Jesus war ein wissenschaftlicher Praktiker — ein Praktiker, der weder in der Theorie noch in der Praxis je einen Fehler machte. Von Geist, Gott, gesalbt und von der Christus-Kraft regiert, wurde er der Wegweiser, der die Menschheit aus der Knechtschaft der Materie in die Freiheit des göttlichen Gemüts führen sollte. Der Schüler der Christlichen Wissenschaft, der das vom Meister gelehrte und angewandte göttliche Prinzip erfaßt hat und es im täglichen Leben anzuwenden sucht, wird ein praktischer Jünger der Wahrheit, mit andern Worten, ein Praktiker oder ein ausübender Vertreter der Christlichen Wissenschaft.
Solch ein Praktiker ist kein Wundertäter im gewöhnlichen Sinn des Worts. Er schreibt sich keine übernatürliche Kraft zu. Er vertritt nichts Mystisches oder Okkultes. Er dient nicht dem Hypnotismus und seinen Abarten. Er ist der Ausleger eines demonstrierbaren, durchaus befriedigenden Glaubens, demzufolge Christus Jesus der Erlöser der Welt ist. Durch sein Verständnis von Gottes Willigkeit und Fähigkeit, die Menschen zu erretten, heilt er die Kranken, bekehrt die Sünder und untergräbt dadurch die Grundlage der Annahme vom Tode. Er beansprucht keine von Gott getrennte Macht; er behauptet nicht, aus sich selbst etwas tun zu können, sondern erkennt demutsvoll die Allmacht des Guten an, die durch die Christus-Idee von vollkommener Ursache und vollkommener Wirkung sich äußert. Niemals sucht er nach Ursache und Wirkung in der Materie. Er ist kein Physiker, sondern ein Metaphysiker. Er wirkt durch Gemüt und vermöge desselben. Er liebt das Gute über alles und scheut das Böse. Er ist ein Vertreter rechten Denkens. Er bleibt nicht bei dem äußerlich Wahrgenommenen stehen, ohne die Erscheinungen auf ihre Ursache zurückzuführen. Seine Arbeit liegt vollständig jenseits menschlichen Experimentierens. Er hat Vertrauen zu einem ihm verständlichen Prinzip, einem Prinzip, das die mentale Natur aller Ursache und Wirkung offenbart und das göttliche Heilmittel für alle menschliche Disharmonie bietet. Es bleibt sich gleich, vor welcher Aufgabe er steht, denn er weiß, daß das eine, was not tut, darin besteht, im individuellen Bewußtsein die geistige Tatsache festzustellen, daß der Mensch auf Grund seiner vollkommenen Beziehung zu Gott von allem Übel frei ist und immerdar frei sein muß. In dem Augenblick, wo diese Tatsache voll erkannt wird, sind die Kranken geheilt, und das Verlangen oder die Neigung zur Sünde gehört der Vergangenheit an.
Der Hauptzweck des Vertreters der Christlichen Wissenschaft ist, das göttliche Mittel zu verabreichen, das den irrigen und verderbten Sinn berichtigt und dem menschlichen Denken mit dem „Schweig und verstumme!” der Liebe entgegentritt. Sein Lebenszweck besteht nicht ausschließlich darin, Krankheiten und Gebrechen zu heilen. Die Arbeit, der er sich widmet, liegt vollständig auf dem Gebiet des Denkens, und wenn das Denken berichtigt ist, tritt die Christus-Heilung als eine der natürlichen Folgen ein. Der praktische Arzt verliert in seinem Bestreben, physische Harmonie unabhängig von mentalen und moralischen Zuständen herzustellen, das Ziel des Christen aus den Augen und bestärkt den Patienten gar oft in der irrigen Annahme, daß die Materie Krankheit sowohl erzeugen wie heilen könne. Die Wirkung wissenschaftlich-mentaler Ausübung besteht darin, in dem Patienten eine höhere Denkweise wachzurufen; d. h. es findet eine Unterweisung sowohl wie eine Heilung statt, die zu erhöhter mentaler Tätigkeit führt. Heilung tritt erst dann ein, wenn sich die Anzeichen einer solchen Tätigkeit zeigen.
