht anzuwenden sein Denken zum Gehorsam des Höchsten und Besten, was er kennt, zu erziehen. Zu diesem Zweck ist es oft sehr viel wert seinem Gemüt und Herzen die geschriebenen Behauptungen des Wortes der Wahrheit einzuprägen und sie zu benutzen, indem man Bibelsprüche und Sätze aus „Science and Health,“ die die Allgegenwart und Allmacht Dessen „der Israel behütet” verkünden, auswendig lernt. Wenn die vermeintlichen Kräfte des Irrtums das individuelle Denken durch einen scharfen Angriff so zersplittern, daß Verwirrung und Unheil wahrscheinlich sind und daß das klare Verständnis für den Augenblick entflohen zu sein scheint, dann wird ein wohlbekannter und geliebter Spruch ein Fels der Zuflucht und gibt sofort die innere Ruhe, die die Lage klärt und die das Denken zum schließlichen Beweisen der Alleinherrschaft des Guten hinlenkt. Viele viele Male stützt sich der Schüler der Christian Science auf den 91sten Psalm oder auf die „wissenschaftliche Erklärung des Seins” (Seite 468 in „Science and Health“) und fühlt sich dadurch erhoben zu einem klareren Bewußtsein der Macht Gottes Sein Eigentum zu erlösen und zu retten. Das Wort Gottes ist keine Formel, es ist nicht Etwas, was in einen Satz oder in einen Paragraphen hineingezwängt werden soll. Aber in Stunden des Kampfes oder der Versuchung wird ein geliebter Spruch eine Stufe zu jenem höheren Bereich des Denkens, das uns Gott als ganz nahe offenbart, und eine kraftvolle Behauptung aus dem Lehrbuch der Christian Science ist ein Schwert, mit dem wir die Einflüsterungen des Bösen zu Boden schlagen können. So kann das Wort Gottes buchstäblich verkündet werden und seine Frucht tragen.
Es ist eine sehr einfache Sache. In dem Augenblick, in dem eine Behauptung der Wahrheit das Denken eines Menschen in Besitz nimmt, können die irrigen entgegengesetzten Einflüsterungen nichts finden, worauf sie Fuß fassen könnten. Eine falsche Einflüsterung muß im Innern angenommen werden, ehe sie als Wirklichkeit oder Macht auftreten kann, und das Bewußtsein, das voll von dem Wirken der verkündeten und verstandenen Wahrheit ist, bietet dem Irrtum keinen Halt.
Viel Zeit und viele Mühe gehen verloren in den fruchtlosen Plänen des menschlichen Willens, in dem unaufhörlichen Suchen nach materiellen Gründen und persönlichen Ursachen und in dem Zweifel, der Furcht, der Ungewißheit, des Bedauerns, der Vermutung, der Vergleiche und Begrenzungen, der gewöhnlichen Art zu denken. Die ermüdenden Stunden, die in solch innerer Reibung und Unruhe verbracht sind, können in Zeiten des Friedens und der Freude verwandelt werden, wenn das Denken dazu erzogen wird von diesem Hin und Her abzulassen und mit Einfalt und Beharrlichkeit die absolute Wahrheit zu behaupten. Solche Selbst-Beherrschung bringt uns die Früchte der verkündeten Wahrheit, die sich in einem gereinigten Herzen, einem geläuterten Willen, einem gesunderen Urteil offenbaren; und so „wird das Böse abgeschafft und der Betrug abgetan werden.” „Der Glaube aber wird blühen und die Verderbtheit wird überwunden werden.” Dieser einfache Vorgang, das Rechte statt des Unrechten, die Wahrheit statt des Irrtums zu denken und zu sprechen, öffnet dem Himmel die Pforten des Denkens; das Wort Gottes, wenn verkündet, tritt jetzt auf den Kampfplatz menschlicher Angelegenheiten und ist tatsächlich Gottes Wort, das bei den Menschen wohnt und „alle Tränen von Ihren Augen [abwischt].” Gott ist Liebe; Liebe gedacht, gesprochen, gelebt, bedeutet, daß Gott bei den Menschen ist; wird die Liebe vergessen, vernachlässigt, außer Acht gelassen, so bedeutet das einen nichtigen, flüchtigen Traum des Daseins, indem Gott nicht gefunden wird.
