Als Christus Jesus seinen Jüngern erklärte: „Ihr seid das Licht der Welt”, sprach er nicht zu einer Gruppe außergewöhnlicher Leute, sondern zu einfachen Männern, die gewöhnlichen Berufen nachgingen, und deren einziger Anspruch auf Außergewöhnlichkeit war, daß sie den von Jesus enthüllten und bekundeten Christus erkannt und alles verlassen hatten, um ihm nachzufolgen. Die Jünger machten viele Fehler. Oft verstanden sie die Lehren ihres Meisters nicht; aber geduldig lehrte sie Jesus, wies sie zurecht und vergab ihnen oft; und er sagte zu ihnen: „Ihr seid das Licht der Welt”.
Christus Jesus enthüllte den ewigen Christus und bewies des Menschen Einheit mit Gott. Er wußte, daß diejenigen, die den Christus, die Wahrheit, erkannten und, soweit sie sie verstanden, lebten, der Welt Licht bringen würden. Schon vor dem Erscheinen Christi Jesu waren Propheten und Seher erstanden, die Lichtblicke der Wahrheit betreffend Gott und den Menschen empfangen und durch diese Erkenntnis Freiheit für sich und andere bewiesen hatten. Betreffs der erwarteten Befreiung der Verbannten rief der Prophet Jesaja aus: „Mache dich auf, werde licht! denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir”.
Nie war es dringender nötig als heute, daß alle, die zu einer gewissen Erkenntnis des Christus, der Wahrheit, erweckt worden sind, dieses Licht in ihrem Leben wirksam machen, des Meisters Ermahnung befolgen: „Lasset euer Licht leuchten vor den Leuten, daß sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen”. Nie lag ein größeres Bedürfnis für geistige Erkenntnis und für die Versicherung vor, daß diese Erkenntnis jeden Tag in menschlichen Angelegenheiten durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft angewandt werden kann. Unsere geliebte Führerin Mary Baker Eddy machte eine zum Denken anregende Erklärung, als sie sagte (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 158): „Die Last des Beweises, daß die Christliche Wissenschaft Wissenschaft ist, ruht auf den Christlichen Wissenschaftern. Der Buchstabe ohne den Geist ist tot: der Geist ist’s, der die Kranken und die Sünder heilt—der das Herz erweicht, es treu, wahr macht”.
Der ernste Christliche Wissenschafter wird diese Forderung gewahr. Er weiß, daß es eine Forderung an jeden einzelnen ist. Er weiß, daß jede Arbeit, die er in der christlich-wissenschaftlichen Bewegung, von der er ein Teil ist, unternimmt, der von unserer Führerin aufgestellten Norm gemäß fortgeführt werden muß. Das hingebende Forschen in der Bibel und in Mrs. Eddys Schriften mahnt den treuen Wissenschafter beständig an seine Pflicht gegen Gott, und er ist dankbar, daß die Christliche Wissenschaft nicht nur den Weg weist, sondern auch zeigt, wie darauf zu gehen ist.
Die Christliche Wissenschaft enthüllt den Menschen als Gottes Widerspiegelung. Das Wissen, daß der Mensch Gottes geistige Idee oder Widerspiegelung ist, befähigt uns, das Licht der Freiheit, der Herrschaft, der Harmonie und der Gesundheit zu bekunden und so den „Vater im Himmel” zu verherrlichen.
Des Meisters Worte betreffs seiner Nachfolger: „Ihr seid das Licht der Welt”, sind heute so wahr wie damals, als sie das erstemal geäußert wurden. Er erweckte in seinen Nachfolgern das geistige Verlangen, den Christus, die Wahrheit, die er ihnen enthüllt hatte, zu verherrlichen; und die christliche Urkirche mit ihrer heilenden Kraft war das Ergebnis ihrer Bemühungen. Er enthüllte ihnen des Menschen Einheit mit dem Vater. Er enthüllte und bewies die geistige Art des Menschen.
Jahrhundertelang verlor die Welt die Bedeutung der Lehren unseres Meisters aus den Augen. Kirchenordnung und Kirchenlehre, Kirchenbräuche und Feierlichkeiten verdunkelten die geistige Gemeinschaft mit dem einen Gott. Die Christliche Wissenschaft enthüllt den Christus, die Wahrheit, und enthüllt auch, wie sie beim Überwinden alles dessen, was Gott und Seiner geistigen Schöpfung ungleich ist, anzuwenden ist.