Der christlich-wissenschaftliche Praktiker hat vor allem die Aufgabe, seine eigne Seligkeit zu schaffen, wodurch er auch für andre zum Bürdenträger wird. Erst nachdem er den Balken aus seinem eignen Auge gezogen hat, ist er imstande, den Splitter aus des Bruders Auge zu ziehen. Seine Fähigkeit, das, was er lehrt, praktisch auszuüben, macht ihn zum wissenschaftlichen Praktiker. Spricht er aber über die Christliche Wissenschaft, ohne ihr Prinzip im täglichen Leben anzuwenden, dann ist er weit davon entfernt, ein ausübender Vertreter der Christlichen Wissenschaft zu sein. Der wahre Praktiker ist ein „Täter” des Worts, der stets erkennt, daß „die Tat besser” ist „als die Hälfte einer Predigt”. Ein Werktätiger Christlicher Wissenschafter ist ein Täter des Worts, gleichviel ob er zu Hause oder in der Ferne weile, ob er sich im Geschäft oder auf der Straße befinde; und dieses Wort ist eine Leuchte für manchen müden Pilger, der dem Praktiker auf der Suche nach dem verborgenen Manna begegnet. Ein selbstloser Gedanke, eine freundliche Tat, ein Wort des Trostes und der Ermutigung, ein freundliches Lächeln trägt oft mehr dazu bei, einen Leidenden aus dem unruhigen Erdentraum, daß Leben in der Materie sei, aufzuwecken, als alle medizinischen Vorschriften unsrer und vergangener Tage.
Wenn ein solches christliches Entgegenkommen in den geringfügigen Dingen des täglichen Lebens schon einen solchen Einfluß auf ein Menschenleben auszuüben vermag, wie segensreich muß dann erst die Wirkung eines heilenden Bewußtseins sein, das von dem einen Gemüt, von der unendlichen Güte in ihrer ganzen Vollkommenheit beherrscht und regiert wird? Der wahre Christliche Wissenschafter ist stets bestrebt, sich dieses heilende Bewußtsein zu wahren, ein Bewußtsein, das zu rein ist, als daß übles Denken über Freund oder Feind darin aufkommen könnte. Genau in dem Maße, wie er dieses vollkommene Bewußtsein widerspiegelt, ist er ein christlich-wissenschaftlicher Praktiker. Es ist einleuchtend, daß er alle entsittlichenden Neigungen des fleischlichen oder sterblichen Gemüts bekämpfen muß. Sinnlichkeit und Begierden dürfen nicht in seinem Denken herrschen, wenn er mit dem Werk vertraut werden und das Werk betreiben will, das Christus, die Wahrheit, ihm zur Pflicht macht. Er muß schon heute der Sünde entgegentreten, darf den Kampf nicht auf eine gelegenere Zeit verschieben, wenn er den Saum des ungenähten Gewandes der Reinheit auch nur berühren und das Wesen des allgütigen Vaters widerspiegeln will. Jede denkbare Form des Irrtums tritt dem ausübenden Vertreter gegenüber. Um sich von der Welt unbefleckt zu erhalten, ist es daher unbedingt nötig, daß er sein eignes geistiges Wesen erkenne und seine Beziehung zu Gott verstehe. Das Böse ist stets bereit, den Wissenschafter zu Fall zu bringen oder ihn zu veranlassen, mit dem Irrtum einen Vergleich einzugehen; und die Folge davon ist, daß viele, die an der Pforte des Bewußtseins nicht streng Wache gehalten haben, „vom Glauben irregegangen [sind] und machen ihnen selbst viel Schmerzen.”
Jesus wußte, was seine Jünger nicht wußten, als er sagte: „Ich sende euch als die Lämmer mitten unter die Wölfe.” Er sah voraus, daß ihre Heiltätigkeit von Prüfungen und Schwierigkeiten begleitet sein würde, daß sie den Kampf gegen die Überlieferungen und Anschauungen des menschlichen Gemüts nicht aufnehmen könnten, ohne sich der Feindschaft und dem gegen geistige Wahrheit gerichteten Haß dieses Gemüts auszusetzen. Da die Art seiner Ausübung unsrer Zeit voraus ist, erwartet der Vertreter der Christlichen Wissenschaft nicht, daß ein jeder sich sofort von seinen falschen Göttern abwende und im Fall von Krankheit oder sonstiger Disharmonie sich christlich-wissenschaftlichen Beistand erteilen lasse. Es gibt viele, die in ihrer Unkenntnis der so nahen göttlichen Hilfe erklären, sie würden lieber sterben, als durch die Christliche Wissenschaft geheilt werden. Von solcher Seite erhält der Praktiker keine Gedanken, die ihn dazu ermutigen, im Gehorsam gegen den göttlich erteilten Auftrag weiterzustreben. Dennoch aber muß er durch Wort und Tat Böses mit Gutem vergelten. Nur dadurch ist er imstande, den Bedürfnissen derer abzuhelfen, die sich freiwillig seiner Obhut anvertrauen. Groll, Zorn oder Eigensinn würden ihn des Namens eines christlich-wissenschaftlichen Praktikers unwürdig machen.
