An einem schönen, sonnigen Nachmittag führte uns unser Weg an einem Hotel vorbei, das die Regierung zur Unterbringung von Matrosen übernommen hatte. Über den Eingängen hing die Landesfahne, und jeder Matrose stand auf der zum Eingang hinaufführenden Freitreppe nach einigen Stufen still und grüßte die Fahne.
Es war ein eindrucksvoller Anblick. Es war kein oberflächliches Grüßen, sondern erfolgte, wie es schien, mit großer Achtung und Ehrerbietung. Beim Nachdenken darüber schien es ganz klar, daß nicht die Fahne an sich noch der Gehorsam gegen den Befehl, sie zu grüßen, jene eindrucksvolle Stellungnahme der Matrosen veranlaßte. Es war etwas Größeres. Die Fahne war ein Sinnbild von etwas, woran den Matrosen sehr viel gelegen war. Hier war eine tiefe Idee versinnbildlicht, und sie erzeugte die für den Zuschauer so offensichtliche Ehrerbietung.
Und dann kam der Gedanke: Wäre es nicht gut, wenn jedermann jeden Morgen, ehe er den neuen Tag beginnt, in seinem Denken den Christus, die göttlich rechte Idee, begrüßte? Ein innerliches Begrüßen oder Anerkennen der tatsächlichen Gegenwart des Christus und seines ununterbrochenen und fortwährenden vollkommenen Ausdrucks wäre ein mustergültiger Anfang für einen neuen Tag.
Mary Baker Eddy erklärt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 584) „Tag” als „den Strahlenglanz des Lebens; Licht, die geistige Idee der Wahrheit und der Liebe.” Sie fügt hinzu: „Die Dinge der Zeit und des Sinnes verschwinden in der Erleuchtung des geistigen Verständnisses, und das Gemüt bemißt die Zeit nach dem Guten, das sich entfaltet.” Es scheint daher, daß den Tag recht und freudig begrüßen die Tatsache anerkennen hieße, daß sich darin nur Gutes entfalten kann. Auf diese Art widerlegt man erfolgreich die Lügeneinflüsterung, daß unsere Tage Zeiten unvorhersehbarer Ereignisse und vielleicht unglücklicher Erfahrungen seien. Auf diese Weise legt man im menschlichen Bewußtsein jenen vollkommenen Tag fest, und verwirklicht Herrschaft über alles, was geltend macht, böse zu sein.
Im wahren Tag haben Irrtumsschatten keinen Raum. Der Irrtum hat keine Ursache, keinen Platz, kein Gesetz und keine Wirkung, und diese Tatsachen müssen als wahr anerkannt werden. Was für einen Segen dieses Anerkennen bringt!
Es wird ziemlich allgemein zugegeben, daß man den Gedanken, die man beherbergt, ähnlich wird. Wer böse Gedanken hegt, wer sie als wirklich und gegenwärtig gelten läßt, wird höchst wahrscheinlich finden, daß sich Böses in seiner Erfahrung ausdrückt. Dagegen ist das Denken heilsam, das nur das Gute als wirklich und in der Erfahrung gegenwärtig gelten läßt. Gut ist hier natürlich im höchsten und wahrsten Sinne des Worts gebraucht.
Sogenanntes Glück haben, wie die Sterblichen es nennen mögen, oder irgend etwas Derartiges drückt nicht die Unveränderlichkeit des göttlichen Prinzips, der Liebe, aus und ist daher nicht wahrhaft gut. Daher ist es wissenschaftlich so wichtig, den wahren Christus, den Mrs. Eddy erklärt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 583) als „die göttliche Offenbarwerdung Gottes, die zum Fleisch kommt, um den fleischgewordenen Irrtum zu zerstören”, zu begrüßen, ihm Ehrerbietung zu erweisen. Etwas, was besser ist als schlimm, ist nicht wahrhaft gut. Mrs. Eddy schreibt: „Ohne Vollkommenheit ist nichts völlig wirklich” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 353).
Als Jesus seine Jünger aussandte, Krankheit aller Art zu heilen und zu predigen: „Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen”, gebot er ihnen: „Grüßet es”, wenn ihr in ein Haus geht. Und wenn das Haus es wert war, sollte ihm Friede zuteil werden. Wenn das Haus es aber nicht wert war, sollten sie weggehen und den Staub von ihren Füßen schütteln. Der Meister wollte seine Nachfolger offenbar warnen, sich in ihrer heiligen Arbeit nicht aufhalten zu lassen, wenn sie bei ihrem Heilen auf Flauheit, Feindseligkeit und Unwürdigkeit stoßen sollten. Durch unerschütterliches Festhalten in ihrem Denken an dem Christus, der Wahrheit, würden sie ausgerüstet sein, die Würdigen von den Unwürdigen zu scheiden, jenen zu helfen, und sich durch diese nicht hindern oder stören zu lassen.
Jeder Rechtdenkende in der Welt wünscht heute Frieden, sehnt sich danach, daß die Menschen die Freiheit erleben möchten, die nach Gottes Verordnung alle Seine Kinder genießen sollten. Aber ehe diese Verwirklichung kommen kann, muß das Denken zu dem geistigen Ideal, dem Christus, erhoben werden, der das wahre Sein enthüllt. Ein solches Erheben des Denkens erfordert den klarsten Blick und klarstes Denken. Es genügt nicht, daß wir die Anstrengungen hervorragender Führer auf dem Gebiet der Politik, der Kriegführung oder des Unterrichtswesens bewundern und ihnen beistimmen. Wir müssen das göttliche Ideal, das wir als das einzig rechte Ziel ansehen sollten, anerkennen und begrüßen, und wenn dies geschieht, und die dem hohen Ziel wahren Christentums, wahrer Demokratie und gerechter Regierung gewidmeten Gedanken zusammenarbeiten — sich vereinigen — werden die Worte in Erfüllung gehen:
„Näher und näher rückt die Zeit,
Die Zeit, die sicher kommen wird,
Wo die Erde voll werden wird von der Herrlichkeit Gottes,
Wie Wasser das Meer bedeckt.”
Eine Kirche wird nur dann fortbestehen, wenn sie ihre Verpflichtung gegen Gott und den Menschen erfüllt. Und um dies zu tun, muß in der Kirche die hohe Disziplin religiösen Glaubens und der Hingebung herrschen.
