Das Gebot: „Schweig und verstumme!” an jeden Irrtum, sei er persönlich oder gemeinsam, national oder international, kann nur der mit Ermächtigung äußern, der die Ruhe geistiger Stärke in seinem Bewußtsein erlangt hat. Er weiß, daß seine einzige Verantwortung darin besteht, dafür zu sorgen, daß Friede in seinem eigenen Denken als Ergebnis seines Vertrauens in die Oberhoheit des Gemüts herrscht.
Als die Nichtsheit des Bösen Mary Baker Eddy geoffenbart wurde, sah sie, daß die Scheinmacht, die in der ganzen menschlichen Geschichte das allmächtige Gute oft herausgefordert und oft stärker als dieses geschienen hatte, nur eine Nachahmung der Stärke ist. In der Beschreibung ihrer Entdeckung der Unwirklichkeit des Bösen erklärt sie (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 110): „Die Gleichgeltung Gottes brachte einen andern herrlichen Satz ans Licht, nämlich des Menschen Vervollkommnungsfähigkeit und die Aufrichtung des Himmelreichs auf Erden”. Von jenem Augenblick an sah sie, daß für diejenigen, die willens sind, die Wissenschaft Christi anzunehmen und ihren Vorschriften zu gehorchen, der Scheinkampf zwischen zwei Mächten—Gut und Böse—die sich immerdar befehden, sich verringern wird, bis er schließlich aufhört. Die geistig Erleuchteten werden erkennen, daß nur eine Quelle und Vollmacht, nämlich Gott, alle Macht besitzt.
Dies war von denen, die mit Gott in Gemeinschaft standen, durch das ganze Alte Testament hindurch geäußert und oft bewiesen worden. Dies hatte Jesus gepredigt und durch seine Versicherung der Fürsorge des Vaters für Seinen Sprößling und durch Zerstörung aller Erscheinungsformen des Bösen gelebt. Der Friede, den Jesus in das Leben zahlloser Menschen brachte, lag in seinem Bewußtsein der Oberhoheit des geistigen Gesetzes, das keine Niederlage und keine Verzögerung kennt.
„Wenn er Frieden gibt, wer will verdammen?” fragte Elihu mit der erhabenen Folgerichtigkeit geistiger Gesinnung. Ja, wer will verdammen? Die Frage, die jeder an sich richten muß, ist, ob die Ruhe, nach der er trachtet, die Verleihung des Gemüts ist. Wenn dies der Fall ist, wird er sie in dem Frieden finden, den der Meister der Menschheit aus seiner tiefen Erkenntnis und Erfahrung und als Beweis seiner selbstlosen Liebe brachte. Dies ist die auf die „Gleichgeltung Gottes” gegründete Ruhe, die durch die Drohung und das Unheil menschlicher Ereignisse nicht gestört wird. Ein so erstrebter und bewahrter Friede bringt Vertrauen und Gleichgewicht in jeder Erfahrung, ob klein oder groß, mit sich. Dieses wahre Verständnis der Macht bekundet sich „mit so festgegründetem Gleichmut, daß keine flüchtige Äußerung oder zufällige Störung es beunruhigen oder aufregen kann”, wie unsere Führerin schreibt (Miscellaneous Writings, S. 224).
Der Gleichmut des Christlichen Wissenschafters geht nicht aus menschlichem Optimismus oder bloßer Selbstbeherrschung hervor. Er ist nicht das Ergebnis von Unwissenheit oder Gleichgültigkeit. Er ist wie Jesu Gleichmut nie von Erbarmen und Dienstbereitschaft getrennt. Er ist aus der Überzeugung geboren, daß jeder in dem Maße seines Gehorsams gegen Christi Vorbild die Macht hat, die, wie der Meister erklärte, ihm im Himmel und auf Erden gegeben war. Nur durch solches geistiges Wissen wird Ruhe vor jeder Störung in die Herzen der Menschen einkehren.
In „An Allegory” (Miscellaneous Writings, S. 323) beschreibt Mrs. Eddy, wie „ein Fremder” seine Erlösungs- und Heilungsmission von dem Gipfel der Allheit Gottes aus antritt und wegen seines erhabenen Gleichmuts, seines Bewußtseins des allgegenwärtigen Seins, weder Unruhe noch Schrecken kennt. Mag die Anmaßung des Bösen zuweilen auch noch so grimmig und furchtbar scheinen, seine Ruhe bleibt ungestört. „Giftige Schlangen verbergen sich zwischen den Steinen, Raubtiere lauern auf dem Wege, Wölfe in Schafskleidern sind bereit zu verschlingen. Aber der Fremde tritt ihren geheimen und offenen Angriffen mit gelassener Zuversicht entgegen und meistert sie”. Sein Recht zu dieser gelassenen Zuversicht ist in der in der göttlichen Wissenschaft enthüllten Tatsache zu finden, daß das Böse machtlos ist, ihm zu schaden oder ihn zu verstricken. Da alle Macht Gott gehört, gibt es niemand, mit dem Macht geteilt werden kann.
Der Christliche Wissenschafter erkennt demütig, daß er erst begonnen hat, diese große und unüberwindliche Wahrheit, dieses Recht auf ewige Ruhe, diesen persönlichen und endgültigen Besitz des Himmelreichs, das uns zu geben des Vaters Wohlgefallen ist, zu erfassen. So zeugt er, vorwärtsgehend, in immer zunehmendem Maße für die Entfaltung der Allheit Gottes in seinem eigenen Leben, wodurch er weiß, daß er den Erlösungsweg gefunden hat.
Das unerschütterliche Vertrauen auf den Christus, das Jesus bekundete, war der Beweis des Himmelreichs in ihm—ein von Umständen oder Veranlagung unabhängiger, geistig verliehener Gleichmut, der jedem, der ihn recht beansprucht, gehört und allen, die ihn sehen, Ermutigung bringt.
Für den Christlichen Wissenschafter ist daher die von Elihu an Hiob gerichtete Frage: „Wenn er Frieden gibt, wer will verdammen?” zur vollen Befriedigung beantwortet.
