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Die Fortdauer der Seele

Aus der Mai 1943-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Gewöhnlich denkt man sich den Menschen als teils aus Zeitlichem, teils aus Dauerndem zusammengesetzt. Der dauernde Teil wird Seele, der zeitliche Körper genannt. Die herrschende Meinung ist, daß die Seele im Augenblick der Auflösung in unerklärlicher Weise entrinnt und weiterlebt, während der verlassene Körper der Zersetzung verfällt. Der allgemeine Glaube ist in dem bekannten Vers im Prediger Salomo dichterisch ausgedrückt:

Denn der Staub muß wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist,
Und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.

Tatsache ist, daß der Mensch nur aus der Seele oder dem Geist besteht. In seine Zusammensetzung dringt nichts Materielles oder Sterbliches ein. Denn „die Seele ist die Substanz, das Leben und die Intelligenz des Menschen, welche individualisiert ist, aber nicht in der Materie ist. Die Seele kann nichts widerspiegeln, was geringer ist als der Geist. Der Mensch ist der Ausdruck der Seele”, bemerkt Mary Baker Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 477).

In einem seiner erhabenen Augenblicke rief der Psalmist aus: „Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar”. Er erklärte sozusagen: „Ich werde in der Erkenntnis des ungefesselten, furchtlosen, von der Sterblichkeit unbefleckten Daseins leben”. Wie kann man diese höchste Vollendung erreichen? Indem man materielles Denken aufgibt und das Geistige und Ewige einströmen läßt. Diese Stimmung ist der Weg, den die Christlichen Wissenschafter als den „Weg vom Sinn zur Seele” kennen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 566). Wir werden daran erinnert, daß der Ausdruck Seele in der täglichen Unterhaltung gleichbedeutend ist mit Sinn; aber Mrs. Eddy hat das Wort aus diesem Tiefstande gerettet und es in die sieben mit Gott sinnverwandten Ausdrücke eingereiht, wohin es wissenschaftlich gehört.

In der Christlichen Wissenschaft finden wir daher Geist, Leben, Liebe, Gemüt, Seele vertauschbar als Namen für Gott gebraucht. Gemüt und Seele werden sofort als nah verwandt erkannt; denn Intelligenz ist eine Haupteigenschaft beider. Die Wohltätigkeiten der Liebe—Mitgefühl, Zärtlichkeit, Anmut—herrschen in der Seele vor. Sie sind die äußeren Kundwerdungen ihrer inneren Harmonie.

Das Gemüt mag auf den ersten Blick nur als Verstand, als scharfsinnig und gefühllos scheinen. Aber es zeigt sich, daß das Gemüt, völliger wertgeschätzt, auch seelische Eigenschaften besitzt. In der Tat erweist sich jeder der sinnverwandten Ausdrücke, genau bewertet, als angemessener Name für das Höchste Wesen, obgleich es dem oberflächlichen Beobachter scheinen mag, daß jeder nur einen verschiedenen Anblick der Gottheit darbiete. Tatsächlich schließt jeder alle Merkmale der anderen in sich.

Der Ausdruck Bewußtsein ist in neuerer Zeit immer mehr als gleichbedeutend mit Seele in Gebrauch gekommen. Immer mehr wird erkannt, daß der einzelne nicht eine Körperlichkeit, nicht einmal die Verbindung einer Körperlichkeit mit einer Mentalität ist, sondern daß er ein Bewußtsein ist. Denn der einzelne, wie wir ihn auf der Straße sehen, kann nicht eine Zweiheit, Seele und Leib, sein. Er ist eins, und dieses Eine ist Seele oder ein einzelnes menschliches Bewußtsein. Er ist keine Mischung von Gemüt und Materie; er ist in seinem ganzen Bestand mental. Was Körper genannt wird, ist der Teil des Bewußtseins, den der materielle Sinn erkennt; der Teil, den man sozusagen mit der Hand anfassen kann. Die inneren Verwicklungen des Denkens entziehen sich dem Bereich der Berührung und des Gesichts.

Hier verschwindet jedes Geheimnis vom christlich-wissenschaftlichen Heilen. Der einzelne ist Bewußtsein bis in die verborgensten Winkel seines Seins—er ist mental, nicht körperlich. Kläre sein Denken, und die Heimsuchungen Krankheit und Sterblichkeit werden vertrieben. Sie können keine Tatsächlichkeit im Menschen haben, der ein Einzelausdruck des unvergänglichen Lebens ist. Unsere ganze Zusammensetzung, selbst wenn man den einen Teil als Körper und den andern als Seele bezeichnet, wird durch die Erkenntnis dieser unanfechtbaren Wahrheit erneuert.

