Wie oft ist man schon beim Wandern durch eine herrliche Landschaft an einem Sommertage durch eine von Ausflüglern hinterlassene Unordnung gestört und verletzt worden! Oft liegen nicht nur abgerissene Zweige und verwelkte Blumen, sondern auch andere Gegenstände umher, die am rechten Platze nützlich und angebracht waren, aber am unrechten Platze, wo sie die Schönheit und Unberührtheit der Natur beeinträchtigen, anstößig sind.
Diese Unordentlichkeit ist gesetzlos; denn „Ordnung” im weiteren Sinne ist einer Begriffsbestimmung gemäß der „richtige und passende Zustand” und die „Übereinstimmung mit dem Gesetz”; und die Wörter „Gesetz und Ordnung”, die heute als einander ergänzend gebraucht werden, beschreiben einen in einem Lande oder einer Gemeinde durch allgemeine Zustimmung rechtmäßig behaupteten Zustand, dessen Wert die Menschen so sehr anerkennen, daß das Gesetz durch die zuständige Behörde durchgeführt und seine Übertretung bestraft wird. Die Erkenntnis, daß diese Eigenschaften im Gemeindeleben die Leistungsfähigkeit und den Erfolg fördern, zeigt sich darin, daß die neuzeitliche Ausstattung des Geschäftsbüros, des Ladens, der Schule und der Wohnung zu größerer Sparsamkeit, Genauigkeit, Pünktlichkeit und Ordnung beiträgt.
Und welche Rolle spielt der einzelne beim Fördern dieser Übereinstimmung mit dem Gesetz”? Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, erklärt auf Seite 402 ihres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Die Wissenschaft kann nicht beides hervorbringen, Unordnung und Ordnung”. Die Christlichen Wissenschafter haben besonders die Pflicht, zu beweisen, daß diese Erklärung praktisch ist, indem sie nicht nur in jenen Fällen größerer Unordnung wie Krankheit, Sünde, Leid und Armut, sondern auch bei den geringeren Aufgaben des täglichen Lebens, die ihre Führerin auf Seite 204 in „Miscellaneous Writings” „die kleinen Einzelheiten menschlicher Angelegenheiten” nennt, die Heilung der Christlichen Wissenschaft bringen.
Im täglichen Verkehr mit unseren Mitmenschen, wo wir unvermeidlich aufeinander angewiesen sind, kann das Üben von Pünktlichkeit, Ordnung und Genauigkeit als Rücksicht gegen andere und ihre Vernachlässigung als Mangel an Rücksicht und daher als Selbstsucht zusammengefaßt werden. Gewohnheitsmäßiges Nichteinhalten von Verabredungen und Nichtbezahlen von Schulden, ungenaues und irrführendes Berichten über Begebenheiten, Hervorrufen und Hinterlassen von Unordnung im Zimmer, im Büro, an öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf öffentlichen Plätzen,— diese und andere Irrtümer haben unmittelbar und mittelbar Verschwendung, Unbehagen und Reibung zur Folge.
Was etwas unbestimmt oder irrtümlich als künstlerische Veranlagung bezeichnet wird, findet keine Grundlage in der Christlichen Wissenschaft, die fordert, daß das Handeln das natürliche Ergebnis klaren, geordneten und wissenschaftlichen Denkens ist. Dieses klare und wissenschaftliche Denken kann nicht nur bei den größeren Aufgaben des Lebens, sondern auch bei den geringeren sehr gut in die Tat umgesetzt werden. Ist es nicht eine Art Denkträgheit, die eine rechte Eigenschaft in der einen Richtung anwenden und in der andern vernachlässigen möchte?
Es können sich die Fragen erheben: Ist Unordnung unbedingt ein Fehler? Macht zu starkes Betonen rechter Eigenschaften einen Menschen nicht steif oder langweilig? Die Antwort kann nur lauten, daß es ein Irrtum des vernunftoder einsichtslosen fleischlichen Sinnes ist, sich von etwas beherrschen zu lassen, während jene Eigenschaften, die durch Erkenntnis ihres göttlichen Ursprungs ein Teil des Bewußtseins geworden sind, natürlich und unwillkürlich zum Ausdruck kommen.
Unser großer Wegweiser Christus Jesus brachte immer Gesetz und Ordnung zum Ausdruck. Er zögerte bei seinem heilenden Wirken nie, auf menschlichem Stolz, auf Unwissenheit oder Aberglauben beruhende sogenannte Gesetze beiseite zu setzen; ihn regierte bei seinem Handeln das wahre Gesetz, das Gesetz Gottes, das göttliche Prinzip. Ließ Jesus seine Freunde oder die Welt jemals im Stiche? Daß er den Jünger die Münze zur Bezahlung einer Tempelsteuer im Maul des Fisches finden hieß, war ein Beispiel dafür, daß er dem menschlichen und Sittengesetz entsprach. Mit dem Wahrnehmen eines Bedürfnisses oder einer Verpflichtung erkannte er gleichzeitig die Mittel zu ihrer Befriedigung. War seine Anwesenheit nötig, so war er anwesend, um den Sturm zu stillen, die Kranken zu heilen, die Toten aufzuwecken — zweifellos ein Beweis ordnungsmäßigen und pünktlichen Gehorsams gegen geistige Führung, die ihm infolge seines unerschütterlichen und aufgeklärten Festhaltens am Prinzip möglich war. Und aus der Geschichte von der Speisung der Fünftausend im Evangelium des Markus können wir außer der größeren Lehre von Gottes Reichtum und dessen Verfügbarkeit für die Menschen ersehen, daß Jesus in dem geordneten „tischweisen” Lagern des Volkes —„sie setzten sich nach Schichten, je hundert und hundert, fünfzig und fünfzig”— und in dem geordneten Sammeln der übrigen Brocken auch den geringfügigeren Seiten des Gesetzes gerecht wurde.
Alle, die ein Verständnis des göttlichen Prinzips erlangen, das Jesu Denken und Handeln regierte, können in gewissem Grade seinem Beispiel folgen. Mrs. Eddy setzte sich und ihren Nachfolgern einen hohen Maßstab in diesen Fragen. In ihrem Heim herrschte Pünktlichkeit und Ordnung; und der Christliche Wissenschafter, der Heilarbeit tut, wird sich nie durch Gleichgültigkeit oder Ungehorsam dazu bewegen lassen, das göttliche Gebot: „Darum sollt ihr vollkommen sein” zu mißachten, oder versäumen, diese Eigenschaften zu pflegen und auszudrücken. Er beachtet sie peinlich genau, weil sie das Ergebnis seines klareren Denkens und seines Einsseins mit Gott, dem göttlichen, unendlichen Gemüt sind, von dem alles wahre Gesetz und alle wahre Ordnung kommt.
