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Der Glaube im Gegensatz zum Zweifel.

Aus der November 1908-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die meisten Leute kennen die Geschichte des Apostels Petrus, wie derselbe versuchte, auf dem Wasser zu gehen. Des Meisters liebevolle Zurechtweisung, als ihm der weitere Versuch mißlang, ist jedoch von besonderem Interesse für die Christian Scientisten. Jesus sagte zu Petrus: „O du Kleingläubiger, warum zweifelst du?” Es gibt wohl sehr wenige unter uns, vielleicht keinen einzigen, welcher ohne großen Zweifel einen Gang über das Wasser zum Meister antreten würde, selbst nicht auf seinen Befehl hin. Ferner finden sich wohl nicht viele, welche die folgenden Worte Jesu mit Hoffnung auf Erfolg praktisch anzuwenden versuchen: „So ihr Glauben habt als ein Senfkorn, so möget ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich von hinnen dorthin! so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.” Dieses sagte er zu seinen Jüngern, als sie ihn fragten, warum sie den Irrsinnigen nicht heilen konnten. Auch wir möchten oft gerne wissen, weshalb es uns trotz unserer ernsten Bemühungen nicht gelingt, eine Krankheit zu heilen oder einen unharmonischen Zustand zu berichtigen.

Als Christen glauben wir, daß die Worte Jesu unbedingt wahr sind; als Christian Scientisten wissen wir, daß das unveränderliche, vollkommene Gesetz Gottes das erwünschte Resultat bewirken kann, — nicht als ein Wunder, sondern als ein natürliches Ergebnis dieses Gesetzes; als Sterbliche finden wir jedoch, daß wir diese Resultate nicht immer erzielen. Warum diese Mißerfolge, selbst dann, wenn wir nur um das bitten, was wir als gut erkennen und wenn wir unser möglichstes zur Stärkung unseres Glaubens getan haben? Weshalb mißlang es dem Petrus? Inwiefern mangelte es ihm am Glauben? Er bezweifelte weder die Worte noch die Macht Jesu. Er hatte ihn soeben auf dem Meere gehen sehen und den Befehl: „Komm her!” direkt von ihm erhalten. Es war daher, menschlich gesprochen, kein Grund vorhanden, weshalb er den Zweifel hegen sollte, der offenbar an seinem Mißerfolg schuld war.

Als sich Petrus anschickte, dem Befehle zu folgen, besaß er ein festes Vertrauen auf Jesum; folglich „ging” er „auf dem Wasser.” Als er aber den Wahrnehmungen der Sinne glaubte, als er „einen starken Wind” sah, „da erschrak er.” Warum erschrak er? Trotz der scheinbaren Gefahr hätte er nicht den Glauben verlieren sollen, denn er hatte es ja doch selbst bewiesen, daß er auf dem Wasser gehen konnte. Warum wurde sein Glaube dennoch schwächer, anstatt stärker? Wahrscheinlich fürchtete er sich darum, weil der Gedanke, welchen er in seinem Bewußtsein aufgenommen hatte und welcher dasselbe beherrschte, nicht auf dem Prinzip des Seins, sondern auf den Wahrnehmungen der physischen Sinne beruhte. Diese Wahrnehmungen verdrängten den Glauben an Gott; sie beseitigten das göttliche Gesetz, welches Jesum, der ganz in seiner Nähe war, beschützte. In Wirklichkeit stand Petrus unter dem gleichen Gesetz; er verließ sich aber nicht auf dasselbe. Sein Glaube kehrte sogleich zu dem sogenannten Naturgesetz zurück und sein Sinken war der äußere Ausdruck seiner Annahme, daß das materielle Gesetz das echte Gesetz sei. Sein Bewußtsein war ganz von dem Gedanken erfüllt, daß dieses Gesetz seine Handlungen regiere. War ihm dasselbe doch seit seiner Kindheit eingeprägt worden.

In unserem Lehrbuche, „Science and Health,“ S. 545, sagt Mrs. Eddy: „Der Begriff eines materiellen Weltalls ist der Theorie, daß der Mensch die Entfaltung des Geistes ist, gänzlich entgegengesetzt. Solche fundamentale Irrtümer verursachen Fehler in allen menschlichen Lehren und Folgerungen; sie stimmen nicht mit der Unendlichkeit der Gottheit überein.” Wäre Petrus von Kindheit an von der Prämisse ausgegangen, daß „alles ... unendlicher Geist und dessen unendliche Kundgebung” ist („Science and Health,“ S. 468), so würden seine Erfahrungen vor dieser Begebenheit der Art gewesen sein, daß er sich ein ganz anderes Resultat als Folge einer Handlung oder einer Reihe von Handlungen gedacht hätte, und das Gehen auf dem Wasser wäre ihm eine ebenso natürliche Sache gewesen wie seinem Herrn und Meister. Er würde sich dann auf das göttliche Gesetz verlassen haben anstatt auf das sogenannte materielle Gesetz, welches irrtümlicherweise für ein Gesetz Gottes gehalten wird.

Die physischen Sinne des Petrus sahen die Tatsache, daß Jesus auf dem Wasser ging und daß er selber es tun konnte. Er schrieb jedoch diese Fähigkeit einer dem Herrn Jesu verliehenen wunderbaren Macht zu und wußte nicht, daß sie mit den Gesetzen des allmächtigen Prinzips in Übereinstimmung stand. Daher das Mißlingen. Er sank nicht deshalb, weil er Jesu Worte bezweifelte, sondern weil er an ein anderes Gesetz glaubte als an das echte Gesetz des Lebens und dessen geistige Wirksamkeit. So ergeht es heutigestages den Sterblichen, welche die Berge, ja oft bloß die Maulwurfshügel des täglichen Lebens vergeblich zu beseitigen suchen. Sie machen sich zwar mit dem Glauben an Gottes Wort und Gottes Liebe an die Arbeit, haben aber einen viel stärkeren Glauben an die Wirkung der materiellen Gesetze. Um einen Glauben zu erlangen, der sich durch Werke beweist, müssen wir anfangen, die echten Gesetze aufs neue zu lernen — die Gesetze, welche das Weltall und den Menschen regieren. Wir müssen dieselben Tag für Tag in allen Einzelheiten des Lebens anwenden, bis wir neue Resultate erzielt haben. Von diesen Resultaten aus können wir dann auf die Tatsachen des ewigen Lebens schließen, wie dasselbe jetzt und hier besteht. Sobald wir dann anfangen nachzudenken, machen sich diese Schlüsse geltend anstatt der Schlüsse, welche von der Prämisse ausgehen, daß die Materie Leben habe. Die ersteren werden dann unsere Handlungen leiten.

Die Demonstrationen, zu denen wir berufen sind, werden viel häufiger durch einen Glauben bewirkt, welcher auf der durch die Ausübung unseres Verständnisses des ewigen Lebens erlangten Kenntnis beruht, als durch einen großen Akt des Glaubens an die Allmacht und Liebe Gottes. Jede Anwendung des göttlichen Gesetzes in unseren Handlungen, mögen dieselben groß oder klein sein, befestigt unseren Glauben. Dann liefern wir immer mehr den Beweis, daß uns „nichts unmöglich” ist. Dann empfangen wir den vollen Segen der Verheißung: „Alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, werdet ihr’s empfahen.”


Es gibt nur ein einziges Gut für den Menschen: die Wissenschaft, und nur ein einziges Übel: die Unwissenheit.

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