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Das Kommen des Christus

Aus der April 1924-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Durch die ganze christliche Zeitrechnung hindurch bis in die Gegenwart herein haben viele Menschen das Wiedererscheinen Christi Jesu nach menschlicher Auffassung erwartet; daher hat man manchmal davon als von dem zweiten Kommen reden hören. Sogar kleine Kinder, die diesen Gedanken in sich aufgenommen haben, haben sich oft nach der durch die Evangelien uns verkündeten heilenden Gegenwart des Christus gesehnt; aber selten, wenn überhaupt je, sind sie bei ihren auf diesen Gegenstand gerichteten Fragen ernstlich unterstützt und ermutigt worden. Daher kamen sie, wie die meisten älteren Leute, auch dahin, Erlösung von den Leiden der sterblichen Erfahrung in einer andern Welt zu suchen.

Im vierundzwanzigsten Kapitel des Matthäus-Evangeliums lesen wir, daß die Jünger Jesum fragten: „Welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft und des Endes der Welt?” In seiner Antwort warnte sie der Meister vor allem mit den Worten: „Sehet zu, daß euch nicht jemand verführe”. Er fügte hinzu, viele würden unter seinem Namen kommen und sich für Christus ausgeben; und viele würden verführt werden. Daraus ersehen wir, wie notwendig es ist, einen klaren Begriff davon zu haben, was die Christus-Gegenwart in jeder Zeit bedeutet. Die Christliche Wissenschaft lehrt ganz gewiß nicht, daß man ein bloßes persönliches Versichern des Bestehens der christlichen Macht oder Herrschaft als der gläubigen Annahme wert ansehen soll; machte es doch der Meister selbst sehr klar, wieviel vollbracht werden muß, ehe die Welt für das Reich der Gerechtigkeit und für die Herrschaft des „Friedefürsten” bereit ist.

Als Mrs. Eddy durch die Offenbarung des immer gegenwärtigen Christus geheilt wurde — und zwar in einer Stunde größter Not — , fragte die erste ihr begegnende Person voll Erstaunen über die plötzliche und unerwartete Wiederherstellung: „Ist Christus wiedergekommen?” Mrs. Eddy antwortete, wenn auch nicht genau wörtlich, so doch dem Sinne nach: „Der Christus hat uns nie verlassen”. An diese Wahrheit müssen sich die Christlichen Wissenschafter beständig klammern. Es wird nicht in Abrede gestellt, daß es dem sterblichen Sinn wohl so vorkam, als ob Gott und Sein Christus in der Menschheit furchtbarem Ringen von der Welt abwesend gewesen wären; ja, selbst Jesus ist, wie wir uns erinnern, am Kreuz für einen Augenblick zu dem Ausruf gedrängt worden: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” Nichtsdestoweniger haben die Christlichen Wissenschafter verstehen gelernt, daß trotz allen Sinnenzeugnisses die Tatsache bestehen bleibt, daß Gott, das Gute, allgegenwärtig und allmächtig ist.

Hier könnte man fragen: Warum dann über das Kommen des Christus überhaupt sprechen? Die Antwort liegt klar auf der Hand. Durch all die Jahrhunderte hindurch haben die Sterblichen das Zeugnis eines fast allumfassenden Glaubens an die Wirklichkeit der Krankheit, der Sünde und des Todes angenommen; und dieses Zeugnis wird sich einem auch weiterhin aufdrängen, bis man versteht und anerkennt, daß nach dem klaren Hinweis der Heiligen Schrift nichts Geringeres als die von Christus Jesus bewiesene göttliche Macht einen befähigen kann, alle Leiden des sterblichen Daseins zu überwinden.

