Wir hören oft jemand mit Bezug auf eine Tätigkeit, an der er sich beteiligen möchte, bemerken: „Das möchte ich auch tun können”. Die Erfahrung dürfte lehren, daß dieser Wunsch selten in tatsächlichem Sichbeteiligen an der erwähnten Tätigkeit Gestalt annimmt. Der Grund dafür liegt nahe: bei vielen ist der Wunsch nur passiv, nicht aktiv. Passiv kann ein Wunsch genannt werden, der einem einfach durch den Sinn geht, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, oder den zum Ausdruck zu bringen man sich nicht bemüht. Ein aktiver Wunsch dagegen ist ein Wunsch, dem man in dem Bemühen, das gewünschte Ergebnis zu erlangen, Ausdruck verleiht. Es kann z. B. jemand den sehnlichen Wunsch hegen, ein guter Musiker zu werden, und diesen lobenswerten Wunsch mit Worten zum Ausdruck bringen. Solange er sich aber nicht der Mühe unterzieht, bei einem Musiklehrer Unterricht zu nehmen, die angesetzten Stunden gewissenhaft zu üben und durch das nötige Opfer an Zeit und Mühe den Wunsch zu verwirklichen, ist es ein passiver Wunsch. Erst wenn er die Bedingungen erfüllt, ist es ein wahrhaft aktiver Wunsch, und er kann mit Recht günstige Ergebnisse erwarten.
Wir hören zuweilen Äußerungen wie: „Wenn ich doch mehr von der Christlichen Wissenschaft wüßte”, oder: „Wenn ich nur ein besseres Verständnis der Wahrheit hätte”. Das sind rein passive Wünsche, wenn man die in der Christlichen Wissenschaft gelehrte Wahrheit nicht gründlich zu verstehen trachtet.
Unsere Führerin Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, beantwortet auf Seite 495 ihres Hauptwerks „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” die Frage: „Wie kann ich am schnellsten im Verständnis der Christlichen Wissenschaft vorwärts kommen?” Sie schreibt u. a.: „Studiere den Buchstaben gründlich, und nimm den Geist in dich auf”. Dies bedingt einen aktiven Wunsch auf seiten des Schülers. Der Buchstabe muß gründlich studiert werden; aber das genügt nicht: der Geist der Christlichen Wissenschaft muß erlangt werden. In sich aufnehmen heißt sich aneignen. Wir müssen uns den Geist dieser Lehren aneignen, damit wir unser Verständnis im täglichen Leben anwenden können. Wie können wir „den Geist in uns aufnehmen”? Unsere Führerin schreibt auf Seite 113 dieses Lehrbuchs: „Das Lebenselement, das Herz und die Seele der Christlichen Wissenschaft ist Liebe. Ohne sie ist der Buchstabe nichts als der tote Körper der Wissenschaft — ohne Pulsschlag, kalt, leblos”. Wir alle können täglich mehr Liebe zum Ausdruck bringen: unseren Angehörigen ein freundliches Wort geben; alle, denen wir begegnen, freundlich grüßen; den Notleidenden helfen. Unzählige Gelegenheiten, Liebe zum Ausdruck zu bringen, bieten sich, wenn wir darauf achten.
Manchmal zögert einer, der sich schon seit Jahren mit der Christlichen Wissenschaft befaßt hat, sich um die Kirchenmitgliedschaft zu bewerben. Er mag den passiven Wunsch hegen, seinen Teil beizutragen; wenn er diesen Wunsch aber nicht in die Tat umsetzt, übernimmt er seine volle Pflicht als Christlicher Wissenschafter nicht und beraubt sich dadurch vieler Segnungen, die ihm als Folge dieses Schritts zufallen würden. In solchem Falle sollte er sich über die Bedingungen der Kirchenmitgliedschaft unterrichten und dann zusehen, daß er sich auf diese wichtige Tätigkeit vorbereitet. Mitgliedschaft in Der Mutterkirche ist höchst wichtig; und wer auf der Hut ist, läßt sich durch keinen Aufschub davon abhalten, sich dem anzuschließen, was die christlich-wissenschaftliche Bewegung in einem Einheitsband zusammenhält.
Der Wunsch, in der Mittwochabendversammlung ein Zeugnis zu geben, sollte in die Tat umgesetzt werden. Wer noch nie ein Zeugnis gegeben hat, oder sich anscheinend durch Furchtsamkeit vom Sprechen abhalten läßt, kann wissen, daß „Gott uns nicht den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht gegeben hat”. Das Zeugnis braucht nicht lang zu sein. Eine einfache Erklärung, daß durch Anwendung der Christlichen Wissenschaft eine Krankheit überwunden oder ein Problem gelöst worden ist und ein Ausdruck des Dankes für die Heilung ist ein guter Anfang im Zeugnisgeben und macht aus einem passiven einen aktiven Wunsch.
