Wir alle haben immer einen Orts- oder Platzsinn. Er beantwortet gewissermaßen die Frage: „Wo bin ich?” Aber allzuoft ist unser Platzsinn nicht befriedigend. Einer hat das Gefühl, daß er keinen Platz habe, ein anderer, daß er nicht am rechten Platze sei, ein dritter, daß er von seinem Platz verdrängt sei. Wie einer von seinem Platz denkt, so ist er; denn Platz ist gänzlich mental, ein Gedankenzustand — nichts mehr und nichts weniger. Ein Platz ist nicht, wie das lügende sterbliche Gemüt uns einredet, eine bloße physische Lokalität, mit sterblichen Persönlichkeiten manchmal verschönert, manchmal beeinträchtigt. Platz ist gänzlich eine Idee, die immer beim Menschen ist. Er muß so gesehen werden. Jesus dachte von seinem wahren Platz als dem Sohn, der ewig in Gott und in Gottes Reich Seine Arbeit tut. Sein Platzsinn war seine Einheit mit dem die Unendlichkeit füllenden Gemüt. Dieser geistige, wahre Platzsinn befreite ihn von dem lügenden Begriff begrabene Körperlichkeit. Gottes Bild kann nie einen solchen Platz haben.
Unsere wahre Individualität ist sich immer ihres befriedigenden, von Gott bestimmten Platzes bewußt. Unser rechter Platzsinn ist in der Tat so unzertrennlich von uns wie unser Bewußtsein; denn er fällt mit unserem wahren Bewußtsein zusammen und ist immer darin enthalten. Der allwissende Gott weiß, daß das Gemüt allen Seinen Ideen intelligent und liebevoll ihren Platz zugewiesen hat und jede Idee befähigt, sich ihres Platzes auf immer bewußt zu sein.
Die Sterblichen finden es oft schwierig, ihren Platz zu finden. Freudlosigkeit ist oft die Folge davon, daß es ihnen nicht gelingt, befriedigende Beschäftigung und eine harmonische häusliche Umgebung zu finden. Selbst in normalen Zeiten ringen viele mit dem Problem eines Platzes, wo sie wohnen, und eines Platzes, wo sie arbeiten können. Den Millionen, die in diesen trostlosen Zeiten in fremde Plätze und in unerwünschte Beziehungen geraten, mag das menschliche Leben in der Tat auf den Kopf gestellt scheinen. Viele fragen sich: In was für einem Platze werde ich nach dem Kriege sein? Kann ich eines rechten, harmonischen Platzes, in dem ich wohnen und arbeiten kann, sicher sein?
Die Christliche Wissenschaft enthüllt uns allen zur Verfügung stehende mächtige, intelligente Kräfte, durch die wir unsern rechtmäßigen Platz mit Gewißheit ausarbeiten können. Diese Kräfte sind die ewigen Kräfte des einen positiven Gemüts, Gottes, dessen Fähigkeit, den Menschen mit seinem Platz zu versehen, durch die Unruhe der Weltunordnung nicht im geringsten verringert ist. Diese Kräfte können Ordnung schaffen, wo Wirrwarr ist, und den Zweifel und die Verwirrung furchterfüllten Denkens zwingen, dem Verständnis der Allgegenwart und der Alltätigkeit der Intelligenz, die Gott ist, auf immer zu Gebote stehend und ewig zum Besten des Menschen wirkend, zu weichen.
Im Erwägen der Bedeutung des Platzes tun wir gut daran, die grundlegende Beziehung zwischen Platz und Ordnung zu beachten. Die allintelligente Ursache, Gott, schafft unfehlbar ein vollkommen geordnetes Weltall. Intelligenz erzeugt nie und kennt nie Unordnung. Nur Unwissenheit erzeugt Unordnung. Vertreib Unwissenheit mit Intelligenz, und Ordnung kommt zum Vorschein. Emerson sagte:
Denn die Welt wurde in Ordnung gebaut,
Und die Atome bewegen sich in Harmonie.
Nun bedeutet Ordnung nach Samuel Smiles „einen Platz für alles, und alles an seinem Platz”. Dieses Zusammenfallen von Ordnung und Platz ist die vom allmächtigen geistigen Gesetz durchgesetzte ewige Tatsache über die ganze Schöpfung. Die Gesetze Gottes, die intelligenten Kräfte des Gemüts, bestätigen jede Kundwerdung des Lebens oder des Gemüts in und mit dem Sinn vollkommener Platzanweisung oder weise geordneter Beziehung. Das Gemüt schafft nicht Individualitäten und stoßt sie dann in ein stürmisches Meer des Zufalls und der Umstände, wie der materielle Sinn vorgibt, sondern hält alle seine Ideen in vollkommener Ordnung und in einem befriedigenden Platzsinn, worin die göttliche Bestimmung jeder Idee unter Gottes Führung gewiß erfüllt wird. Materielle Unruhe kann in unserem Bewußtsein nicht die Stelle unseres geistigen Verständnisses des gottgeordneten Seins einnehmen.