Der christlich-wissenschaftliche Praktiker ist ein Praktiker des Guten; sobald er aufhört, Liebe widerzuspiegeln, ist er kein solcher mehr. Er hört dann auf, die Kraft des göttlichen Gemüts zur Anwendung zu bringen und stellt sich statt dessen in den Dienst einer irrigen Gedankentätigkeit, des sogenannten Mesmerismus oder Hypnotismus. Vom christlich-wissenschaftlichen Standpunkt aus ist der Ausdruck Malpraxis eigentlich ein Unding. Malpraxis bedeutet eine mentale Abweichung vom Wege der Wahrheit, und diese Abweichung wird von der Macht des göttlichen Gemüts keineswegs unterstützt oder aufrechterhalten. Sie ist durchaus unrechtmäßig; daher die christlich-wissenschaftliche Erklärung, daß „die Wissenschaft der mentalen Praxis ... nicht in verkehrter Weise angewandt werden” kann (Wissenschaft und Gesundheit, S. 410). Im wissenschaftlichen Sinne kann die Macht des Gemüts nicht mißbraucht werden. Der sogenannte Malpraktiker bringt also die göttlichen Kräfte des Gemüts nicht in Anwendung und kann sie nicht in Anwendung bringen, sondern wirkt nur durch seine eigne Annahme von einem sterblichen Gemüt und einer menschlichen Willenskraft; und diese falsche Annahme ist weder mit Gemüt noch mit dem Menschen wesensgleich.
Die Macht des einen Gemüts kann ebensowenig zum Erreichen eines üblen Zwecks nutzbar gemacht werden, wie man sich der Macht der göttlichen Liebe bedienen könnte, um seinen Nebenmenschen zu hassen. Die Macht der Wahrheit kann man nicht einer bösen Absicht dienstbar machen. Lauterkeit des Denkens führt nicht zu unlauteren Handlungen. Das göttliche Gemüt kann nichts Böses bewirken. Irriges Denken ist keine Äußerung dieses Gemüts, sondern einer falschen Mentalität, die sich Gemüt nennt. Malpraxis bringt daher nicht die Tätigkeit des Gemüts zum Ausdruck und steht in keinerlei Beziehung zu demselben. Sie ist eine „offenkundige Verneinung der Wahrheit und ist der ausgesprochenste Gegensatz von der Christlichen Wissenschaft” („Miscellaneous Writings“, S. 31). Möge Gott die Zeit bald erscheinen lassen, da das Christentum dem fleischlichen oder sterblichen Gemüt nicht länger Eigenschaften und Fähigkeiten zuschreiben wird, die dem Sinn, der in Christus Jesus war, angehören und untrennbar mit demselben verbunden sind. Erst dann wird die wahrhaft aufbauende Tätigkeit des wissenschaftlichen Praktikers von der Menschheit allgemein anerkannt werden.
Unwissenheit, Aberglaube und Sinnlichkeit trachten danach, die leidende Menschheit mit Blindheit zu schlagen, damit sie den erhebenden Einfluß des rechten Gedankens, der von dem Ausüber göttlicher Metaphysik immerwährend widergespiegelt wird, nicht empfangen mögen. Doch der stets gegenwärtige Einfluß der göttlichen Liebe dringt rasch in die geheimen Schlupfwinkel des Irrtums, deckt dessen Falschheiten auf und läßt das Licht eindringen, das den Weg zum Himmelreich auf Erden erhellt. Menschen aus allen Himmelsstrichen und Völkerrassen strömen diesem Lichte zu; sie haben die frohe Botschaft vernommen, die da lautet: „Frieden auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen!”, und der gesunde Menschenverstand rät ihnen, heute zu wählen, wem sie dienen wollen: dem Gott des Materialismus, der völlig unfähig war, ihnen Gesundheit, Kraft und Glück zu bringen, oder dem lebendigen Gott, der Geist ist, der alle ihre Gebrechen heilt und ihnen „dargibt reichlich allerlei zu genießen”. Die Verfechter falscher Systeme erkennen gar wohl die herrschende Tendenz in der Richtung des Gemüts und sind daher sehr für ihre Zukunft besorgt. Jedes nur denkbare menschliche Mittel wird zur Hilfe genommen, währenddessen die Mühlen Gottes langsam aber sicher weitermahlen.
