Die Christlichen Wissenschafter verstehen, daß Gesetz in seiner wirklichen Bedeutung der Ausdruck Gottes, des Prinzips, ist. Es tut die Art Gottes kund und ist daher nicht bloß etwas, was in und auf Substanz wirkt, sondern ist selber der Ausdruck der Substanz—augenscheinliche Substanz. Es tut den Willen und die Art Gottes kund. In Wirklichkeit gibt es nichts anderes, was Gesetz genannt werden kann.
Was in der menschlichen Erfahrung gewöhnlich Gesetze genannt werden—Wirtschaftsgesetze, Gesetze der Materie, von menschlichen Regierungen erlassene Gesetze usw.— sind falsche Annahmen über Gesetz, die nur im sterblichen Gemüt vorhanden sind. Sie stellen einen begrenzten und entstellten Sinn des Gesetzes dar, der manchmal besser als zu anderen Zeiten, aber immer unrichtig ist, weil er mehr oder weniger die Wirklichkeit der Materie annimmt.
Es ist hilfreich, darüber nachzudenken, wie sich solche sogenannten Gesetze vom wirklichen Gesetz unterscheiden. Vor allem werden sie nicht immer ausgeführt. Dies trifft besonders bei vielen Gesetzen in den Gesetzbüchern zu. Hieraus ist klar ersichtlich, daß der menschliche Wille oft nicht die Kraft hat, sich durchzusetzen. Aber der göttliche Wille ist immer eins mit der unendlichen Macht und immer in voller Kraft. Menschliche Gesetze, besonders die von gesetzgebenden Körperschaften erlassenen, können weise oder unweise sein, während das göttliche Gesetz immer göttliche Weisheit ausdrückt. Menschliche oder materielle Gesetze können auch entweder wohltätig oder nachteilig sein. Ja, dasselbe materielle Gesetz oder Gesetzprogramm kann zu einer Zeit hilfreich und zu einer andern zerstörend sein. Die sogenannten Gesetze, die Feuer erzeugen, können z. B. ein Haus an einem Tage behaglich erwärmen und an einem andern Tage niederbrennen. Aber das Gesetz Gottes ist „dasselbe gestern und heute und auch in Ewigkeit” und ist immer wohltätig. Es ist für jedes Geschöpf, jede Idee Gottes, unveränderlich ein Gesetz vollkommener Gesundheit, Harmonie, Vollständigkeit, Freude und Liebe.
Nun ist die Ausübung der Christlichen Wissenschaft die Anwendung oder das Beweisen des göttlichen Gesetzes, und diejenigen, die mit diesem Beweisen vertraut sind, sind darüber einig, daß nichts anderes eine so hohe Beachtung verdient. Es rechtfertigt voll und ganz die Versicherung des Psalmisten: „Die Befehle des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz”. In einer christlich-wissenschaftlichen Behandlung wird das wirkliche Gesetz anerkannt, und der falsche Sinn des Gesetzes, welcher Art dieses auch scheinen mag, wird dadurch vernichtet. Das Verfahren und seine Ergebnisse sind die bestimmtesten und gewissesten, die die Menschen kennen. Im Vergleich damit sind alle sogenannten menschlichen Gesetze, selbst diejenigen, die am zuverlässigsten scheinen—wie das Gesetz der Schwerkraft—unbestimmt und ungewiß, weil sie durch geistiges Verständnis in ihren Wirkungen geändert und sogar ganz aufgehoben werden können. Christus Jesus tat dies mit dem Gesetz der Schwerkraft, als er auf dem Wasser ging. Aber die Aufhebung des menschlichen Gesetzes und seiner vermeintlichen Wirkungen durch das göttliche Gesetz, wenn dieses durch die Christliche Wissenschaft anerkannt und verwirklicht wird, ist im höchsten Grade gewiß. Es kennt keine Ausnahme. Die falsche Annahme weicht unfehlbar dem wahren Verständnis.
Daher sagen die Christlichen Wissenschafter manchmal—und es ist eine offensichtlich richtige und dienliche Form der Erklärung—daß durch Vergegenwärtigung der Wahrheit das göttliche Gesetz für die Annahme gewissermaßen ein Gesetz, ein unfehlbar wirksames Gesetz wird. Nehmen wir einen bestimmten Fall. Angenommen, es leide einer an einem Geschwür, und er habe einen Christlichen Wissenschafter um Hilfe gebeten. Der Wissenschafter ist natürlich nicht im Zweifel darüber, daß das Gesetz des Gemüts oder Gottes für seine geistige Idee, den Menschen, vollständig in Kraft gesetzt ist; daß der wirkliche Mensch in diesem wie in jedem andern Falle das Gemüt vollkommen ausdrückt. Aber der Wissenschafter kann auch ebenso gewiß wissen, daß durch seine Vergegenwärtigung der Wahrheit das Gesetz des Gemüts für seine Idee ein völlig wirksames Gesetz für die Annahme über die Idee wird und die Wahrheit ans Licht bringt. Etwas physisch auf das Geschwür Einwirkendes könnte, wie oft bewiesen worden ist, nicht wirksamer, ja nicht so wirksam sein. Die Vergegenwärtigung der Wahrheit löst die Erscheinungen der falschen Annahme unfehlbar auf und beseitigt sie. Und wenn dieses Ergebnis nicht eintritt, liegt es einfach daran, daß die Vergegenwärtigung noch nicht vollständig ist. Es ist immer noch eine versteckte Furcht, ein mehr oder weniger geheimer Glaube an die Materialität vorhanden, der einen stillen Vorbehalt bildet. Der Ausüber oder der Patient oder vielleicht beide müssen in ihrer Arbeit höhergehen und den Vorbehalt vernichten. Und die Wissenschaft zeigt, daß sie dies können.
Der Christliche Wissenschafter kann ebenso zuversichtlich auch an jedem unharmonischen Zustand arbeiten. Ist seine Arbeit bestimmt und wird sie recht getan, so kann man sich auf die Ergebnisse verlassen. So kann die Wahrheit von denen nutzbar gemacht werden, die Gottes Gesetz gehorchen, das die Neigung jedes satzungsgemäßen oder andern sogenannten Gesetzes, zu verletzen, tilgt.
Ein Christlicher Wissenschafter ist ein guter Bürger des Landes, in dem er lebt. Er befolgt die Landesgesetze. Aber in Übereinstimmung mit der Lehre Christi Jesu findet er, daß er „dem Kaiser geben” kann, „was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist”. Und er findet auch, daß er durch Festhalten an dem göttlichen Gesetz, dem Gesetz der Weisheit und der Liebe, unfehlbar sich, sein Land und alle in Betracht Kommenden segnet.
Mary Baker Eddy schreibt von Jesus, den die Christlichen Wissenschafter als den Wegweiser anerkennen (Unity of Good, S. 11): „Er forderte eine Veränderung des Bewußtseins und des Augenscheins und bewirkte diese Veränderung durch die höheren Gesetze Gottes”.
