Was für eine Führerin und zärtliche „Mutter in Israel” war Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft! Bis sie in ihrem neunzigsten Jahr unsern Blicken entschwand, nach einem reichen Lebenswerk, dessen Wirksamkeit in herrlicher Erfüllung gipfelte—mit welch selbstloser Liebe wachte sie über ihrer großen Bewegung! Wie der Apostel Paulus, dessen inspirierenden Briefe die ersten Christen ermutigten, ermahnten und leiteten, sandte Mrs. Eddy gar oft Botschaften an ihre Nachfolger, die diese unendlich segneten, und die fortfahren werden, alle Anhänger der Christlichen Wissenschaft zu allen Zeiten zu inspirieren.
Zu solchen Zeiten wie Weihnachten fühlte sie oft den Antrieb, ihrer Kirche ein Wort des Segens zu senden. Im Jahre 1900 kam solch eine Botschaft von ihr, die nicht nur einen liebevollen menschlichen Gruß enthielt, sondern auch ihre größten Äußerungen über den Christus. Man kann nicht fehlgehen, wenn man seinen Brüdern, den anderen Christlichen Wissenschaftern, rät, diesen wichtigen Ausspruch unsrer Führerin zu lesen und darüber nachzudenken, besonders zur Weihnachtszeit. Er beginnt auf Seite 256 ihres Buches „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany”.
„Die liebe Weihnachtszeit ist wieder hier”, schreibt sie, „voll göttlicher Segnungen und gekrönt mit den liebsten Erinnerungen der menschlichen Geschichte—der Ankunft und Geburt unsres Herrn und Meisters auf Erden. In diesen frohen Festtagen lüftet sich der Schleier der Zeit unter der Berührung der Liebe. Wir gedenken unsrer Segnungen und bedenken, woher sie kamen und wohin sie zielen. Die Eltern rufen ihre Lieben heim, die Julfeuer brennen, die festlichen Tafeln sind beladen, die Geschenke leuchten in den dunkelgrünen Zweigen des Christbaums.” Hier hält unsre Führerin inne, um ein Wort christlicher Teilnahme einzufügen: „Wie traurig jedoch, wenn die Bande des Heims zerrissen sind! Möge Gott den Trauernden mehr von Seiner treuen Liebe offenbaren, die das wunde Herz heilt.” Dann folgt eine ihrer bemerkenswertesten Erklärungen betreffs der metaphysischen Bedeutung der Geburt und Ankunft Christi für die Menschheit.
Am 25. Dezember dieses Jahres können wir dankbar sein, daß wenigstens der Donner der Kanonen schweigt nach dem furchtbarsten Kriegsalpdruck, den die Welt je erlebt hat; und wir können ebenfalls mit dankbarem Herzen die Bemühungen friedliebender Menschen anerkennen, die darauf hinzielen, die Geißel des Krieges aus der menschlichen Erfahrung zu verbannen. Zu gleicher Zeit müssen wir zugeben, daß kein denkender Mensch behaupten kann, daß der Krieg wirklich aufgehört hat und die Friedenstaube schon sicher im Herzen der Menschheit weilt. Der Kampf ist nur in das mentale Reich übertragen worden, und diejenigen, die in der Christlichen Wissenschaft gelernt haben, den Feinden siegreich entgegenzutreten, die wir Selbstsucht, Haß, Habsucht, Sinnlichkeit und Rache nennen, befinden sich an der Front.
In diesem letzten Ringen, in dem wir, wie der Apostel uns ins Gedächtnis ruft, nicht „mit Fleisch und Blut” kämpfen, „sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen” (Eph. 6:12), muß man wahrlich ausgerüstet sein mit dem Schild des Glaubens und dem Helm des Heils, ja mit dem „Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes” (Eph. 6:16, 17). Kurz, man muß ausziehen mit der Rüstung des Christus, des Wortes Gottes, mit dem Verständnis der Allmacht des Geistes und der Machtlosigkeit des Irrtums, wenn man diese schwierigen Zeiten überstehen will.
Wie wichtig ist es daher, daß der christliche Kämpfer klar den Unterschied begreifen lernt, den Mrs. Eddy zwischen dem menschlichen Jesus und dem Christus macht. Die Gedächtnisfeier für die Geburt von Marias Kindlein mag das Herz mit warmen Gefühlen bewegen, doch allein das Morgengrauen des Christus—der erhabenen Wahrheit des Seins, die Jesus lehrte—im menschlichen Bewußtsein kann die Heilkraft bringen, nach der die Völker sich sehnen. Mrs. Eddy fährt fort zu sagen in dem erwähnten Aufsatz: „Heute ist der Christus mehr denn je ‚der Weg, die Wahrheit und das Leben‘— der ‚jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt‘, und allen Kummer, alle Krankheit und alle Sünde heilt. Unsre Herzen verneigen sich in Demut vor dieser verheißungsvollen Weihnachtszeit, die das Ende des 19. Jahrhunderts heiligt und weiht.”