Wenn auch die Christlichen Wissenschafter nicht das Wiedererscheinen Jesu als Person erwarten, so besitzen sie doch in der durch die Christliche Wissenschaft der Menschheit zuteil gewordenen großen Offenbarung einen übervollen Beweis von der Immergegenwärtigkeit des Christus. Als die Jünger den Meister fragten: „Welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft?”, glaubten sie wahrscheinlich, er als Person würde sie eine Zeitlang verlassen, um nur in persönlicher Gestalt wiederzuerscheinen. Sie waren vielleicht damals noch nicht reif, um zu verstehen, daß der Christus als „die göttliche Offenbarwerdung Gottes, die zum Fleisch kommt, um den fleischgewordenen Irrtum zu zerstören” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 583), nie abwesend sein kann, so wie Gott, der nie von einer Seiner Ideen getrennt ist, in Wirklichkeit auch nie abwesend sein kann, wie sehr dies auch der materielle Sinn in seiner Unkenntnis von Gott und Seiner Idee leugnet. Sagte nicht der Meister selbst: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende” ? Ein großes Erwachen ist jedoch erforderlich, um die Finsternis der materiellen Annahme durch das Licht des geistigen Verständnisses zu durchbrechen, das sicherlich das Wiedererscheinen des Christus sowohl für den einzelnen als auch für alle Menschen und Völker ist.

Wegen der Zeichen, durch die das Erscheinen des Christus zu irgend einer Zeit sich ausprägen würde, tun wir gut, über die Worte im sechzehnten Kapitel des Markus-Evangeliums nachzudenken: „Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: in meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen vertreiben; und so sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen werden”. Wenn wir die Berichte des Neuen Testaments glauben, wissen wir, daß diese Zeichen zu Jesu Zeiten unverhüllt in die Erscheinung traten; wir wollen aber die Offenbarwerdung der göttlichen Macht sicherlich nicht auf ein Land oder eine Zeit beschränken. Der amerikanische Dichter Whittier sagt treffend:

Was gut ist aus der alten Zeit,
Stets bleibt und uns’re Zeit erfreut.

Ebenso finden wir heute in der Christlichen Wissenschaft, daß das Erkennen des immer gegenwärtigen Christus von den stets sich mehrenden Zeichen begleitet sein wird, „die da folgen werden denen, die da glauben”.

Während es wahr ist, daß viele die Beweise der geistigen Wirklichkeit verlangen, die durch das Heilen von Krankheit erbracht werden, ehe sie bereit sind, sich an der Errichtung des Reiches Gottes auf Erden mithelfend zu beteiligen, so gibt es auch viele andere Zeichen, die die Gegenwart Gottes und Seines Christus in der Welt heute beweisen. Manche behaupten wohl, daß die Finsternis dichter und der Kampf schwerer zu sein scheint denn je; dies ist aber nur ein neuer Beweis von dem mächtigen Wirken der Wahrheit im menschlichen Bewußtsein, wodurch alles Gott-Unähnliche umgestürzt und vernichtet wird. Im einundzwanzigsten Kapitel des Lukas-Evangeliums weist der große Lehrer mit ergreifenden Worten auf die schließliche Zerstörung der sterblichen und materiellen Annahme hin. Hier folgen einige der erwähnten Zeichen: „Auf Erden wird den Leuten bange sein, und sie werden zagen, ... und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden”. Aber gerade inmitten dieses Wirrwarrs ruft der Meister sozusagen durch alle Jahrhunderte hindurch seinen treuen Nachfolgern zu: „Sehet auf und erhebet eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht”. Sie täten gut, aufzusehen und die Häupter zu erheben; denn überwältigend war das ihnen durch die Wolken hindurch wahrnehmbar gewordene Gesicht, — des Menschen Sohn, der da kommt, „mit großer Kraft und Herrlichkeit”.

In Tennysons „In Memoriam” lesen wir:

Du wirst uns aus dem Staub befrei’n.
Der Mensch weiß nicht, warum er ist,
Er denkt an keine Lebensfrist.
Sein Schöpfer ist gerecht allein.

