„Der unsterbliche Mensch war und ist Gottes Bild oder Idee, ja, der unendliche Ausdruck des unendlichen Gemüts; und der unsterbliche Mensch besteht zugleich mit diesem Gemüt und ist gleich ewig mit ihm” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 336). Dies ist eine der vielen Erklärungen in Mary Baker Eddys veröffentlichten Schriften, die behaupten, daß der Mensch, das Bild, die Widerspiegelung oder die Idee Gottes, ewig mit Gott zusammenbesteht und Ihn, seinen göttlichen Ursprung oder sein göttliches Prinzip, ewig ausdrückt. Wenn wir diese göttliche Tatsache individuell bejahen und darüber nachdenken und immer unbeirrter von diesem Gesichtspunkte aus blicken, werden wir uns in entsprechendem Verhältnis falscher Annahmen und menschlicher Begrenzungen mit den sie begleitenden Übeln weniger bewußt werden. Warum wir gegenwärtig wenig von der Gegenwart, der Macht und der Herrschaft des Guten auszudrücken scheinen, rührt daher, daß wir die göttliche Wirklichkeit, die wir zuweilen erblickt haben, in unserem Denken nicht festgehalten haben.
Viel von dem, was wir menschliche Erfahrung nennen, möchte uns versuchen, den geistigen Standpunkt aufzugeben und vom persönlichen Sinn aus zu blicken, über Erscheinungen des sterblichen Gemüts—gerade das Gegenteil dessen, was geistig und wissenschaftlich wahr ist—nachzudenken und zu reden. Ja, ohne das überzeugende Beispiel unseres Wegweisers Christus Jesus könnten wir glauben, daß es nicht menschenmöglich sei, den geistigen Gesichtspunkt, den wir durch die Erkenntnis gewonnen haben, daß der Mensch mit seinem Schöpfer zusammenbesteht und Ihn widerspiegelt, auch nur einigermaßen zu behaupten. Das sterbliche Gemüt flüstert, daß es unpraktisch und nutzlos wäre, selbst wenn es möglich wäre.
Des Meisters ganze Laufbahn war ein erfolgreicher Beweis seiner und daher unserer Fähigkeit, diese Wahrheiten im Bewußtsein festzuhalten und sie menschlich auszudrücken. Er sagte mit Bezug auf den Christus: „Ich und der Vater sind eins”, und: „Ehe denn Abraham ward, bin ich”. Er wußte, daß der Christus, die geistige Idee Gottes, d.h. sein wahres Ich, immer mit dem Vater bestanden und Ihn widergespiegelt hatte. Sein unübertroffener Erfolg im Beweisen der Gegenwart und der Macht Gottes durch das Heilen von Krankheit aller Art und das Überwinden der Sünde und des Todes bewies, daß er diesen geistigen Gesichtspunkt unbeirrt behauptete. Mrs. Eddy schreibt in „Miscellaneous Writings” (S. 189): „Des demütigen Nazareners unerschütterliches und wahres Wissen des Vorbestehens, der Art und der Unzertrennlichkeit Gottes und des Menschen—machte ihn mächtig”. Jesus verstand, daß das Vorbestehen das ewige Zusammenbestehen des Menschen mit Gott, seinem göttlichen Prinzip, ist.
Wollen wir wie der Meister geistige Macht beweisen, so muß uns seine Demut kennzeichnen, was wir erreichen, wenn wir täglich und stündlich seinem Beispiel der Selbstaufopferung folgen, indem wir den Materialismus des persönlichen Selbst immer mehr verwerfen und überwinden. Wegen seiner Geistigkeit, seines Freiseins vom Materialismus und von Selbstsucht, freute er sich, den Kranken Gesundheit, den Blinden das Gesicht, den Tauben das Gehör zu bringen und in mehreren Fällen die Toten zum Leben zu erwecken. Er kannte die unveränderlichen Eigenschaften Gottes, die der wirkliche Mensch wegen seines Einsseins mit seinem göttlichen Ursprung und seiner Unzertrennlichkeit davon immerdar ausdrückt. Jesu Heilungen waren vollkommen und augenblicklich, weil er an dieser geistigen Tatsache festhielt, die damit verbundene göttliche Kraft fühlte und es ablehnte, auf die Ebene menschlichen Glaubens hinabzusteigen und sich mit dem Irrtum auseinanderzusetzen. Wie oft wir versucht sind, mit dem Irrtum auf seiner eigenen Grundlage zu verhandeln, ihn zu zergliedern, als ob er eine Wirklichkeit wäre, uns ihm zu fügen, als ob wir uns ihm fügen müßten! So verzögern wir die Heilung. Wir müssen uns klar über den Irrtum erheben und ihn als nichts sehen, wenn wir seine falsche Anmaßung, etwas zu sein, überwinden wollen. Weil sich Nehemia beim Wiederaufbau der Mauern Jerusalems standhaft weigerte, den geistigen Standpunkt, die göttliche Quelle des Handelns und der Leistungsfähigkeit, aufzugeben, erfüllte er die ihm anvertraute heilige Aufgabe. Das sterbliche Gemüt versuchte ihn unter der Maske von Feind und Freund, durch Spott, Furcht und menschliches Begründen; aber er durchschaute jede List des Irrtums und behauptete seinen Standpunkt, indem er sagte: „Ich habe ein großes Geschäft auszurichten, ich kann nicht hinabkommen”.