Ein beträchtlicher Teil der Arbeit des Christlichen Wissenschafters besteht darin, diesen aufrührerischen Elementen des sterblichen Gemüts entgegenzuwirken, denn das Streben dieses Gemüts geht dahin, die himmlische Burg der Gemüts-Wissenschaft zu stürmen und Gehorsam gegen Gesetze und Vorschriften zu fordern, die ihrem Wesen nach weder christlich noch wissenschaftlich sind. Menschliches Vertrauen auf Arzneien ist im raschen Schwinden begriffen. Das ebenso nutzlose Streben, Hilfe und Gesundheit in den Theorien und Ansichten des menschlichen Gemüts zu finden, muß scheinbar seine Zeit haben, ehe wahre Metaphysik anerkannt wird und die Erkenntnis sich Bahn bricht, daß sie das einzige Mittel ist, Geist und Körper zu heilen. Dem Hypnotismus mag es in seinen verschiedenartigen Verkleidungen gelingen, selbst die Auserwählten eine Zeitlang zu täuschen; das stets wachsame Gesetz der Liebe aber legt die Anmaßungen dieses Betrügers immer wieder bloß, erhebt das Denken und erzieht es zum Vertrauen auf die lebendige und lebenspendende Quelle des göttlichen Gemüts, das volle Erlösung von Sünde wie von Krankheit bringt.
Der Vertreter der Christlichen Wissenschaft nimmt den Kampf gegen den Hypnotismus gleich zu Beginn seiner Tätigkeit auf. Er hält sich streng an die Regeln der wissenschaftlichen Demonstration, erkennt nur die Macht Gottes und ihre Widerspiegelung an. Er verweigert einer jeden Phase der hypnotischen Suggestion, unter welcher Verkleidung sie sich auch darstellen möge, seine Zustimmung. Er ist stets auf der Hut vor den Suggestionen der menschlichen Willenskraft, und es ist sein ernster Wunsch, von dem einen Gemüt geführt zu werden. Mißmut oder Unwille ist kein Kennzeichen der Widerspiegelung göttlicher Liebe, und ebensowenig gehört müßiges Reden zur christlich-wissenschaftlichen Ausübung. „Das mühelose Wirken der göttlichen Energie im Heilen der Kranken” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 445) bedarf keines menschlichen oder materiellen Aufwallens, um zur Geltung zu kommen.
Der wahre Christliche Wissenschafter beherzigt stets die Ermahnung: „Seid stille und erkennt, daß ich Gott bin.” Er wendet sich beharrlich von dem Lärm und der Verwirrung des materiellen Sinnes ab und bleibt mit der harmonischen Herrschaft des Geistes in Berührung. Zur Wiederspiegelung der geistigen Kraft, die die Kranken heilt, ist die Erkenntnis nötig, daß „der Herr, unser Gott, der Allmächtige regieret” [Zürcher Bibel]. Der Wissenschafter muß beständig „im Geist” wandeln, um „die Lüste des Fleisches nicht [zu] vollbringen”, muß stets auf der Seite des Geistes stehen und das Sinnenzeugnis bestreiten. Durch stille Gemeinschaft mit Gott muß er die Göttlichkeit des Lebens und der Liebe widerspiegeln, die die Wahrheit über Gott und die Schöpfung, über Ursache und Wirkung kennt. Er redet wenig, beweist aber viel Liebe. Er arbeitet in stiller Weise, ohne andre zu stören. Nie drängt er seine Anschauung denen auf, die sich ihr nicht anschließen wollen oder können; auch bewirbt er sich weder direkt noch indirekt um die Gunst andrer. Er bleibt ruhig auf seinem Posten und dient denen, die ihn freiwillig um Hilfe angehen. Er ist sich stets bewußt, daß seine Arbeit nur solchen gilt, die von einer über das Menschliche erhabenen Macht angetrieben werden, den Weg zu einem höheren und heiligeren Leben zu suchen. Es ist nicht seine Mission, Kranke zu „doktern”, sondern sie durch Unterweisung in der rechten Art des Denkens und Lebens zu heilen.
