„Wenn Er mit uns ist, ist der Platz am Wege ein Heiligtum und die Wüste eine Ruhestätte voll lebendiger Zeugen der Tatsache, daß ‚Gott die Liebe ist‘” (Miscellaneous Writings, S. 150). Mit diesen ermutigenden Worten spricht Mary Baker Eddy von Gott, der allumfassenden Liebe, die allen zu Gebote steht. Ferner schreibt sie mit Bezug auf Christus Jesus (Rückblick und Einblick, S. 91): „Wenn er bei ihnen war, wurde ein Fischerboot zum Heiligtum, und die Einöde war voll heiliger Botschaften vom Allvater”.
Am Wege, in einem Fischerboot, überall, wo die müde, furchtsame, leidende Menschheit den unendlich liebenden, unendlich weisen Gott findet, ist das Heiligtum. Überall, wo das Christusheilen das menschliche Bewußtsein erreicht, irriges Denken zerstört und des Menschen Gottessohnschaft ans Licht bringt, ist Heiligtum. Heiligtum bedeutet Sicherheit, Schutz, Frieden. Das Heiligtum, das die Verwirklichung der Gegenwart Gottes ist, bedeutet Heilung, Freude, Freiheit, Fülle des Guten.
Als Mose die Kinder Israel durch die Wüste führte, wurde die Stiftshütte gebaut, die ihnen Gottes Wohnung darstellte. Im Mittelalter suchten die Unterdrückten, die Flüchtlinge, schuldige oder unschuldige, die Erschreckten Zuflucht in den Mauern einer Kirche. Diese Zuflucht war als Heiligtum bekannt. Sie stand allen offen und galt als unverletzlich. Aber sie war vorübergehend und manchmal der Verletzung unterworfen. Kein materielles Gebäude, selbst wenn es einen Begriff von der Wohnung Gottes darstellt, kann heute so wenig wie damals wirkliche Freistatt gewähren.
Heute bedürfen viele der Zuflucht, wahrer Zuflucht, die kein den Menschen verborgenes Heiligtum, kein wesenloser Bau menschlicher Annahmen ist. Dieses Heiligtum, in dem die Menschen Sicherheit vor Furcht, Armut, Schmerzen und Sünde suchen und finden können, steht immer allen offen. Es ist nicht von den Menschen, sondern von dem Glauben an das Böse abgesondert. Es trennt einen nicht von Gott, sondern von allem, was Gott unähnlich ist.
Es scheint sehr einfach zu sagen, daß wir durch die Erkenntnis der Gegenwart Gottes von jeder erschreckenden Furcht frei werden können. Ja, es scheint so einfach, daß jemand, der an einem solchen Zustand leidet, ausrufen mag, daß es nicht wahr sein könne. Trotzdem ist es zu allen Zeiten wahr gewesen und ist heute wahr. In Gottes Gegenwart ist „Freude die Fülle”. Kein Unrecht gibt es dort, kein Leiden, keinen Mangel an etwas Gutem.
„Am Wege!” Daß muß bedeuten: überall, wo wir sind. Wir brauchen uns nicht von etwas zu entfernen oder uns etwas zu nähern. Unsere Hilfe ist, wo wir sind. Wenn wir Schmerzen haben, ist Heilung zur Hand. Wenn wir Strafe für Sünde erleiden, können wir Vergebung und vollständige Freiheit haben. Wir brauchen keine harmonischere Umgebung, kein gesünderes Klima zu suchen. Wir brauchen nicht vergeblich nach Sicherheit in Bankguthaben, nach einträglichen Stellungen oder nach dem Mitleid unserer Freunde zu suchen. Wir brauchen nicht von einer gewissen Arznei oder einer Person abhängig zu sein, wenn wir der Heilung bedürfen. Wir brauchen nur zu wissen, daß Gott überall, wo wir sein mögen, gegenwärtig ist, und daß Er alles Gute und die Allmacht ist. Es gibt keinen Menschen außer dem Menschen, den Gott kennt und liebt. Denn Gott ist allwissend und alliebend. Sicher bedeutet dies, daß wir „am Wege” den Sonnenschein Seiner Gegenwart fühlen können, bis wir sehen, daß alle Wirklichkeit schön und der Weg vollkommen ist, wenn wir Gott in der Wärme und dem Licht der Dankbarkeit, der Freude und der Selbstlosigkeit widerspiegeln.
„Ein Fischerboot wurde zum Heiligtum” für diejenigen, die auf Jesu Worte horchten und die Gegenwart des Christus erkannten, den er bekundete. Wir können bei allem, was wir tun mögen, dadurch gesegnet werden, daß wir die Gegenwart des Christus, der Wahrheit, erkennen. Unsere Arbeit mag unbedeutend oder lästig scheinen. Wir mögen der Eintönigkeit und öder Umgebung überdrüssig sein. Wir mögen an Krankheit, Alter oder Verzweiflung zu leiden scheinen. Aber wieviele Wunder vollbrachte Jesus unter Zuständen, die schwierig schienen! Er sprach das Wort der Wahrheit in Gleichnissen, die die Menschen damals verstanden und heute verstehen können. Er heilte viele. Er stillte den Sturm. Er überwand die Grenzen der Zeit und der Entfernung. Er bewies die Wahrheit gegenwärtiger Fülle. Was können wir nicht alles durch den Christus, die Wahrheit, vollbringen, gleichviel wie bescheiden unsere Arbeit zu sein scheint! Jesus war sich jederzeit des Christus, seiner Unzertrennlichkeit von Gott, bewußt. Wir brauchen nur unsere vollkommene Gottessohnschaft zu erkennen, um unser „Fischerboot zum Heiligtum” zu machen und Heilung für uns und andere zu verwirklichen.
