Gesinnungstreue Christliche Wissenschafter haben unendliche Ursache, dankbar zu sein, daß Mrs. Eddy die Anstrengung voraussah, die das sogenannte sterbliche Gemüt machen würde, ihre Offenbarung der Wahrheit zu ergänzen und zu ändern, und daß sie sie im voraus dagegen wappnete. Wir haben heute Grund, uns zu freuen, daß sie die christlich-wissenschaftliche Bewegung gegen diese Versuche des menschlichen Gemüts, sich selbst zu verherrlichen, so vollständig schützte.
Unter den mannigfachen Schutzmitteln, die so vorgesehen sind, denkt man an die wichtige Satzung, die die Lektionspredigten in christlich-wissenschaftlichen Kirchen betrifft, nämlich, daß sie nur aus Stellen aus unseren Lehrbüchern, der Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, bestehen sollen. Und die erklärende Bemerkung auf der dritten Seite des christlich-wissenschaftlichen Vierteljahrshefts, die jeden Sonntag vor der Lektionspredigt verlesen wird, ist wahrlich eine sehr bestimmte Wahrheitserklärung und ein wesentlicher Teil des Gottesdienstes. Sie lautet: „Die Bibel und das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft sind unsere einzigen Prediger. Wir werden nun Stellen aus der Heiligen Schrift lesen sowie diesen entsprechende Abschnitte aus der autorisierten deutschen Übersetzung unseres Lehrbuchs. Diese umfassen unsere Predigt. Die kanonischen Schriften bilden in Verbindung mit dem Worte unseres Lehrbuchs eine von der Wahrheit ungetrennte Predigt, die durch keine menschlichen Hypothesen verfälscht und beschränkt wird und göttlich autorisiert ist. Unser Lehrbuch bestätigt und erklärt die Bibelstellen in ihrer geistigen Bedeutung und in ihrer Anwendbarkeit auf alle Zeiten — Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft”.
Diese Erklärung ist so unentbehrlich, daß wachsame Christliche Wissenschafter jedesmal, wenn sie verlesen wird, aufmerksam zuhören, indem sie erkennen, daß sie dazu bestimmt ist, das menschliche Bewußtsein von beschränkten, ungewissen Annahmen zu der unumschränkten Wahrheit zu führen, die in der Lektionspredigt enthalten ist. Es ist also leicht begreiflich, warum der erste Leser diese erklärende Bemerkung in so ernster Weise vorliest, und warum die Gemeinde so aufmerksam zuhört, so daß weder Leser noch Zuhörer in den Irrtum verfallen, das Vorlesen als bloß gewohnheitsmäßige Wiederholung einer vertrauten und deshalb nicht erhebenden Botschaft anzusehen.
Als unsere erleuchtete Führerin Mrs. Eddy die Lektionspredigt einsetzte, wurde sie zum ausschließlichen Gebrauch von Stellen aus der Bibel und entsprechenden Stellen aus Wissenschaft und Gesundheit göttlich geführt. Diese entsprechenden Stellen entfalten die geistige oder wissenschaftliche Bedeutung der ergänzenden Bibelstellen; und Schüler der Christlichen Wissenschaft vertiefen sich in diese entsprechenden Stellen, um ihre übersinnliche Bedeutung zu erfassen. Sie suchen keine menschlichen Meinungen. Ein solcher Gebrauch der Lektionspredigt würde in der Tat nur ein Zurückgreifen auf „menschliche Hypothesen” sein, die Mrs. Eddy so entschieden und wirksam bekämpfte. Gegen jede in dieser Richtung sich zeigende Neigung traf sie schützende Vorkehr durch eine Regel im Handbuch Der Mutter-Kirche (S. 32), wo sie bezüglich der Pflichten der Leser sagt: „Sie dürfen niemals erklärende Bemerkungen über die Lektions-Predigt machen”.
Zeigt diese Regel in unserem Handbuch nicht ganz klar, wie unerwünscht jeder Versuch, die Lektionspredigt irgendwie zu ergänzen, sein muß? Es liegt auf der Hand, daß sie außer dem bereits vorgesehenen Mittel, nämlich dem Ausdruck der in Wissenschaft und Gesundheit dargelegten Offenbarung und Beweisführung unserer Führerin, keiner Erläuterung oder Ergänzung bedarf. Anderswo nach Führung in diesem Verständnis suchen, kann eine Versuchung sein, sich in die Wüste zu wagen, um dort in vergeblichem Bemühen, die Wahrheit zu finden, den alten Kreislauf „menschlicher Hypothesen” wieder zu betreten. Das menschliche Gemüt ist ordnungsund zuchtlos, und Gehorsam ist ihm eine der widerlichsten Tugenden. Es versucht viele Scheingründe zu ersinnen, daß man lieber ihm als dem göttlichen Prinzip folgen soll. Die Ergebnisse solcher Täuschung sind im Prediger Salomo treffend dargelegt: „Da ich aber ansah alle meine Werke, die meine Hand getan hatte, und die Mühe, die ich gehabt hatte, siehe, da war es alles eitel und Haschen nach Wind und kein Gewinn unter der Sonne”.
