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Erkenntnis im Gegensatz zu Kritik

Aus der Oktober 1930-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Man braucht über die in rechter geistiger Erkenntnis zum Ausdruck kommende Denkweise nicht im Zweifel zu sein, wenn man die von Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 261) gegebene (von einer Verheißung begleitete) Ermahnung bereitwillig annimmt: „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt”.

Es gab eine Zeit, wo das Wort „Kritik” eine feinere Bedeutung hatte, als es heute im allgemeinen zu haben scheint. Ein Kritiker war ursprünglich jemand, der in der Beurteilung von Verdienst geübt war, jemand, der hervorragende Leistungen erkennen und bewerten konnte. Es scheint jedoch eine Eigentümlichkeit des menschlichen sogenannten Gemüts zu sein, eher Fehler als Werte wahrzunehmen. Daher kann man sagen, daß man heute unter Kritik eher eine Art tadelndes Urteil versteht; ja, es gibt Leute, die glauben, daß Kritik nichts anderes sei als Tadel, und daß sie sehr oft ein eingebildetes Wahrnehmen von Fehlern sei, die in Wirklichkeit vielleicht gar nicht vorhanden sind. Wer geneigt ist, aus kleinen Mängeln große Fehler zu machen, ist ein kaptiöser Kritiker. Das Sonderbare dabei ist, daß das Wort „kaptiös” einst auch in besserem Sinne angewandt wurde und in machen Fällen mit dem Worte „kapabel” zusammenhing. Wenn nun hier von Kritik die Rede ist, ist nicht das Wirken des fähigen Richters gemeint, der erkennt, was im Leben anderer gut und wertvoll ist, sondern eher das tadelsüchtige Kritteln, das sich oft mit kleinlichen, unwichtigen Dingen abgibt und die Gewohnheit verrät, zu glauben, daß Böses im Denken und Handeln anderer zum Ausdruck komme. Dies ist genau das Gegenteil der Denkgewohnheit, die Schönheit des Gesetzes wahrzunehmen und fähig zu sein, sich am Erkennen der Gegenwart und Wirksamkeit des Gesetzes zu freuen.

Die christlich-wissenschaftliche Bewegung hat eine Menge Tätigkeiten entfaltet. Jeder, der sich rechtmäßig daran beteiligt, wird ein Ausleger der Wirklichkeit. Er kennt das Prinzip als gut; und da er durch seine eigene Heilung erkannt hat, daß die Kraft Gottes eine wohltätige Kraft ist, die sein Wirken zum Guten erneuert, wiederherstellt und neu belebt, erklärt er diese wohltätige Macht auch anderen Menschen. Daher sollte das ganze Wirken des Christlichen Wissenschafters in Heilarbeit zum Ausdruck kommen. Wenn es wahr ist, daß Ärgernisse ihr eigenes Weh in sich tragen, sollte er nie ein Ärgerniserreger sein oder jemand Hindernisse in den Weg legen. Der Christliche Wissenschafter erkennt klar, was Nehemia vor Augen hatte, als er sagte: „Die Freude am Herrn ist eure Stärke”.

Die christlich-wissenschaftliche Bewegung kommt auf verschiedene Arten zum Ausdruck. Da ist z.B. die Arbeit, die die Zweigkirchen leisten. Von so großem Wert ist diese Arbeit in der ganzen Welt, daß alle paar Tage eine neue Kirche entsteht, und der Einfluß und die Tätigkeit der schon bestehenden Kirchen nimmt fortwährend zu. Setzen wir nun den Fall, die aktiven Mitglieder der Zweigkirchen und Vereinigungen könnten sich über das Betrachten dessen, was offensichtliche Fehler im Leben der Mitarbeiter sein mögen, erheben und sich das Erkennen der Macht und der Herrlichkeit des Guten zur beständigen Gewohnheit machen, genau so, wie sie, wenn ihnen ein Krankheitsfall zur Kenntnis kommt, erkennen, daß die Tatsache der Gesundheit und die Gegenwart und Macht des göttlichen Gesetzes und der göttlichen Liebe heilt,— wäre dann das Leben nicht viel angenehmer, und hätte die Freude am Herrn nicht freieren Lauf? Besucher christlich-wissenschaftlicher Gottesdienste, die vielleicht die Kirche verließen, ohne mit jemand auch nur ein Wort gewechselt zu haben, haben trotzdem gefunden, daß in ihrem Denken und Verhalten eine Änderung stattgefunden hat. Die Gottesdienste brachten ihnen Inspiration. Durch die Freudigkeit im Gesang empfanden sie, daß sie „schöne Kleider für einen betrübten Geist” empfangen hatten. Zweifel schien sich weniger aufzudrängen und Furcht weniger zu argumentieren, und der bloße Anblick der Versammelten, die in der Anbetung des einen Gottes Freudigkeit bekundeten, gab ihnen hinsichtlich der Möglichkeiten des Guten im menschlichen Leben ein neues Ideal.

