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Unendliche Fülle

Aus der Dezember 1948-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein reicher Jüngling fragte Jesus einst, was er tun solle, daß er das ewige Leben möge haben. Er sagte dem Meister, daß er die Gebote von Jugend auf gehalten habe und fragte ihn (Matth. 19, 20): „Was fehlt mir noch?“ Jesus antwortete: „Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!“ Es wird uns berichtet, daß der Jüngling „betrübt von ihm ging; denn er hatte viele Güter.“ Daraufhin sagte Christus Jesus zu seinen Jüngern: „Wahrlich ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen.“

Der falsche Verlaß auf materiellen Reichtum, der die Menschen nicht in den Himmel kommen läßt, ist nicht auf sogenannte reiche Leute beschränkt; er fesselt auch viele, die die Welt arm nennt. Der Himmel ist sogar irrigerweise schon als ein künftiger Zustand aufgefaßt worden, wo des Armen gegenwärtiger Mangel durch eine hinreichende materielle Fülle behoben sein werde; während die Aussicht auf einen Himmel ohne ihre „vielen Güter" schon viele veranlaßt hat, sich betrübt abzuwenden. In ihrer Verblendung setzen die Menschen das größere Vertrauen auf das Materielle und halten es für ein Opfer, das Schattenhafte aufzugeben, um die bleibende Substanz des Geistes zu erlangen.

„Verkaufe, was du hast“, kann ausgelegt werden als „gib deinen Sinn von persönlichem Besitz auf“. Äußerlich betrachtet wären des jungen Gebieters Güter von heutigem weltlichem Reichtum verschieden; aber der persönliche Sinn hat sich nicht geändert. Wir mögen wie er die Gebote von Jugend auf gehalten haben; aber wir tun es nur dem Buchstaben nach, wenn wir unser Gutsein als einen persönlichen Besitz betrachten. Jesus sagte: „Niemand ist gut denn der einige Gott.“ In einem persönlichen Sinn des Guten Befriedigung suchen, sei es in Glück, in einer Sittenlehre, in Reichtum oder Gesundheit, versagt immer. Früher oder später müssen wir uns fragen: Kann ein Mensch wahrhaft etwas Eigenes, d.h. etwas außerhalb der Unendlichkeit, besitzen, wenn Gott unendlich ist?

Die vollständige und angemessene Antwort auf diese Frage finden wir in den Schriften der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy. Sie schreibt in „Rückblick und Einblick“ (S. 5 7): „Der Mensch leuchtet durch entlehntes Licht. Er spiegelt Gott als sein Gemüt wider, und diese Widerspiegelung ist Wesenheit, — die Wesenheit des Guten. Die Materie ist Wesenheit im Irrtum, der Geist ist Wesenheit in der Wahrheit.“ Und weiter unten schreibt sie: „Alles muß aus Gott sein, und nichts — getrennt von Ihm — aus uns.“

Wir werden diese Weisheit „besser als Perlen“ schätzen, wenn wir erkennen, daß es außerhalb des Geistes, Gottes, keine Substanz gibt, oder, wie die Bibel sagt (Pred. 1, 2), daß „alles ganz eitel ist.” Es ist auch klar, daß die Materie und das Materielle — die „Wesenheit im Irrtum“ — das einzige ist, was wir als persönlichen Besitz haben können, und wir finden durch eine Berichtigung unserer Auffassung vom Guten „Wesenheit in der Wahrheit“ — den „Schatz im Himmel“, den Jesus verhieß.

Ein Christlicher Wissenschafter mußte sich, um in seinem Beruf vorzurücken, in Fächern, mit denen er nicht vertraut war, einer schweren schriftlichen Prüfung unterziehen, und er hatte nur sehr kurze Zeit zur Vorbereitung. Er bat einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Hilfe, verwendete mehrere Monate lang seine ganze freie Zeit dafür und lernte sehr fleißig oft bis tief in die Nacht hinein. Obgleich ihm nichts so sehr zu mangeln schien wie Zeit, kam er doch den ihm zugewiesenen Pflichten in der Kirche nach, er besuchte die Gottesdienste, vertiefte sich täglich in die Lektionspredigt und las die christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften, sobald sie ankamen. Obgleich unter den Umständen ein Erfolg menschlich unmöglich zu sein schien, bestand er die Prüfung zur gegebenen Zeit mit ganz gutem Erfolg.

Durch dieses Erlebnis erwachte der Wissenschafter zu der Erkenntnis, daß er des Menschen Einssein mit dem allwissenden Gemüt, Gott, beweisen und manchen überflüssigen Besitz wie menschliche Verantwortlichkeit, menschliches Planen, Befürchtungen und Aufgeregtheit, aufgeben mußte.

Wenn sich eine Heilung hinzuziehen scheint oder eine Schwierigkeit ungelöst bleibt, kann es weise sein, einen Einblick in unseren gedanklichen Besitz zu tun. Zu denen, „die da geistlich arm sind“, von denen es in der ersten Seligpreisung heißt, daß sie „selig“ sind, und daß ihrer das Himmelreich ist, gehören diejenigen, die erkennen, daß das Festhalten am Materiellen sie geistig arm gemacht hat, und die dadurch bereit werden, Heilung zu empfangen. Heilung in der Christlichen Wissenschaft ist rein geistig und erfordert Hingebung, Gehorsam und Liebe. Bloße menschliche Bemühungen, Irrtümer aufzugeben, sind vergeblich; dagegen deckt ehrliche Selbstprüfung „Besitztümer“ auf, die nicht von Gott stammen. Der menschliche Wille ist ein hinterlistiger Übeltäter, und Eigenliebe und ihre Begleiterscheinungen — Selbstsucht, Selbstrechtfertigung, Selbstgerechtigkeit und Selbstbedauern — verdunkeln das heilende Licht. Außerhalb dieses persönlichen Sinnes ist tatsächlich nichts zu heilen; denn Gottes vollkommener Mensch ist jetzt gegenwärtig; er geriet nie in Verdunkelung, war nie verirrt oder abwesend.