Der heutige Nachfolger der Lehren des Meisters mag sich wohl fragen, ob er nur ein Anbeter Jesu ist, oder ein Nachfolger des Christus, der Wahrheit, die der Meister uns brachte. Wir verstehen die herrliche Bedeutung der Mission unsres Heilandes nicht, wenn wir nicht erkennen, daß Jesus kam, um den Sterblichen zu zeigen, daß des Menschen einzig wahres Leben Gott ist. Immer wieder demonstrierte er praktisch, wie die Christen mit Krankheit und Leiden vorgehen sollten. Er überwand Disharmonie und Beschwerden durch sein Verstehen der geistigen Macht, nicht durch Zuflucht zu Medizinen und Materialismus. Er zeigte den Sterblichen, wie sie Stürme stillen, wie sie Nahrungsprobleme lösen, wie sie Probleme unglücklicher menschlicher Beziehungen behandeln könnten—alles dies durch sein geistiges Verständnis von Gott und dem Menschen. Feiern wir wirklich das Gedächtnis der Ankunft dieses großen Lehrers, wenn wir nicht darnach streben, in seine Fußtapfen zu treten? Was ehrt Jesus mehr—eine lustige Weihnacht oder eine heilige Weihnacht?
Wenn je, so braucht in diesem Jahre eine traurige, kranke Welt ein Weihnachtsgeschenk. Es tut ihr sehr not, die Berührung des heilenden Christus zu spüren, die Gegenwart der Liebe, die unglückliche Erinnerungen auslöscht; sie bedarf der Kraft des Geistes, um einen glücklicheren Aufbau der menschlichen Gesellschaft zustande zu bringen. Was ist unser Beitrag zu dieser großen Gabe? Offenbart er sich in einer volleren Hingabe an unsre heilige Sache, in dem Bestreben, größere Liebe für die anderen Mitglieder unsrer Kirche auszudrücken, in der Weigerung, an kleinlichen Zänkereien unter den Brüdern teilzunehmen, und in dem aufrichtigen Bemühen, die von unsrer Führerin geplante Form der Kirchenregierung zu unterstützen?
Möge doch niemand sich selbst betrügen in der Annahme, daß er ein Werkzeug des Guten sein kann zur Heilung der Völker, während er nicht die Liebe in seinem Heim und seiner Kirche widerspiegelt. Wir können den besiegten Völkern nicht helfen, kriegerische Tendenzen und Vergeltungssucht zu überwinden, wenn wir nicht den Scheinwerfer der göttlichen Liebe auf die innersten Winkel unsres Denkens richten, um alles das aufzudecken und auszumerzen, was dem Gesalbten unähnlich ist. Hieraus ist zu ersehen, daß wir selbst die ersten Empfänger der so nötigen Weihnachtsgabe sein sollten. Wir haben es selbst nötig, in den schönen Worten unsrer Führerin zu beten („Gedichte”, S. 29):
„Du mildes Leuchten der lebend’gen Liebe,
Todlosen Lebens sanfter Strahl,
O Wahrheit, die nie endet,— hoch du stehest,
Hoch über ird’scher Kämpfe Qual.
„Hoch über Erdenmakel, Glaubensformen;
Erfülle, Christus, du uns heut
Mit allem, was du bist; sei unser Heiland
Und unser Halt in Ewigkeit!”
Der Christus ist hier! Die herrliche Wahrheit, daß Gott Geist und der Mensch geistig ist, wird immer voller demonstriert von denen, die die Bedeutung der neuen Sprache des Geistes verstehen lernen. Die Wahrheit vernichtet die atomischen Bomben des Hasses und der Furcht und der Tierheit, und offenbart das Reich der Harmonie, das von dem Chor der Engel über der Krippe in Bethlehem verheißen wurde.
Ja, „die liebe Weihnachtszeit ist wieder hier”— laßt uns also ehrfürchtig die Warnung beachten, mit der unsre Führerin diese Botschaft schließt: „In dieser unsterblichen Stunde sollte aller Haß und Stolz, alle Habsucht und Sinnlichkeit sich niederbeugen und Christi Macht verkünden, und die Herrschaft der göttlichen Wahrheit und des göttlichen Lebens sollte das Sein des Menschen reinigen und segnen.”
