„Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen.” Diese erbarmungsvolle Botschaft bringt die Christliche Wissenschaft der Menschheit auf der ersten Seite des Vorworts zum Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy. Diese von sofortiger Hoffnung und weisem Rat erfüllten Worte erheben das Denken und zeigen den müden und vom Krieg erschöpften Erdenkindern, wie sie der Verzweiflung entrinnen können. Göttlich liebreich und durch mächtige Überzeugung lenken sie den Blick der Menschen von der Öde der Materialität weg, damit sie die Segnungen des ewigen Guten wahrnehmen.
Wenn eine erleuchtete Äußerung die Menschen dazu führt, beunruhigende Daseinsauffassungen aufzugeben, um das von Gott erschaffene Weltall verstehen zu lernen, kommen unvorhergesehene Fortschrittsgelegenheiten zum Vorschein, entfalten sich Ansichten des Lebens, von denen man keine Vorstellung hatte. Wenn sich das Denken von dem Endlichen weg dem Unendlichen zuwendet, finden wir neuen Mut, die unschätzbaren Wahrheiten des immergegenwärtigen Guten zu erfassen. Dann weicht die im Verschwinden begriffene Nacht des Bösen der aufgehenden Sonne der Gerechtigkeit, in deren Strahlenglanz der Himmel unserer Gebete sichtbar wird.
Das Unendliche ist immer beim Menschen. Es ist in Wirklichkeit das einzige, was gegenwärtig, was bei ihm ist, weil es das All ist. Das Unendliche ist das unbegrenzbare Leben, das Gemüt, die Substanz und Ursache des Weltalls und des Menschen. Es ist allmächtig, reich, unvergänglich. Es ist das, was nicht gehindert, nicht zum Aufhören gebracht werden kann. In der Unendlichkeit kann keine Endlichkeit bestehen, und nichts kann außerhalb des Unendlichen sein. Der mit dem Unendlichen zusammenbestehende Mensch kann keine Begrenzung erleben.
Des Menschen ewiges Verweilen in der unbeschränkten Substanz des Geistes schließt die Möglichkeit eines zeitweiligen Daseins, eines gefährdeten Lebens oder erdgebundener Schritte aus. Ihm ist fortdauernde Entfaltung verbürgt; denn in der geistigen Substanz besteht nichts, was zu Entbehrung, Verfall oder Zerstörung führt. Diese Substanz des unerschöpflichen Guten kennt keine Veränderung in Beschaffenheit oder Menge, keine Endlichkeit des Seins und keine Begrenzung im Mitteilen. Und der Geist verleiht dem Menschen unbeschränkte Fähigkeit, Vollkommenheit zu erfassen.
Der Geist stattet den Menschen unumgänglich mit unendlicher Intelligenz und unendlichen Fähigkeiten aus; denn das Kind Gottes muß sowohl den Umfang als auch die besondere Anwendbarkeit der Gesetze seines ewigen Daseins kennen und erleben. Der Mensch muß sich in dem ununterbrochenen Gleichmaß unaufhörlicher Harmonie bewegen; denn er ergründet das göttliche Prinzip und besteht mit der Ewigkeit zusammen. Sein Los ist, zu leben, ohne von der Vollkommenheit abzuirren—ohne bewußt Begrenzung oder Gefahr zu erleben.
Das Verständnis der Unendlichkeit des Lebens führt dazu, daß die Menschen die Zweifel und Befürchtungen betreffs des menschlichen Daseins aufgeben, und bewußt in den Besitz der von dem Schöpfer bewirkten Wunder kommen. Da das ewige Leben unendliche Möglichkeiten in sich schließt, braucht der Mensch nicht um die Zukunft besorgt zu sein. Für ihn können keine Zeiten der Hilflosigkeit kommen, noch kann seine Nützlichkeit aufhören. Jahre schwächen die Verrichtungen des unendlichen Lebens nicht, denn sie werden durch ewige Gesetze erhalten. Das Leben ist dem Menschen unveränderlich zugänglich, und es ist zuverlässig, es ist mit allem versorgt und hat unerschöpfliche Hilfsquellen.
