Beim Ergründen der Christlichen Wissenschaft ist es wichtig, daß wir immer bestrebt sind, uns die geistige Bedeutung des Gelesenen klarzumachen; denn das tiefe, klare Erkennen hebt das Denken höher und erleuchtet es und führt zu schneller und vollständiger Heilung.
Ein Geschäftsmann hatte jahrelang Heilung für ein schweres körperliches Gebrechen gesucht. Als er schließlich alle materiellen Mittel und Behandlungsarten erschöpft hatte, wandte er sich voller Hoffnung an die Christliche Wissenschaft. Mit der Zeit vertiefte er sich ernstlich in diese Wissenschaft und erlangte durch stetigen Fortschritt mehr geistiges Verständnis. Die ersehnte Heilung schien sich jedoch zu verzögern. Der Wissenschafter weigerte sich trotzdem, mutlos zu werden oder zu verzagen. Tapfer sagte er oft sich selber und andern, er werde, sobald er genügend Verständnis, Demut und Liebe erlangt habe, die quälenden Zustände überwinden können.
Die Zeit verging, aber in körperlicher Hinsicht war immer noch keine Änderung zu sehen. Als er sich eines Tages in das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy vertiefte, kam er plötzlich an folgende eindrucksvolle Stelle (S. 428): „Die große geistige Tatsache muß ans Licht gebracht werden, daß der Mensch vollkommen und unsterblich ist, nicht sein wird.” Er hatte diese Zeilen vorher schon oft gelesen, aber nun traten sie mit erstaunlicher Klarheit hervor. Er erkannte plötzlich, daß seine Erklärung, er werde mit der Zeit gesund werden, dem Wesen nach der Erklärung gleichkam, daß er zur Zeit nicht gesund sei. Er hatte mit andern Worten geglaubt, daß er einmal vollkommen sein werde; daß er aber zuerst geheilt oder anders werden müsse, ehe er diesen Zustand erreichen könne. Er hatte die große, unwandelbare Tatsache aus den Augen verloren, daß „der Mensch vollkommen und unsterblich ist, nicht sein wird.” Jetzt sah und verstand er die ungemein wichtige Wahrheit, daß er nicht nur vollkommen sein werde, sondern schon in jenem Augenblick und jeden Augenblick in seinem wahren Sein tatsächlich vollkommen war. Dies hatte unvermeidlich seine Heilung zur Folge.
Die erwähnte Wahrheit, die dieser Mann klar erkannte, wird noch einleuchtender und leichter verständlich, wenn man überzeugt ist, daß es in Wahrheit nur einen unwandelbaren Schöpfer und eine unwandelbare Schöpfung gibt. Sowohl der Schöpfer als auch die Schöpfung sind jetzt und ewig unveränderlich und vollständig, vollkommen und unvergänglich.
Jemand mag fragen: „Warum scheinen wir dann, wenn das Weltall unveränderlich ist, in einer sich fast beständig ändernden Welt zu leben?” Darauf kann geantwortet werden, daß sich nur Träume ändern, daß die geistigen Tatsachen sich nicht ändern. Der sterbliche Daseinstraum, den wir hegen, wenn wir wach sind, kann sich so oft ändern wie unsere Träume, wenn wir schlafen; aber weder der Traum, den wir im wachen Zustand haben, noch der Traum im Schlaf hat auf Gottes unveränderliche Schöpfung irgend eine Einwirkung.
Was den Menschen sehr not tut, ist mehr geistige Erleuchtung, mehr Verständnis, damit sie die Dinge sehen können, wie Gott sie schuf und wie Er sie erhält. Der Apostel Paulus empfand vor Jahrhunderten, daß dies not tat, und äußerte es, als er schrieb: „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich’s stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.”
Wir alle haben zweifellos schon durch eine dunkle Brille geschaut. Durch das dunkle Brillenglas gesehen, verlieren Erde und Himmel ihre natürliche Schönheit und sehen öde und düster aus. Wenn jemand immer eine dunkle Brille getragen hätte, wüßte er nur unvollständig, wie die Welt aussieht. Um die Dinge zu sehen, wie sie sind, brauchte er nichts weiter zu tun als die dunkle Brille abzulegen; dann würde er die Welt in ihrer natürlichen Farbe und Schönheit sehen.
In ähnlicher Weise brauchen wir, um Gottes vollkommene Schöpfung und Seinen vollkommenen Menschen zu sehen, nicht versuchen, die Welt oder den Menschen zu ändern, sondern wir brauchen bloß das verdunkelte materielle Denken aufzugeben, das unsern Blick trübt. Dann beginnen wir tatsächlich die Dinge so zu sehen, wie Gott sie schuf, und wie sie in Wirklichkeit sind.
Diese geistige Arbeit hat sich jeder ernste Christliche Wissenschafter zur Aufgabe gemacht. Dies ist das wahre Verfahren des wissenschaftlichen Heilens. Dies ist der Weg zum Himmel.