Sind wir des hochwichtigen Anteils gewahr, den die christlich-wissenschaftliche Bibellektion am geistigen Fortschritt der Welt hat, dann sind wir in der Lage, den Wert dieser Schutzmaßnahme gebührend zu würdigen. Es gibt heute auf Erden keinen größeren Aufbauer christlicher Einigkeit und christlichen Zusammenwirkens als diese Predigten, die die heilende Botschaft des Christus, der Wahrheit, überall in der Welt wiederholen und abermals wiederholen, eine Botschaft, die in allen christlich-wissenschaftlichen Sonntagsgottesdiensten in jedem Lande die gleiche ist. Wahrlich, eine solche Predigt bildet eine gemeinsame Sprache geistiger Vorstellungen, die zu einem gegenseitigen Verständnis der Brüderschaft führen muß.
Was für ein erstaunlicher Anblick es doch ist, zu beobachten, wie diese große Welt nach Befreiung von ihren Krankheiten, Sünden und Beschränkungen blind umhertappt, in Richtungen, die von dem von Jesus dem Christus angewandten Verfahren gänzlich abweichen! Und dennoch bekennt die ganze Christenheit, wenigstens der Lehre nach, sie folge ihm nach. Was für ein blindes Leiten der Blinden, was für ein eitles Versuchen! Weltliche Verfahren und menschliche Vernunft ziehen die Welt nur noch tiefer in den Kot der Unwissenheit, Furcht und Sünde hinein. Und zahllose philosophische Begriffe tragen wenig dazu bei, eine entmutigte Menschheit zu trösten, die vor allem den Frieden braucht, der die Folge der Erkenntnis der Wirklichkeit, des Verständnisses Gottes und Seiner geistigen Idee, ist.
Durch alle die Tausende und aber Tausende sich gegenseitig stoßender sterblicher Annahmen leuchtet mit Hilfe der Folgerichtigkeit und Reinheit der Bibellektionen das klare Licht der Christlichen Wissenschaft hindurch und führt in das gelobte Land, wo Freundschaft und Eintracht erfüllt sind.
Wäre es, wenn wir ein volles Verständnis der in einer einzigen Lektionspredigt übermittelten Wahrheit erlangten, hinsichtlich unserer eigenen Erfahrung zuviel gesagt, daß in jenem Augenblick völliger Erkenntnis die Schleusen der Liebe sich weit öffnen würden und die glorreiche Wahrheit der Macht der Liebe jedes Hindernis, das der Herrschaft des Menschen im Wege ist, hinwegfegen würde? Was für ein Ansporn, sich zu vertiefen, zu wissen, daß die geistige Wahrheit der Bibel durch unsere Lehrbücher geoffenbart ist, daß sie darin zu finden ist, und daß wir sie sonst nirgends zu suchen brauchen! Die angespannte Aufmerksamkeit der Gemeinde während dieses Lesens in einem christlich-wissenschaftlichen Gottesdienst wahrzunehmen nimmt einen nicht wunder. Hier gibt es keine Ausbrüche erregter Rednerkunst, kein Darbieten einer bloß menschlichen Lehre. Die Lektionspredigt hängt durchaus nicht von einem Herausfordern menschlicher Gefühle ab; sie fesselt ihre Zuhörer einfach durch die Kraft ihrer inneren Wahrheit und das Frohlocken selbstloser Liebe.
Wie oft haben wir doch in unserer persönlichen Erfahrung diesen göttlich eingegebenen Vorlesungen gelauscht und gefühlt, wie wir von einer Sorgenlast befreit wurden, und wie oft haben wir andere ihren Dank aussprechen hören für die Befreiung, die auch sie erlangt haben!
Ein Schüler der Christlichen Wissenschaft entdeckte, daß er viel schnellere Fortschritte machte, als er zum göttlichen Wesen der Lektionspredigt erwachte und ihre Vollständigkeit verstand, als er die Tatsache erfaßte, daß das Entfalten der geistigen Wahrheiten der Bibelstellen durch das Verständnis der entsprechenden Stellen aus unserem Lehrbuch ohne anderweitige Hilfe kommt, und als er erkannte, daß das andächtige Sichvertiefen in diese einander entsprechenden Stellen unsere menschlichen Verfahren durch das klare und mächtige Licht des göttlichen Gemüts ersetzt und dadurch den Weg der Lösung aller Fragen weist.
