Die Wahrheit und ihre Bekundung ist eins. In dem Grade, wie wir die Gegenwart der geistigen Wahrheit erkennen, verschwindet das Zeugnis der materiellen Sinne, das nur wahr zu sein scheint. Für die Wahrheit war es nie gegenwärtig; es hatte nie eine wirkliche Wesenheit. Unsere verehrte Führerin Mary Baker Eddy macht dies auf Seite 30 ihres Buchs „Nein und Ja” klar. Sie schreibt: „Daß die Wahrheit ihre eigene Unendlichkeit kennt, verbietet das tatsächliche Vorhandensein auch nur eines Irrtumsanspruchs.”
Wenn christlich-wissenschaftliche Behandlung den Menschen von Nutzen sein soll, dürfen wir Wahrheitserklärungen nicht bloß äußern, wie man Seifenblasen in die Luft bläst. Wenn das Prinzip göttlich ist, muß es unfehlbar sein. Wenn es unfehlbar ist, muß seine Wahrheit augenscheinlich sein; und wenn wir die Herrschaft verstehen, die das Prinzip über das Weltall hat, sollten wir erwarten, den bestimmten Augenschein dieser Vollkommenheit hier und jetzt zu sehen. Das Ändern seines Gesichtspunkts, d.h. das Ersetzen einer falschen Auffassung der Dinge durch die wahre Idee des Seins, ist kein mit Zeit verknüpfter Vorgang.
Wenn das Leben ewig ist und selbständig besteht — und dies ist der Fall — kann es nichts Zerstörendes in sich schließen. Das Leben kennt weder Sünde noch Krankheit. Wenn wir diesen vollkommenen Standpunkt gelten lassen, müssen wir erwarten, daß unser gegenwärtiges Leben von den Einschränkungen rings um uns her frei wird.
Wenn die Liebe Gott, das Höchste Wesen, ist — und sie ist es — muß Gott unendlich vollkommen und gut sein. Wir sollten also Irrtum in keiner Form als wirklich hinnehmen, sondern alle irrigen Einflüsterungen augenblicklich zurückweisen, auf unsere Vollkommenheit Anspruch erheben und den Beweis in normaler Körpertätigkeit, in erfolgreichen Geschäftsunternehmungen und einem durchaus harmonischen menschlichen Dasein erwarten.
Warum sollen wir, wenn die Wahrheit unbedingt und unveränderlich ist — und sie ist es — uns von dem Augenschein der fünf körperlichen Sinne irreführen lassen? Wo kann ein solcher Augenschein bestehen? Sicher nicht im Reich der Wahrheit. Die Wahrheit zeugt unaufhörlich für ihre eigene Unendlichkeit. Laßt uns von uns selber und von denen, die uns um Hilfe bitten, verlangen, daß das falsche Sinnenzeugnis aus dem Denken ausgeschlossen wird, und darum beten, daß wir den vollständigen Augenschein der Gegenwart und Macht der Wahrheit wahrnehmen!
Wie können wir, wenn wir glauben, daß das Gemüt das All ist, und daß es keine Materie gibt — und dies ist die Grundlage aller christlich-wissenschaftlichen Behandlung — das für wahr halten, wofür nur ein Traumsinn der Dinge zeugt? Auf Seite 7 in „Unity of Good” schreibt Mrs. Eddy über ihre Erfahrungen beim Heilen: „Im Zusammenhang mit diesen Erfahrungen strömen gewisse sich selbst beweisende Sätze in mein wartendes Denken ein, und hier ist eine solche Überzeugung: daß das Anerkennen der Vollkommenheit des unendlichen Ungesehenen eine Macht verleiht, wie nichts anderes es vermag.” Warum anerkennen wir dann diese Macht nicht? Warum erwarten wir nicht, den Augenschein davon zu sehen? Jesus rügte nicht nur den Irrtum, sondern er bot auch den Augenschein der Gegenwart und Macht der Wahrheit dar. Er zerteilte den Schleier des Materialismus und erbrachte den Beweis seiner Kenntnis des vollkommenen Gottes und des vollkommenen Menschen.
Die Materie ist das Ergebnis falschen, materiellen Denkens. Sie ist nicht etwas an und für sich; sie ist nur ein Schatten, nur die Folge der Unkenntnis der Wahrheit. Wir wissen, daß das göttliche Gemüt das Zeugnis der körperlichen Sinne vernichten kann und vernichten wird, und daß es jedem von uns den vollkommenen Begriff enthüllt. Worauf warten wir dann? Fürchten wir, uns anscheinend Bekanntes aufzugeben, um das zu erlangen, was geistig vollkommen und vollständig ist? Jesus sagte: „Fürchtet euch nicht!”
Die Seele enthüllt unsere wahre Wesensart, die als Gottes Widerspiegelung ewig eins mit Ihm ist. Zögern wir, den endlichen, persönlichen Sinn des Selbst einzutauschen gegen unser wirkliches Selbst aus Furcht, daß wir eine liebgewonnene menschliche Auffassung vom Selbst einbüßen könnten? „Fahre auf die Höhe”, gebot Jesus den Jüngern, als sie die ganze Nacht vergeblich gearbeitet hatten. Die tiefen Wahrheiten des geistigen Seins müssen uns wirklicher werden als das Sinnenzeugnis. Sollen wir nicht auf die wichtige Tatsache eingehen, daß der Mensch im Geist, in der Gegenwart dessen weilt, der unser liebender Vater-Mutter, das Gemüt, ist? Der Augenschein dieser Tatsache wird sichtbar, wenn wir sie uns zu eigen machen.
Wie können wir, wenn wir glauben, daß wir in der Welt des materiellen Sinnes und seiner Unvollkommenheiten leben, den Folgen dieses Glaubens entrinnen? Nur durch ein Erwachen zur Erkenntnis der Tatsache, daß die Materie unwirklich ist, und daß uns daher etwas, was kein wirkliches Dasein hat, keine Strafe auferlegen kann. Unsere Führerin hat uns die inspirierte Erklärung gegeben (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468): „Alles ist das unendliche Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung, denn Gott ist Alles-in-allem.” Hier ist kein Sinnenzeugnis vorhanden.
Jesus wurde sich dieses wirklichen, geistig vollkommenen Weltalls während seines Wirkens immer mehr bewußt, und er bewies durch die Heilung von Sünde und Krankheit aller Art in zunehmendem Maße, daß das Sinnenzeugnis eine Trugvorstellung ist. Sein krönender und unübertroffener Beweis hinterließ keine materielle Spur, als er, sich der Allheit des Geistes voll bewußt, über die Wahrnehmung derer, die weniger geistig gesinnt waren, erhoben wurde. Er forderte und empfing bei jedem Schritt auf dem Wege den Augenschein seines sich unaufhörlich entfaltenden Verständnisses der Allheit des Geistes.
Ebenso müssen wir als Nachfolger des Wegweisers mehr tun, als nur über den Geist reden und nachdenken. Wir müssen den Beweis unseres Verständnisses fordern. Dies ist unser göttliches Recht. Wir müssen geltend machen, daß wir als die individuelle Kundwerdung des Gemüts wesenseins mit dem Gemüt sind. Gott wird uns, wenn wir Ihn bewußt widerspiegeln, ganz bestimmt den vollen Augenschein Seiner Güte und Macht geben.
