Der Psalmist schreibt: „Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasset uns freuen und fröhlich darinnen sein”. Möchten wir denn nicht gerade das gern tun,— uns an jedem sich uns entfaltenden neuen Tage freuen? Doch wie unmöglich war es und wird es bleiben, solange sich unsere Lebensauffassung auf den Glauben an die Wirklichkeit der Materie mit ihren sogenannten Gesetzen gründet, die angeblich über den Menschen herrschen, und deren Gewaltherrschaft er anscheinend nicht entrinnen kann! Nun verkündigt aber die Christliche Wissenschaft, daß niemand in der Knechtschaft der sogenannten Gesetze der Materie zu bleiben braucht; und Schüler dieser Wissenschaft beweisen für sich und andere, daß die Materie oder das Böse weder Macht noch Wirklichkeit hat; daß alle Macht Gott, dem Guten, gehört; daß Gott, das Gute — nicht das Böse — den Menschen und das ganze Weltall regiert; daß Gehorsam gegen Gottes Gesetze unser Alltagsleben harmonisch gestaltet, und daß es im Leben nichts gibt, worauf die Gesetze Gottes nicht anwendbar sind.
Auf Seite vii des Vorworts zum Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, schreibt Mrs. Eddy: „Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen”. Dann ist es von größter Wichtigkeit, daß alle Menschen „den erhaltenden Unendlichen” verstehen lernen, damit sich alle auf Ihn verlassen können und ihre Tage „reich an Segnungen” werden. Zu diesem Zwecke müssen wir uns von dem Glauben abwenden, daß das Leben auf die Materie beschrankt sei und vom sogenannten materiellen Gesetz beherrscht werde, und verstehen lernen, daß das Leben Gott ist, und daß das wahre Dasein daher geistig ist und unmittelbar unter der Herrschaft des göttlichen Gemüts steht. Durch Eindringen in die Bibel und die Schriften unserer Führerin kann heute jedermann dieses Verständnis erlangen.
Wenn wir das aufrichtige Verlangen haben, jederzeit und unter allen Umständen recht zu tun, und wenn wir bestrebt sind, im Verständnis der Wahrheit Fortschritt zu machen, so daß das Gute durch unser Denken ungehindert Ausdruck finden kann, dann können wir allen Ernstes erklären, daß wir uns „auf den erhaltenden Unendlichen”, auf Gott, das göttliche Gemüt, „verlassen”, daß es alle unsere Bedürfnisse befriedige; und wir können mit Recht erwarten, daß unser Tag „reich an Segnungen” sein wird.
Man kann immer das Rechte tun. Und wenn wir das Verlangen haben, recht zu tun, kann uns nichts davon abhalten oder daran hindern, das Rechte, das wir tun sollen, zu erkennen; denn rechtes Verlangen ist Gebet, und wahres Gebet bleibt nicht unerhört. Ebenso vertrauensvoll sollten wir erklären, daß wir den Mut haben, dem Rechten, wie es uns offenbar wird, gemäß zu handeln; denn Mut ist eine Eigenschaft des göttlichen Gemüts, die der Mensch widerspiegelt.
„Verlaß dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand; sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen”, lesen wir in den Sprüchen. Ein solches Vertrauen, das alles Gott anbefiehlt, so daß für Zweifel oder Ungewißheit kein Raum bleibt, geht nicht aus einem blinden Glauben an Gott hervor, sondern aus einem beweisbaren Verständnis Seines Wesens und der Beziehung des Menschen zu Ihm. Es ist die Erkenntnis, daß Gott das göttliche Gemüt ist, und daß der wirkliche Mensch Sein vollkommener Ausdruck ist. Auf Grund der Beziehung des Menschen zu Gott kann er also keinen Augenblick von Gottes liebender Fürsorge getrennt sein oder ihrer beraubt werden; denn der Mensch untersteht der Herrschaft des göttlichen Gemüts so unmittelbar wie der Lichtstrahl der Sonne.
Nur auf eine Art kann man von der unbarmherzigen Peinigerin der Menschen, der Furcht, frei werden, nämlich durch die Erkenntnis der Machtlosigkeit des Bösen,— durch das Verständnis, daß Gott, das göttliche Gemüt, die göttliche Liebe, die einzig wirkliche Macht ist, und daß der Mensch als die Widerspiegelung des göttlichen Gemüts immer erhalten wird und immer beschützt ist.