Eine andere weitverbreitete Tätigkeit der christlich-wissenschaftlichen Bewegung ist die Herstellung und Verteilung der Zeitschriften und anderer Literatur. Die Zeitschriften der Bewegung könnten sich nicht halten, wenn sie nicht der Ausdruck des freudigen Lebens gläubiger Christlicher Wissenschafter wären. Folgende Bibelstelle zeigt, wie Paulus die Dinge ansah: „Ist jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur [oder in anderer Übersetzung: „so gibt es eine neue Schöpfung”]; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden!” Von Anfang an haben die christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften diese vom Apostel dargelegte Wahrheit unterstützt. Es liegt mehr Segen im Erkennen dessen, was den so regelmäßig gebotenen Zeugnissen zu Grunde liegt, als in einem Geiste der Krittelei, der die Art, wie die Erklärungen abgegeben werden, bemängelt. Ist jemand ein Kritiker rechter Art, so nimmt er wohlwollend verborgene Werte wahr, d.h. er kann erkennen, was gut ist. Ist er aber ein Kritiker falscher Art, so regt er sich gewöhnlich über Redewendungen und die Art und Weise des Ausdrucks so auf, daß ihm der wirkliche Inhalt und die tröstende Erhabenheit der Wahrheit ganz verloren gehen.

Durch Errichtung eines Sanatoriums bot der christlich-wissenschaftliche Wohltätigkeitsverein eine noch größere menschliche Gelegenheit, Gutes zu finden. Es ist ein Zufluchtsort für solche, die in ihren alltäglichen Verhältnissen keine Ruhe, keinen Trost und keinen Schutz finden können; und von solchen, die gesegnet wurden, sind tief empfundene und ergreifende Zeugnisse über Genesung und Erneuerung zur allgemeinen Ermutigung der Menschheit veröffentlicht worden. Setzen wir den Fall, alle Christlichen Wissenschafter verwirklichten beim Nachdenken über eine solche Anstalt die Möglichkeiten des Guten in ihrem Denken und vermieden das Querulieren, das jene Vollkommenheit der Beweisführung, die sich als Ergebnis des Fortschritts und der Läuterung gewiß einstellen wird, sofort verlangt,— was für eine Wohltat wäre dieses allgemeine Erwarten des Guten für die Menschheit!

Dann haben wir auch das christlich-wissenschaftliche Heim Pleasant View für ältere Leute. Sollten Christliche Wissenschafter sich nicht angewöhnen, wohlwollend und dankbar von denen zu denken, die vielleicht „des Tages Last und die Hitze getragen haben”, und jederzeit Freude zu empfinden, wenn sie an die für den Frieden und das Behagen sogenannter Bejahrter getroffene Fürsorge denken? Tatsache ist, daß die christlich-wissenschaftliche Bewegung so viele der Menschheit wohltuende Arten des Denkens einführt, daß das sterbliche Gemüt zuweilen von der Furcht ergriffen wird, es verliere sein Ansehen und seine Macht. Es läßt sich leicht eine Menge Zustände vorstellen, worin einige Menschen über andere herrschen und zu ihrem eigenen selbstsüchtigen Vorteil die Regierung führen, die größtenteils unter dem Druck der über die Regierten verhängten Furcht aufrecht erhalten wird.

Wenn die Wahrheit kommt, um die Furchtsamen aus der Knechtschaft zu befreien, ist es wahrscheinlich, daß sich ihr diejenigen entgegensetzen, die glauben, es sei zu ihrem Vorteil, eine solche Knechtschaft fortbestehen zu lassen. Es besteht daher eine Unterströmung des Widerstandes und des Widerspruchs gegen alle Formen des praktischen Christentums, und wir sind weise, wenn wir dies erkennen und nicht der Versuchung unterliegen, tadelsüchtige Kritiker christlicher Methoden zu werden. Wenn wir recht erkennen, was am Werke ist, können wir uns über die Vollkommenheit des geistigen Gesetzes freuen. Wir können uns durch dieses Gesetz gestützt fühlen, und wir können es mit unserer Liebe und Begeisterung unterstützen. Mit andern Worten, so oft die Argumente oder der Augenschein der Macht des Bösen an uns herantreten, so oft wir versucht sind, die Mängel anderer zu tadeln, können wir unser Gleichgewicht und unsern Frieden dadurch Wiederherstellen, daß wir uns über das Gesetz freuen, das wir selber lieben und befolgen, und dadurch, daß wir des Sieges des Guten gewiß sind. So werden wir uns und anderen helfen, Erkenner des Guten zu sein. In dieser Weise wird der Hang zur Krittelei berichtigt werden, und die innere Unzufriedenheit, die immer dort vorhanden ist, wo der ätzende, verfängliche, tadelsüchtige Sinn herrscht, wird geheilt werden.

