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„Gütiger Geist, o weile in mir”

Aus der April 1946-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Welt, in der wir leben, ist erschüttert und aus den Fugen, weil Menschen und Völker auf falschen Grundlagen gebaut haben. Gegenwärtig, wo der Machtanspruch der Materie unsere Beachtung erheischt, „müssen wir dorthin schauen, wo wir hinwandeln möchten, und wir müssen handeln wie einer, der alle Macht von Ihm besitzt, in dem wir unser Sein haben” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, S. 264).

Mrs. Eddy hat unser größtes Bedürfnis in die Worte gefaßt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 4): „Am meisten bedürfen wir des Gebets inbrünstigen Verlangens nach Wachstum in der Gnade, das in Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken zum Ausdruck kommt.” Diese Einschärfung ist höchst wichtig. Es ist zu beachten, daß unsere Führerin sagt: „Am meisten bedürfen wir des Gebets inbrünstigen Verlangens nach Wachstum in der Gnade”, und dann sagt sie uns, daß diese wichtige Gnade „in Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken zum Ausdruck kommen” muß.

Unsere Führerin betont die Wichtigkeit der Gnade auch in ihrer geistigen Auslegung des Gebets des Herrn, wenn sie für die Stelle: „Unser täglich Brot gib uns heute”, die geistige Auslegung gibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 17): „Gib uns Gnade für heute; speise die darbende Liebe.” Gnade ist die Eigenschaft, deren wir täglich bedürfen, das, was „die darbende Liebe speist.” Webster erklärt „Gnade” als „eine nach allgemeiner Ansicht von Gott kommende Tugend oder sittliche Vortrefflichkeit; ... die Tugenden Selbstverleugnung, Demut und Liebe.”

Die zweite aus Wissenschaft und Gesundheit angeführte Stelle zeigt, daß das erste Anzeichen der Gegenwart der Gnade daraus ersichtlich ist, daß wir tatsächlich Geduld ausdrücken. Das Wörterbuch erklärt, daß der geduldig ist, der „bei Ärgernissen Langmut oder Selbstbeherrschung üben oder bekunden kann.” Sehr lehrreich ist die Feststellung, daß eine geduldige Person ausdauernd und „frei von ... Unzufriedenheit, ... ruhig erwartungsvoll” ist. Eine andere Begriffsbestimmung lautet: „Geduld erträgt die großen und kleinen Mühseligkeiten des Lebens, ohne zu murren oder durch Gebärden, das Betragen oder Worte zu klagen.”

Diese Begriffsbestimmungen schließen in sich, daß der Geduldige die Anfechtungen und Ärgernisse, die gewöhnlich Klagen, Aufregung, angreifende Selbstverteidigung oder Selbstrechtfertigung hervorrufen, nicht bloß unbeachtet läßt, sondern tatsächlich darüber steht. Sie sind ferner ein Hinweis darauf, daß jemand, der geduldig ist, sich jedenfalls bewnßt ist, daß die widerwärtigen Erscheinungsformen seiner menschlichen Erfahrung nicht tatsächlich, wirklich oder dauernd sind, und daß sie ihn und seine Arbeit nicht beeinflussen können, wenn sein Denken so beschaffen ist, daß sie ihm nichts anhaben können. Dies trifft auf den wahren Christlichen Wissenschafter zu. Er unterwirft sich weder verkehrten Zuständen, noch wird er durch ihre Gegenwart aufgeregt — ob sie nun geltend machen, lediglich in seinem eigenen Denken zu bestehen, oder ihm auf Schritt und Tritt in seinen Beziehungen zu seinen Mitmenschen zu folgen. Er ist sich bewußt, daß das Böse in Wirklichkeit keine Macht hat, Schmerz oder Aufregung zu erzeugen, Ungerechtigkeit zu unterstützen oder mit Mißerfolg zu drohen. Weil er dies weiß, ist er bei Ärgernissen geduldig; beharrt aber in seiner vertrauensvollen Behauptung, daß der Mensch das Kind Gottes ist — daß er vollkommen und harmonisch ist. Er erwartet, daß sein geistiges Verständnis die Wolken des Bösen zerteilen und des Menschen Wesensart als die dem Ärger oder der Entmutigung allezeit überlegene Idee Gottes enthüllen wird.

Die zweite Eigenschaft, durch die Gnade zum Ausdruck kommt, ist Sanftmut. Wir wissen, daß unsere Führerin nicht auf jenen unglückseligen Begriff von Sanftmut Bezug nimmt, der Unterwerfung, Mangel an Geistesstärke, Feigheit usw. bedeutet. Sie nahm auf die Sanftmut Bezug, die in Gelindigkeit, in Freundlichkeit und in Gedankeneigenschaften zum Ausdruck kommt, die nichts mit Stolz, Hochmut, Anmaßung oder Groll zu tun haben. Da Gelindigkeit den wahren Sinn von Sanftmut treffend wiedergibt, dürfte folgende Begriffsbestimmung hilfreich sein: Wer gelinde ist, hat „Lebensart”; ist „nicht hart oder streng; milde, freundlich, rücksichtsvoll, ... bescheiden.”

