Zu allen Zeiten hat die Materialität die Geistiggesinnten auf Schritt und Tritt verfolgt, scheinbar glaubwürdige Gründe vorgebracht, warum man nicht nach dem Idealen trachten sollte, oder mit Unheil gedroht, immer in dem Versuche, den, der sich für das Gute und das Wahre entschieden hat, in seinem Fortschritt aufzuhalten. Unverzagt und ungetäuscht beweisen die Christlichen Wissenschafter freudig, daß ihnen der praktische Weg zur Erlösung hier und jetzt geoffenbart ist. Sie haben zahllose Beweise, daß das, was unser Meister als den geraden und schmalen Weg bezeichnete, der Weg wahren Denkens, wahren Liebens, der Weg der Heiligkeit, der Gesundheit und der Freudigkeit ist.
Mancher hat vielleicht, ehe er sich mit der Christlichen Wissenschaft befaßte, geglaubt, er sei am Ende seiner irdischen Laufbahn angelangt, er müsse entweder leiden und hilflos gebrechlich bleiben oder sich dem „letzten Feind” ergeben und seine Lieben der Armut und dem Leid preisgeben. Als er dann entsagungsvoll die Augen schon fast geschlossen hatte, lenkte die Christliche Wissenschaft seinen Blick sanft auf die erlösende Liebe Gottes hin und führte ihn durch geistige Wiedergeburt nicht auf den Weg der Entsagung, sondern auf den Weg der Gesundheit und der Freiheit.
Manchmal sucht sittliche Feigheit, Furcht vor dem Spott der Weltlichgesinnten oder der Anhänger der ärztlichen Heilkunde diejenigen zur Umkehr zu bewegen, die erst vor kurzem den Weg des Geistes eingeschlagen haben, indem sie sie glauben läßt, daß sie den Weg der Gesundheit und des Glücks verfehlen. Was veranlaßt die so in Versuchung Geführten innezuhalten, ehe sie der Versuchung, zur Materialität zurückzukehren, nachgeben? Die Christliche Wissenschaft macht klar, daß es ein heiliges Innehalten, ein geistiges Innehalten auf Grund der ihnen dämmernden Erkenntnis ihrer wirklichen Wesensart als Kinder Gottes ist. Es ist göttlicher Schutz in der Stunde der Versuchung. Mrs. Eddy schreibt (Miscellaneous Writings, S. 185): „Freiwilliges Aufgeben alles dessen, woraus der sogenannte materielle Mensch besteht, und das Anerkennen und Erlangen seiner geistigen Identität als Kind Gottes ist die Wissenschaft, die die Schleußen des Himmels öffnet, von wo das Gute in jeden Zugang des Seins hineinströmt, die. Sterblichen von aller Unreinheit läutert, alles Leiden zerstört und das wahre Bild und Gleichnis beweist”. Wer möchte mit einem solchen Ziel vor Augen nicht freudig zeitliche und selbstische Interessen gegen selbstlose und wesenhafte Interessen eintauschen? Wird der aufwärtsführende Pfad, selbst wenn die Hindernisse darauf zuweilen fast unüberwindlich scheinen, nicht auch durch die Siege der Seele über den Sinn, des Gemüts über die Materie, der Freude über Leid, der Wahrheit über den Irrtum, des sittlichen Muts über Feigheit verschönert?
Während der Christliche Wissenschafter auf diesem geraden und schmalen Wege weiter wandert, können ihn Einflüsterungen, die ihn zur Umkehr zu bewegen, d.h. von dem Ziele geistiger Vollkommenheit abzuwenden suchen, heimtückisch bedrängen. Warum sollte man z.B. nicht durch Verbindung von Gebet und Arznei einen Mittelweg einschlagen? Warum nicht durch Verbindung von Weltlichkeit und soviel Sichbefassen mit Religion und Kirchenbesuch, wie einem bequem ist, auf einen Vergleich eingehen? Warum nicht die Schmerzen loswerden, aber die Freuden der körperlichen Sinne behalten? Diesen Einflüsterungen des sogenannten sterblichen Gemüts liegt der Glaube an Geteiltheit zugrunde, der Glaube, daß jeder Mensch teils geistig und teils materiell, teils gut und teils schlecht, teils sterblich und teils unsterblich sei, und daß man jedem dieser entgegengesetzten Bestandteile die ihm gebührende Zeit und Aufmerksamkeit widmen müsse. Diese Lüge schließt in sich, daß Gott das Gute und das Böse anerkenne, und daß sie sich in Seinem Bild und Gleichnis bekämpfen. Der Christliche Wissenschafter lernt diese Lüge dadurch zurückweisen, daß er erkennt, daß der Mensch als Gottes Idee ein Herz und ein Gemüt hat.
Die Wahrheit der Christlichen Wissenschaft dringt tief in das menschliche Denken ein und weckt die dort schlummernde Liebe zum Guten, indem sie das menschliche Herz liebreich von seinen Mühsalen befreit und die Freude der Gottähnlichkeit enthüllt. An Stelle jeder falschen Auffassung von Freude, die das göttliche Prinzip zerstört, gibt es das Verständnis jener wahren Ruhe und Befriedigung, die man bis dahin im Bereiche der körperlichen Sinne suchte, aber erst erlebte, als die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft den Aberglauben verbannte und Gottes Absicht für Sein geliebtes Ebenbild verständlich und anwendbar machte. Was gewinnt und was verliert man durch die Christliche Wissenschaft? Unsere Führerin schreibt (in dems. Buche, S. 116): „Wie Zuund Abnahme der Tonstärke der Musik wechselnden Klang verleiht, so drücken die verschiedenen Weisen menschlicher Zusammenklänge Verlust oder Gewinn des Lebens aus,—den Verlust der Freuden und Leiden und der Eitelkeit des Lebens, den Gewinn seines lieblichen Einklanges, des Mutes ehrlicher Überzeugungen und schließlichen Gehorsam gegen das geistige Gesetz”.
So überwiegt also von dem Tage an, wo man den Weg wahrnimmt, den der Meister ging, und den die Christliche Wissenschaft wieder geoffenbart hat, geistige Anziehung beständig die Triebe zur Umkehr; man fühlt das göttliche Drängen, der Blick für das Wirkliche klärt sich, und mit erneutem Mute hallt aus dem erweckten Herzen der Ruf der Liebe wider. In unaussprechlichem Frieden geht der Christliche Wissenschafter den Weg geistigen Beweisens weiter, weil er ein für allemal die Wahrheit der Worte: „Dies ist der Weg; den gehet”, erkannt und sich vorgenommen hat, sie zu beweisen.
