Oft hört man sagen, und manchmal ist man versucht, sich die Äußerung zu eigen zu machen: „Wenn ich mich nur in einer andern Lage befände,—wenn ich nur eine angenehmere Wohnoder eine bessere Arbeitsstätte hätte,—dann würde ich gewiß schnellere Fortschritte machen”, oder „Wie kann ich an dieser Stätte, die mir nicht zusagt, glücklich sein und mein Bestes leisten?” oder: „Wie kann ich in einem Klima, das ich nicht ertragen kann, gesund sein?” Der Christliche Wissenschafter erkennt diese irrigen Einflüsterungen als das Bestreben des sogenannten sterblichen Gemüts, den eigenen Mangel an Vollbringen des Guten damit zu entschuldigen, daß es die Verantwortung auf etwas außerhalb seiner selbst schiebt. In diesem Falle möchte es die Verantwortung etwas, was es Ort oder „Stätte” nennt, zuschieben.
Was bedeutet Stätte? Ist sie eine geographische Örtlichkeit oder eine materielle Umgebung? Gibt es an einer sogenannten Stätte mehr von dem allgegenwärtigen göttlichen Prinzip als an einer andern? Die Antwort auf diese Fragen finden wir im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy. Auf Seite 269 dieses Lehrbuchs lesen wir: „Die Metaphysik löst Dinge in Gedanken auf und tauscht die Dinge des Sinnes gegen die Ideen der Seele ein”. Indem man also „Dinge in Gedanken” auflöst, kann man erkennen, daß „Stätte” durch Begriffe der Denktätigkeit erklärt werden muß. Dadurch erkennt man, daß jede Idee Gottes jene Tätigkeit ausdrückt, für die sie ins Leben gerufen wurde. Das Gemüt weist jeder seiner Ideen ihre Stätte zu. Daher wird der Mensch, Gottes Idee, immerdar an seiner richtigen Stätte erhalten, und er drückt Gottes Plan immer aus.
Unsere Stätte ist also in Wirklichkeit ein Gedankenzustand. Sollte man also in eine selbstgewählte Umgebung versetzt werden und sein irriges Denken dorthin mitnehmen, würde man dann nicht bald wieder unglücklich sein? Wird man wohl nicht erkennen, daß einem statt einer andern Wohnoder Arbeitsstätte eine andere Gesinnung not tut? Diese Gesinnung kann durch das Verständnis erlangt werden, daß man als Kind Gottes gerade da, wo man sich befindet, die ganze Wahrheit, Gottes ganze Liebe, ganzen Schutz, ganze Unterstützung, Erkenntniskraft und Versorgung hat. Jedermann kann diese Tatsachen in dem Maße für sich beweisen, wie er die rechten Ideen, womit uns das allgegenwärtige Gemüt immer versorgt, erkennt und anwendet.
Die Aufgabe ist in der Tat eine persönliche. Sie fordert, daß der einzelne lerne, „unter dem Schirm des Höchsten” zu sitzen, sich „stiller Schönheit und Fülle” erfreuend, wovon unsere Führerin mit folgenden Worten in Wissenschaft und Gesundheit (S. 15) spricht: „Die Christen erfreuen sich stiller Schönheit und Fülle, verborgen vor der Welt, aber Gott bekannt”. Wer könnte mit mehr Berechtigung als sie davon sprechen, daß man seine Arbeit, sein rechtes Denken und Handeln, gerade da, wo man sich befindet, verrichten soll? Mrs. Eddy wartete nicht auf eine günstigere Zeit oder eine angenehmere Umgebung, ehe sie unser Lehrbuch schrieb, sondern unterzog sich unter den denkbar widerwärtigsten Umständen liebevoll der schweren Arbeit an diesem großen Geschenk für die Menschen. Auch Jesus der Wegweiser anerkannte nie, daß es eine Stätte gebe, wo er Gott nicht finden und das Gute nicht ausdrücken könne. Sogar das Grab war für ihn „eine Stätte, wo er das große Problem des Seins lösen konnte” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 44), indem ihm des Grabes felsenkantige Wände als Abwehr der Pfeile des Irrtums von außen und die Tür als Eingang zu einer größeren Erhöhung dienten.
Zu dem nach wahrer Verbesserung seiner menschlichen Umgebung Verlangenden kommt also die tröstende Versicherung, daß Treue gegen den rechten Begriff von des Menschen Stätte, wie dieser in Gottes geistigem Weltall festgesetzt ist, ihn in jenes Gefühl des Friedens, zu jener Harmonie und zu jenem Fortschritt emporhebt, die des Menschen ewiges Geburtsrecht sind und alle menschlichen Bedürfnisse befriedigen. Harmonische Berichtigung aller unserer Angelegenheiten ist die unausbleibliche Folge rechter Denktätigkeit, und man kann in einer Lage, der man entwachsen ist, nicht festgehalten werden.