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Das rechte Wort zur rechten Zeit

Aus der Juli 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Schüler der Christian Science tun wohl daran, die Warnung zu beachten, die in den folgenden Worten unsres Meisters an Seine Jünger enthalten ist: „Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnet's jetzt nicht tragen.”

Es geschieht oft, daß Leute, die, getrieben von dein Wunsche mehr von der Christian Science zu erfahren, durch eine unbedachte Äußerung derjenigen verwirrt und abgeschreckt werden, die wohl mit dem Buchstaben der Wissenschaft gut vertraut, aber noch nicht von der rechten Liebe und Weisheit erfüllt sind, um zu erkennen, wieviel der Anfänger zu „tragen” vermag. Wir müssen mit dem schüchternen Denken äußerst behutsam und geduldig sein, müssen warten, bis der Anfänger ein klareres Verständnis von den einfacheren Darlegungen der Wahrheit erlangt hat, ehe wir ihn mit den tieferen metaphysischen Lehren derselben überraschen und womöglich verwirren. Vor allen Dingen müssen wir den Menschen zu dem Glücksgefühl verhelfen, daß die Christian Science verleiht — zu dem Frieden und der Freude, die ihre Quelle in dem richtigen Verständnis von Gott und unsern Mitmenschen hat. Ferner müssen wir ihnen zeigen, wie unser Leben durch die Christian Science umgewandelt und neugestaltet wird. Dabei ist jedoch die äußerste Vorsicht nötig, um nicht den Eindruck zu erwecken, daß dies die Verzichtleistung auf alle zarten menschlichen Rücksichten und unschuldigen Freuden bedeute. Wir müssen in liebevoller Geduld darauf hinweisen, daß in der Christian Science jede gute und selbstlose Zuneigung vertieft und vervollkommnet wird und unendlich mehr an Wert gewinnt, da sie von allen grobsinnlichen, irdischen Leidenschaften und Wünschen gereinigt und geläutert wird. Ferner können wir erklären, daß die auf eine materielle Auffassung von Gott und dem Menschen beruhende menschliche Liebe naturgemäß dem Wechsel unterworfen und unbefriedigend sein muß, daß aber der wahre Begriff von Liebe, der die Wiederspiegelung ist „von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis”, keine Ungewißheit oder Furcht vor Wechsel und Trennung enthalten kann.

Wir sollten außerdem nicht vergessen hervorzuheben, daß durch das Verständnis von der Christian Science jede menschliche Beziehung einen duldsameren, edleren und praktischeren Charakter gewinnt; daß nur so alle Furcht um unsre Lieben und alles Grauen vor der Zukunft aus unsern Herzen vertrieben werden kann; daß wir nur so lernen, im Denken, wie in Wort und Tat unsres Meisters Befehl, unsern Nächsten zu lieben wie uns selbst, zu demonstrieren. Für Anfänger ist das Gefühl oft sehr niederdrückend, die Christian Science verlange von ihnen die Darangabe alles dessen, was sie bisher wert gehalten haben. Die weiter Vorgeschrittenen müssen diese falsche Anschauung erkennen; sie müssen zur Zerstörung einer derartigen Furcht beitragen, indem sie die Betreffenden allmählich, Schritt für Schritt, aus den alten, beengenden Annahmen herausführen. Doch muß dabei stets sorgfältig darauf geachtet werden, daß, wenn eine falsche Annahme vernichtet worden ist, die wahre Idee an ihrer Stelle fest begründet werde. Wird dies außer Acht gelassen, so liegt die Gefahr nahe, daß der Anfänger gleich einem steuerlosen Schiff in einem Meer von Nebel und Verwirrung umhertreibt.

Denen, die da meinen treu an dem Glauben festhalten zu müssen, in welchem sie aufgewachsen sind, können wir erklären, daß sie sehr wohl auch fernerhin für die Hilfe dankbar sein können, die sie in der Vergangenheit empfangen haben. Niemals dürfen wir diejenigen, deren Ansichten von den unsrigen abweichen, weder durch Worte noch Blicke geringschätzend behandeln. Wir wollen dem so oft von unsrer Führerin erteilten Rate folgen und weitherzig genug sein, um uns über jedes Unternehmen zum Guten freuen zu können, sei es auf religiösem Gebiete, in der Gesellschaft oder im öffentlichen Leben. Unser Meister gab stets denen, die zu ihm kamen, gerade die praktische Hilfe, deren sie zur Zeit bedurften und die ihrem Begriffsvermögen entsprach. Stets erteilte er ihnen einfache, klare Lebensregeln, die sie sofort auf ihre alltäglichen Bedürfnisse anwenden konnten.

