Eine nach Glück sich sehnende Welt! So allgemein ist das Verlangen nach Glück, daß überall, wohin wir blicken mögen, jedermann danach zu jagen scheint.
Das unveräußerliche Recht jedes Menschen, das Glück zu suchen und zu erlangen, anerkennend, muß man angesichts all des Kummers, der Entbehrung und des Elends in der Welt zu dem Schluß kommen, daß viele nicht wissen, was wirkliches Glück ist, und es daher nicht in der rechten Richtung suchen. Dieses Mißlingen, sich Glück und seine wohltätigen Wirkungen zu sichern, ist in den meisten Fällen die Folge des falschen Eindrucks, daß das Glück von der Erwerbung äußerlicher Dinge oder von einem die materiellen Sinne befriedigenden Zusammentreffen von Umständen, ferner von Witterungs- oder Ortsverhältnissen oder menschlichen Beziehungen abhänge. Aber ein wenig auf Beobachtung und Erfahrung gestütztes Nachdenken überzeugt einen, daß das Glück ein Gemütszustand ist und nicht von materiellen Umständen abhängt.
Dasselbe kann von Kummer gesagt werden, der im Wesen, in Bekundung und Wirkung das Gegenteil des Glücks ist. Während sich Kummer in Elend und Glück in Glückseligkeit bekunden können, sind beide am Körper und in unserer Umgebung ausgeprägte mentale Zustände. Es besteht jedoch der durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft klargemachte große Unterschied, daß wahres Glück eine Eigenschaft des göttlichen Gemüts ist, während Kummer durch einen Sinn des Verlustes, des Mißgeschicks oder der Enttäuschung im menschlichen Gemüt entsteht. Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 57): „Glück ist geistig, aus Wahrheit und Liebe geboren”. Kummer dagegen hat nie einen geistigen Ursprung gehabt; er ist nur ein der Wahrheit und der Liebe unbekannter verfinsterter Sinn. Das Glück, ein Ausfluß des Geistes, ist immer tätig, während Kummer eine vorübergehende Trugvorstellung, eine Wolke ist, die vergeht, wenn das Sonnenlicht der göttlichen Liebe des Lebens wahre Werte und die unausbleibliche Freude geistigen Lebens und Gesegnetseins enthüllt.
Wegen seines geistigen Ursprungs und seiner geistigen Art ist das Glück nicht in materiellen Erwerbungen zu finden. „Das Reich Gottes ist inwendig in euch”, sagte Jesus; ebenso ist das Glück in unserem eigenen Bewußtsein zu vergegenwärtigen und zu beweisen.
Eine Christliche Wissenschafterin hatte einmal einen Geldverlust und das Hinscheiden eines Angehörigen zu beklagen. Nichts schien ihren verfinsterten Sinn zu befriedigen. Sie erklärte beharrlich, daß Gott immer gegewärtig und allmächtig ist; aber den ersehnten inneren Frieden fand sie nicht. Dann hörte sie auf, ihre Erklärungen zu wiederholen, und richtete die einfachen Fragen an sich: Glaubst du, daß Gott, das Gute, immer gegenwärtig ist? Weißt du wirklich, daß Böses, Kummer und Verlust keinen Raum in Gottes Reich haben? Da sie diese Fragen nicht bejahen konnte, erkannte sie, daß sie in ihrem Denken weit entfernt war vom Himmelreich, von Harmonie und vom Glück; und sie begann ihr Denken in Ordnung zu bringen. Die materiellen Sinne wandten ein, daß Ungerechtigkeit sehr wirklich und mächtig scheine. Anstatt aber diesen Einflüsterungen zuzustimmen, wandte sie sich dem geistigen Sinn zu und suchte Gott, das unendliche göttliche Bewußtsein. So lernte sie erkennen, daß wir in unserem wirklichen Selbst hier und jetzt im Himmelreich, im Reich des göttlichen Gemüts, leben und unser Wesen haben. Nun war in ihrem Denken ein klareres Verständnis der Tatsache geweckt, daß „Glück geistig ist, aus Wahrheit und Liebe geboren”, und daß Leid und Verlust weder Raum noch Macht im Reich der Liebe haben.
Warum scheinen dann die Menschen traurig, freundlos, hoffnungslos, krank und dem Tode verfallen zu sein? Wegen des falschen Begriffs vom Menschen als einer Vermischung von Materie und Geist, Bösem und Gutem. Der anerzogene Glaube, daß der Mensch materiell sei, und daß sterbliche Gesetze sein Dasein beherrschen, ist die Ursache alles Kummers, ob dieser durch Verlust, Trennung, schlechten Geschäftsgang, Selbstsucht oder irgend eine der zahllosen Einflüsterungen des sterblichen Gemüts verursacht ist. Nur durch Festhalten am geistigen Schauen, an der klaren Erkenntnis der Vollkommenheit des Menschen kann man Herrschaft über einen falschen Sinn des Daseins erlangen und durch die Kraft geistigen Verständnisses Glück finden.
