Der Endzweck geistiger Bildung ist, die Menschen immer mehr aus dem täuschenden Traum der Materialität und der Sünde herauszuheben, so daß sie den freudeeinflößenden geistigen Sinn des unsterblichen Seins finden. Manchen mag die Unsterblichkeit so nebelhaft und unbestimmt erscheinen, daß sie sich dieselbe nicht als eine gegenwärtige Möglichkeit vorstellen können.
Die Christliche Wissenschaft, die Wissenschaft des wahren Daseins, verwirft diesen Schluß und bietet der Welt eine geistige Bildung, die zu hohen Bestrebungen Kraft verleiht. Sie schärft einen unerschütterlichen Glauben und die ruhige Gewißheit ein, daß Gott unendlich und das All in allem, das höchste Wesen ist. Ihre Lehren befähigen einen zu erkennen, daß der Mensch jetzt die vollkommene Widerspiegelung dieses einen und einzigen Seins ist. Jedes noch so flüchtige Erkennen, daß Gott und der Mensch in diesem unsterblichen Sein eins sind, lockert die Fesseln der Unwissenheit und der Sünde, vertreibt die Finsternis der Materialität und des Todes und erweitert unsere geistige Fähigkeit, wahre Weisheit widerzuspiegeln. Die geistigen Segnungen, die mit dem endgültigen Beweisen der Christlichen Wissenschaft verbunden sind, übersteigen die Wohltaten der körperlichen Heilung, die das Ausüben der Wissenschaft unumgönglich in unsere Erfahrung bringt, bei weitem und stellen sie in den Schatten.
Manche Sterbliche glauben, daß eine verheerende Umwälzung zu einer schließlichen Auflösung des materiellen Daseins führen werde. Die nachstehende zuversichtliche Botschaft aus der Feder unserer verehrten Führerin, Mary Baker Eddy, in ihrem Buch „Miscellaneous Writings“ (S. 356) versichert uns, daß keine stichhaltigen Gründe für eine solche Annahme vorliegen: „Die eingezwängten Elemente des sterblichen Gemüts brauchen keine gewaltsame Entladung, um frei zu werden. Man braucht dem Neid, der Mißgunst, dem Haß nicht zeitweilig frönen, damit sie durch Leiden zerstört werden; sie sollten aus Mangel an Luft und Freiheit ersticken.“
Die vielfach üblichen Verfahren, von einem rein schulgelehrten Gesichtspunkt aus zu lernen und zu unterrichten, materielle Nachforschungen anzustellen, und das Inspirierende und Geistige lieber unbeachtet zu lassen oder es zu verhöhnen, tragen zu den Ursachen bei, die zu Krieg führen. Erziehung sollte auf das gerichtet sein, was durch ein Suchen nach Gott, der ersten Ursache, höher führt. „Denn der Herr gibt Weisheit, und aus seinem Munde kommt Erkenntnis und Verstand“ (Spr. 2, 6).
Es ist unverkennbar, daß man aus jeder menschlichen Erfahrung etwas lernen kann. Der letzte Krieg hat nichts eindringlicher gelehrt, als daß der Menschheit geistige Bildung äußerst not tut. Und die Zeichen der Zeit lassen ein wachsendes Verlangen nach geistiger Aufklärung erkennen.
Die Christliche Wissenschaft bildet die Menschen geistig heran; sie lenkt das Denken unfehlbar und unentwegt auf den Pfad, der zu Gott, dem göttlichen Prinzip, führt. Wer sie erforscht, lernt verstehen, wie er die den Propheten und Erzvätern geoffenbarte Wahrheit zur Heilung der Kranken und zur Umwandlung der Sünder anwenden und beweisen kann. Dadurch findet er, daß geistige Grundwahrheiten für seine Bildung grundlegend sind, und wenn er sie richtig schätzt, zieht er sie einem Studium akademischer Fächer vor.
Geistige Bildung kann nicht von Inspiration getrennt betrachtet werden, weil wahre Inspiration ein göttlicher Einfluß ist, der seinen Ursprung in Gott hat. Christus Jesus versäumte nie, seine Nachfolger darauf aufmerksam zu machen, daß seine guten Werke ihren Ursprung in Gott hatten und von Ihm geleitet und eingegeben waren. Sein uneingeschränktes Anerkennen, daß er vom Vater ausgegangen war, und der Vater auch der Ursprung seines auf innerer Anschauung beruhenden geistigen Sinnes war, gaben ihm beispiellose Macht und Erfolg beim Lehren der Wahrheit und beim Heilen von Übeln aller Art.
