Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Die Nation und der Einzelmensch

Aus der Juni 1921-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der berühmte österreichische, jüdische Philosopher, Dr. Max Nordau, den man mit Hiob und Hosea verglichen hat, predigte wieder einmal über die Notwendigkeit, daß der Staat die Sittlichkeit des Bürgers annehmen und danach leben müsse. In Antwort auf die Frage ob er unter den Nationen irgendeinen moralischen Fortschritt wahrnehme, welche ein Korrespondent des Personals vom London Observer an ihn stellte in Paris, erwiderte er ohne Zögern in verneinendem Sinne. „Es wird keinen geben,“ sagte er, „bis Moral dieselbe Bedeutung hat für die Nation wie für den Einzelmenschen. Ein Mann stiehlt eine goldene Uhr und wird dafür ins Gefängnis geworfen. Eine Nation stiehlt ein Goldfeld. Wer wirft sie ins Gefängnis — wenn der Völkerbund nicht lebt? In einem Fall nennt es die Welt Diebstahl, im anderen Fall Sieg. In einem Fall bestimmt das Eigentumsrecht die Sittlichkeit der Handlung; im anderen nur die Macht. Gewalt ist Recht. Und alle Nationen sind mit demselben Pech verpicht.“

Das ist zwar nichts Neues: ja, eigentlich weiß jedermann, daß das vollständig wahr ist. Was auch der Unterschied zwischen Nationen sein mag, und es gibt einen gewissen, er ist nur in gewissem Grade. Das staunenswerte ist, daß dies nach beinahe zwanzig Jahrhunderten angeblichen Christentums gesagt werden kann. Tatsächlich beweist es, daß die West-Welt m Herzen nicht christlich sondern heidnisch ist. Das Christentum hat ihr eine Forderung gestellt die sie noch nicht erfüllen konnte. Aus diesem Grunde hört man soviel von dem Mißerfolg des Christentums. Doch beweist dieser Schrei das Christentum ebensowenig einen Mißerfolg, als die Nichtachtung des Einmaleins, seitens angeblicher Mathematiker, die Mathematik einen Mißerfolg machen würde. Immer und immer wieder beharrte Jesus auf der Tatsache, daß, um Christ zu sein, man unbedingt dem Gesetz gehorchen müsse; und er machte es ganz klar, daß das Gesetz ehre für den einzelnen sei als für die Nation. Das ganze vierte Evangelium ist eine Art Gesetzbuch des ersten Jahrhunderts, in welchem die Notwendigkeit des Gehorsams gegen das göttliche Gesetz den Menschen ausdrücklich dargelegt wird.

Jesus bekümmerte sich nicht besonders um die Nation; er überließ das Kaiphas. Er wußte, daß die Nation gerade das sein mußte, was ihre individuellen Einheiten waren, und daß darum die Bekehrung des einzelnen die Bekehrung der Nation bedeutete. Wenn darum der einzelne für sich selbst das Gesetz angenommen hätte, so würde das Gesetz im Verhalten der Nation ausgedrückt. Tatsächlich aber hat der einzelne Mensch das ganz und gar nicht getan. Er hat sich gewissen Einschränkungen angepaßt, die er zur Aufrechterhaltung des sozialen Staates für notwendig hielt. Wenn er sich aber als Einzelner ohne gegen das Gesetz zu verstoßen, vom Drucke dieses Zwanges befreien kann, tut er es gewöhnlich. All das bedeutet, daß er es mit dem Gesetz für sich selbst nicht strenge nimmt. Max Nordau sagt: „Ein Mann stiehlt eine goldenen Uhr und wird dafür ins Gefängnis geworfen.“ Haben aber nicht vielleicht der Richter und die Geschworenen an demselben Morgen, da sie das Urteil fällen, durch, dem Buchstaben des Gesetzes entsprechende Geschäfte an der Börse, oder durch Verhandlungen auf dem Landamt, viele goldene Uhren gestohlen? Mit einer Weisheit die menschliche Weisheit übersteigt sagte Christus Jesus: „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: ,Du sollst nicht ehebrechen.' Ich aber sage euch: Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.“

Bitte anmelden, um diese Seite anzuzeigen

Sie erlangen vollständigen Zugriff auf alle Herolde, wenn Sie mithilfe Ihres Abonnements auf die Druckausgabe des Herold ein Konto aktivieren oder wenn Sie ein Abonnement auf JSH-Online abschließen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus diese Ausgabe / Juni 1921

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.