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Geistiges Verständnis

Aus der September 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Welch unbegrenzte Aussichten eröffnen sich uns doch in Bezug auf geistiges Wachstum und Glückseligkeit, wenn wir durch die Lehren der Christian Science anfangen, die geistige Bedeutung der Heiligen Schrift zu verstehen und hinter jedem menschlichen Begriff die geistige Idee zu suchen. In „Science and Health“, Seite 16, gibt uns Mrs. Eddy die geistige Auslegung von dem Gebet des Herrn. Sodann sagt sie auf derselben Seite: „Das höchste Gebet ist nicht das des bloßen Glaubens; es ist Demonstration. ... Es unterscheidet zwischen Wahrheit, die sündlos ist, und der Unwahrheit des sündigen Sinnes.” Diese geistige Auslegung befreit den Gedanken nicht nur von dem Kleinlichen, Gemeinen und von allem, was entmutigend wirkt, sondern sie bringt uns auch (so unglaublich dies dem Materialisten auch erscheinen mag) die Befriedigung unsrer besonderen Bedürfnisse, in mentaler, moralischer und physischer Hinsicht; und zwar hat dies seinen Grund darin, daß die geistige Auslegung uns zurückgeführt zu dem einen Prinzip des Seins, der absoluten Ursache, zu Gott, der Geist ist. Diese Tatsache wurde mir durch verschiedene wertvolle Erfahrungen veranschaulicht.

Wenn ich früher betete: „Unser Vater, der du bist im Himmel”, so dachte ich dabei an ein weitentferntes, mächtiges Wesen, dem ich Gehorsam schuldete und das ich verehren und lieben mußte, insoweit sich Liebe mit der stets vorwaltenden Furcht vereinigen ließ. Ich stellte mir einen Gott vor, der vielleicht meine Bitte erhören und mir Gutes senden würde, sollte Er es aus irgendeinem Grunde für gut befinden. Nie schien mir Gott so nahe, so liebenswert, so unentbehrlich, wie mein irdischer Vater. Unser Lehrbuch erklärt die Worte: „Unser Vater, der du bist im Himmel”, wie folgt: „Unser Vater-Mutter Gott, allharmonisch.” Die Christian Science hat mir Gott als unendliche, unveränderliche Liebe geoffenbart — als meinen Erhalter, meinen Führer, als den Urheber meines Seins, der mir liebevoll alles, was ich nötig habe, im Überfluß gibt, oft ehe ich mir meines Bedürfnisses bewußt bin. Gott ist mir so allgenugsam geworden, daß ich mich in Zeiten der Furcht und des Leides so natürlich und vertrauensvoll an Ihn wende, wie ein kleines Kind sich an seine Eltern wendet. Oftmals ist mir Seine Nähe so klar zum Bewußtsein gekommen, daß ich augenblicklich von Furcht, Schmerz und Groll geheilt wurde, und es ist mir nun vor allem daran gelegen, Ihm in liebevoller und verständnisvoller Weise zu gehorchen.

Wenn ich früher betete: „Dein Reich komme”, so dachte ich an eine unbestimmte zukünftige Zeit, die auf eine gewaltige Umwälzung, das Jüngste Gericht genannt, folgen würde. Mrs. Eddy hat uns jedoch in folgenden Worten darauf hingewiesen, daß das Reich Gottes jetzt verwirklicht werden kann: „Dein Reich ist gekommen; Du bist immer gegenwärtig.” Wir lernen in der Christian Science, daß das Reich Gottes die Herrschaft des Guten ist, und daß die Erkenntnis der Allmacht und Allgegenwart Gottes die falschen Ansprüche des Bösen vernichtet, wie das richtige Denken das falsche Denken vertreibt. Jesus sagte: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch.” Wer also dieses Gebet versteht und demonstriert, ist nicht nur imstande seinen Standpunkt zu behaupten, sondern kann auch trotz widersprechender menschlicher Theorien vorwärtsschreiten.