Der Wunsch, eine Gewohnheit wie z. B. den Tabakgenuß zu überwinden, muß von aufrichtigem Ernst begleitet sein, wenn der Wunsch in die Tat umgesetzt und im Überwinden des Fehlers wirksam werden soll. Man darf nicht den Fehler machen zu glauben, daß man aus Furcht, man könnte beim Überwinden eines solchen Lasters menschliche Willenskraft anwenden, warten solle, bis die Gewohnheit von einem abfalle. Unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 393): „Erhebe dich in der Stärke des Geistes, um allem zu widerstehen, was dem Guten unähnlich ist”. Beim Überwinden jeder schlechten oder sündigen Gewohnheit müssen wir uns „in der Stärke des Geistes erheben” und der Versuchung widerstehen, zu glauben, daß sie wirklichen Genuß gewähre, oder daß wir nicht die geistige Kraft haben, den Fehler zu überwinden. Durch die Kraft, die eine Kenntnis der Wahrheit verleiht, können wir das irrige Gefühl der Schwachheit überwinden und den Sieg gewinnen.
Der Wunsch, unseren Geldverpflichtungen unseren Mitmenschen gegenüber nachzukommen, muß in die Tat umgesetzt werden. Armut, Mangel und Schulden dürfen nicht geduldet sondern müssen überwunden werden. Das Verständnis der Wahrheit macht bessere Menschen aus uns. Wir müssen sehr umsichtig sein und aktive Schritte tun, um unseren Geldverpflichtungen nachzukommen. Besonders in diesem Falle erzeugt Tätigkeit neue Tätigkeit. Es ist eine erprobte Wahrheit, daß man geben muß, ehe man empfangen kann. Erfüllen wir unsere Verpflichtungen pünktlich, so finden wir, daß unsere Versorgung nicht absondern zunimmt. Dies hat sich in vielen Fällen in der Erfahrung derer als wahr erwiesen, die es sich haben eine Lehre sein lassen.
Eine junge Christliche Wissenschafterin wollte gern zum Baufonds ihrer Zweigkirche beitragen, verfügte aber am Tage der Sammlung nur über einen verhältnismäßig kleinen Betrag. Trotzdem gab sie freudig, was sie hatte, und blieb sich bewußt, daß der Christlichen Wissenschaft dienen sie nicht arm machen konnte. Da sie schon verstehen gelernt hatte, daß Versorgung unendlich ist, war sie nicht überrascht, als sie am Montagmorgen von ganz unerwarteter Seite durch die Post einen Scheck über einen Betrag erhielt, der ein Mehrfaches von dem war, was sie zum Baufonds beigesteuert hatte.
In Zeiten der Not sind schon viele Menschen scheinbar ohne eigenes Verschulden arbeitslos geworden. In solcher Lage ist es besonders notwendig, daß man sein Verlangen nach Arbeit im vollsten und höchsten Sinne des Wortes betätigt. Das Gesetz Gottes ist das Gesetz ununterbrochener, schöpferischer, sich lohnender, freudiger und nützlicher Tätigkeit für alle Seine Ideen. Der Mensch ist die höchste Idee Gottes, und seine beständige Tätigkeit besteht darin, daß er Gott zum Ausdruck bringt. Daher ist es unmöglich, daß irgend ein Ausdruck Gottes ohne rechte Beschäftigung ist. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns in allem unserem Tun geduldig auf Gottes Führung warten. Geduld ist kein stoisches Sichschicken in schlimme Lagen, im Gegenteil, sie ist in Wirklichkeit das beharrliche Erwarten des Guten. Wenn wir also auf das unendliche Gemüt warten, nur Gutes erwarten und Gott auf rechte Art zu verstehen suchen, entfaltet uns die göttliche Intelligenz beim Ausarbeiten des Problems jeden erforderlichen menschlichen Schritt. Wir müssen jedoch umsichtig sein und beim unverzüglichen Unternehmen dieser menschlichen Schritte einsichtsvoll handeln. Dann zeigt sich unser rechter Arbeitsplatz, unsere rechte Tätigkeit, und wir werden in einen Wirkungskreis geführt, wo wir Gott am besten zum Ausdruck bringen können.
In jeder Lage, unter allen Umständen, erleben wir also, wenn wir rechte Wünsche nicht bloß hegen, sondern in die Tat umsetzen, wenn wir jeden menschlichen Schritt, wie er sich im Bewußtsein entfaltet, unverzüglich unternehmen, die Erfüllung unseres täglichen Gebets: „Dein Reich komme”.
 
    
