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Ein Zeugnis für die Wahrheit

Aus der April 1913-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Federal Independent


Ich bin schon öfters aufgefordert worden, die Gründe anzugeben, die mich veranlaßt haben, mein Amt als Pastor einer Kongregationalisten-Kirche niederzulegen, aus dieser Konfession auszutreten und mich der Bewegung der Christlichen Wissenschaft anzuschließen. Es sei mir daher gestattet, in den Spalten dieser Zeitung eine öffentliche Erklärung abzugeben.

Auf der mentalen Reife von der Materie zum Geist, vom Sinn zur Seele — einer Reise, auf der wir uns alle befinden — muß man an vielen Stationen vorbei, ehe das geistige Ideal, das vollkommene Menschentum in Christus Jesus erreicht ist. Während meiner Amtszeit als Pastor der Kongregationalisten-Kirche habe ich mehrere dieser Stationen erreicht und dann hinter mir gelassen. Ich liebte diese Kirche, ich hatte eine hohe Meinung von ihren Grundlehren, ihr Freisein von Dogmen- und Formenwesen gefiel mir, und ich stellte meine ganze Kraft in ihren Dienst. Mehrere Jahre hindurch war es meine Aufgabe, in einer großen Anzahl von Gemeinden zu predigen, oder sie zu besuchen, so daß ich also sehr viel reisen mußte, etwa viertausend englische Meilen im Jahr. Während dieser ganzen Zeit verspürte ich eine große innere Unruhe. Ich suchte und suchte, wußte aber nicht genau was. Die Bibel war mir ein teures Buch und ich forschte fleißig darin. Außerdem las ich die Schriften der Kirchenväter, befaßte mich eingehend mit den Mystikern, beobachtete die Heiligkeits-Bewegung und hielt mich jahrelang an die Lehre der Adventisten. Und doch fehlte mir etwas.

Mit der Zeit lernte ich erkennen, was dieses Etwas war. Ich gewann immer mehr die Überzeugung, daß es mir an der wahren Erkenntnis fehlte und daß ich nicht fähig war, die Wahrheit und Liebe, die unser großes Vorbild Jesus Christus so huldreich geoffenbart hat, zum Ausdruck zu bringen. Es wurde mir immer klarer, daß ich als ein Prediger die Wahrheiten des Evangeliums nicht nur zu verkünden, sondern auch zu demonstrieren hätte; daß ich, um andern ein Beispiel zu sein, nicht nur den Geboten in Worten Ausdruck verleihen, sondern sie auch halten müßte. Ich konnte andre darauf hinweisen, daß Christus Jesus die Kranken heilte und seine Nachfolger anwies desgleichen zu tun, war aber nicht imstande, die Verfahrungsart zu erklären, oder sie in Anwendung zu bringen. Jesu Worte anzuführen war leicht; doch feinem Beispiel durch das Vollbringen seiner Werke zu folgen, schien mir unmöglich. Ich glaubte, daß Jesus der Vermittler, der Wegweiser war, wußte aber nicht, wie ich ihm durch das Halten seiner Gebote nachfolgen könnte. Wenn nun ich, ein öffentlicher Darleger seines Lebens und seiner Worte, das nicht wußte, wie konnte ich andre lehren? Um dem Meister treu zu sein, mußte ich alles glauben, was er lehrte, und alles tun, was er tat. Dies schien jedoch zuviel verlangt. Ersteres wollte ich nicht ohne Rückhalt tun, und letzteres schien mir unmöglich.

Ich meine damit nicht, daß ich die Wahrheit der Aussagen Jesu bezweifelte. Dazu erschienen mir die biblischen Erzählungen zu erhaben einfach und göttlich natürlich, zu bestimmt und nachdrücklich. Aber es war alles so weit über mir, so ganz und gar außer meinem Bereich. Diejenigen, die den Meister hörten, erklärten: „Es hat nie kein Mensch also geredet wie dieser Mensch”; auch wurde von ihm gesagt: „Er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten.” Hinsichtlich seiner Worte konnte er sagen: „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.” Es bestand bei ihm nicht der geringste Zweifel, daß er des Vaters Willen erkannt hatte und denselben tat; und dieser Wille war offenbar, daß er Sünde, Krankheit und Tod zerstöre. Im Evangelium des Johannes heißt es: „Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch tun, die Ich tue, und wird größere denn diese tun; denn Ich gehe zum Vater.” Ferner lesen wir im Evangelium des Markus: „Gehet ... und prediget. ... Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: in meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen vertreiben; und so sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden; auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen werden.” Ich wußte, daß dies der Auftrag Christi Jesu an seine Kirche war, ein Auftrag, der keine Trennung zwischen Wort und Tat, zwischen Lehre und Ausübung zuläßt; ein Auftrag, in dem Reden und Tun Hand in Hand gehen, und der das Heilen von Kranken zum Beweis der Wahrheit des gepredigten Evangeliums macht. Zugleich aber wußte ich sehr gut, daß die Kirche den Auftrag Jesu nicht seinem vollen Inhalt nach befolgt hat, indem sie sich den leichteren Teil, nämlich das Predigen, vorbehielt, das Heilungswerk aber, welches das praktische Ergebnis des Predigens sein sollte, der Arzneimittellehre überwies. Dadurch wurde das Heilen der Seelen von dem Heilen des Körpers getrennt. Man wandte die Macht der Wahrheit zur Heilung der Seele an und überließ den Körper der vernunftlosen Materie. Es gelangten also zur Erlangung gewisser Wirkungen Mittel zur Anwendung, die der Meister weder selbst gebrauchte noch andern anbefahl.