Die Erkenntnis des Einsseins des Menschen mit Gott, dem Guten, ist grundlegend für das wissenschaftliche Überwinden jeder Erscheinungsform des Irrtums und der Begrenzung und ist für geistiges Wachstum unbedingt notwendig. Das Einssein Gottes und des Menschen, des Prinzips und der Idee, der Seele und des Leibs ist ewig und wird nicht durch die Trugvorstellung eines materiellen Ursprungs oder eines sterblichen Daseins beeinflußt. Diese muß als Lüge und nicht als die Wahrheit des Seins des Menschen gesehen werden. Der Glaube, daß der Mensch das Erzeugnis menschlicher Geburt, der Vererbung, materieller Entwicklung und gesammelter sterblicher Erfahrung sei, daß er der Reife und dem Verfall, der mit dem Tode endigt, unterworfen sei, ist grundlos und sollte gewissenhaft verneint werden. Das Bild und Gleichnis Gottes, des Geistes, wurde nie von der Materie geboren, besteht nicht in ihr und kann nicht aus ihr heraus sterben. Der Mensch besteht „von Ewigkeit zu Ewigkeit” zusammen mit dem Leben, mit Gott. Mit dem Verständnis dieser unbedingten Wahrheit und dem Anerkennen, daß das sogenannte sterbliche Dasein nur eine Sage—der im 1. Buch Mose erwähnte „Nebel, der von der Erde aufging”—ist, können wir wie unser Wegweiser allen falschen Anmaßungen und Übeln des Fleisches entgegentreten und sie meistern. Uns unseres Einsseins mit Gott, dem Guten, bewußt sein, heißt mit den Kennzeichen des unendlichen Geistes, des ewigen Lebens, der unumstößlichen Wahrheit, der göttlichen Liebe bewußt eins sein und sie ausdrücken. Gesundheit, Unversehrtheit, Reinheit, Harmonie, Freude, Stärke, Herrschaft, Freiheit, Liebe, Selbstlosigkeit, Nützlichkeit, sündlose Glückseligkeit, Stetigkeit usw. sind ewige Eigenschaften des Lebens, Gottes. Der Mensch ist nicht von der Materie oder materiellen Zuständen abhängig. Er ist eins mit der unbegrenzbaren Quelle des Guten; denn er besteht zusammen mit dem Leben. Ja der Mensch, der Sohn, ist des Vaters unfehlbares Mittel, Sein unendliches göttliches Selbst auszudrücken. „Ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr”.
Der Mensch besteht zusammen mit dem göttlichen Prinzip, der Liebe, die keine Furcht kennt. Furcht ist immer die Folge des falschen Glaubens, daß des Menschen Sein materiell und körperlich statt geistig mental sei. Sie ist das Ergebnis der allgemeinen falschen Annahme eines materiellen Leibs und eines sterblichen Gemüts, eines „in Sünde empfangenen und in Missetat geborenen” Daseins. Das Heilmittel für Furcht und ihre unerfreulichen Folgen liegt in dem Verständnis, daß der wirkliche Mensch Gottes Idee, unkörperlich und geistig ist, daß er keine materiellen Organe und Teile, sondern geistige, vollkommene Ideen, die unzerstörbar und ewig sind, in sich schließt. Gottes Mensch besteht zusammen mit dem Geist, d.h. er besteht nicht mit der Materie und ihren trügerischen Zuständen zusammen, besteht nicht in ihnen und wird sich ihrer nicht bewußt. Die Vergegenwärtigung des Einsseins des Menschen mit seinem göttlichen Ursprung schließt die Erkenntnis in sich, daß er als ein Kind Gottes vollkommen ist. Diese unbedingten Tatsachen wissen und beharrlich daran festhalten, ist praktisch; denn die Folge ist Heilung—das Verschwinden der als Sünde, Krankheit, Begrenzung und Tod verkörperten bösen Annahmen der Sterblichen. Es ist wissenschaftlich; denn unsere Führerin schreibt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 242): „Wenn du nicht vollständig wahrnimmst, daß du das Kind Gottes, daher vollkommen bist, hast du kein Prinzip zu beweisen und keine Regel für seinen Beweis”.