Die Christliche Wissenschaft gibt uns den sittlichen Mut, der Lüge, daß wir Sterbliche ohne Platz oder am falschen Platze seien, entgegenzutreten. Diese Lüge ist so falsch wie die Lüge, daß wir kranke, sündige Sterbliche seien. Alles, was so argumentiert, ist böse, mentale Suggestion und lügender materieller Sinn. Nur unser unzerstörter Glaube an ein gottloses, materielles Gemüt nimmt sie an. Der Christus oder die geistige Idee des Seins enthüllt in uns die wahre Idee Mensch als nicht vom irrenden sterblichen Gemüt verursacht, beeinflußt, bedingt oder untergebracht. Er ist von der höchsten Intelligenz, Gott, verursacht und bedingt und mit einem harmonischen Platzsinn in dem vollkommen geordneten Reich der Liebe ausgestattet. Wir müssen dies immer und immer wieder beanspruchen und so die Lüge des Irrtums zum Schweigen bringen.
Mary Baker Eddy definiert unsern wahren Platz mit den Worten: „Der Christliche Wissenschafter ist allein mit seinem eigenen Sein und mit der Wirklichkeit der Dinge” (Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1901, S. 20). Unser allein wahres Selbst ist also vollständig getrennt von der entstellten Zeitwelt und ihren verwirrenden, gestörten Zuständen — den Erscheinungsformen des negativen sterblichen Gemüts — und darüber erhaben. Der wahre Sinn unseres Platzes tritt in verbesserten, harmonischen menschlichen Zuständen in dem Maße in Erscheinung, wie wir mit dem Psalmisten sehen, daß wir „unter dem Schirm des Höchsten” leben und „unter dem Schatten des Allmächtigen bleiben”. Es gibt keinen andern Platzsinn für Gottes Sohn. Und nicht nur leben wir in Gott, sondern arbeiten auch in Ihm und mit Ihm. Unsere Tätigkeit ist von Gott und in Gott, nicht von Personen oder von den unbeständigen, unechten Kräften des materiellen Gemüts eingeleitet oder von ihnen abhängig.
Der Tröster kommt, uns zu versichern, daß es keine andere als die von der Liebe beabsichtigte, von Gott geplante Zukunft gibt. Jeden Tag und jedes Jahr braucht der große Vater-Mutter Gott Seine Kundwerdung, und keine widrigen materiellen Ereignisse können Ihn Seines recht geordneten Weltalls und Seiner von der Liebe untergebrachten Kinder berauben.
Joseph muß klar erkannt haben, daß Gott die einzige Macht ist, die den Menschen macht und ihm seinen Platz gibt. Er bewies die Kräfte des Gemüts, ihn von vielen falschen Platzzuständen zu erretten, zur Genüge. Eifersucht, Verrat, Verschwörung, die Grube, Sklaverei und das Gefängnis bewies er als unfähig, ihn in der Gewalt zu halten. Er hätte gut mit dem Psalmisten sagen können: „In der Angst rief ich den Herrn an, und der Herr erhörte mich und tröstete mich”.
Bist du versucht zu glauben, du seist in einer Grube oder könnest in eine geworfen werden, oder du seist der Gefangene einer unglücklicher Umgebung? Sieh, was geduldiger, beharrlicher Verlaß auf die eine wahre Macht im Weltall für Joseph vollbrachte. Lies wieder im 1. Buch Mose, beginnend mit dem 37. Kapitel, die Geschichte von seiner Erfahrung. So demütig, selbstlos und Gott ausdrückend waren seine Gedanken, daß Pharao von ihm sprach als „einem solchen Mann, in dem der Geist Gottes ist”, und erklärte: „Deinem Wort soll all mein Volk gehorsam sein”. Er fand seine Heimat und seine rechte Tätigkeit dadurch, daß er übelgesinnten Personen oder widrigen Ereignissen nie ein Jota Macht einräumte, ihn von seinem Gott und Gottes Tätigkeit zu trennen. Sein Platz war in Gott. Seine Heimat war in Gott. Seine Tätigkeit war, Gott auszudrücken. Er wußte dies und bewies es. Auch wir können es beweisen.