Das Materielle umfaßt „viel Träume“ — alle materiellen Annahmen, die sich der Menschen zu bemächtigen scheinen. Diese Annahmen machen geltend, über ihre Art Mensch — das Menschengeschlecht — Herr zu sein. Der Stab, den Mose auf Gottes Gebot wegwarf, wodurch die Schlange, das Böse oder der tierische Magnetismus, aufgedeckt wurde, ist vielleicht ein Sinnbild der materiellen Annahmen. Man kann Mose's Erlebnis so auffassen, daß es zeigt, wie der erschreckte menschliche Sinn, der sich nicht auf Gottes Macht verläßt, vor seinen eigenen Trugvorstellungen flieht. Wenn man auf Geheiß der Wahrheit die Schlange handhabt, wird das Böse durch geistiges Verständnis zerstört, und das Beweisen der göttlichen Wissenschaft gibt einem einen nie versagenden Rückhalt.

Aus der Erzählung im Evangelium geht klar hervor, daß die „vielen Güter“ den jungen Gebieter beherrschten. Dies veranschaulicht, wie täuschend, beherrschend und anmaßend materielle Annahmen sind. Sie veranlaßten den jungen Gebieter, sich der Annahme nach von seinem „Schatz im Himmel“, von seinem wahren Selbst, selber auszuschließen und folglich „betrübt“ wegzugehen. Es war jedoch nicht der Jüngling, sondern unwissende Annahme, die für den materiellen, persönlichen Sinn „ewiges Leben haben“ wollte, die den Besitzannahmen ewiges Dasein und der menschlichen Kenntnis des Guten und Bösen unaufhörliche Dauer geben wollte.

Die Menschen lernen die göttliche Quelle und Tatsächlichkeit ihres Seins in dem Maße völliger verstehen, wie sie aus dem unwissenden, persönlichen Sinn herauskommen, und an Stelle der verblendenden und fesselnden Annahmen einer Vermischung von Gut und Böse geistiges Verständnis tritt. „Das ist das ewige Leben“, sagte Jesus, „daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen."

Den Armen geben, wie Jesus gab, und so dem Christus nachfolgen, heißt aus der „Wesenheit in der Wahrheit“, aus dem „Schatz im Himmel" geben und diesen Schatz dadurch vermehren. Dies ist der wahre Reichtum; denn ihn geben zerreißt den Schleier der Endlichkeit und läßt der Erde die unbegrenzbare Fülle der Liebe zukommen. So gab unsere geliebte Führerin, Mrs. Eddy, den geistig Armen und folgte dadurch Christus nach. Wie der Meister gab sie uneingeschränkt von dem Brot des Himmels, so daß die betrübte und leidende Menschheit von den grausamen Fesseln des materiellen Sinnes frei wird.

Nachdem Mrs. Eddy die Christliche Wissenschaft entdeckt hatte, widmete sie ihr Leben liebevoll der Aufgabe, ihren teuer erkauften „Schatz im Himmel“ allen zuteil werden zu lassen, die bereit waren, ihn zu empfangen. Sind die Christlichen Wissenschafter nicht die Erben dieses Christus- Schatzes, Erben der Pflicht und des Vorrechts, dessen unendlichen Reichtum wissenschaftlich zu beweisen? Mrs. Eddys eigene Werke veranschaulichen die Worte in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 518): „Gott gibt die geringere Idee Seiner Selbst als ein Bindeglied für die größere, und dafür beschützt die höhere immer die niedere. Die geistig Reichen helfen den Armen in einer großen Brüderschaft, und alle haben dasselbe Prinzip oder denselben Vater, und gesegnet ist der Mensch, der seines Bruders Not sieht und ihr abhilft und das eigne Gute in dem des andern sucht.“

Hier ist uns die einzig befriedigende Grundlage für jedes menschliche Streben gezeigt. Daraus folgt, daß alles, was wir auf anderer Grundlage tun oder suchen, zur eigenen Verarmung führt und sich schließlich als „eitel und Haschen nach Wind“ erweist. Trachten wir nach Befriedigung durch ein Anhäufen materiellen Reichtums? Dann arbeiten wir in der Finsternis, um etwas zu erlangen, was wesenlos ist. Sind unsere Bemühungen nur darauf gerichtet, eine Stellung in der Welt, Ruhm oder das Lob Sterblicher zu erlangen? Wenn es der Fall ist, lassen wir uns um unsern hohen Stand als Kinder Gottes, unseres himmlischen Vaters, bringen.

Das eigene Gute in dem suchen, was für einen andern das beste ist, entfaltet Substanz. Es vertreibt unheilvolle, selbstsüchtige Befürchtungen und die damit verbundenen Mangelannahmen. Es erhebt unsern Blick zur Wahrnehmung der wahren Schöpfung und ihres göttlichen Prinzips, der Liebe. Wenn diese Widerspiegelung der Liebe allgemein offenbar wird, wird die Endlichkeit immer mehr verschwinden, und die Menschen werden nicht mehr „betrübt“ weggehen.

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