Dem Anschein nach ist der einzelne eine Mischung von Materiellem und Immateriellem, von Sterblichkeit und Unsterblichkeit. Weist er aber das Materielle und Sterbliche zurück und weilt im Geistigen und Unsterblichen, so treten Krankheit und Alter zurück, während Gesundheit und Langlebigkeit zum Vorschein kommen. Dies ist die Aufgabe, die sich jeder stellen sollte. Dies ist der Weg der Erlösung. Hierdurch wird die Körperlichkeit mit ihren Begrenzungen von der Unkörperlichkeit mit ihrer Grenzenlosigkeit verschlungen. Hierdurch enthüllt sich die Seele im einzelnen in ihrem ganzen Reichtum, ihrer ganzen Herrlichkeit und Fortdauer. Die Verheißung wird erfüllt: „Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein”.

Die Dinge der Seele mögen dem, der gewohnt ist, die vermeintlich sicheren, festen Dinge der Materie zu handhaben, zuerst unfaßbar scheinen. Wenn es aber auch schwierig ist, sie zu erklären, können sie unmöglich verneint werden. An Zahl sind sie wie der Sand am Meer. Im Einklang sind sie die Substanz des Menschen. Hervorragend unter ihnen sind Zuneigung, Schönheit, Treue, Freigebigkeit, Scharfsinn, Bewußtsein, Redlichkeit. Redlichkeit! Kann es eine Zeit oder einen Ort geben, wo sie nicht gegenwärtig ist? Von Ewigkeit zu Ewigkeit dauert Redlichkeit in einer Gestalt fort, die dem geweckten Blick greifbarer ist als ein Felsblock am Wege dem verfinsterten materiellen Sinn. So verhält es sich mit allen Eigenschaften der Seele. Keine kann ihre Wesenseinheit verlieren oder aufgeben. Keine kann gefährdet oder ausgerottet werden. Und wie sie sind, wenn einzeln betrachtet, so müssen sie sein, wenn sie im Menschen recht zusammengefügt sind.

Für den Menschen gibt es also keine Hindernisse des Verständnisses oder der Bewegung, keine Wagnisse, keine Hemmungen des fortdauernden Seins. Weder Krankheit noch Unfall noch Kriegsgefahren können ihn finden. Im Reiche des unbegrenzten Lebens leben die Menschen endlos immer weiter: jeder behält seine Eigenart bei, jeder ist von den anderen erkennbar und unterscheidbar; jeder ist nach der Kraft der unauslöschlichen Seele gemacht.

Anfang und Ende bezeichnen nicht die Grenzen des individuellen Daseins. Man kann die Anfänge des kleinsten Dings in der Welt nicht zu seinem Ursprung zurückverfolgen. Man kann sein Ende nicht vorhersehen. Sogar die wirbelnde Schneeflocke, so vergänglich und wesenlos sie scheint, war vorher etwas anderes und wird nachher etwas anderes sein. Lautlos wie ein Gedanke fällt sie auf die Erde zu einem unbesiegbaren Zweck. Wer kann dann nicht glauben, daß er vorher existiert hat—ein geistiger Unsterblicher? Daß er dies in Wirklichkeit jetzt ist und weiterhin sein wird? Daß er zu einem unbesiegbaren Zweck ins Dasein gekommen ist?

Wenn einer unserem Gesichtskreis entschwindet, hört er nicht auf zu sein. Indem er in der Gestalt, an die wir gewöhnt sind, unsichtbar wird, nimmt er eine Gestalt an, die unsere mangelhaften Sinne nicht wahrnehmen können. Er entdeckt, daß das Unglück, das ihn zu überfallen schien, gespenstisch war, und daß er nicht überfallen oder vertilgt wurde. Er lebt in einem freieren und schöneren Dasein, als er es vorher gekannt hat, weiter. Niemand kann nach einer Erfahrung noch derselbe sein wie vorher.

Anläßlich des Hinscheidens eines ihrer Schüler bestand Mrs. Eddy darauf, daß „der Christliche Wissenschafter, der glaubt, er sterbe, den reichen Segen, daß der Glaube an den Tod aufhört, und eine höhere Erkenntnis des Himmels gewinnt”. Nach dem Hinscheiden ihres Herausgebers hielt sie aufrecht: „Er ist heute weiser, gesünder und glücklicher als gestern”. Nach dem Hinscheiden des Präsidenten McKinley versicherte sie Mrs. McKinley, daß er „aus dem Erdenschatten in die Substanz des Lebens hinübergeschritten” sei (Miscellany, S. 297, 296, 290).

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