Anstatt den Tag mit Vorahnungen, mit falschen Annahmen von Angst, Niedergeschlagenheit und Entmutigung zu beginnen,— die samt und sonders Schößlinge des falschen Glaubens sind, daß das Dasein materiell sei, und daß des Menschen Versorgung, Gesundheit, Glück, ja sein Dasein überhaupt vom Materiellen abhänge—, wollen wir uns mit wachem Denken und voller Dankbarkeit für den Schutz Seiner Macht und Seiner Güte an Gott, den Geber „aller guten Gabe und aller vollkommenen Gabe”, wenden. In einem von Dankbarkeit erfüllten Bewußtsein können die falschen Annahmen der sogenannten materiellen Sinne so wenig bestehen wie Finsternis vor dem Licht. Nichts vertreibt Traurigkeit schneller als Dankbarkeit. Und Dankbarkeit für schon empfangene Segnungen hilft am besten das Verständnis der Wahrheit ununterbrochen fördern. Wenn wir durch Dankbarkeit für empfangene Segnungen unsere Gedankenwohnung von den Spinngeweben des Irrtums, der Angst, der Niedergeschlagenheit und der Entmutigung gereinigt haben, so daß das Sonnenlicht der Wahrheit hell in unser Bewußtsein hineinleuchten kann, dann haben wir unser Denken unmittelbar auf geistige Widerspiegelung eingestellt. Undankbarkeit schließt Freude und Glück aus unserem Erleben aus und hindert uns, des Menschen Geburtsrecht des harmonischen Seins zu erkennen. Der Wert der Dankbarkeit beim Ausarbeiten unserer Seligkeit kann nicht überschätzt werden.
Was für eine Last doch von uns genommen ist, wenn wir verstehen, daß es keine materielle Vergangenheit gibt, und daß wir keine Erinnerung daran wie einen Mühlstein am Halse zu tragen brauchen, weil Gott das All in allem ist, und weil in Seiner ewigen Gegenwart alles vollkommen gut ist! Die sogenannte materielle Vergangenheit war nie etwas anderes als eine unharmonische, entstellte, falsche Daseinsauffassung. Sie war nie wirklicher als ein böser Traum in der Nacht, den alle als Täuschung ansehen.
In seinem Briefe an die Philipper schreibt Paulus: „Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht, daß ich’s ergriffen habe. Eines aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, das da vorne ist, und jage — nach dem vorgesteckten Ziel — nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu”. Wenn wir beginnen, die Tatsachen über Gott und Sein vollkommenes Weltall einschließlich des vollkommenen Menschen zu begreifen, lernen wir verstehen, daß wir nicht nur vergessen können, „was dahinten ist”, sondern daß wir auch die Zukunft der unfehlbaren Leitung Gottes anvertrauen können. Dann können wir freudig auf das sehen, „was da vorne ist”, und wissen, daß nur Gutes für uns vorgesehen ist. Durch dieses Vertrauen auf Gottes unfehlbare Fürsorge für Seine Kinder können wir heute in Frieden leben, den heutigen Tag ohne Sorge für den morgenden leben und, wie der Psalmist sagt, „uns freuen und fröhlich darinnen sein”.
Mit zunehmendem Verständnis der Wahrheit werden wir schließlich erkennen, daß Gottes Tag — das ewige Jetzt — das immerwährende Entfalten rechter Ideen ist, die vom göttlichen Gemüt ausgehen, und daß das wahre Bewußtsein harmonischen Daseins aus diesen rechten Ideen besteht. So werden wir schließlich dahin gelangen, daß wir ruhig darauf vertrauen, daß alles wohl geht, weil wir verstehen werden, daß das eine all-liebende Gemüt, Gott, alles vom Geringsten bis zum Größten regiert und alles in vollkommener Harmonie erhält. Dann wird am Horizont unseres Bewußtseins der „Morgen ohne Wolken” angebrochen sein.
Mrs. Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, schreibt in „Miscellaneous Writings” (S. 306, 307): „Der Psalmist sagt: ‚Er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen‘. Gott gibt dir Seine geistigen Ideen, und diese wiederum geben dir, was du täglich brauchst. Bitte nie für morgen; es genügt, daß die göttliche Liebe eine immergegenwärtige Hilfe ist; und wenn du wartest und nie zweifelst, wirst du jeden Augenblick alles haben, was dir not tut. Was für ein herrliches Erbe uns durch das Verständnis der allgegenwärtigen Liebe gegeben ist! Um mehr können wir nicht bitten, mehr brauchen wir nicht, mehr können wir nicht haben. Diese holde Gewißheit ist das ‚Schweig und verstumme‘ für alle menschlichen Befürchtungen, für Leiden jeder Art”.
Laßt uns also in dieser „holden Gewißheit” verharren und wissen, daß wir keine Sorgen oder Vorahnungen wegen der Gegenwart oder der Zukunft zu hegen brauchen, sondern sie dem überlassen können, der alles in „der hohlen Hand” hält.
