In dem Maße, wie der Christliche Wissenschafter geistig fortschreitet, erkennt er klar die Macht und den Wert rechter Unterhaltung. Gebe Gott, daß wir bald die Wahrheiten des geistigen Seins so klar wahrnehmen, daß wir die lügenhaften Einflüsterungen des sogenannten fleischlichen Sinnes sofort entdecken und ablehnen und uns weigern, sie zu äußern! Einen wunderbaren Zustrom von Licht, Freudigkeit und Heilkraft werden wir erleben, wenn wir dies gewohnheitsmäßiger und wirksamer tun. Die heilsame Gewohnheit, bei allem, was wir sagen, freundlich, hilfreich und liebevoll zu sein, bringt uns und anderen Nutzen. Salomo äußerte den weisen Spruch: „Eine heilsame Zunge ist ein Baum des Lebens”.
Die entschiedene Weigerung, ohne Grund Irrtum zu reden, ist ein wichtiger Schritt beim Zerstören des Irrtums; denn dadurch wächst die Fähigkeit, die Wahrheit „durch mitfolgende Zeichen” zu äußern. Es ist selbstverständlich, daß ein Klavierspieler, der falsch gelehrt worden ist, oder der sich infolge von Mangel an Unterricht falsche Gewohnheiten angeeignet hat, geduldig arbeiten muß, die falsche Unterrichtsmethode zu berichtigen und durch die richtige zu ersetzen. Warum sollten wir uns dann die Anstrengung verdrießen lassen, die nötig ist, um falschem Denken und Reden Einhalt zu gebieten, wenn wir bedenken, daß rechtes Denken und Reden sowohl uns als auch anderen so große Segnungen an Gesundheit und Harmonie bringt? Hegen wir über die Wichtigkeit rechten Redens irgend einen Zweifel, so brauchen wir nur an die Worte des Apostels Jakobus zu denken: „Wer aber auch in keinem Wort fehlt, der ist ein vollkommener Mann und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten”.
Wir gehen nie fehl, wenn wir die geistige Tatsache im Auge behalten, daß der Mensch jetzt das Bild und Gleichnis Gottes ist, und wenn wir bestrebt sind, den idealen Menschen in unserem Leben immer mehr zum Ausdruck zu bringen. Der ernste Christliche Wissenschafter beeilt sich, einen volleren Beweis dieses vollkommenen Ideals zu erbringen, und er freut sich über jedes kleinste Anzeichen, daß sein Nachbar es auch tut. Das fortschreitende Überwinden des Übelredens ist eine wichtige Hilfe bei diesem geistigen Vorwärtskommen.
Reden ist in Wirklichkeit eine Fähigkeit des göttlichen Gemüts. Wer diese geistige Tatsache einigermaßen erkennt, ist bestrebt, sein Denken so Gott zu weihen, daß er nur das spricht, was das göttliche Gemüt mitteilt. Insofern er hierin erfolgreich ist, gibt er sich nicht mit müßigem Klatsch oder boshaftem Gerede ab. Wenn wir sehen, wieviel gute und verdienstvolle Arbeit zu tun ist, wieviel herrliche Gelegenheiten sich bieten, wo wir durch das gesprochene Wort anderen hilfreich sein können, beten wir, daß wir diese Gelegenheiten, die so weitreichende Wohltaten und Segnungen bringen, immer beachten mögen. Unsere verehrte Führerin Mary Baker Eddy schreibt in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” (S. 106): „Ich ermahne Christliche Wissenschafter, entweder liebevoll von allen Menschen zu reden oder zu schweigen; denn Liebe erfüllt das göttliche Gesetz, und ohne diesen Beweis der Liebe wäre mentale Praxis nutzlos”.
Wenn wir beginnen, verstehen zu lernen, daß, wie die Christliche Wissenschaft lehrt, nur das Gute wirklich und wahr ist, beginnen wir folgerichtig, müßiges Gerede, das uns versucht, ihm Gehör zu schenken, im Zaum zu halten. Wieviel unnötiges Leiden wir uns und vielleicht auch anderen ersparen würden, wenn wir, ehe wir über jemand unfreundlich oder ungerecht reden, inne hielten und uns einige einfache Fragen stellten! Es könnte für uns nur von Vorteil sein, wenn wir uns z.B. fragten: Was für einen tatsächlichen Beweis habe ich, daß das, was ich glaube, wahr ist? Was wird es irgend jemand nützen, wenn ich etwas wiederhole, was ich nur vom Hörensagen über jemand weiß? Würde ich es dem, den es angeht, ebenso bereitwillig selber sagen, wie ich es jemand anders erzähle? Würden überlegte oder unüberlegte Bemerkungen über andere einer solch einfachen Probe unterzogen, wieviel weniger Unangebrachtes würde dann geredet, und wieviel mehr, das einem selber und anderen auf dem aufwärts führenden Wege hilfreich wäre!