Christus Jesus war wissenschaftlich glücklich. Jesaja nennt den Messias „einen Mann der Leiden und mit Kummer vertraut” (engl. Bibel); aber Christus Jesus bekundete trotz Verfolgung einen tiefen Sinn des Glücks und Wohlergehens im Kreise seiner Jünger. Seine Mission schloß in sich, den Sterblichen zu zeigen, daß der Christus nicht durch Trübsinn oder Leid irgend welcher Art beherrscht oder gefesselt werden kann. Dies tat er dadurch, daß er die Unwirklichkeit der Materie bewies und Sünde, Krankheit und den Tod überwand. Jesus sagte, als einmal „ein Gichtbrüchiger” zu ihm gebracht wurde: „Sei getrost, mein Sohn; deine Sünden sind dir vergeben”, wodurch er ihn heilte und allen Beteiligten Harmonie, Fröhlichkeit und Freude brachte.
Jesu Glück entsprach seinem geistigen Verständnis und fand nicht in geräuschvollen Freuden Ausdruck, sondern durch Gebet, Lobpreisung und stille Heilungen. Als er einmal Martha und Maria in Trauer wegen des Todes ihres Bruders antraf, rief er Lazarus aus dem Grabe hervor und gab ihn den Seinigen zurück, wobei er zuerst Gott dankte, daß Er sein Gebet erhört hatte. So zerstörte die wunderbare Wahrheit den falschen Sinn des Leids und des Todes. Die Dankbarkeit, die Jesus für die seine Lehren begleitenden Heilungen ausdrückte, ließ die geistige Art seines Glücks erkennen; denn ein inneres Glücksgefühl begleitet immer Dankbarkeit.
Durch einen falschen Sinn des Glücks geblendet, glauben heute viele in der Welt das Glück durch müßige Bestrebungen, durch Umgehung des Gesetzes, durch unehrliches Leben oder dadurch zu suchen und zu finden, daß sie auf die Einflüsterung hören, irgend eine Phase des Glücks sei durch Schädigung eines Mitmenschen zu erlangen. Dieses vergebliche Folgern ist auf den materiellen Sinn gegründet und bekundet sich in Mißklang. Die materiellen Sinne täuschen und sind nicht ermächtigt, die Menschheit zu regieren. Die Menschheit sollte aufhören, im sterblichen Gemüt Frieden zu suchen. Dauernde Harmonie und Freude weilen im geistigen Reich des göttlichen Gemüts. Freiheit von den bösen Annahmen des sterblichen Gemüts und dem sie begleitenden Unfrieden und Kummer kann erlangt werden durch das Verständnis und die Anwendung „der wissenschaftlichen Erklärung des Seins” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468): „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie. Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung, denn Gott ist Alles-in-allem. Geist ist unsterbliche Wahrheit; Materie ist sterblicher Irrtum. Geist ist das Wirkliche und Ewige; Materie ist das Unwirkliche und Zeitliche. Geist ist Gott, und der Mensch ist Sein Bild und Gleichnis. Folglich ist der Mensch nicht materiell; er ist geistig”. Die Christliche Wissenschaft erleuchtet das Denken mit dem geistigen Verständnis Gottes und des Menschen. Wenn die wahre Idee im Bewußtsein aufgerichtet ist, weichen die Träume des Leids den Freuden des Glaubens und des Verständnisses.
Was hat es zu sagen, wenn die Wolken der Materialität auch finster und düster scheinen! Der Glaube an den, der alle Macht hat zu führen, und der uns liebt, wird die Sinneswolken entfernen. Unruhe mag sehr wirklich scheinen, und köstliche Dinge mögen uns anscheinend entrissen werden; aber wir brauchen weder Furcht noch Kummer zu hegen, weil Gott über Seine Kinder wacht, und „Gott ist nicht ein Mensch, daß er lüge”.
Vielleicht tritt Versuchung an uns heran; aber wir können den Irrtum immer rügen, wie Christus Jesus es tat, als er sagte: „Hebe dich, Satan, von mir”. Und wie die Engel Jesus dienten, werden sie auch uns dienen. Wenn Irrtum versucht, die Hoffnung zu trüben, sollten wir aufrichtiger vertrauen und Glauben haben, daß Seine Liebe stützt und ermutigt.
Für den, der das Glück sucht, schrieb Mrs. Eddy die ermutigenden Worte (Miscellaneous Writings, S. 155): „Alle Macht und alles Glück sind geistig und gehen aus Güte hervor”. Und sie fährt fort: „Sei gewissenhaft, sei tapfer im Kampf des Christen, während du demütig weiterdringst, so wird Friede deine Freude krönen”.