Sich auf das unendliche Leben verlassen heißt unbegrenzbares Dasein erleben, sich des geistigen Selbst bewußt werden, sich über den Verfall der Sterblichkeit erheben, anstatt davon mitgerissen zu werden. Es ist nicht gefährlich, das Endliche immer mehr aufzugeben, um das Unendliche zu erreichen; eine im Verschwinden begriffene Sage aufzugeben, um zu der unveränderlichen Tatsächlichkeit zu gelangen. Wenn die Wahrheit den Menschen klarer wird, verlassen sie sich weniger auf das Endliche und mehr auf das Unendliche. Wenn man die Unzulänglichkeit des Zeitlichen sieht, zögert man nicht, das Ewige zu ergreifen. „Darum gehet aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, ... so will ich [der Unendliche] euch annehmen und euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein, spricht der allmächtige Herr.”
Das unendliche Leben bestimmt für den Menschen nicht das Los, mit den Enttäuschungen des endlichen Sinnes zu kämpfen, sondern mit den Herrlichkeiten der ewigen Liebe zu leben. Es schließt den Irrtum aus dem Weltall aus, gestattet kein Gegenteil des Guten, keine Anfeindung des Guten, keinen Streit darum. Das Leben gibt dem Menschen ein durch göttliche Gewißheit liebliches und durch heilige Oberhoheit ruhiges Dasein. Es läßt den göttlichen Sprößling immer mehr erkennen und sehen, daß er mit Gott zu seiner Rechten herrscht. Dies ist der der Menschheit verheißene Friede. Dies ist der Friede, den Gott verleiht.
Die Wahrheit, daß alle Menschen die Unendlichkeit des Gemüts widerspiegeln können, ist für die Menschheit von großer Bedeutung. Auf Grund dieser Tatsache kann keine Unwissenheit, kein Mesmerismus oder Verhängnis-glaube bestehen. Im ewigen Gemüt sind Fehler, Mißverständnisse und ihre Strafen unbekannt. Der göttliche Gesichtspunkt ist selbstverständlich für alle Ideen des Gemüts maßgebend. Dies ist die wahre Wahrnehmung und der wahre Ausblick. Als die Idee des Gemüts hat der Mensch göttliche Weisheit, um die Unendlichkeit des Guten wahrzunehmen, zu schätzen und widerzuspiegeln. Das Unendliche ist ihm nichts Fremdes, sondern die für sein Sein geradezu unerläßliche Atmosphäre.
Durch das unendliche Gemüt kann der Mensch mit dem geistigen Dasein vertraut werden, die göttliche Individualität verstehen, die Ewigkeit erkennen. Dieses Gemüt befähigt ihn, das Dasein mit seinen Regeln unaufhörlicher Harmonie und geistiger Substanz zu verstehen, und immer Vollkommenheit als Antwort zu finden. Der Mensch ist nicht mit zeitweiligen Annahmen, die er aufgeben und ausrotten muß, belastet. Er bekundet des Gemüts unendliches Bewußtsein des Lebens. Als die Bekundung Gottes muß der Mensch unendlich sein. Dieses sich auf jede Eigenschaft erstreckende Einssein mit dem Unendlichen ist des Menschen Himmel.
Der Mensch, der das unendliche Gemüt widerspiegelt, versteht das Weltall, kennt und verkörpert die Gesetze der Unsterblichkeit und lebt in der geistigen Unermeßlichkeit im Frieden. Er kennt keinen Augenblick ein Dasein ohne Gott, ein Dasein, wo Gott keine Kenntnis von ihm hätte oder ihn nicht liebte. Durch unendliche Kreisläufe des Seins hindurch kennt er keine Begrenzung, keine Materie und nichts Böses. Er weilt in der Ewigkeit. Man kann das Unendliche nur dadurch erreichen, daß man verstehen lernt, daß der Mensch die Unendlichkeit nie verlassen hat.
Sind diese Darlegungen der Christlichen Wissenschaft zu übersinnlich, als daß wir sie über den einzelnen Menschen und die Menschheit insgesamt annehmen könnten? Sie bilden heute die Wirklichkeit. Das Zugeben und Verstehen des Unendlichen und der Verlaß darauf erlöst die Menschheit vom Übel. Sich auf das Unbegrenzbare stützen heißt nicht Leere, sondern erhaltende Substanz, nicht eine sonderbare Ungewißheit, sondern natürliche Gewißheit erleben; es heißt statt des Unbekannten ein verständliches Dasein, ein Gefühl des Daheimseins erleben.