Das „Kommet her zu mir” des Geistes ist eine Aufforderung, die ebensowohl Bezug hat auf die Befreiung von Krankheit wie auf die Erlösung von Sünde, und der wahre Praktiker arbeitet stets von diesem Standpunkt aus. Er erkennt Christus Jesus allein als den Wegweiser an und empfiehlt eine eingehende und andachtsvolle Betrachtung seines wunderbaren Erdenlebens und seiner Werke, die in der Heiligen Schrift aufgezeichnet sind und für die in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mrs. Eddy eine wissenschaftliche Erklärung geboten wird, weil er erkannt hat, daß man nur so der Sünde und Krankheit entgehen kann. Er weiß, daß er aus sich selbst nichts tun kann, daß aber der Mensch Gottes durch Wiederspiegelung der göttlichen Kraft alles vermag, was Gott vermag. Damit sich diese Widerspiegelung durch Demonstration kundtun möge, ist es erforderlich, daß der Praktiker sein Bewußtsein von den vielen Theorien und Annahmen befreie, welche die Sterblichen in der Knechtschaft der materiellen Sinne gefangen halten. Der Standpunkt, von dem er ausgeht, denkt und urteilt, ist sehr verschieden von dem der Welt im allgemeinen. Er muß den Nebel durchdringen, der von der Erde aufging und von dem im ersten Buch Mose die Rede ist. Es bedarf ein gewisses Maß der Erkenntnis von dem Wesen des wahren, gottgeschaffenen Menschen, um seine Seligkeit zu schaffen und andern zu zeigen, wie sie die ihrige schaffen können. Er muß jederzeit „ein Vorbild” sein „den Gläubigen im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Geist, im Glauben, in der Keuschheit.”
Bekenner andrer Religionen beobachten den christlich-wissenschaftlichen Praktiker fortwährend hinsichtlich seiner Handlungen und Äußerungen. Es ist daher wichtig, daß dieser auf seine Worte achte, die goldene Regel genau befolge, und im vollen Gehorsam gegen die zehn Gebote lebe, ja daß er „allen bösen Schein” meide. Er muß stets Böses mit Gutem vergelten, indem er von dem Standpunkt aus arbeitet, daß die göttliche Liebe die einzig wahre Macht und Gegenwart, der einzig wahre Einfluß ist, den anzuerkennen er ein moralisches und gesetzliches Recht hat. Der Rat des Paulus an Timotheus ist für ihn von hoher Bedeutung: „Befleißige dich Gott zu erzeigen einen rechtschaffenen und unsträflichen Arbeiter, der da recht teile das Wort der Wahrheit.” Er weiß, daß der tote Buchstabe der Wissenschaft ohne Reinheit des Gedankens und ohne geistige Erkenntnis nichts nütze ist. Er weiß, daß das stille oder laute Hersagen von Beweisgründen der Wahrheit an sich nicht heilen kann, sondern daß allein der Geist der Wahrheit und Liebe, der die Worte belebt, dies vermag. Deshalb ist er demütig; und mit der Einsicht, daß der Buchstabe ohne den Geist einem „tönenden Erz oder einer klingenden Schelle” gleicht, kommt die nötige Besonnenheit beim Einführen andrer in die Lehren der Christlichen Wissenschaft. Er unterscheidet fortwährend zwischen der Darlegung bewiesener Erkenntnis, und dem „losen Geschwätz” des „Glaubens ohne Werke”.
Das Wort der Wahrheit ist dem Praktiker heilig. Er macht davon keinen Mißbrauch, solange seine mentalen Beweisgründe von wachsender Liebe zu Gott und dem Menschen getragen sind. Er erkennt Liebe als den einen wesentlichen Faktor zu normalem Wachstum und allseitiger normaler Entwicklung an — als den einzigen Schutz gegen Lieblosigkeit und Feindseligkeit, gegen jedes sinnliche und herabziehende Element. Er behält stets das Ziel geistiger Vollkommenheit im Auge, die ewige Einheit von Gott und Seiner geistigen Schöpfung. Er erkennt und kann täglich beweisen, daß das Gesetz Gottes allem, was das menschliche Bewußtsein in sich schließt, ein Gesetz der Vollkommenheit ist, und daß Gehorsam gegen Sein Gesetz zu den höchsten menschlichen Errungenschaften verhilft. Er weiß, daß völlig normale und gesunde Zustände nicht durch Beobachtung menschlicher Vorschriften und Regeln erreicht werden können.
Er erkennt nur einen Zugang zum göttlichen Bewußtsein an — den Zugang durch Christus Jesus, der da sagte: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich.” Diese Anerkennung des göttlichen Prinzips vertreibt Gedanken der Unehrlichkeit, der Ehrsucht, des Neides, des Hasses, der Eifersucht, der Rache — vertreibt alle derartigen Gefühle, die sich im Bewußtsein des Praktikers aufhalten mögen, und bringt seinem Gemüt somit die zur Erkenntnis Gottes nötige Freiheit. Durch den Vertreter der göttlichen Metaphysik wird die Kraft der göttlichen Liebe in der ganzen Welt fühlbar, und die Menschheit wird mit der Tatsache vertraut, auf die mit den Worten hingewiesen wurde: „Auf dem Wege der Gerechtigkeit ist Leben, und auf ihrem gebahnten Pfad ist kein Tod.”
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