Eine große und würdige Bewegung kann in menschlichen Angelegenheiten nicht ohne eine große Zahl von Vertretern wirken. Die Christlichen Wissenschafter sind die aktiven Vertreter, durch die die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft zum Ausdruck kommen und bestätigt werden. Die Kritik hat sich immer gegen solche gerichtet, die sich nützlich erweisen; und bei genauer Prüfung zeigt es sich, daß Kritiken nicht selten erfundene Unwahrheiten sind oder auf Unterdrückung der Wahrheit oder auf Darbietung einer halben Wahrheit mit einer falschen Schlußfolgerung beruhen. Könnten die Christlichen Wissenschafter beständiger erkennen, was der Mensch in Wahrheit ist, so würden sie über Ausüber, Arbeiter, Beamte usw. vom Standpunkte der Unterstützung, der Dankbarkeit und des Wohlwollens und nicht vom Standpunkte der Verkleinerung, der Krittelei und der Vernichtung aus denken.

Jeder Christliche Wissenschafter sollte die Ermahnung: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen”, die eine tiefe Wahrheit enthält, sorgsam beachten. Es ist die Last des Unglaubens, die das Leben zuweilen mühsam macht. Die Gefühllosigkeit, die Gleichgültigkeit und das ablehnende Verhalten derer, für die liebevoll gearbeitet wird, liegt wie eine Last auf dem Geiste derer, die bestrebt sind, Gutes zu tun. Daher sollten wir andern tun, was wir wollen, daß sie uns tun sollen. Wir schätzen Ermutigung und das Wiederaufleben der Begeisterung durch die Liebe unserer Helfer, und wir sollten uns vornehmen, allen, die sich edlem Bemühen widmen, zu helfen, sie zu unterstützen und zu lieben, damit das Menschengeschlecht von der Last des Unglaubens hinsichtlich des Guten befreit werden und ein klareres Verständnis kommen kann, daß „der Gerechte seines Glaubens leben wird”.

Ein Wort möge noch gesagt werden über die an einen Arbeiter herantretende Versuchung zu ungerechter Selbstkritik. Er wird vielleicht entmutigt, wenn er sieht, daß die Dinge nicht sind, wie sie sein sollten, und er mag zu streng und zu krittelig mit sich selber verfahren wegen eines Fehlers, aus dem er vielleicht eine große Lehre gezogen hat. Es ist gut, wenn man den Fehler durch den Wert der Lehre ausgleichen läßt und sich selber vergeben lernt. Ist es recht, anderen ihre Vergehen zu vergeben, so ist es gewiß weise, sich die eigenen Vergehen zu vergeben, wenn man den Irrtum berichtigt hat. Die Christlichen Wissenschafter sind zu einem Leben der Erkenntnis des Guten verpflichtet. Sie können den Punkt erreichen, wo sie tatsächlich nichts Nachteiliges über einen Nächsten in sich aufnehmen können und tatsächlich nichts Böses denken, weil ihr Denken so sehr mit dem Betrachten und Erkennen des Guten beschäftigt ist.

So läßt sich alles auf die rechte Auffassung der Ursächlichkeit zurückführen. Wenn das schöpferische Gemüt die wirkliche Ursache ist, und wenn das, was das Gemüt schafft, gut ist, müssen wir gewiß dahin kommen, wo wir dies so erkennen, daß wir völlig verstehen können, daß die sogenannten sekundären Ursachen, die letzten Endes nur Annahmen, Überlieferungen, Vorurteile usw. sind, nur ein Scheindasein haben, daß sie als Vermutungen und Aberglauben vorübergehend bestehen, nur um vor Gewißheit und Verständnis zu verschwinden, wenn die Wahrheit offenbar wird. Wenn also Gottes Güte und des Menschen Gottähnlichkeit die große Wahrheit ist, warum sollen wir uns dann nicht für uns und für andere mit einer freudigen, ununterbrochenen Erkenntnis des Guten befassen und unser Gemüt vollständig heilen lassen von dem Hang zum Tadeln, der andere und schließlich uns selber begrenzen würde? In dem Maße, wie rechtes Denken zur Gewohnheit wird, erhebt sich der Denker; er erhebt sich über den Bereich und das Wirken des Irrtums; er gelangt in eine neue Atmosphäre. Und was ist diese Atmosphäre anders als die himmlische Erkenntnis, daß die Allmacht Gottes die triumphierende Gegenwart und Tätigkeit des Guten ist! Wenn wir in dieser Gegenwart Gottes weilen, werden wir die Wahrheit über Gott und den Menschen auf rechte Art darbieten.

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