Der Mensch besteht zusammen mit dem Gemüt, der ewigen Wahrheit. Viele klagen über Mangel an Schulbildung oder was sie als begrenzte Gelegenheit zu einer Entwicklung ansehen, die sie als befriedigende und nützliche menschliche Erfahrung für notwendig halten. Und doch kann dieser Mangel unsern Fortschritt oder unsere Nützlichkeit nicht hindern. Das klare und beständige Wissen, daß der Mensch mit dem einen unendlichen Gemüt zusammenbesteht und es widerspiegelt, befreit wahrhafter von der Finsternis der Unwissenheit und des Irrtums als die intensivste akademische Ausbildung ohne geistige Erleuchtung. Zweifellos haben dies viele Christliche Wissenschafter in gewissem Maße bewiesen. Der Vorteil der Schulbildung ist nicht zu unterschätzen. Doch sollte gesehen werden, daß der Glaube, daß man wegen Mangels daran an geistigem Vollbringen und nützlicher Leistung beschränkt sei, zu überwinden ist. Denn ein solcher Glaube läßt die Tatsache der Allwissenheit, der Allgegenwart und der Allmacht des göttlichen Gemüts, Gottes, außer acht. Da die Wahrheit selber der eine Lehrer ist, muß das menschliche Herz horchen und gehorchen, um wahrhaft gebildet zu werden. Persönliche Überhebung horcht immer auf ihre eigenen Gedanken, prahlt und bettelt abwechslungsweise und verneint die herrliche Tatsache, daß der Mensch tatsächlich jetzt und immerdar die vollständige und vollkommene Vertretung des unendlichen Gemüts, der ewigen Wahrheit, ist. Das oft wiederholte: „Ich weiß nicht, was ich denken oder sagen oder tun soll,” sollte sofort durch die Erkenntnis der Allgegenwart des Gemüts und seiner ununterbrochenen Kundwerdung berichtigt werden. Während wahre Demut die Begrenzungen körperlicher Persönlichkeit und bloßer menschlicher Verstandeskraft aufdeckt, anerkennt sie dankbar des Menschen reiche Begabung und Fähigkeit, als der Ausdruck des Gemüts oder der Wahrheit intelligent zu denken und zu handeln.
Der Mensch besteht zusammen mit der Seele und spiegelt unfehlbar Freude und geistige Glückseligkeit wider. „Solches rede ich zu euch, auf daß meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde”, sagte Jesus, der am meisten angefeindete und mißhandelte Mensch. Fühlt man sich unglücklich, bemitleidet man sich selber, glaubt man, man werde nicht geliebt oder man liebe nicht, so ist dies ein sicheres Zeichen, daß man vom Standpunkte des persönlichen Sinnes anstatt der Seele aus denkt und fühlt. Ein geänderter Gesichtspunkt ist nötiger als geänderte materielle Zustände. Ja, es kann das allein Notwendige zur Aufrichtung von Harmonie und Glück sein. Wenn der persönliche, selbstüberhebliche Sinn des Selbst zum Schweigen gebracht ist und man sein unauflösliches geistiges Einssein mit der göttlichen Liebe demütig und dankbar anerkennt, wird man sich geliebt fühlen, wird man lieben, glücklich und befriedigt sein und gewiß wissen, daß das Gesetz der Liebe immer wirkt und überall, wo es nötig ist, zu menschlicher Berichtigung anwendbar ist.
Dieses Thema vom Zusammenbestehen und ewigen Sein des Menschen mit Gott, das unsere Führerin durchweg in ihren Schriften betont, ist von unendlicher Bedeutung und praktischer Anwendbarkeit; und im Lichte dieser ewigen Tatsache betrachtet, ist kein Problem unlösbar. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns unser wahres Selbst finden und so von der falschen Anmaßung der Sterblichkeit frei werden. Unsere Führerin schreibt (Miscellaneons Writings, S. 47): „Die Wissenschaft kehrt den Augenschein des materiellen Sinnes um durch den geistigen Sinn, daß Gott, der Geist, die einzige Substanz ist, und daß der Mensch, Gottes Bild und Gleichnis, geistig, nicht materiell ist. Diese große Wahrheit zerstört des Menschen Wesenseinheit—mit seiner Unsterblichkeit und seinem Vorbestehen oder seinem geistigen Zusammenbestehen mit seinem Schöpfer—nicht, sondern bestätigt sie”.