So wird jede Eigenschaft Gottes bei den Menschen begründet, wenn sie erkannt, geliebt, verstanden und im täglichen Denken und Handeln geübt wird. Gott ist immer derselbe Gott, zum Nutzen des einen Menschen, so gut wie zu dem des andern, der Mensch aber, der seine Gedanken klar erhält durch das Wirken der Gott-Ähnlichkeit, dem ist Gott näher als demjenigen, der seine Gedanken „den Motten und [dem] Rost” der Gottlosigkeit überläßt. Denn der Gedanke macht den Menschen zu dem, was er jeden Tag ist. Darum sollte jeder Mensch danach streben sich selbst so zu sehen, wie Gott ihn sieht und aufhören anders zu denken. Nur von der nicht behaupteten Wahrheit kann gesagt werden, „daß sie in so vielen Tagen ohne Frucht gewesen ist” für den Menschen. Die behauptete Wahrheit verwandelt die menschlichen Einöden in Gärten der Freude und der Weg der Wildnis erweitert sich zu großen Feldern voll Fruchtbarkeit.
Für den echten Christian Scientisten ist keine Lage so ernst, daß nicht Gottes Wort gesprochen werden könnte. An den Rand des Elends gebracht, auf allen Seiten von den Drohungen des Übels umringt, von der Schwere der Furcht, des Mißlingens oder Kummers überwältigt, hat er immer die eine Zuflucht, — er kann die Wahrheit denken, und mit diesem Denken kann er die Einflüsterungen des Übels so zurückweisen, so die Macht und Gegenwart seines Gottes behaupten, daß gerade diese Beharrlichkeit sich in der Umwandlung seiner Lage und in dem endgültigen Siege des Guten äußern muß.
Kein Gottähnlicher Gedanke ist verloren, noch ist er ohne Nutzen und der Mensch der unerschütterlich bleibt im treuen Festhalten Gottähnlicher Gedanken, wandelt mit einem Erlöser dessen schließlicher Sieg über jede Erscheinungsform der Sünde eine göttliche absolute Sicherheit ist.
Die Christian Science gebietet ihrem Schüler zu arbeiten, aufzuhören mit allen Tändeln, Klagen und Zweifeln und sich die erlösenden Behauptungen der Wahrheit jede Stunde des Tages zur tätigen Pflicht zu machen. Wenn nur ein Gedanke der Wahrheit durch das Studium erfaßt worden ist, muß dieser Gedanke wie ein lieber Gefährte gehegt und gepflegt und wieder und wieder behauptet werden. Diese richtige innere Tätigkeit wird Scharen böser Einflüsterungen mit allen ihren sie begleitenden Ermüdungen und Schmerzen in die Flucht schlagen. Die Erkenntnis der Gebote des Moses, die von Geschlecht zu Geschlecht verkündet wurden, hat den moralischen Maßstab tausender von Menschen erhoben und sie von den Sünden einer niederen geistigen Stufe erlöst. Die Erkenntnis der Lehren des Neuen Testaments, die der Welt durch Jahrhunderte christlichen Strebens verkündet wurden hat die Geistigkeit angeregt, die ohne solche andauernde Wiederholung geschlummert haben würde. Und diesem Jahrhundert ist durch das Leben einer heiligen Frau eine Verkündigung der Wahrheit geworden, die das Verständnis des Alten wie des Neuen Testamentes so klärt, daß deren Wort tatsächlich das Übel abschafft, den Betrug abtut, die Verderbtheit überwindet und den Glauben blühen läßt. Mrs. Eddy hat der Welt ihre Botschaft ausgerichtet. Denjenigen, die sie nicht beachten, trägt sie keine gegenwärtige Frucht. Denjenigen, die sie in ihrem eigenen Leben wieder-verkünden, öffnet sie einen Weg der Erlösung, auf dem sie zu dem Besitz jenes reichen Verständnisses gelangen, daß die Folge eines treuen Behauptens ist. Ohne Frage ist dies der Weg zur Befreiung und Sünde, Schmerz und Tod müssen der „friedsamen Frucht der Gerechtigkeit” weichen.
    