Ein jeder von uns wird sich der Zeit der Gährung und des Unbehagens erinnern, die er im Anfang seines Studiums der Christian Science durchmachte, als ein andrer Schüler, der mehr Eifer als Klugheit besaß, ihm einen höheren Gedanken mitteilte, für den er noch nicht reif war und der ihm daher viel Verwirrung und Leiden verursachte. Dies hätte vermieden werden können, wenn die Entfaltung der Wahrheit Gott überlassen worden wäre, bis der Anfänger die Kraft erlangt haben würde, dieselbe zu „tragen”. Der Drang, andern das mitzuteilen, was wir gelernt haben, entspringt sicherlich sehr oft einem Gefühl der Nächstenliebe; doch muß man äußerst wachsam sein, damit sich nicht etwa menschlicher Eigenwille einschleiche. Wir müssen darauf achten, ob wir in unserm Bestreben, andern zu helfen, einzig und allein von Liebe und Weisheit geleitet werden.

Die alte Annahme von geistiger Überlegenheit, und das Verlangen, andern mit unserm vorgeschrittenen Verständnis zu imponieren, ist äußerst listig und gefährlich, und besonders ältere Schüler müssen beständig vor ihr auf der Hut sein. Wir sollten niemals davor zurückschrecken, auf die Ansprüche des Übels hinzuweisen, wenn es notwendig ist; doch müssen wir gewiß sein, daß diese Notwendigkeit wirklich besteht. Nie dürfen wir uns durch Klatschsucht dazu verleiten lassen, eine Handlung auf Kosten andrer zu rechtfertigen. Wenn wir von irgendeiner Erscheinungsform des Irrtums sprechen, so dürfen wir derselben keine Wirklichkeit zugestehen, da wir sonst in dem Neuling das beängstigende Gefühl zurücklassen, daß das Übel ebenso wirklich sei wie das Gute.

Die meisten Anfänger wollen die großen Probleme zuerst lösen. In solchen Fällen sollten wir darauf hinweisen, daß, gleichwie wir uns in der Mathematik erst dann mit den höheren Problemen befassen können, wenn wir uns gewissenhaft durch die ganze Fundamentallehre dieser Wissenschaft hindurchgearbeitet haben, wir auch in der Christian Science „mit den einfacheren Demonstrationen der Beherrschung” anfangen müssen; „und je eher wir damit anfangen, desto besser” („Science and Health“, S. 429). Wenn wir über wenigem getreu gewesen sind, werden wir über viel gesetzt werden. Der Anfänger wird oft vom Gefühle der Entmutigung versucht, wenn seine Bemühungen, eine großes Problem zu lösen, vergeblich gewesen sind. Er sieht nicht sogleich ein, daß Treue im Kleinen die Vorbereitung für wichtigere und schwierigere Arbeit ist. In der Tat müssen wir uns alle befleißigen, eine einfachere und klarere Denkweise zu erringen, und dies gelingt uns am schnellsten, wenn wir unsre ganze Energie auf das Nächstliegende verwenden, möge es uns auch manchmal recht eintönig erscheinen.

Bei der Darlegung unsres Verständnisses von der Christian Science ist die Wahl unsrer Worte gleichfalls von größter Wichtigkeit. Auch hierin kann uns unser großer Meister zum Vorbild dienen. Seine Rede war stets ohne Umschweif, äußerst einfach und natürlich. Nie erging er sich in hochtrabenden Redensarten, sondern bediente sich stets der gewöhnlichen Umgangssprache, die von seinen Zuhörern verstanden und erfaßt werden konnte. Er half stets denen, die ihn umgaben, und zwar gerade da, wo er sie fand. Die kleinen Kinder, die Kranken und die Sünder kamen furchtlos zu ihm, voll Vertrauen auf seine Liebe, sein Mitgefühl und seine Bereitwilligkeit zu helfen.

Unsre Arbeit besteht darin, dieselbe Liebe und dasselbe Mitgefühl so widerzuspiegeln, daß sich alle Menschen zu den Christian Science Kirchen und Lesezimmern hingezogen fühlen, weil sie wissen, daß sie dort Leute finden, die ihnen Liebe und Teilnahme entgegenbringen, Leute, die stets bereit sind, „das rechte Wort zur rechten Zeit” und die nötige Hilfe und Ermutigung darzureichen, Leute, die auf alle Fragen in verständiger Weise eingehen und sich bemühen, den Standpunkt des Fragestellenden in Betracht zu ziehen und die Lehren der Christian Science klar und einfach darzulegen.


Weiter kommt der Mensch, der dem Himmel lachet in's Antlitz,
Als wer grämlich sitzt und mit Gedanken sich abhärmt.
Laßt uns fröhlich sein; denn zur Freude sind wir geboren.

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