Die Einteilung des Auftrags Jesu in weltlichen Dienst und göttlichen Dienst hat offenbar Zustände geschaffen, die die Kirche sehr beklagt, ja oft scharf tadelt, an denen sie aber selber schuld ist. Ich las in meiner Bibel, daß sowohl vor wie nach der Zeit Jesu die Kranken durch geistige Mittel geheilt, ja daß sogar die Toten erweckt wurden. Die Propheten taten diese Werke, und die Urkirche lieferte in den ersten drei Jahrhunderten herrliche Beweise von der heilenden und errettenden Macht des unpersönlichen Christus, der Wahrheit. Naturgemäß drängte sich mir die Frage auf: „Warum geschehen diese Dinge nicht in unsern Tagen? Hat Gott die Gabe des Heilens der Kirche entzogen und sie den medizinischen Schulen zuerteilt, wie uns die Theologen versichern? Ist nicht vielmehr geistige Blindheit und materielle Denkart an dem Mangel schuld? Durch Lesen und ernstes Nachdenken kam ich zu folgender Überzeugung: Da vor Gott kein Ansehen der Person gilt, und da er keine Gabe, die er mitgeteilt hat, je wieder zurückzieht, so muß den Werken des Heilens ein Gesetz zugrundeliegen; dieses Gesetz muß stets wirksam sein; wenn ich es zu finden wüßte, könnte mich nichts daran hindern, die Kranken zu heilen. Ich erkannte es also als meine Aufgabe, nach diesem Gesetz zu suchen, bis ich es gefunden hätte.

An diesem Punkte war ich angelangt, als ich zum erstenmal von der Christlichen Wissenschaft hörte. Ich fand ein Exemplar von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift in einem Hause, wo ich einen Tag zu Besuch war. Dieses Buch machte beim ersten Lesen keinen besonderen Eindruck auf mich. Einige Monate später verschaffte ich es mir leihweise und nahm mir vor, mich in dasselbe zu vertiefen. Bald hatte ich die Überzeugung gewonnen, daß ich auf dem rechten Wege war. Nun nahm ich mir vor, die Lehren dieses Buches zu erproben. Ein Glied meiner Familie hatte bei einem Unfall eine Gehirnerschütterung erlitten, und da die medizinische Behandlung keine Besserung bewirkte, übergab ich den Fall einem ausübenden Vertreter der Christlichen Wissenschaft. Innerhalb einer Woche war das Leiden vollständig gehoben. Ich war nun noch fester davon überzeugt, daß ich die rechte Richtung eingeschlagen hatte. Allmählich öffnete sich mein Bewußtsein dem Lichte Gottes, des göttlichen Gemüts oder Prinzips vom Weltall, und der Mensch als die Idee oder der vollkommene Ausdruck dieses Gemüts wurde mir immer mehr offenbar. In dem Maße, wie sich mir die Wahrheit entfaltete, drang ich in das Geheimnis der Christus-Macht ein und erkannte, in welcher Weise sie wirkt und wie das Christus-Heilen zustande kam. Und nun stand deutlich vor mir „das Gesetz des Geistes, der da lebendig machet in Christo Jesu”. Mein Suchen war beendigt, und Ruhe und Friede zogen ein. Nach dreißigjährigem Wandern in der Wüste hatte ich die Grenze des verheißenen Landes geistiger Erkenntnis erreicht — der Erkenntnis von des Menschen Einssein mit seinem Gott.

Die Wahrheit, wie ich sie jetzt verstehe, begann begreiflicherweise in meinen Predigten zum Ausdruck zu kommen. Es war mein ernstes Streben, das Denken meiner Gemeinde zu dem christlich-wissenschaftlichen Standpunkt zu erheben, wie ich ihn damals verstand, hatte aber damit keinen Erfolg. Nach achtzehn Monaten sah ich mich genötigt, mein Amt niederzulegen. Was mir die Christliche Wissenschaft gewesen ist, kann ich nicht mit Worten ausdrücken. Die wahre Erkenntnis Gottes, das Bewußtsein der Gegenwart des Christus, das Vertrauen, daß die göttliche Liebe alle Bedürfnisse befriedigen wird, die Fähigkeit, die Wirklichkeit des Guten und die Unwirklichkeit des Übels zu vergegenwärtigen — dies sind einige von den vielen Segnungen, die mir durch das Verständnis von der Christlichen Wissenschaft zuteil worden sind.

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