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Wie betest du?

Aus der April 1932-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Einer der kürzeren Verse in der Bibel besteht nur aus drei Wörtern. Obgleich es ein ausdrückliches Gebot ist, ist es im allgemeinen für schwer ausführbar gehalten worden. Der Vers steht im 1. Briefe an die Thessalonicher (5, 17) und lautet: „Betet ohne Unterlaß”. Paulus von Tarsus, der ihn schrieb, und der die menschliche Natur verstand, war ein frommer Mann, dessen Gottesverständnis seiner Zeit weit voraus war. Er verstand zu gebieten und zu gehorchen. Er war ein Arbeiter und ein Denker, der fleißig mit den Händen und wissenschaftlich mit dem Kopf arbeitete. Er fertigte Zelte an, in denen seine Landsleute wohnten, und er stellte Lebensregeln für alle Menschen auf. Er war ein beobachtender Reisender, ein furchtloser Mann in vielen Gefahren, ein Gelehrter und ein Schriftsteller, dessen Schriften bestehen werden, solange die Bibel besteht.

Obgleich Paulus, der Apostel Jesu, Jude war, übte er seine Missionstätigkeit hauptsächlich unter den Heiden aus, und den freundlichen Thessalonichern schrieb er die drei Worte: „Betet ohne Unterlaß”, die viele nicht wenig in Verwirrung brachten, weil es ihnen schwer fiel, sie mit den Lehren Jesu in Einklang zu bringen, der sagte: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen (Matth. 6, 7). Es liegt hier jedoch kein Widerspruch vor; denn das unaufhörliche Beten, wozu Paulus ermahnte, und das er im täglichen Leben übte, verlangt kein nutzloses Wiederholen, keinen ermüdenden Wortschwall. Das Wesentliche ist, daß es erhebende Tugenden wie Geduld, Demut, Liebe, Hingebung und jene Inbrunst in sich schließt, die der Apostel Jakobus in die wohlbekannten Worte faßt: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist” (Jak. 5, 16).

In dem Kapitel über das Gebet im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” billigt Mrs. Eddy die Rolle, die die Inbrunst in unseren Gebeten spielen sollte, indem sie das Wort „inbrünstig” in diesem Zusammenhang wiederholt gebraucht. Inbrünstiges Beten hängt nicht von einem ununterbrochenen Vorgang oder von zahlreichen Worten ab. Es braucht nur ein stilles Sehnen oder ein unmittelbarer Ruf zu sein. Des Zöllners „Gott, sei mir Sünder gnädig!” und Petri „Herr, hilf mir!” bedurften keiner weiteren Ausführung oder Weitschweifigkeit, um das Ohr der Allmacht zu erreichen.

Anderseits sollten unsere entschlossenen Bemühungen, höher zu gehen und klarer zu sehen, ohne Rücksicht auf Zeit und Ort beständig und unwandelbar sein. Wenn uns dieses Ringen zur Gewohnheit wird, haben wir die Ermahnung des Paulus erfüllt, zu der uns Mrs. Eddy die aufklärende Auslegung gegeben hat (Wissenschaft und Gesundheit, S. 4): „Das beständige Streben, immer gut zu sein, ist Beten ohne Unterlaß”.

Zur weiteren Würdigung der Ermahnung des Paulus: „Betet ohne Unterlaß” sollte der vorangehende und der nachfolgende Vers in dem Briefe an die Thessalonicher in Betracht gezogen werden. Jener lautet: „Seid allezeit fröhlich”, dieser: „Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christo Jesu an euch”. Hier ist auf zwei Hauptbestandteile wissenschaftlichen Betens, nämlich Freude und Dankbarkeit, hingewiesen, die immer und unbedingt unser Gebet begleiten sollten, was aus den Worten des Paulus „allezeit” und „in allen Dingen” hervorgeht. Das mit Freude beschwingte Gebet erhebt sich zu dem „Goldenen Gestade der Liebe und dem Friedensmeer der Harmonie” (in dems. Buche, S. 576) und kehrt nicht leer zurück, sondern bringt oft Segnungen, um die wir nicht einmal gebetet haben.

Dankbarkeit in unseren Gebeten ist ein unfehlbares Gegenmittel gegen das den Fortschritt vernichtende und das Wachstum hemmende Gift Entmutigung in unserem Leben. Das Gebet des dankbaren Herzens führt zu einem gesunden Sinn und einem gesunden Körper. Freude, Dankbarkeit und Inbrunst sind wie Glaube, Hoffnung und Liebe drei Grazien, deren Besitz Freudigkeit bringt, Niedergeschlagenheit vertreibt und zu jenem Gottesverständnis führt, durch das die ganze Menschheit errettet wird.