Die Christliche Wissenschaft zerstört falsche theologische Annahmen und entfaltet die strahlende Wirklichkeit des geistigen Menschen, des Bildes und Gleichnisses Gottes, dem Gott Herrschaft über die ganze Erde gegeben hat. Diese geistigen Tatsachen sind ewig wahr, ewig festgegründet gewesen, und die Christliche Wissenschaft enthüllt sie und zeigt, wie sie bewiesen werden können. In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 202) schreibt Mrs. Eddy: „Die wissenschaftliche Einheit zwischen Gott und dem Menschen muß im praktischen Leben ausgearbeitet werden, und Gottes Wille muß allüberall geschehen”.
Christus Jesus erkannte seine Einheit mit dem Vater. Diese Einheit ist das Ziel alles geistigen Strebens, Hoffens, Betens und Beweisens, und dieses Ziel wird erreicht, wenn wir den menschlichen Sinn des Selbst durch Gehorsam gegen das sittliche und geistige Gesetz überwinden. Diese geistige Tatsache betreffs unseres wirklichen geistigen Selbst ist jetzt wahr, wie die Christliche Wissenschaft enthüllt, und muß als wahr angenommen werden, damit ihr Licht die falschen Annahmen, die Fehler und Mängel, die den Christusgeist verdunkeln, aufdecken und zerstören kann.
Wir müssen aufhören, an ein gutes oder ein schlechtes menschliches Selbst zu glauben, ein gutes Selbst, das zu pflegen, und ein schlechtes Selbst, das zu strafen ist. Nur durch das Wissen, daß es außer Gott kein wirkliches Selbst gibt, daß es nur ein Gemüt gibt, wird das menschliche Selbst erneuert. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 254): „Das menschliche Selbst muß mit dem Geist des Evangeliums erfüllt werden. Gott fordert von uns, daß wir heute diese Aufgabe mit Liebe auf uns nehmen, das Materielle so schnell wie tunlich aufgeben und das Geistige ausarbeiten, das für das Äußere und Tatsächliche bestimmend ist”. Das Denken wird erneuert durch die Erkenntnis Gottes und Seines Christus, durch Erkennenlernen der Wahrheit betreffend Gott und den Menschen, die die Christliche Wissenschaft enthüllt hat. Und unsere Führerin sagt uns, daß wir diese geistige Forderung „mit Liebe auf uns nehmen” müssen. Vielleicht an keine Aufgabe treten wir so ungern heran wie an das Erfüllen des menschlichen Selbst mit dem Geist des Evangeliums. Wir nehmen manchmal sehr lebhaften Anteil an verschiedenen Bewegungen, um die Welt mit dem Geist des Evangeliums zu erfüllen, und vergessen leicht, daß wir damit bei uns selber beginnen müssen, weil dies nicht nur die Weisheit gebietet, sondern auch die allein wirksame Art ist, der Welt zu helfen. Nur durch geistige Erneuerung, nur durch die Heilung alles dessen, was Gott in unserem eigenen Denken unähnlich ist, können wir die schon bestehende Einheit zwischen Gott und dem Menschen ans Licht bringen helfen.
Wir brauchen uns nicht zu fürchten, unsere eigenen Gedankengänge mutig ins Auge zu fassen und das Licht des Christus, der Wahrheit, alles, was nicht zu unserem wirklichen Selbst gehört, aufdecken und zerstören zu lassen. Selbstverdammung und Selbstverherrlichung sind Extreme des Glaubens an ein Selbst außer Gott. Der Christus, die Wahrheit, kommt nicht zu verdammen, sondern zu erretten. Falsche Theologie stellt den Menschen als elenden Sünder dar, und die allgemeine Ansicht ist, daß es gegen die menschliche Art sei, christusgleich zu sein, Gottes Gesetzen unbedingt zu gehorchen. Aber die Christliche Wissenschaft enthüllt die Pracht der Schöpfung Gottes, und durch ihr Licht erhebt sich das menschliche Bewußtsein, ihre Herrlichkeit zu sehen und zu beweisen. Wenn wir den wirklichen Menschen, den Menschen der Schöpfung Gottes verstehen, wissen wir, daß es normal und natürlich ist, wenn wir den Gesetzen Gottes gehorchen, das göttliche Gemüt widerspiegeln. Wir müssen täglich und stündlich wissen, daß es nicht zwei Gemüter, ein gutes und ein böses, sondern nur ein Gemüt gibt, das Gott ist. Die Christliche Wissenschaft lehrt die Allheit und Einheit Gottes, des göttlichen Gemüts, das der Mensch widerspiegelt. Wir müssen wissen, daß wir in unserem wirklichen Selbst das Gemüt widerspiegeln, und müssen die falschen Annahmen des sterblichen Gemüts, die Dasein und Macht außer Gott beanspruchen, verleugnen.
