Freundschaft ist ein in das selbstlose und liebevolle Herz gefaßter seltener Edelstein. Ihr wahrer Wert geht denen verloren, deren Blick von dem Staub des Selbst und der Persönlichkeit getrübt ist. Strahlend vor Inspiration und rein in der Absicht erweitert sie das Denken und stärkt gerechtes Verlangen. Auf Dienstfertigkeit und Fortschritt gegründet, ist sie herrlich und unzerstörbar. Sie ist Gemeingut aller Menschen, und alle können sie sich in dem Maße bewahren, wie sie sie teilen. Es kann keine Freundschaft ohne Freunde, keine Freunde ohne Liebe geben, und Liebe ist von Gott, ist die Grundlage, auf der für Christliche Wissenschafter Freundschaft mit Einzelpersonen und Völkern beruht. Sie erweitern die Grenzen ihres Denkens und schließen in ihre Freundschaft nicht nur ein paar Menschen, sondern die ganze Welt ein. Denn das aufrichtige Verlangen jedes christlich-wissenschaftlichen Arbeiters ist, ein Freund der ganzen Menschheit zu sein.
Ein Freund sein wollen ist etwas anderes als einen Freund haben wollen, weil haben wollen häufig einen selbstsüchtigen Wunsch verrät; und die Freundschaft hört auf, wenn der Wetteifer um den Besitz oder den Alleinbesitz der Zuneigung, der Zeit und der Aufmerksamkeit eines andern beginnt.
Persönliche Anziehung ist keine Freundschaftsgrundlage. Sie verspricht Befriedigung, Kameradschaft und Freundschaft, enttäuscht und entmutigt aber meistens; und gibt man ihr nach, so zerstört sie selbstständiges Streben.
Wenn wir an einen fremden Ort oder in ein fremdes Land ziehen müssen, sind wir gewöhnlich darum besorgt, wo wir wohnen und mit wem wir verkehren werden. Denken wir aber in erster Linie darüber nach, welchen Dienst wir wohl leisten können, so finden wir, daß die göttliche Liebe uns vorangegangen ist und für eine erfreuliche Umgebung in der Kirche und zu Hause gesorgt hat. Auf Seite 102 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” hat Mary Baker Eddy geschrieben: „Es gibt nur eine wirkliche Anziehungskraft, die des Geistes”. Die Erkenntnis also, daß Orte oder Leute, die unser Wachstum in der Christlichen Wissenschaft hindern würden, für uns keine Anziehung haben können, ist ein unschätzbarer Schutz. Rechte Lebensgefährten und Freunde findet man durch die Erkenntnis, daß die geistigen Eigenschaften, die Gott widerspiegeln, uns alle anziehen.
Jesus war der größte und treueste Freund der Menschen. Er vergalt stets Fluchen mit Segnen, sogar in dem Maße, daß er angesichts der Feinde, die ihn kreuzigten, sagen konnte: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!” Er gab uns das Gebot, „daß ihr euch untereinander liebet, wie ich euch geliebt habe”. Er sagte auch: „Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete”. Sicher können wir nie ohne Freunde sein, weil wir überall Menschen finden, die demütig bestrebt sind, ihm nachzufolgen.
Mrs. Eddy las in ihrer Not die biblische Geschichte von der Heilung des Gichtbrüchigen und fand dadurch den Weg aus Krankheit und Leiden heraus. Sie war so geistig gesinnt, daß sie später anderen den Weg zeigen konnte, indem sie durch ihre Schriften und durch die von ihr ins Leben gerufene christlich-wissenschaftliche Bewegung ihre Offenbarung unparteiisch mit allen teilte. Durch dieses Wirken finden die Freundlosen Hoffnung, Ermutigung und Freunde. Jeden Tag betete unsere Führerin: „Gott, segne meine Feinde, mache sie zu Deinen Freunden, lehre sie die Freude und den Frieden der Liebe erkennen!” (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 220). Durch Lehre und Beispiel lenkte sie das Denken beständig von der Person auf das Prinzip hin und zeigte den Sterblichen, wie sie aus sich heraus und in das geistige Bewußtsein gelangen können.
Mögen wir Christliche Wissenschafter uns in unserem Leben der Lehre und des Beispiels der Mrs. Eddy würdig erweisen und unser Denken wohl bewachen, damit uns der Feind in freundlichem Gewand nicht täuschen kann, was uns unsere Pflicht gegen Gott, gegen unsere Führerin und gegen die Menschheit vergessen oder versäumen lassen könnte (vgl. Handbuch Der Mutterkirche, Art. VIII, Abschn. 6)! In dem Maße, wie wir ihren Lehren gehorsam sind und uns bemühen, zu helfen, mitzuteilen und zu segnen, verlieren wir das Persönliche aus den Augen und finden, daß wir Freundschaften zum Ausdruck bringen und erleben, die von Gott sind, die keine persönlichen Forderungen stellen und in Seinem Ansehen unschätzbar hoch stehen.
