Wie Paulus einst den Athenern den unbekannten Gott verkündete, so offenbart die Christliche Wissenschaft der Menschheit den wahren Begriff von Gott: daß Er die Liebe ist und kein Übel sendet. Viele beschäftigen sich mit diesem Ideal im Denken, aber sie glauben, es sei unmöglich, es zu verwirklichen und zu beweisen, weil es so völlig im Widerspruch steht zu den Schwierigkeiten in ihrem Leben, die sie oft dem Willen Gottes zuschreiben. Wenn in ihrem täglichen Leben Disharmonie auftritt, sei es Krankheit, Mangel oder ein anderes Mißgeschick, so erklären sie oft: „Wenn es wirklich einen Gott gäbe, dann könnte und würde Er dies nicht zulassen.“
Den gleichen fast vorwurfsvollen Ausspruch kann man hören, wenn Krieg, Katastrophen und dergleichen ganze Völker in ihren Grundfesten erschüttern, wenn die natürlichen Menschenrechte mit Füßen getreten und die Sterblichen mit dem, was sie Schicksal nennen, innerlich nicht fertig werden. Dann folgern sie, daß es keinen Gott gebe, und daß der Mensch und das Leben den Launen des Schicksals preisgegeben seien.
Dieser Gesichtspunkt enthält die dem menschlichen Sinn ganz natürlich erscheinende Logik, daß Gott, da Er allwissend ist, das Übel kennen und daher das Elend der Sterblichen mitansehen müsse und es aufheben, vermindern oder vermehren könne. Wer wollte auch denen, die diesen Standpunkt vertreten, einen Vorwurf wegen ihres Zweifels und ihrer Unwissenheit machen! Ist nicht die Christenheit seit Jahrhunderten so gelehrt worden? Deutet dieser Zweifel nicht vielmehr auf einen Hunger nach Gerechtigkeit hin, und können die Worte „Wenn es wirklich einen Gott gäbe“, nicht eher als eine Verwahrung gegen den von der Theologie von jeher vertretenen Gottesbegriff aufgefaßt werden? Steht dieser Ausruf, der sich so oft einem verzweifelnden Herzen entringt, nicht ganz im Gegensatz zu den Worten in der Bibel, die von Gott sagt (Hab. 1, 13): „Deine Augen sind rein, daß du Übles nicht sehen magst, und dem Jammer kannst du nicht zusehen“?
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