Jedermann — Kind, Mann oder Frau — hat das natürliche Verlangen zu geben; und wie man in der Christlichen Wissenschaft fortschreitet, nimmt dieses Verlangen zu und setzt sich ausdrücklich zum Hauptziel, den Mitmenschen Gutes zu geben. Der Neuling im Ergründen dieser Wissenschaft ist sich oft nicht recht klar und weiß nicht genau, in welcher Weise er geben soll. Rechtes Geben kann einem als ein Problem während des Übergangsstadiums erscheinen, in dem der falsche Glaube, daß nur materielle Gegenstände als Gaben zur Verfügung stehen, noch nicht durch das neue Verständnis, daß geistige Ideen die wirklichen und wertvollen Gaben sind, ersetzt ist. Petrus überbrückte dieses Übergangsstadium, als er zu dem Mann vor des Tempels Tür, die da heißt die schöne, sagte: „Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir”, und ihm etwas unberechenbar Köstliches gab: Heilung durch die Erkenntnis der Gegenwart und des Wirkens der geistigen Ideen, aus denen Gottes Mensch besteht. Auch wir können diesen ungewissen Zustand überbrücken und können, wenn wir auf rechte Art zu geben suchen, selbst wenn unsere Schritte zuweilen unsicher sind, unsern Vater ernstlich und anhaltend um Führung in dieser Angelegenheit bitten; und wir werden gewiß richtig geben lernen.
Warum habe ich ein so großes Verlangen zu geben? Was habe ich zu geben? Wie kann ich geben? Was wird mein Geben zur Folge haben? wird sich jeder Schüler bei anhaltendem Arbeiten und Beten fragen, wenn er das Gebot zu befolgen sucht: „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war”. Daß dieses Verlangen zu geben natürlich ist, sieht man leicht, wenn man versteht, daß Gott dem Menschen immer Gutes gibt, und daß der Mensch nicht nur das Verlangen sondern auch die Fähigkeit und die Kraft zu geben beständig widerspiegelt. Da der Mensch von Gott nicht getrennt werden kann, kann er auch von der Gelegenheit zu richtigem und reichlichem Geben nicht getrennt werden.
Was haben wir zu geben? Alles, was unser liebender Vater-Mutter-Gott Seinen Kindern gegeben hat, nämlich, die im göttlichen Gemüt eingeschlossenen geistigen Ideen. Wir haben Liebe zu geben; wir haben ermutigende Worte der Wahrheit, wir haben Weisheit, Hoffnung, Zuversicht, Milde, Glauben und Freundschaft zu geben. Wir können geben, wenn an Stelle von Selbstsucht und sterblichem Willen freudiger Gehorsam gegen die Absichten Gottes tritt. Ein solches Geben fördert stets „Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen”— einen Frieden, der die furchtsamen, zweifelnden, aufdringlichen Ansprüche des sterblichen Gemüts zum Schweigen bringt, die uns begrenzen und uns daran hindern möchten, von der göttlichen Liebe zu empfangen, damit wir etwas zu geben haben,— ein Wohlwollen, das den Willen Gottes im Bewußtsein des Gebers widerspiegelt und alle segnet, denen er gibt. Die aus geistigen Ideen bestehende Gabe Gottes ist die vollkommene Gabe, welche alle segnet, die sie annehmen, und die immerwährend heilt und errettet.
Eine Schülerin der Christlichen Wissenschaft, die liebevoll gemahnt worden war, daß sie ihre Kopfsteuer, ihren von unserer geliebten Führerin im Handbuch (Art. VIII, Abschn. 13) festgesetzten Beitrag zur Unterstützung Der Mutterkirche, schon mehrere Jahre nicht bezahlt hatte, empfand tiefes Bedauern bei dem Gedanken: Wie gern ich Der Mutterkirche und dem Verlagshausfonds und meiner Zweigkirche geben möchte; aber ich habe doch allem Anschein nach nichts zu geben. Als sie wieder über diese Frage nachdachte, kam ihr plötzlich zum Bewußtsein, daß etwas in ihrer Klage nicht echt klang. Sie fragte sich dann: Woran liegt es, daß ich nichts zu geben habe? Sofort kam ihr die Antwort: An einer falschen Vorstellung des sterblichen Gemüts, die ich in meinem Denken festhalte. Sie sah, daß sie die gottverliehene Fähigkeit hatte, diese Vorstellung aus ihrem Denken auszumerzen und dadurch zu verhindern, daß sich eine Begrenzung in ihrem Leben bekunden konnte. Es fielen ihr die Worte der Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 40) ein: „Entferne den Irrtum aus dem Gedanken, und er wird nicht in der Wirkung erscheinen”. Mit der Erkenntnis, daß sie geben konnte, kam ein großes Gefühl der Befreiung über sie.