Jedermann in der heutigen Zeit menschlichen Fortschritts steht im Zeitalter des Wagens des Göttlichen, wo er sich auf den Schwingen des Denkens zu erhabeneren Ansichten und Erfahrungen des Lebens erheben muß. Die kleinlichen Sorgen und ärmlichen Ärgernisse, die leicht erzeugten Aufregungen und beschränkenden Vorurteile, die scheinbar tückischen Übel und Grundirrtümer und alle Hindernisse der Sterblichkeit bestehen im Endlichen, sind endlich. In allen unseren Daseinsauffassungen das Endliche zugunsten des Unendlichen aufgeben, heißt von diesen und anderen Übelständen Befreiung finden. Durch dieses Aufgeben sind wir am Ende des Tages nicht müde, sondern stark; anstatt Schwierigkeiten entfalten sich dadurch Segnungen von früh bis spät; dieses Aufgeben bedeutet keinen enger werdenden Gesichtskreis, sondern einen sich erweiternden Ausblick auf das Leben.
In dem Maße, wie das Endliche dem Ewigen im menschlichen Denken weicht, kommt Gottes Reich, Seine Unendlichkeit, als das zum Vorschein, was es ist: das All in allem. Dieses Reich kann nicht in der Endlichkeit kommen; noch kann die Endlichkeit, die vermeintliche Abwesenheit der Allheit Gottes, das Erscheinen der immergegenwärtigen göttlichen Wirklichkeit verbergen. Das Anerkennen dieser Tatsachen befähigt die Menschen, die unwahren Darbietungen einer Macht des Bösen durch göttliche Weisheit zu überwinden, bis keine unnachgiebige Hindernismauer mehr vorhanden ist, sondern man durch die offene Tür des unendlichen Guten auf neue Arten fortschreiten kann. Das Rote Meer teilte sich und die Mauern Jerichos stürzten vor dem Anerkennen der unendlichen Macht ein.
Wie vor alters fordert auch die heutige Zeit wieder, daß jeder einzelne allein mit Gott, mit dem allmächtigen Guten, steht. Was Mose am Jordan zu dem Volk Israel sagte, schildert lebendig die heutige Lage der Menschheit. Er sagte: „Aber ihr, die ihr dem Herrn, eurem Gott [dem Unendlichen], anhinget, lebet alle heutigestages.” Es ist höchst wichtig, daß die Menschen mehr zur Erkenntnis der Notwendigkeit erwachen, sich auf die göttliche Quelle und die göttlichen Hilfsquellen zu verlassen. Nur auf diese Weise können die vor den Menschen, den Völkern und der Welt stehenden Probleme, die Menschheit zu versorgen, schließlich gelöst werden. Sich gegenseitig aufeinander verlassen ist unweise und unsicher. Der Verlaß auf den Unendlichen bietet endlose Sicherheit. Diese Wahrheit gilt für jedes Kind und jeden Erwachsenen. Sie bietet Zuflucht vor den heutigen zerrütteten Abhängigkeiten, vor erschütternder Hilflosigkeit, vor Furcht und Mißgeschick.
Die scheinbare Endlichkeit ist keine Wirklichkeit, keine zweite Schöpfung, nicht einmal eine vorübergehende Erfahrung. Sie ist nur eine irrige Auffassung des Lebens, das allerhaben ist. Bei dem Aufgeben des Endlichen für das Unendliche handelt es sich also um kein Sterben, sondern um ein Erwachen zur Wirklichkeit. Es ist kein Herauskommen aus etwas, in dem wir unser Dasein haben, und ein Hineinkommen in etwas Unbekanntes, sondern das Erlangen der wahren, ewigen Tatsachen des Seins anstelle einer falschen Lebensauffassung. Es bedeutet, daß man sich der Beziehung des Menschen zu Gott und der Art Gottes bewußt wird.