Laßt uns die Entfaltung der Wahrheit in unserem Bewußtsein erwarten und Überhebung, Verlaß auf frühere Beweise, Eigendünkel, Selbstbewunderung und alle Annahmen eines persönlichen Selbst aufgeben! Demut und Gelehrigkeit öffnen der Herrlichkeit, dem Licht, der Majestät und Macht der Wahrheit, Gottes, die Türen des menschlichen Bewußtseins. Die göttliche Liebe strahlt unaufhörlich Licht aus. Dieses Licht ist uneingeschränkt, unbegrenzt, unpersönlich, allumfassend. Unser Verständnis, unsere Empfänglichkeit muß erweitert, geläutert werden. Und wie sehr die Christliche Wissenschaft unsere Gedankenwohnung vergrößert, wenn wir die wissenschaftliche Wahrheit der geistigen Wesenseinheit des Menschen als des Kindes Gottes uns zu eigen machen und anwenden lernen!
Wir erwarten viel von der Christlichen Wissenschaft, und wir tun gut daran, uns manchmal zu fragen, wie wir ihre Regeln befolgen. Der Grund, warum wir manchmal keine Hilfe von ihren Lehren empfangen, kann sein, daß wir ihre Forderungen nicht erkennen. Halten wir Umstände, schwere Zeiten, unsympathische Umgebungen für die Ursache unserer Mißerfolge, oder wachen wir über unser eigenes Denken, um zu sehen, ob wir uns unserer Einheit mit Gott mehr bewußt werden, und bringen wir diese Einheit in mehr Liebe, mehr Mut und mehr selbstlosem Dienen zum Ausdruck? Jeder Tag bietet Gelegenheiten zum Wachstum im Verständnis des geistigen Seins des Menschen, das uns den wahren Sinn des Friedens, der Macht und der Herrschaft gibt.
Heute liegt in der Welt ein großes Bedürfnis nach christlich-wissenschaftlichem Denken vor, nach einem edlen sittlichen und geistigen Ernst, der keinen Anstrich von Selbstgerechtigkeit oder Überlegenheit hat, der aber in einer durch den scheinbaren Erfolg materieller Kräfte und die Kosten der Verteidigung der Sache der Gerechtigkeit verwirrten und bestürzten Welt beständig leuchtet. Dieses rechte Denken muß im individuellen Bewußtsein beginnen. Wir müssen eine unerschütterliche mutige Überzeugung des Triumphs der Gerechtigkeit bewahren und uns hüten vor den Versuchungen der Untätigkeit, der Gleichgültigkeit und der Denkträgheit, womit der tierische Magnetismus den Rechtdenkenden zu verstricken sucht. Wir müssen die Wahrheit unserer eigenen geistigen Wesenseinheit als Kinder Gottes behaupten und wissen, daß unser geistiges Erbe der Freiheit nicht angefochten werden kann.
„Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild”, sagte der Psalmist. Durch Sein Licht leuchten wir, und Seine Wahrheit schützt vor jedem falschen Glauben, der dieses Leuchten verhindern würde. Die geistigen Tatsachen der Erbschaft des Menschen als des Sohnes Gottes wissen, befähigt uns, uns zu erheben und unser Licht leuchten zu lassen, wie es in folgenden Zeilen aus einem unserer Kirchenlieder (Hymnal, Nr. 14) so schön ausgedrückt ist:
Mache dich auf und werde nun licht!
Über dir hat schon gedämmert der Tag.
Gott ist deine Sonne und Christus dein Licht.
Sei nun auch du ein beständiger Strahl!
Nun ist Friede nicht die Abwesenheit der Bewegung: er ist die Abwesenheit der Reibung. Das Sinnbild des Friedens ist nicht ein einsamer, bewegungsloser Bergsee, sondern der majestätische Lauf eines ruhigen mächtigen Stroms.