Früher brachte ich die Worte: „Dein Wille geschehe” meistens mit Augenblicken der Entsagung, ja der Verzweiflung in Verbindung. Ich dachte an irgendein müdes und entmutigtes Menschenkind, das einer „unerforschlichen Vorsehung” gegenüber den Kampf aufgegeben hatte; jetzt aber erkenne ich das Gebet: „Dein Wille geschehe” als einen Triumphruf angesichts menschlicher Leiden. Gottes Wille ist ja immer gut, da Er „das Böse nicht sehen und dem Argen nicht zusehen” mag (Züricher Bibel) und „kein Gefallen am Tode des Sterbenden” hat. Nachdem ich diese Bitte im Lichte der Christian Science verstehen gelernt hatte, half sie mir den Eigenwillen in mir und andern überwinden. In meinem Beruf als Lehrerin führte sie mich aus der Annahme heraus, daß zum Unterrichten eine dominierende, mit menschlicher Willenskraft ausgestattete Persönlichkeit nötig sei, und führte mich zu der Erkenntnis, daß der im Bilde seines Vater-Mutter Gottes geschaffene Mensch vom göttlichen Prinzip regiert wird und nicht unter dem menschlichen Gesetz der Erblichkeit steht, nicht das Opfer böser Einflüsse ist. Aus diesem Grunde erscheint mir kein Kind mehr unverbesserlich, und das Gefühl der Entmutigung angesichts meiner Verantwortlichkeit hat einem Gefühl des Mutes und der Freude an meiner Arbeit Raum gegeben.

Die Bitte: „Unser täglich Brot gib uns heute”, hatte früher für mich nur ein oberflächliche Bedeutung; jetzt aber sehe ich über das Materielle hinaus und finde Ermutigung in dem Verständnis, daß „unser Brot, ‚das vom Himmel kommt‘, ... Wahrheit” ist, die große Wahrheit des geistigen Seins, welche die Kranken heilt und den Irrtum austreibt” („Science and Health“, SS. 35, 33). Im materiellen Sinn wird das Brot oft die Stütze des Lebens genannt; im wahren, geistigen Sinn jedoch ist das Verständnis von Gott und Seiner Schöpfung die Stütze des Lebens. Jesus sagte: „Ich bin kommen, daß sie das Leben und volle Genüge haben sollen”; ferner: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christ, erkennen.” Die Bitte: „Unser täglich Brot gib uns heute”, wird in unserm Lehrbuch mit folgenden Worten erklärt: „Gib uns Gnade für heute; speise die darbende Liebe” (S. 17). Der zweite Teil der Bitte: „Speise die darbende Liebe”, hat mir zu einer großen Demonstration verholfen, indem er mich von einem tiefen, unbeschreiblichen Sehnen und einer krankhaften und empfindlichen Gemütsstimmung geheilt hat. Die Bitte als Ganzes hat mich in höherem Maße befähigt, meinen Nächsten zu lieben und mich dadurch glücklich zu fühlen.

Wenn ich jetzt bete: „Vergib uns unsre Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern”, bin ich so erfüllt von Dankbarkeit für mein besseres Verständnis von Gott und für das helle Licht, welches dieses Verständnis auf meinen Lebensweg wirft, daß ich keine „Schuldiger” mehr sehe, denen ich zu vergeben hätte. Was mir an Liebe, Lob und Beifall zukommt, erscheint mir nun kaum der Rede wert. Selbstbemitleidung und Ehrgeiz weichen deshalb einem Gefühl des Wohlwollens und Mitleids gegen andre, und ich erlange einen Schimmer von der Bedeutung der geistigen Auslegung dieser Bitte: „Und Liebe spiegelt sich in Liebe wieder.”

In der Christlichen Wissenschaft bedeutet die Erklärung: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit” weit mehr als eine Anerkennung der Allerhabenheit Gottes. Sie drückt unerschütterliches Vertrauen und tiefe Dankbarkeit aus. Sie ist eine Feuersäule in dunkeln Stunden. Sie macht Augenblicke des Erfolgs zu Meilensteinen auf unserm Wege aufwärts, indem sie uns die Tatsache beweist, daß Gott „unendlich, alle Kraft, alles Leben, alle Wahrheit, alle Liebe, über allem und Alles” ist (S. 17). Dieser Begriff von Erfolg trägt weit mehr zum geistigen Wachstum und zum Wohlergehen bei, als das flüchtige Gefühl der Befriedigung angesichts persönlicher Errungenschaften, denn er führt zu der Erkenntnis, daß jeder Erfolg oder Fortschritt das Ergebnis der im Menschen zum Ausdruck kommenden Wirkung des göttlichen Prinzips ist. Die Allheit des göttlichen Geistes wird dann die eine große Tatsache, welche erhebt, inspiriert und heilt.

Für den Christian Scientisten, der durch ein aufmerksames Lesen der Bibel und ihrer Auslegungen in „Science and Health“ ein geistiges Verständnis von dem Gebet des Herrn erlangt hat, wird dieses Gebet so wesentlich und anwendbar, daß er es in Zeiten der Not stets in Gedanken hat und es für ihn eine immer gegenwärtige Hilfe ist. Aus diesem Grunde fühlt man geradezu, wie die laute Wiederholung des Vaterunsers in den Gottesdiensten der Christian Science mit Dankbarkeit und geistiger Macht vibriert.


Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Occident!
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände!

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