Mrs. Eddy schreibt in „The People’s Idea of God” (S. 2, 3): „In dem Verhältnis, wie der Glaube der Menschen an Gott in jedem Zeitalter weniger materiell, weniger endlich wurde, ist ihre Gottheit gut geworden, war sie kein persönlicher Gewaltherrscher, kein gegossenes Bild mehr, sondern das göttliche Leben, die göttliche Wahrheit und Liebe,— das Leben ohne Anfang oder Ende, die Wahrheit ohne einen Verstoß oder Fehler, und die allumfassende, unendliche und ewige Liebe. Diese vollkommenere Idee muß, wenn sie dem Gemüt der Menschen beständig vorgehalten wird, nicht nur auf den Charakter von einzelnen, sondern von Völkern einen wohltuenden und erhebenden Einfluß haben, und wird den Menschen schließlich zu dem Verständnis erheben, daß unsere Ideale unsern Charakter gestalten, daß ein Mensch ‚so ist, wie er in seinem Herzen denkt.‘”
Die erwachenden Völker der Erde sehen in weiter Ferne die Morgendämmerung individueller göttlicher Herrschaft anbrechen—sie gehen, vielleicht unbewußt, der Erkenntnis des Einsseins jedes Menschen mit dem Unendlichen entgegen. Die Welt mag weit zu gehen haben, ehe sie diese grundlegende Tatsache des Daseins dauernd begreift. Aber die Dämmerung bricht an. Die Scheinherrschaft der Endlichkeit ist im Vergehen begriffen. Das Unendliche wird klarer. Jeder Augenblick der Verwirklichung des ewigen Einsseins des Menschen mit der Unendlichkeit des Guten stellt für die Menschheit zunehmende Herrschaft über die Sterblichkeit her, und entfaltet immer mehr das Dasein des Menschen als des Kindes Gottes. Die göttliche Liebe beginnt und vollendet den Beweis in dieser Hinsicht.
Die ganze Annahme der materiellen Erfahrung, der Endlichkeit, ist bis ins Innerste erschüttert. Alte Bräuche schwinden dahin, vertraute Umgebungen ändern sich, menschliche Beziehungen werden abgebrochen, Quellen, auf die man vertraute, versagen. Das Kind, das findet, daß es an einer zerstörten Stätte allein übrigblieb, kann sich jedoch der Gegenwart der unendlichen Liebe, seines Vater-Mutter-Gottes, bewußt werden, der veranlassen kann, daß für das Kind Wasser in der Wüste quillt. Es kann sich in den ewigen Armen sicher geborgen fühlen. Die des Verdieners des Lebensunterhalts beraubte Frau kann die Versorgung der göttlichen Liebe erleben. Der Flieger hoch in den Lüften kann sich von der wachsamen Fürsorge dessen sicher umgeben fühlen, der die Quelle und die Substanz seines Seins ist. Sollte der Erhalter des Weltalls nicht immer der Seinen eingedenk sein?
Die unendliche Liebe, das ewige Leben des Menschen, wird jeden Hungernden speisen, alle Tränen wegwischen, jeden strauchelnden Schritt sicher machen, jeden Wanderer heimführen. Möge jede Hand, ob sie klein, hilflos und zart, oder derb und stark sei, nach dem unendlichen Einen greifen; möge jedes Herz sich Seiner Fürsorge anvertrauen! So werden die Menschen die unendlichen Hilfsquellen begreifen, die bereit sind, sie zu segnen, und werden dadurch befreit werden. So werden die Erdenkinder gespeist werden und nicht mehr hungern und dürsten. So werden sie Frieden haben und sicher wohnen, wo niemand sie schrecken wird. So wird es keine Trennung und keinen Schmerz mehr geben.
Sehen wir nicht, wie der Glaube an Endlichkeit durch das Verständnis des Unendlichen der Ausrottung entgegengedrängt wird? Dies ist ein Verlust, der wahrlich Gewinn ist. Es gehen dadurch die Worte Mary Baker Eddys, der Entdeckerin der Wissenschaft des Unendlichen, in ihrer Beschreibung, wie die Menschheit von aller Begrenzung befreit wird, in Erfüllung. Sie schreibt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 160): „So leben, daß das menschliche Bewußtsein in beständiger Beziehung zu dem Göttlichen, dem Geistigen und dem Ewigen bleibt, heißt unendliche Kraft durch sich dartun, und das ist Christliche Wissenschaft.”