In Selbstprüfung zum Zwecke der Selbstvervollkommnung in der Christlichen Wissenschaft zugebrachte Zeit ist gut angewandte Zeit. Mrs. Eddy rät dazu (vgl. Wissenschaft und Gesundheit 8:31), und die Bibel legt es uns ans Herz (vgl. 1. Kor. 11, 28; 2. Kor. 13, 5). Der aufrichtige Arbeiter in der Christlichen Wissenschaft wird es wohl der Mühe wert finden, sich gelegentlich zu fragen: Gebe ich oft genug eine Behandlung, ohne um etwas Besonderes zu bitten, ein Gebet, worin ich Gott nicht um etwas bitte und keine bestimmte Wohltat erwarte? Ein christlich-wissenschaftliches Gebet braucht nicht immer das Befreitwerden von einer Widerwärtigkeit oder einem widrigen Umstand oder Zustand als Endziel zu haben, sondern es kann sehr wohl das Bemühen sein, mehr von Gott in das Bewußtsein zu bringen, das schon etwas von Ihm weiß und mehr wissen möchte.

Das Gebet des Christlichen Wissenschafters sollte in der Regel kein Bittgebet sein, d.h. manche unserer Behandlungen sollten Dankbarkeit, Lob und Danksagung gegen Gott ausströmen, ohne um etwas zu bitten oder zu flehen. Oft ist im Augenblick nichts nötiger als eine Behandlung, bei der es sich nicht um etwas handelt, was wir zu erlangen wünschen. Wir brauchen nicht immer um seelische oder leibliche Besserung zu beten; aber unser Gebet ist nie verfehlt, wenn es das unausgesprochene Verlangen ist, im täglichen Leben mehr von jener Liebe zu besitzen und auszudrücken, die „das Lebenselement, das Herz und die Seele der Christlichen Wissenschaft” ist (Wissenschaft und Gesundheit, S. 113). Schon die bloße Gemeinschaft mit Gott bringt Segen. Stellen wir uns einen Augenblick vor, Gott wäre nur ein großer und guter Mensch: was für eine Erleichterung wäre es dann für Ihn, wenn solche, die Ihn gelegentlich besuchten, Ihn um keinen Gefallen bäten, keinen persönlichen Vorteil suchten, keinen Zweck für sich verfolgten und kein Vorhaben durchsetzen wollten!

Wir sollten zuweilen eine Behandlung beten, die von Gott nicht etwas erwartet, sondern Ihm etwas anbietet. Lassen wir unsere Behandlung von unserem „Sehnen, besser und heiliger zu werden”, durch das „Streben, sich dem göttlichen Charakter immer mehr anzugleichen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 4), zeugen! Lassen wir es von Dankbarkeit erfüllt sein, nicht nur dafür, daß Gott gibt, sondern auch dafür, daß Gott ist! Lassen wir es ein Maß von Lob und Dank enthalten, nicht allein für Segnungen, die wir und andere empfangen haben, sondern auch für die unerschöpfliche göttliche Güte und Gnade und Liebe, die zu allen Zeiten für alle Menschen bereit stehen. Das Gebet in der Christlichen Wissenschaft ist nicht nur ein Anklopfen, damit die Tür sich auftue, sondern es legt auch an der Schwelle des Himmels still die Früchte und die Blumen und die gereiften Ähren nieder, die wir im Felde der Liebe gesammelt haben.

Es braucht uns nicht mehr gesagt zu werden, daß jede wissenschaftlich gegebene christlich-wissenschaftliche Behandlung ein Gebet ist; aber wir dürfen wohl daran erinnert werden, daß das, was uns vielleicht als ein nicht erhörtes Gebet erscheint, oft irgendwo jemand Segnungen bringt, der vielleicht nie erfährt, woher sie kommen, aber ersehnt, was es bringt. Schon das bloße inbrünstige Beten bringt uns Gott näher, und alles, was uns Gott näher bringt, schließt etwas vom Himmel in sich. Selbst das scheinbar nicht erhörte Gebet trägt Frucht; denn es bietet uns Gelegenheit zu beweisen, daß wir uns den Verordnungen der göttlichen Liebe unterwerfen, uns der göttlichen Weisheit fügen und den Mahnungen des göttlichen Prinzips gehorchen. Übersehen wir nicht die ungeheure Wichtigkeit, uns „unserem Vater-Mutter-Gott, allharmonisch” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 16) zu unterwerfen, zu fügen und Ihm zu gehorchen!

Die Bibel heißt uns bitten, daß uns gegeben wird, suchen, daß wir finden (vgl. Matth. 7, 7); aber sie heißt uns auch dem Herrn lobsingen „für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut” (Ps. 107, 31). Wir sollten mindestens einmal am Tage darum beten, daß wir Gott besser erkennen und daß wir von der Kenntnis, die wir haben, besseren Gebrauch machen.

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