Als sie zergliederte, was sie geben konnte, fand sie das Verlangen, zu geben, den Glauben, daß sie geben konnte, und den festen Vorsatz, nach einem höheren Verständnis der Fülle Gottes zu trachten, damit sie der christlich-wissenschaftlichen Bewegung freigebig geben konnte, und sie sah, daß dies geistige Ideen sind, die zum Fortschritt der Kirche beitragen können. Zu diesem Zergliedern kam noch der neue Entschluß hinzu, jede Erscheinungsform wahrer Unterstützung in Bezug auf Kirchenarbeit eingehend zu erforschen. Da sie schon fleißig die Versammlungen besuchte und Mitglied von Komitees war, beschloß sie, nichts unversucht zu lassen, was zu rechter Unterstützung beiträgt. Sie begann damit, daß sie bei Einkäufen die Anzeigen im Monitor berücksichtigte, die kleinen Zettel abgab und Karten ausfüllte, die den Inserenten bewiesen, daß ihr Zusammenarbeiten mit dem Monitor Frucht getragen hatte. Dies erwies sich als einfacher und leichter Schritt in der Kirchenunterstützung, den sie jedoch seither achtlos vernachlässigt hatte. Durch diese und andere Unterstützungstätigkeit und durch ihr Ergründen der Wissenschaft gestaltete sich der Gedanke: „Ich kann geben” zu einem Lobund Danklied.
In kurzer Zeit erhielt diese Schülerin unerwartet eine Summe Geldes; und da es für vieles in der Familie anscheinend notwendig gebraucht wurde, kam die Versuchung, zuerst eine Zeitlang zu warten, ehe sie der Kirche davon gab. Dieser Irrtum war so sinnlos anmaßend, daß die Versuchung nur einen Augenblick dauerte. Die Kopfsteuer für Die Mutterkirche wurde bezahlt, und das Vertrauen, das in dem Gesang: „Ich kann geben” zum Ausdruck kam, war gerechtfertigt. Bis zum Ende jenes Monats konnte die Schülerin dem Verlagshausfonds und ihrer Zweigkirche sechsmal mehr geben als sie in den zehn Jahren ihrer Kirchenmitgliedschaft in einer gleich langen Zeit gegeben hatte.
„Gott gibt dir Seine geistigen Ideen, und diese wiederum geben dir, was du täglich brauchst”, schreibt Mrs. Eddy auf Seite 307 in „Miscellaneous Writings”. Da Gott uns Seine geistigen Ideen unaufhörlich gibt, haben wir durch Widerspiegelung unbedingt etwas zu geben. Und je mehr wir uns diese Ideen aneignen lernen, desto mehr haben wir zu geben. Kein Anspruch des sterblichen Gemüts kann das reiche Ausgießen dieser Ideen zum Wohl und Segen der Menschen begrenzen, verzögern oder aufhalten. Weltweite Geschäftsstockung, Geschäftsflauheit an irgend einem Orte, Begrenzung und Verlust, Mutlosigkeit und Mangel sind durchweg Erzeugnisse des fleischlichen Sinnes, daher bloße Trugvorstellungen, die keinen Schöpfer haben. Das Gemüt, der einzige Schöpfer, bringt nichts Derartiges hervor. Das Gemüt erzeugt oder gibt Ideen, die immer aufbauend und freudig, unzerstörbar, immer gegenwärtig, unbegrenzt sind. Wie das Geben Gottes keine Grenze und kein Ende hat, so hat auch des Menschen widergespiegeltes Geben keine Grenze und kein Ende. Je mehr wir auf Grund unseres Verständnisses dieser Wahrheit geben, desto weiter wird unser Blick und desto größer unsere Fähigkeit, zu geben.
Unser Wegweiser Christus Jesus gab seinen Nachfolgern ein hohes Beispiel im Geben. Uneingeschränkt teilte er sein Verständnis mit, das Himmelreich auf Erden aufzurichten. Und unsere Führerin Mary Baker Eddy, die in des Meisters Fußtapfen wandelte, gab reichlich, damit die Menschen eine bestimmte Regel zur Erlösung und Harmonie haben. Gott hat verordnet, daß ihr Werk weitergeführt werde. Zu diesem Zweck geben wahre Nachfolger unseres Meisters und unserer Führerin beständig von dem unermeßlichen Vorrat ihrer Segnungen. Ernstes Sichbefassen mit ihrem Leben und ihren Werken zeigt uns, wie aus unserem strauchelnden Verlangen zu geben ein Loblied werden kann, das zum Segen in der zuversichtlichen, freudigen Erkenntnis erschallt: Wir können geben!
