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„Seid getrost”

Aus der September 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein Zustand des Denkens, in den der ernststrebende Christ sehr leicht verfällt und von dem er sich vor allem freihalten sollte, um wirksam arbeiten zu können, äußert sich als ein Gefühl der Entmutigung. Es gibt viele Leute, denen die Lebensprobleme höchst schwierig vorkommen; da sie sich aber einer guten Gesundheit erfreuen, die Annehmlichkeiten des Lebens genießen, vielleicht sogar im Luxus leben und selten mit menschlicher Not in Berührung kommen, machen sie sich nur einen schwachen Begriff von dem Kämpfen und dem Elend der Armen, wie es z. B. der Stadtmissionar oder der ausübende Vertreter der Christian Science immerfort zu sehen bekommt. Letztere empfinden daher in höherem Grade, wie notwendig es ist, den Mut und das Gottvertrauen zu haben, das eine große und schnell wachsende Schar von Menschenfreunden durch die Christian Science erlangt.

Wer seine Aufmerksamkeit der scheinbaren Schnelligkeit zuwendet, mit der üble Impulse und Neigungen sich vermehren, wer die selbst unter den günstigsten Bedingungen anscheinend langsam voranschreitende Entwicklung der moralischen Kraft wahrnimmt, und wer die beständige niederziehende Wirkung der Annahme von vererbten Neigungen und von einer entwürdigenden Umgebung, in der sich viele Menschen von Geburt an befinden, zu beobachten Gelegenheit hat, wird angesichts der vielen nachteiligen Einflüsse, denen die Samenkörner der Wahrheit ausgesetzt sind, leicht ein Opfer des Zweifels und der Entmutigung. Dies sind die Anfänge des Pessimismus, und von dem Standpunkt des tätigen Christen aus betrachtet, welcher die dem Wachstum der Tugend entgegenstehenden Hindernisse für wirklich hält und die Möglichkeiten der göttlichen Gnade nach dem langsamen Gang seines eignen geistigen Fortschritts beurteilt, ist es nicht zu verwundern, wenn er von dem Gefühl völliger Hoffnungslosigkeit hinsichtlich des christlichen Bestrebens, zur Erlösung der Menschheit beizutragen, befallen wird. Schließlich lähmt die Last seines Herzens seine Tatkraft, und seine Tüchtigkeit ist zu Ende.

Es muß jedoch zugegeben werden, daß die menschlichen Zustände, denen die ersten Jünger gegenüberstanden, dem sterblichen Sinn nicht weniger entmutigend erschienen als die Zustände, mit denen wir bekannt sind; und doch waren die Jünger stets von Vertrauen und Freudigkeit erfüllt. Inmitten der größten Anfechtungen und einem Widerstand gegenüber, wie ihn nur ein sinnliches Heidentum und ein erbittertes Pharisäertum vereint bieten konnten, ertönt die triumphierende Stimme des Paulus in einem ununterbrochenen Lobgesang. Der Christian Scientist kann sich dies leicht erklären. Paulus war sich der Allheit Gottes, des Guten, und der Nichtigkeit der Ansprüche des Übels klar bewußt geworden. Er war in das Licht des geistigen Verständnisses getreten, für welches es keine Finsternis gibt, und durch seine mentale und moralische Wiedergeburt wurde die ewige Tatsache abermals bewiesen, daß die erlösende Tätigkeit des Geistes an keine materielle Verfahrungsweise gebunden ist, daß die heilende Macht der Wahrheit nicht von dem langsamen Gang physischer Entwicklung abhängt, und daß daher in einem Tag ein Pfingstfest kommen und eine Nation geboren werden kann.

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