Wie kann der von Gott geschaffene Mensch anders als gelinde sein, Lebensart haben und edel gesinnt, freundlich, bescheiden und friedliebend sein? Gott drückt durch alle diese schönen Eigenschaften sich selber aus, und wer Sanftmut ausdrückt, ist glücklich. Er ist wahrlich ein Segen für alle, die in den Bereich seines Denkens kommen.

Geduld und Sanftmut sind unbestreitbar unpersönliche Eigenschaften. Sie stehen in keiner Beziehung zu der Haltung anderer gegen uns, noch sind sie von der Haltung anderer abhängig. Es ist daher nicht überraschend, daß unsere Führerin Geduld und Sanftmut als die zwei ersten Grundsteine für die Gestaltung eines Lebens bezeichnet, das Tugend und Christlichkeit ausdrückt.

Mrs. Eddy führt als dritte wesentliche Eigenschaft Liebe an. Es ist gut, daß sie uns zuerst auf die zwei völlig unpersönlichen Eigenschaften Geduld und Sanftmut aufmerksam macht; denn es fällt dem menschlichen Gemüt oft schwer, jene Liebe zu verstehen und anzunehmen, die nichts mit Beziehungen zwischen bestimmten Personen zu tun hat. Und doch weiß der Christliche Wissenschafter, der sich mit Verständnis in sein Lehrbuch vertieft, daß die Liebe, die von Gott kommt, der die Liebe ist, „die Person nicht ansieht”; daß sie alle umfaßt; daß sie dem Kind Gottes immer unbegrenzt zugänglich ist. Das Widerspiegeln allumfassender Liebe ist der nächste Schritt, der der Geduld und Sanftmut Farbe, Freude, Erleuchtung und Innigkeit hinzufügt. Ein mit Geduld, Sanftmut und Liebe gewappneter Christlicher Wissenschafter ist zu guten Werken und zu nichts anderem als guten Werken bereit!

Der vierte und letzte Beweis der Gegenwart der Gnade besteht in „guten Werken”. Hier haben wir den werktätigen, bestimmten Ausdruck erwartungsvoller, ausdauernder Geduld, die durch wahre Sanftmut veredelt und durch Liebe reicher, inniger und reiner ist. Wie einfach es unsere Führerin uns doch gemacht hat, wenn wir über diese fünf Ausdrücke bloß gründlich und andächtig genug nachdenken, um ihre Bedeutung zu verstehen!

In unserem Denken gewohnheitsmäßig vorhandenes Wohlwollen drückt sich unumgänglich in guten Werken aus, und dann werden unsere Beziehungen zu unseren Nebenmenschen gleichmäßig friedlich. Wir müssen alles überwinden, was uns in der Vergangenheit verhindert hat, einträchtig und anerkennend mit andern zusammenzuarbeiten; was uns unangenehme persönliche Eigenheiten in andern oder in uns selber hervorheben ließ; was uns veranlaßte, gekränkt zu sein oder andere um ihre Verantwortlichkeiten oder Gelegenheiten zu beneiden. Ferner müssen wir alles erkennen und ausscheiden, was uns abgehalten hat, jene Sanftmut und Gelindigkeit auszudrücken, ohne die ein vollständiges und aufrichtiges Zusammenarbeiten unmöglich ist; alles, was uns veranlaßt hat, eitel oder auf Stellung, Besitz oder Vorrang stolz zu sein; alles, was uns zu häßlichem Klatsch oder abfälligem Urteilen verleitet hat, weil ein solches Denken gewiß nicht durch die Gnade Gottes gegenwärtig ist. Laßt uns so wohlwollend denken, daß die lieblosen Annahmen des persönlichen Sinnes keinen Einlaß in unsere Gedanken finden! Nur hingebungsvolles, freudiges, geistiges Wachstum kann verbürgen, daß in unserem ganzen Denken und Handeln Wohlwollen vorhanden ist.

Es erfordert Mut, beständig wohlwollend oder gütig zu sein. Eine gütige Gesinnung muß gleichzeitig unerschrocken und sanftmütig sein — unerschrocken genug, um die Wahrheit auszudrücken; sanftmütig und gelinde und bescheiden genug, um das „stille, sanfte Sausen” zu hören. Wer den Bericht über Jesu letzte Tage vor seiner Kreuzigung gelesen hat, kann an des Meisters Unerschrockenheit oder an seinem Mut nicht zweifeln. Es kann auch niemand seine Sanftmut in Frage ziehen, da er seine Pflicht gegen Gott jeder persönlichen Erwägung voranstellte und den Verhöhnungen und Schmähungen und der Beschimpfung von seiten derer, die seinen Mut zu erschüttern suchten, mit ruhiger Demut und vollständigem Vertrauen entgegentrat. Er stand allein auf der Seite der Wahrheit, und er war furchtlos und gütig angesichts von Herausforderungen, die menschlich unerträglich waren.

Das makellose Beispiel unseres Meisters und die sanfte, aber feste Entschlossenheit und der Mut unserer geliebten Führerin sollten uns anspornen, in unserem Leben mehr Liebe und Güte zu bekunden. Laßt uns daher fortwährend und tief aufrichtig beten:

„Gütiger Geist, o weile in mir,
Damit auch ich gütig werde,
Und mit Worten, die helfen und heilen,
Dein Leben in meinem bekunden kann;
Daß in kühnem und sanftmütigem Handeln
Ich Christi gütigen Geist ausdrücke.”

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