Das folgende einfache Begebnis kann die Lehre der Christlichen Wissenschaft über das trügerische Wesen der körperlichen Sinne und die Wichtigkeit des Erlangens eines rechten Gesichtspunktes zur Aufhebung ihres falschen Zeugnisses veranschaulichen. Ein kleines Mädchen wurde gebeten, für ein älteres Mitglied der Familie etwas aus dem Dachraum zu holen. Als es an die Treppe kam und in das Halbdunkel hinaufblickte, machten die Füßchen Halt; denn der Raum, in den es hineinsah, erschien ihm voller Kobolde. Es war fest davon überzeugt, daß sie vorhanden waren, denn es konnte sie sehen! Da kam die sanfte Großmutter, um den Grund der Verzögerung zu erfahren. Sie versicherte dem Kinde, es gebe keine Kobolde, und liebevoll führte sie es mitten in den Dachraum hinein. Da zeigte es sich, daß die vermeintlichen Kobolde nur Körbe und einige an den Sparren hängende alte Kleider waren. Das kleine Mädchen fürchtete sich nie mehr vor dem Dachraum, und es war für immer von seinem Glauben an Kobolde geheilt. Die wunderlichen Gestalten und Gesichter verschwanden in nichts, als die Wahrheit über sie dem Bewußtsein des Kindes dargetan worden war.
Es ist offenbar, daß die mentalen Gesichtspunkte der Frau und des Kindes zuerst sehr verschieden waren, obwohl sie dieselben materiellen Gegenstände sahen. Die Frau sah, was vorhanden war, das Kind, was seine Furcht und seine kindliche Einbildung ihm vormalte. Gleicherweise sieht auch das des geistigen Verständnisses—der Erkenntnis Gottes—entbehrende Menschengeschlecht die Bilder seiner eigenen Phantasie und nennt sie wirklich. Indem es die von Geschlecht zu Geschlecht überlieferten Vorstellungen annimmt, sieht es in der Finsternis des Materialismus Furcht, Sünde und Krankheit verkörpert. In dem Maße jedoch, wie der Leidende durch die Offenbarung der absoluten Wahrheit einen rechten Gesichtspunkt erlangt, fängt er an, die Auflösung dieser Übel zu erfahren.
Die Christliche Wissenschaft ist diese Offenbarung. Die Christliche Wissenschaft macht der menschlichen Vernunft die in der ganzen Heiligen Schrift gelehrte und von Christus Jesus bewiesene geistige Auffassung des Seins verständlich. Ihre Entdeckerin und Gründerin, Mary Baker Eddy, sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 347): „Der Traum, daß Materie und Irrtum etwas sind, muß der Vernunft und der Offenbarung weichen”. In unterschiedlichem Maße erwachen heute unzählige Menschen aus diesem Traume und finden dadurch Gesundheit statt Krankheit, Frieden und Freude statt Sünde und Leid.
Diese Heilungswerke werden nicht als unbegreifliche Wunder angesehen sondern als die unausbleiblichen Ergebnisse des Erkennens der Wahrheit über Gott und Seine Schöpfung, des Betrachtens des Daseins vom Standpunkte der inspirierten Erklärung aus: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut”. Allezeit sehen, wie Gott sieht, heißt aber, nie das sogenannte Übel sehen oder erfahren sondern sich nur der Vollkommenheit bewußt sein. Daß dieses Ziel Schritt für Schritt erlangt werden kann, ist die tröstliche Versicherung der Christlichen Wissenschaft.
Zu den zur Berichtigung jeder unharmonischen Lage erforderlichen Eigenschaften gehören Vertrauen, Gehorsam, Gelehrigkeit, Willigkeit, sich führen zu lassen und vernünftig zu denken. In der soeben gegebenen Veranschaulichung waren dies die hervortretenden Merkmale des Kindes. Sein unbedingtes Vertrauen fügte sich der durch die Großmutter zum Ausdruck gebrachten Weisheit und Liebe, und diese führenden Eigenschaften halfen ihm vorwärts; es gewann Mut und einen rechten Gesichtspunkt. Was heilte es von seinem Glauben an Kobolde? War es nicht die Erkenntnis, daß es so etwas nicht gibt? Diese für die Heilung in Tätigkeit gerufenen Eigenschaften waren sicherlich in gewissem Maße Offenbarung und Vernunft. Hätte sich die Kleine geweigert, vorwärts zu gehen, dann wäre der Weg die Dachtreppe hinauf ohne Zweifel schwierig gewesen; und wenn sie, dort angelangt, die Augen geschlossen hätte, wären die Gegenstände vor ihr auch weiterhin Kobolde für sie geblieben.
Wenn bei den wichtigeren Aufgaben des Lebens die falschen Eindrücke oft nicht weichen wollen, sogar nachdem wir vielleicht viele Beweise der Heilkraft der Wahrheit gehabt haben, so können diese Zustände auf die Tatsache zurückgeführt werden, daß man an einem materiellen Gesichtspunkt festhält, statt sich ganz dem geistigen zuzuwenden. Mrs. Eddy sagt in Miscellaneous Writings (S. 156): „Die Materialität der Schüler hemmt ihren Fortschritt”. Da ihre Materialität materielles Denken ist, ist es selbstverständlich, daß das Hindernis nur durch geistiges Denken beseitigt werden kann. Der Lohn ist jedes Scheinopfer wert; denn wenn wir uns mit kindlicher Willigkeit dem göttlichen Gemüt ergeben, dem Jesus freudig gehorchte, können wir alle das „Siehe, ich bin bei euch alle Tage” des Christus hören, das durch jede Erfahrung hindurch zum richtigen Gesichtspunkt emporführt.