Wie dieser Heiligtumsfriede verwirklicht werden kann, hat unsere Führerin klar gemacht. Das aufrichtige Verlangen, Gott zu erkennen, und die Willigkeit, Furcht und Zweifel zum Schweigen zu bringen und falsches Vertrauen zu verneinen, sind nötig, die Tür des Heiligtums zu öffnen. Dies alles vollbringen wir durch Gebet, wie es in der Christlichen Wissenschaft verstanden wird.
Im wahren Gebet erkennen wir, daß falsches Denken, falscher Glaube kein wirkliches Dasein hat. Kann man im wahren Bewußtsein Haß, Neid oder ein Verlangen zu schaden finden? Gibt es einen Grund zur Selbstsucht oder Unehrlichkeit? Ist ungerechtes Denken ein Teil des wahren Selbst? Nein; in Wirklichkeit existiert es nicht.
Sind Schmerzen oder Leiden wirklich? Sind sie in der unintelligenten Materie? Sind sie im geistigen Bewußtsein? Unmöglich! Sie existieren nur in einem falschen mentalen Zustand, der kein Teil des wahren Selbst ist, und verschwinden, wenn sie als unwahr erkannt werden.
Unser eigenes Problem kann uns wirklicher scheinen als das Problem unseres Nächsten. Einer mag Armut fürchten, ein anderer Sünde, noch ein anderer Krankheit, Betrübnis oder Verlassenheit. Der falsche Sinn der Sünde, des Schmerzes oder des Mangels kann in jedem Falle überwunden werden durch Gebet, das selbstlose Bemühen, unser wahres Sein als den vollkommenen Ausdruck Gottes, des immergegenwärtigen Guten, zu verwirklichen. In Seiner Gegenwart finden wir Heilung, Ruhe und Frieden und erkennen die Nichtsheit aller falschen Befürchtungen und falschen Annahmen, die uns verfolgen und vernichten möchten.
Wie freudig man erkennt, daß man nichts anderes als die Wahrheit, die Gott ist, und Seine unendlich gute Schöpfung einschließlich aller wahren Selbstheit wirklich wissen kann. Gott als das All erkennen—ist das nicht ein Heiligtum, eine sichere Zuflucht vor allem, was dem Guten unähnlich ist? Unser wahres Selbst als das Kind Gottes, unzertrennlich vom Guten erkennen—ist das nicht Sicherheit?
Mrs. Eddy schreibt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 244): „Der ‚Schirm‘, von dem David sang, ist fraglos des Menschen geistiger Zustand in Gottes eigenem Bild und Gleichnis, das innere Heiligtum der göttlichen Wissenschaft, in das die Sterblichen nicht ohne Kampf oder bittere Erfahrung kommen, und in dem sie das Menschliche für das Göttliche ablegen”.
Durch Hoffnung, aufrichtiges Verlangen und das Verständnis der Allheit Gottes befähigt uns die Christliche Wissenschaft zu beweisen, daß der Mensch Gottes eigenes Bild und Gleichnis, göttlich, unsterblich, gänzlich geistig und vollkommen ist. Gebet, Verständnis, Freude—durch diese uns immer zu Gebote stehenden Mittel können wir Sicherheit, Frieden und Freiheit finden. Wir brauchen nur die Wahrheit zu wissen, um zu beweisen, daß sie wahr ist.
Zwei Christliche Wissenschafter gerieten unerwartet in die schwierige Lage, daß sie kein Einkommen und schwere Verantwortungen hatten. Trostlosigkeit und Furcht bestürmte sie. Vergeblich suchten sie materielle Hilfe. Die sanfte Führung der Christlichen Wissenschaft brachte sie in das Heiligtum der Wahrheit. Etwas Verständnis der Allheit Gottes und das Gebet, Ihn besser zu erkennen, brachte Frieden. Furcht und Zweifel wurden ausgeschlossen, als sich die Wissenschafter die Machtlosigkeit des Bösen vergegenwärtigten. Als sie sich über dieses Heiligtum freuten, lernten sie das, was ihnen eine Zeit der Ungerechtigkeit, der Furcht und des Mangels geschienen hatte, als eine Zeit des Erwachens ansehen. Dies war keine vorübergehende Verschonung von Sturm und Gefahr. In dem Heiligtum der Wahrheit lernten sie als Gottes Kinder Gutes ausdrücken, ihr reiches geistiges Erbe empfangen. Bald waren Freundschaft, Tätigkeit und ein genügendes Einkommen verwirklicht. Überdies hatte jeder die unschätzbare Lehre gelernt, sich auf Gott als die einzige und allgenugsame Quelle der Versorgung zu verlassen.
Es kann sein, daß wir wegen unserer Unterwerfung unter den Irrtum, unserer Blindheit gegen die Wahrheit und unserer Selbstsucht in Schwierigkeiten geraten sind. Aber das Bemühen, gerade diese Schwierigkeiten und was anscheinend zu ihnen beigetragen haben mag zu überwinden, kann uns die Augen öffnen, unser Denken läutern und uns veranlassen, das Heiligtum der Liebe zu suchen, wo wir auf immer sicher sind.
Johannes „hörte eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein”. Das menschliche Herz sehnt sich nach diesem Heiligtum, und es gehört jedermann. Die Christliche Wissenschaft enthüllt den Menschen im Bild und Gleichnis Gottes als die Idee des Gemüts, den Ausdruck der Liebe. Paulus sagte: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?”
Unser Annehmen unseres göttlichen und vollkommenen Erbteils, unseres Bewußtseins Gottes und unseres wahren Selbst—dies ist das Heiligtum, das wir gesucht haben, und in dem der Christus, die Wahrheit, Heilung, Freude und Frieden bringt.