Die Christliche Wissenschaft hat die Verfahren bloßgestellt, durch die der fleischliche Sinn das Denken zu beeinflussen beansprucht. Der wachsame Christliche Wissenschafter, dessen Verlangen es ist, ein wahrer Zeuge für Gott und den Menschen zu sein, lernt zu wachen, daß er davor bewahrt bleibt, Unwahrheiten zu glauben oder zu wiederholen. So wird er tätiger in dem, das seines Vaters ist, und er trägt wirksamer dazu bei, das Himmelreich auf Erden aufzurichten.
Wenn fortschreitende Christen erkennen lernen, wie wichtig es ist, ihr Denken und Reden sorgfältiger zu überwachen, ist es nicht zu verwundern, wenn sie weniger reden. Dies ist vielleicht notwendig, um recht zu lernen, wie man die neue Zunge des Geistes spricht, sei es nur durch das Gold stillen Denkens oder mit Hilfe des Silbers des gesprochenen Worts. Glücklich ist derjenige, dessen Zunge das göttliche Gemüt gelöst hat, und der frei, freudig und unmittelbar zum Ausdruck bringt, was segnet, tröstet und erfreut! Wie sehr doch die Welt solchen Trost braucht! Christus Jesus sagte: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über”.
Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, das Böse nicht außer acht zu lassen, sondern ihm mit der Wahrheit entgegenzutreten. Die Christlichen Wissenschafter sind keineswegs geneigt, einen Sünder einen Heiligen zu nennen. Diese Lehre macht ganz klar, daß wir Unrechttun nicht bemänteln, übersehen oder beschönigen und gleichzeitig wirksame Heilarbeit tun können. Man muß aber immer größte Geduld und Barmherzigkeit üben. Es mag Zeiten geben, wo man vom Unrechttun sprechen muß, um es zu berichtigen. Wir werden dies im Verhältnis unseres Wachstums in Christusähnlichkeit auf rechte Art tun; denn ein wachsendes Verständnis der Christlichen Wissenschaft verleiht einen scharfen Unterscheidungssinn. Selbstverständlich wird man, wenn man sich des müßigen Geredes über Missetaten und Missetäter—wirkliche oder eingebildete—enthält und im Denken bei der Wahrheit anstatt bei der Lüge weilt, unvermeidlich fähiger, die Annahmen des Bösen zu vernichten. Wird es dann notwendig, über Unrechttun zu sprechen, um es zu berichtigen, so kann es zum Nutzen der Beteiligten geschehen. Mrs. Eddy legt sehr einfach und sehr bündig eine hilfreiche Regel dar, wenn sie in „Miscellaneous Wirtings” (S. 346) schreibt: „Es ist eine Regel in der Christlichen Wissenschaft, nie Irrtum zu wiederholen, außer wenn es nötig wird, um die Wahrheit ans Licht zu bringen”.
Es gibt vielleicht kein größeres Vorrecht noch irgend etwas, was mehr echte Freude und Segen verleihen kann, als denen zu vergeben, die einem Leid zugefügt haben. In einer der vielen schönen Erzählungen im Alten Testament lesen wir, wie Joseph seinen Brüdern vergab. Diese von Neid verblendeten Brüder hatten an Joseph bitter böse gehandelt; aber mit einem Edelmut, der uns allen als Lehre dienen kann, vergab er ihnen und segnete sie, und sie konnten kaum fassen, daß ein solches Vergeben versuchten Unrechts möglich war. Die Brüder Josephs erwarteten, daß er Böses mit Bösem vergelten werde; aber er zeigte, daß er ihnen vollständig vergeben hatte. In der Erzählung im 50. Kapitel des 1. Buchs Mose ist berichtet, daß er ihnen hierüber klare Versicherung gab, und wir lesen weiter: „Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen”.
Wer auch nur in geringem Maße den Segen eines zunehmenden Gefühls eines bewußten Einsseins mit Gott kennt, hat das Verlangen, im geistigen Verständnis vorwärts zu kommen. Um inmitten der Probleme des menschlichen Daseins des Menschen Einssein mit der göttlichen Wahrheit und Liebe immer mehr zu erkennen, bedarf es der Wachsamkeit, des Gebets und der Selbstbesserung; aber größere Freudigkeit, bessere Gesundheit und höhere Nützlichkeit sind der reiche Lohn für diese treuen Bemühungen. Man kann wahrlich sagen, daß die Christlichen Wissenschafter bestrebt sind, sich dem christlichen Bemühen, dem sie ihr Leben gewidmet haben, beständig von neuem zu weihen, und daß sie mit dem Psalmisten aufrichtig beten: „Herr, behüte meinen Mund und bewahre meine Lippen”.