Aus Mrs. Eddys Lehren geht hervor, daß der wirkliche Mensch je weder in noch von dem Staube war, er wurde auch nicht geschaffen, um zu sterben. In Beantwortung der Frage: „Was ist der Mensch?” lesen wir im zweiten Kapitel des Hebräerbriefs: „Mit Preis und Ehre hast du ihn gekrönt und hast ihn gesetzt über die Werke deiner Hände”. In der Christlichen Wissenschaft erscheint durch die Wolken des sterblichen Sinnes hindurch heutzutage mit großer Kraft und Herrlichkeit die wahre Idee des Menschen; und obgleich diese Idee im Leben und in den Lehren Christi Jesu völlig zum Ausdruck gekommen ist, so müssen wir doch ihr Erscheinen für und durch jeden Menschen besonders erwarten, und zwar nicht nur im Überwinden von Krankheit sondern auch in der Zerstörung der Sünde und alles dessen, was Ungerechtigkeit bewirkt. Weist nicht Paulus darauf hin, wenn er in seinem Brief an die Kolosser sagt: „Christus in euch, der da ist die Hoffnung der Herrlichkeit”? Weist das nicht darauf hin, daß alles, was in der menschlichen Regierung materiell und ungerecht ist, dem göttlichen Vorbild für Gerechtigkeit, Urteil und Rechtschaffenheit weichen muß? Wir haben in der Tat alle Ursache, uns zu freuen, wenn so viele Denker furchtlos erklären, daß wir unsern Blick auf das Sittliche und Geistige emporrichten müssen, um Erlösung zu erlangen von den Leiden, die die Menschheit so heftig bedrängen; und das ist gewiß eines der Zeichen, die in nicht mißzuverstehender Weise das Kommen des Christus und des Reichs Gottes auf Erden erkennen lassen.

Wir können nicht oft genug frischen Mut und neue Erleuchtung aus den Worten auf Seite 571 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schöpfen, wo unsere Führerin den Offenbarer als den „unsterblichen Schreiber des Geistes und eines wahren Idealismus” bezeichnet und hinzufügt: „Durch seine geistige Stärke hat er die Tore der Herrlichkeit weit geöffnet und die Nacht des Heidentums mit der erhabenen Größe der göttlichen Wissenschaft erleuchtet, welche Sünde, Zauberei, Wollust und Heuchelei überstrahlt”. Es gibt wohl nichts in der menschlichen Geschichte, das sich mit der Erfahrung des Johannes auf der Insel Patmos vergleichen ließe. Obschon er buchstäblich nicht mehr an der Brust des geliebten Meisters liegen konnte, sondern für den sterblichen Sinn auf dem vom Meere eingeschlossenen rauhen Felsen lebte, war ihm doch der Christus eine Immergegenwärtigkeit. So konnte er mit Nachdruck sagen: „Ich, Johannes, sah!” Und was war das Gesicht? Wurde es durch Neros grausamen Erlaß irgendwie verdunkelt? Keineswegs! Es war Gott mit den Menschen, — Gott, der den Menschen die Tränen abwischt und alle Sünde, alles Leid, alle Pein und den Tod für immer zerstört. Selbst die Herrlichkeit des neuen Jerusalem, die Perlentore, die Gasse von lauterem Golde, die mit allerlei Edelsteinen geschmückten Mauern, — dies alles ist vergessen, wenn wir wie Johannes mit geistigem Erschauen eine Welt erblicken, die durch die Macht des Christus, der Wahrheit, von Sünde und Krankheit, von Kummer und vom Tode erlöst worden ist. Johannes hatte alles das während des dreijährigen Wirkens Jesu vorbildlich dargestellt gesehen; denn wie groß auch die Werke des Meisters waren, so waren sie doch nur die Verheißung größerer Dinge, nämlich der allumfassenden Erlösung des geplagten Menschengeschlechts.

Wohl konnte Johannes folgende Worte niederschreiben: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen, wie ich überwunden habe und mich gesetzt mit meinem Vater auf seinen Stuhl”. Pocht nicht Christus, die Wahrheit, heute laut an die Tür des menschlichen Herzens und bietet statt des Wohlbehagens in materieller Gesinnung das Überwinden alles Gott-Unähnlichen an? Wieviele horchen auf ihn und öffnen die Tür? Wer den Ruf hört und ihm folgt, kann mit voller Zuversicht und Freude sagen: Christus ist zu mir gekommen!

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