In seinem ersten Briefe an die Korinther schreibt Paulus: „Es hat euch noch keine denn menschliche Versuchung betreten; aber Gott ist getreu, der euch nicht läßt versuchen über euer Vermögen”, und auf Seite 233 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” sagt Mrs. Eddy, die Verfasserin: „Fortschritt ist das Gesetz Gottes, dessen Gesetz nur das von uns fordert, was wir gewißlich erfüllen können”.
Die Christliche Wissenschaft ist ein fortschrittlicher Glaube, weil sie auf das göttliche Fortschrittsgesetz gegründet ist. Es wird daher, wenn wir Fortschritte machen wollen, etwas von uns gefordert. Aber sowohl Paulus als auch Mrs. Eddy versichern uns, daß es keine Versuchung gibt, die zu groß ist, als daß wir ihr nicht widerstehen, und keine gerechte Forderung, die wir nicht erfüllen könnten. In dem Abschnitt, dem die oben erwähnte Stelle entnommen ist, sagt Mrs. Eddy: „Jeder Tag fordert von uns höhere Beweise, nicht nur Bekenntnisse der christlichen Kraft”.
Man kann also nicht durch bloßes Bekennen Fortschritte in der Christlichen Wissenschaft machen; man muß den täglichen Forderungen nach höheren Beweisen seines vorgeschrittenen geistigen Verständnisses gerecht werden, des geistigen Verständnisses des Gesetzes Gottes und der Anwendung der Regeln des ihm zugrunde liegenden göttlichen Prinzips, die fortschreitend höhere Beweise der christlichen Kraft zur Folge haben. Ungehorsam gegen dieses Gesetz durch das Unterlassen, seinen Forderungen täglich nachzukommen, muß schließlich zu Strafe oder Zurechtweisung irgend welcher Art führen, vielleicht zu Unsicherheit, Verwirrung, Enttäuschung oder Furcht. Eigenwille, Eigendünkel oder Selbstvertrauen können unser ganzes Denken in Anspruch nehmen und den Christus aus unserem menschlichen Bewußtsein vorübergehend verdrängen. Wir müssen daher auf der Hut sein, müssen wachsam, tätig gerüstet sein und unser Denken so gestalten, daß wir den Ereignissen jedes Tages mit wissenschaftlicher Gewißheit entgegentreten können. Dann wird sich bei allem, was auch kommen oder geschehen mag, unser Verständnis des Gesetzes Gottes als anwendbar und ausreichend erweisen, jeder Forderung gerecht zu werden und jeder Versuchung zu widerstehen. Das Angebot entspricht immer der Nachfrage,—ja, es übersteigt weit jede Nachfrage. Doch es ist Sache jedes einzelnen, den Beweis der Tatsache zu erbringen.
Wir alle müssen verstehen lernen, daß man den Forderungen oder Aufgaben des Tages ebensowenig gerecht werden kann, wenn man sich ihnen entzieht, wie man Rechenaufgaben lösen kann, wenn man diese unbeachtet läßt. Dadurch, daß man mit der Kreide in der Hand die Ziffern an der Wandtafel betrachtet, wird die Aufgabe ebensowenig gelöst, wie bloßes Betrachten einer menschlichen Aufgabe zu deren Lösung führt. Es muß etwas unternommen werden. Beide Fälle erfordern Verständnis, wenn eine Lösung zustande kommen soll. In beiden, ja, in allen Fällen wird der Beweis unseres Verständnisses gefordert. Mit diesem Verständnis sind wir ausgerüstet, die Aufgabe zu lösen. Eine Aufgabe in der Rechenkunst ist eine Probe unseres Verständnisses der Gesetze der Rechenkunst, während die Aufgabe in der Erfahrung eine Erprobung unseres Verständnisses der Gesetze des göttlichen Prinzips des Menschen ist.
Wir wissen erst dann, wenn wir auf die Probe gestellt werden, wie groß unser Verständnis tatsächlich ist, und alle neu hinzukommenden Gelegenheiten, die die Erfahrungen jedes Tages bringen, erwecken uns zu einem volleren Gefühl der uns von Gott verliehenen Kraft. Unsere Möglichkeiten werden nur durch unsere begrenzten Annahmen beschränkt. Gott stellt in der Lebenserfahrung die Aufgabe ebensowenig wie in der Rechenkunst. Er hat uns ein allgemeines und unfehlbares Gesetz, eine allgemeine und unfehlbare Regel, gegeben, womit wir bei richtiger und vertrauensvoller Anwendung jede Aufgabe ausarbeiten, jede Verwirrung lösen, jedes Gebrechen heilen und jeden sich zeigenden unharmonischen oder drohenden Zustand berichtigen können.
Der Glaube an Irrtum, d.h. der Glaube an die Kraft oder die Wirklichkeit von etwas, das dem Guten entgegengesetzt ist oder diesem widerspricht, ist keine Tatsache; denn der Irrtum ist in Gottes unendlich vollkommenem Plan keine Kraft, kein Bestandteil, kein Umstand und hat keinen Einfluß darauf. Tatsachen sind ewige Wahrheiten, der Irrtum ist zeitliche Unwahrheit. Die Wahrheit unterstützt jene und vernichtet diese. Wird die Tatsache oder die Wahrheit erkannt und einer irrigen Annahme gegenüber angewandt, so wird die Annahme oder der Irrtum zerstört, und die Wahrheit, die harmonisch ist, fester gegründet.
Rechtes Denken hat unvermeidlich gute Ergebnisse zur Folge, während falsches Denken seine eigene Art hervorbringt; denn der Same erzeugt nach seiner Art. Daß sich uns ein unharmonischer Zustand oder eine unharmonische Art des Denkens dargeboten hat, ist Beweis genug, daß wir uns erheben müssen, der Forderung der Wahrheit nachzukommen und den Irrtum zu zerstören. Die „menschliche” Versuchung, von der Paulus spricht, ist die Versuchung, die uns allen allzu eigen ist, die Versuchung der Vernachlässigung der Forderung der Wahrheit, den Irrtum zu zerstören. Wiederholt bat Paulus den Herrn um Erlösung von den Irrtumsschlägen, und die Stimme der Wahrheit antwortete ihm: „Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig”. Weiter erzählt er, daß er sich nachher seiner Schwachheiten, seiner Nöte und Ängste freue und rühme, weil sie ihn befähigen, zu beweisen, daß die Kraft Christi, der Wahrheit, auf ihm ruhe und ihn stärke, jede Unwahrheit, welcher Art sie auch zu sein beanspruche, zu überwinden, und ihn also befähige, die Ohnmacht alles dessen, was Gotte, dem Guten, unähnlich ist, zu beweisen.
Wie jeder Tag von uns höhere Beweise unseres Verständnisses der Christlichen Wissenschaft und unseres Glaubens an Gott fordert, so laßt uns bestrebt sein, mit Paulus zu wissen, daß wir nicht über unser Vermögen versucht werden können! Dann werden wir auch lernen, uns nicht der Anfechtungen eines falschen Glaubens zu freuen sondern unserer wachsenden Fähigkeit, sie durch die Vergegenwärtigung der Worte der Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 207): „Die geistige Wirklichkeit ist die wissenschaftliche Tatsache in allen Dingen”, zu überwinden und zu zerstören.
