In dem Gleichnis von den zwei Häusern, das eine auf einen Felsen, das andere auf Sand gebaut, veranschaulichte Jesus die geistige Unveränderlichkeit und die materielle Veränderlichkeit. Metaphysisch versinnbildlicht der Fels die unveränderliche Wahrheit, Sand die wandelbaren Theorien über die Materie. Weil die Menschen allgemein das Materielle als den Schöpfer und Lenker des Lebens, der Gesundheit, der Intelligenz und sogar des Glückes ansehen, befinden sie sich der Annahme nach in einem Zustand der Zeitlichkeit anstatt der Fortdauer und bringen daher leicht beklagenswerte Veränderlichkeit und Widerwärtigkeit zum Ausdruck.
Im Laufe der Jahrhunderte hat man fleißig und ernstlich geforscht und viele Theorien über das Wesen der Substanz aufgestellt. Da sie sich aber alle nacheinander als unvollständig oder einander widersprechend erwiesen haben, kommen die Menschen gerade durch dieses Ausscheiden zu der Erkenntnis, daß „einen andern Grund niemand legen kann außer dem, der gelegt ist”. Dieser Grund ist der unzerstörbare Geist, und es leuchtet ein, daß die Substanz des Geistes unmöglich das Mittel für Sünde, Schmerz, Krankheit oder Tod sein kann. Diese Tatsache sollte alle beruhigen und heilen, die geglaubt haben, sie seien das Opfer eines vermeintlich durch die sogenannte Materie zum Ausdruck kommenden hartnäckigen Leidens.
Durch die in der Christlichen Wissenschaft erlangte rein geistige Anschauung vom Menschen und vom Weltall kann das aufgeklärte menschliche Bewußtsein den Anstürmen des Irrtums widerstehen, und dies wollte der Meister mit seinem Gleichnis von dem Hause, das „ein kluger Mann” auf einen Felsen baute, zweifellos zu verstehen geben. Selbst als „der Strom zum Hause zuriß, konnte er es nicht bewegen, denn es war auf den Fels gegründet”. Wenngleich eine Flut der Furcht oder anderer Versuchungen den göttlich Klugen bestürmen sollte, so weist er sie zurück. Das von den Lehren der Christlichen Wissenschaft ganz durchdrungene menschliche Bewußtsein kann nicht getäuscht oder erschüttert werden.
Im 6. Kapitel des Briefes an die Hebräer lesen wir von Gott, „daß sein Rat nicht wankte”, von „zwei Stücken, die nicht wanken”, von einem „starken Trost” und von „einem sichern und festen Anker unsrer Seele”. Daher sucht der Christliche Wissenschafter, für den der Geist die Quelle und die Bedingung alles Daseins und der einzige Gesetzgeber ist, in allen das Leben, die Intelligenz, die Gesundheit und die Tätigkeit betreffenden Fragen nicht Rat bei der Materie, bei dem Gehirn und den Muskeln, sondern bei der unwandelbaren Wahrheit. In dem Maße, wie sein Ohr die Äußerungen des göttlichen Gemüts vernimmt und sein Herz sie befolgt, wird er von Furcht frei.
Der Mensch, dessen Gesundheit und Charakter bisher anscheinend zeitweise versagt haben, sollte über das Gleichnis von den zwei Häusern nachdenken und seine Hoffnung und seinen Glauben nicht mehr im Sande der Persönlichkeit und Körperlichkeit, sondern in der Substanz des Geistes und geistiger Wesenseinheit verankern. Wer in der Stunde des Leides „starken Trost” braucht, kann ihn finden, wenn er sich in Gedanken von dem sterblichen Glauben an Tod und Verlust ab-und der Tatsache des ewigen Lebens und der unauflöslichen Einheit aller Ideen des göttlichen Gemüts zuwendet. Die wissenschaftliche Tatsache des ewigen Lebens und seiner Kundwerdung kann nicht umgekehrt oder aufgehoben werden. Der Glaube an Tod und Leid ist nur ein Teil des Nebels der Furcht und des Unglaubens, den Christus, die Wahrheit, für uns durchdringt, wenn wir nur den „starken Trost” des unbedingt wahren, unsterblichen Denkens entschlossen suchen.
Auf Seite 26 in „Nein und Ja” schreibt Mrs. Eddy: „Gott hält den Menschen in den ewigen Banden der Wissenschaft,—in der unveränderlichen Harmonie des göttlichen Gesetzes”. Da der Mensch in der Sicherheit des göttlichen Gesetzes und der Kraft der Wissenschaft geborgen ist, befindet er sich nicht in den Krallen irgend welchen Irrtums; denn die Freiheit des geistigen Menschen ist nichts anderes als die ewig zum Ausdruck kommende Freiheit Gottes, des unendlichen Gemüts.
Laßt uns also als Christliche Wissenschafter treu daran festhalten, daß wir hier und jetzt ewig mit dem geistigen Gesetz und der Wissenschaft verbunden sind! Hören wir vollständig auf, uns als fehlbar, als dem Triebsande sterblicher Veranlagung und sogenannter körperlicher Gesundheit und Freudigkeit unterworfen anzusehen! Durch die Christliche Wissenschaft verstehen wir, daß wir nicht vor die unmögliche Aufgabe gestellt werden, Böses in Gutes, Fleisch in Geist oder Sand in einen Felsen zu verwandeln. Wir haben nur das haltlose, triebsandartige sterbliche Denken aufzugeben, das unbeständig ist wie die Sanddünen, die je nach der herrschenden Windrichtung Form und Größe wechseln. Gottes Widerspiegelung ist so unveränderlich wie Gott selber, und wer dies erfaßt, weiß irrigen Einflüssen zu widerstehen. Das göttliche Gemüt hat den Menschen zu seinem Gleichnis geschaffen, und nichts hat dieses vollkommene Bild geändert oder entstellt.
Der Christliche Wissenschafter, der darauf bedacht ist, daß das göttliche Prinzip sein ganzes Denken, Wollen und Handeln gestalte und leite, kann so göttlich geführt und regiert werden wie Christus Jesus, als er den Sturm auf dem Meere stillte und „es ganz stille ward”. Wäre Jesus selber nicht ruhig geblieben, so hätte er nicht genügend Wahrheit widerspiegeln können, um den scheinbar um ihn tobenden Sturm zu stillen.
Die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft wird vom Sand der Zeit nicht berührt, und wer bei ihren Regeln verharrt und sich den Blick klar erhält, nimmt hier und jetzt an der göttlichen Unveränderlichkeit und Herrschaft teil. Sein Bewußtsein ist auf den Felsen gebaut.
