Wenn ich auf mein Leben zurückblicke und die letzten fünf Jahre, während welcher die Wahrheit mein Bewußtsein neugestaltet hat, mit den Jahren der Unruhe, Unwissenheit, geistigen Blindheit, Selbstsucht und Undankbarkeit vergleiche, dann steigt ein Gefühl überströmender Dankbarkeit in mir auf. Wir Sterblichen vermögen kaum dem Glück- und Dankgefühl für die sich stetig entfaltende geistige Freiheit den rechten Ausdruck zu verleihen, doch können wir bis zu einem gewissen Grade durch Taten, die der Dankbarkeit, dem Glauben und wahren Verständnis entspringen, den Beweis für unsre Wiederspiegelung des Lebens, der Wahrheit und Liebe liefern — jener Liebe, welche die Volksmenge bewog, den Lehren unsres geliebten Meisters zu lauschen und welche dessen Nachfolger den geistigen Gehalt dieser Lehre erkennen ließ.
Seit meiner Kindheit verursachten mir ein Leber- und ein Magenleiden sowie Verdauungsstörungen große Beschwerden. Dieser Zustand nahm während meines Jünglingsalters immer mehr überhand, bis ich mich später in meiner Not der Christian Science zuwandte. Ich war bei verschiedenen Ärzten in Behandlung gewesen und hatte es auch mit Homöopathie und elektrischer Behandlung versucht, doch ohne dauernden Erfolg. Schließlich kam noch ein Darmleiden nebst einem Gewächs hinzu, welches mir unsägliche Schmerzen verursachte, und ich sah mich oft genötigt zu einem schmerzstillenden Mittel zu greifen, um nur meine Arbeit fortsetzen zu können. Bei uns im Haus standen überall Medizinflaschen, für Pillen in meinen Taschen war stets gesorgt, und wenn ich dem Gebrauch derselben auch nicht gänzlich verfallen war, so war ich doch nicht weit davon entfernt. Schließlich mußte ich den Arzt rufen und ließ mir zur Beseitigung einer gewissen Starrheit in den Gliedern Einspritzungen machen. Mein Magen konnte keine Speise mehr vertragen, und ich mußte daher oft tagelang ohne Nahrung auskommen, nicht nur weil es schien, als verfehlte die Nahrungszufuhr bei mir überhaupt ihren Zweck, sondern auch, weil sich nach dem Essen entsetzliche Schmerzen einstellten. In Gedanken sah ich schon das Seziermesser des Chirurgen und war der Verzweiflung nahe.
Damals besuchte uns ein Freund aus früheren Tagen, der im Staate Colorado auf der Reise begriffen war. Ihm schilderte ich meinen jämmerlichen Zustand, begegnete aber zu meinem Erstaunen einem Stillschweigen. Er teilte mir mit, er wäre Anhänger der Christian Science geworden, und erzählte mir sodann die Einzelheiten seiner mir wunderbar erscheinenden Heilung, die zu einer Zeit erfolgte, als er schon alle Hoffnung auf Genesung aufgegeben hatte. Seine Worte riefen mir zunächst wieder den Umstand lebhaft ins Gedächtnis, daß meine Mutter vor Jahren durch das Studium dieser wunderbaren Wissenschaft Hilfe erlangt hatte. Mir kamen einzelne Sätze dieser Lehre in den Sinn, mit der meine Mutter damals auf mein unempfängliches Gemüt einzuwirken versucht hatte, und ich entsann mich, daß ganz unten in einem Koffer sich noch ein Buch befinden müsse, welches sie, als ich nach dem Westen zog, mit einer Bibel eingepackt hatte, nämlich „Science and Health with Key to the Scriptures“ von Mrs. Eddy. Es erfüllte also doch noch seinen Zweck. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß ich den Inhalt desselben förmlich verschlang. Kurze Zeit nachdem ich mich dem Lesen dieses Werkes gewidmet hatte, verschwand die Furcht vor dem Essen nebst den unliebsamen Begleiterscheinungen, und das Wunderbare dieser Änderung erschloß sich mir allmählich. Seitdem habe ich wiederholt Siege über scheinbar unüberwindliche Schwierigkeiten zu verzeichnen gehabt, teils durch selbstständige Arbeit, teils durch das Wirken eines ausübenden Vertreters. Die am heftigsten auftretenden Beschwerden wichen aber nicht sogleich; im Gegenteil: es vergingen viele Monate ehe zwei von diesen Übeln verschwanden. Diese verzögerte Heilung hat mich jedoch veranlaßt, ein höheres geistiges Verständnis anzustreben. Ich machte sehr bald die Beobachtung, daß mit zunehmender geistiger Erkenntnis, wie sie durch das Lesen der Bibel und von „Science and Health“ in uns zur Entfaltung kommt, der sterbliche Irrtum sich immer weniger bemerkbar machte, bis ich von den chronischen Leiden gänzlich befreit war. Ich bin ferner vom Rauchen und Fluchen und so mancher Angewohnheit geheilt worden. Über neun Jahre lang glaubte ich Augengläser nicht entbehren zu können, da die Sehkraft auf einem Auge stark beeinträchtigt war; vor zwei Jahren nahm ich sie aber ab, da sie mir das Sehen tatsächlich eher erschwerten. Obgleich meine Augen durch meine Berufstätigkeit stark in Anspruch genommen werden, brauche ich mich jetzt keiner künstlichen Mittel zu bedienen.
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