Wenn man sich mit der Bibel und mit „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy wißbegierig zu befassen beginnt, wundert man sich über die bisher unentdeckten Schätze und Herrlichkeiten, die einem zugänglich gewesen wären, wenn man sie bloß gekannt hätte. Und man ist vielleicht erstaunt, wenn man sieht, daß selbst diejenigen, die diese zu den grünen Auen geoffenbarter und überraschender Wahrheiten führende Pforte gefunden haben, die Gelegenheiten, die diese geöffnete Pforte bietet, manchmal nicht benützen.
Die Wahrheit kann die kleinste Einzelheit im Leben umgestalten; ihre Macht ist jedoch so groß, daß sie die Materialität so unschädlich machen kann, wie ein Blitz die Elektrizität in den Wolken entladet, wobei oft die Feuchtigkeit frei wird und es zum Regnen kommt.
Die von der Wahrheit bewirkten Wunder erscheinen dem Anfänger oft als leibliche Heilungen, als Berichtigung geschäftlicher Schwierigkeiten, als verbesserte menschliche Zustände oder als größere Einmütigkeit und Anregung im Verkehr mit andern. Der wachsame Wissenschafter entdeckt jedoch bald, daß diese geänderten Erscheinungen nur die angelehnte, nicht die ganz geöffnete Pforte; nur der Anfang, nicht das Ziel; nur ein flüchtiges Erblicken weiter Gefilde, nicht das volle Erschauen der geistigen Landschaft sind.
Viele, die die Pforte ein wenig geöffnet sehen, begnügen sich mit diesen gebesserten menschlichen Zuständen. Sie reden über die erlebten Wunder und empfehlen sie andern uneingeschränkt; aber sie selber gehen nicht durch die offene Pforte auf die grünen Auen der Offenbarung; sie sehen nicht die volle Widerspiegelung im stillen Wasser der göttlichen Wirklichkeit, wo uns voll eingeschenkt wird. Sie sehen auch die vor ihnen liegenden wunderbaren Gelegenheiten noch nicht, noch schenken sie der geistigen Wahrheit, die sie zu einem Denken nötigt, das reine Freuden bringt, völlig Gehör.
Erst wenn man sieht, daß das materielle Dasein an und für sich nichts zu bieten hat, daß alles Gute in geistiger Vollkommenheit liegt, beginnt man die Worte zu verstehen: „Du schenkest mir voll ein.“ Kurze Erklärungen wie die nachstehenden in den Schriften unserer Führerin fesseln unsere Aufmerksamkeit und zeigen, daß wir vom Materiellen unmöglich Gutes erwarten können: „Fortschritt ist geistig“ (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 181); „Glück ist geistig, aus Wahrheit und Liebe geboren“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 57); „Schönheit ist ein Ding des Lebens, sie wohnt immerdar in dem ewigen Gemüt und spiegelt den Zauber Seiner Güte in Ausdruck, Gestalt, Umriß und Farbe wider“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 247). Folglich sind Fortschritt, Glück und Schönheit — alles Gute und Schöne — machtvoll gegenwärtig und wirken unablässig.
Von diesem höheren Standpunkt aus sieht man, daß uns Glück unmitelbar, ununterbrochen von Gott zufließt. Die menschliche Erfahrung hat uns nie Glück gebracht und sie kann es uns nicht nehmen. Glück ist in so großem Maße göttlich, daß es unwandelbar und dauernd ist und aus seiner unerschöpflichen Quelle unablässig reiche Segnungen ausströmt.
Es ist so reich und mächtig, daß das menschliche Leben notwendigerweise ab und zu davon berührt wird; aber die irrige Ansicht, das menschliche Leben für die Quelle des Glücks zu halten, war von jeher die vermeintliche Ursache des Unglücklichseins, des Mißlingens und der Häßlichkeit.
Glück, Schönheit und Fortschritt kommen von Gott und haben an Seiner Unendlichkeit teil. Gottes Idee spiegelt sie wider und kann nie von ihnen getrennt werden. Die Erkenntnis dieser Tatsachen gestaltet das menschliche Leben um und verleiht ihm den Widerschein und die Frische des geistigen Lebens und der geistigen Liebe.
Wer kümmert sich um Träume, wenn er das wirkliche Glück erkennt? Wer sorgt sich um einen menschlichen Platz und um Stellung, wenn er versteht, daß Gott sowohl seinen Platz für ihn geschaffen hat, wie Er auch ihn geschaffen hat, um diesen Platz auszufüllen? Wer kümmert sich um menschliches Lob oder menschlichen Tadel, wenn er in seinem Herzen Gottes heilige Erklärung hört: „Du bist getreu gewesen“?
Die erste Wirkung der Christlichen Wissenschaft ist ein freudiges Erfülltsein von einer Lebenskraft und Stärke, wie man sie nie zuvor kannte. Aber das ist nur ein Schlückchen aus dem Becher, der uns voll eingeschenkt wird, wenn wir verstehen lernen, daß wir immer als Kinder des herrlichen Vater-Mutter-Gottes leben können.
Jeder Schritt vorwärts bringt große, reiche Segnungen, und durch die Verheißung weiterer Entfaltung bleibt unsere ganze Aufmerksamkeit immer auf etwas Höheres als das Körperliche, das Menschliche, auf die Betrachtung des Göttlichen, gerichtet.
Der bekannte Naturforscher Linné verließ im Jahr 1732 Upsala; er kehrte damit dem Zeitalter einer nur aus Büchern geschöpften, oft irrigen und entstellten Kenntnis den Rücken, um die Natur unmittelbar zu erforschen, und wir lesen über diesen Schritt vorwärts: „Es ist kein Wunder, daß die Lerchen zu singen begannen, als er nach Norden zog.“
Etwas Ähnliches ereignet sich, wenn wir die begrenzte, beschränkte Ansicht aufgeben, daß die Christliche Wissenschaft nur den Zweck habe, die menschliche Erfahrung zu verbessern. Wenn wir durch die offene Pforte eingehen und verstehen lernen, daß „wir nun Gottes Kinder sind“, können wir nicht anders als singen, und unser ganzes Sein wird von dem Licht und dem Strahlenglanz eines neuen Tages erleuchtet. Dann beginnen wir, völliger den Sinn jener Worte zu verstehen: „Du schenkest mir voll ein.“
    