Die Überlegenheit geistig eingegebener Bildung über schulgelehrte Verstandesmäßigkeit trat anschaulich zutage, als Jesus im Tempel in Judäa predigte. Im 7. Kapitel des Johannes lesen wir: „Die Juden verwunderten sich und sprachen: Wie kann dieser die Schrift, so er sie doch nicht gelernt hat?“
Jesu Antwort: „Meine Lehre ist nicht mein, sondern des, der mich gesandt hat“, legte eine große Tatsache dar und offenbarte Gott als das Prinzip aller wahren Kenntnis, Weisheit und Erleuchtung. Mrs. Eddy entdeckte und bewies dieses Prinzip und die den großen Werken des Meisters zugrunde liegenden Regeln. Durch ihr hingebendes Forschen in der Bibel, durch Selbstverleugnung und Reinheit erlangte sie die geistige Bildung, die zu dieser endgültigen Offenbarung der Wahrheit führte und sie befähigte, diese Offenbarung der Welt zu geben.
Der geliebte Jünger Johannes berichtet im 12. Kapitel der Offenbarung in nicht mißzuverstehenden Sinnbildern über die Art des Erscheinens der Wahrheit. Man findet dort den göttlichen Ursprung von Mrs. Eddys Bestimmung und Entdeckung unzweifelhaft bestätigt.
Mrs. Eddy verwarf jeden Gedanken eines persönlichen Sieges oder Vollbringens. Sie wußte gut, daß Gott, das göttliche Gemüt, die Quelle ihrer Erleuchtung war. Aus ihren Schriften geht hervor, daß Erleuchtung nicht durch gewöhnliche menschliche Mittel und Verfahren erlangt werden kann. Auf Seite 506 ihres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ schreibt sie: „Geist, Gott, sammelt ungeformte Gedanken in ihre geeigneten Kanäle und entfaltet diese Gedanken, wie Er die Blütenblätter eines heiligen Vorsatzes öffnet, damit der Vorsatz erscheine.“
Einen Christlichen Wissenschafter hatte jahrelang das Gefühl gequält, daß er eine ungenügende Ausbildung habe. Dieses quälende Gefühl hinderte seinen Fortschritt und stand ihm bei seinem Vorwärtskommen in der Geschäftswelt im Wege. Obgleich er überzeugt war, daß seine tatsächliche Erfahrung ihn zu einer höheren Stellung berechtigte, scheute er jedesmal, sooft sich Gelegenheit bot, davor zurück, sich zu bewerben. Die Befürchtung, daß seine Ausbildung unzulänglich sei, weil er weder einen Befähigungsnachweis von einer Hochschule, noch eine akademische Würde hatte, führte zu einer Vereitelung und Enttäuschung, die sich mit der Zeit riesig steigerten.
Dies machte ihn blind gegen die Tatsache, daß wahre Bildung das Verständnis der Wissenschaft, der Wahrheit über Gott, den Menschen und das Weltall ist. Aber allmählich begann ihm aufzudämmern, daß die Grundlagen wahrer Bildung durch geistige Erleuchtung und ein Forschen in Gottes Wort erlangt werden. Er erwachte zur Erkenntnis dessen, was dem Menschen als der Widerspiegelung Gottes gehört, und durch sein erwartungsvolles Denken lernte er den Wert geistiger Bildung voller würdigen.
Er erkannte, wie ein Verständnis Gottes und des Menschen, das durch sein Forschen in der Bibel und in den Schriften unserer Führerin täglich wertvoller wurde, ihn seit Jahren reich gesegnet hatte. Dann boten sich ihm Möglichkeiten, seine menschliche Ausbildung zu erweitern, um neuen Gelegenheiten gewachsen zu sein; die falschen Schranken unzulänglicher Schulung begannen zu weichen, und die Furcht verging.
Auf Grund der Vergegenwärtigung, daß eine Kenntnis der geistigen Wirklichkeit wahre Bildung ist, konnte er sich mit einer Gruppe Leute, die die Abgangsprüfung von einer Hochschule bestanden hatten, einer Prüfung unterziehen, bei der er das beste Zeugnis bekam. Damit begann für ihn eine neue Zeit des Fortschritts in erfolgreichem Vollbringen, in einträglicher Beschäftigung und einem freudigen Ausdrücken der wahren Eigenschaften des Menschen.
Der demütige Nazarener, der seine Erleuchtung aus Gebet, dem Nachdenken über Gott und aus der Gemeinschaft mit Gott schöpfte, bewies die Überlegenheit geistiger Bildung über das materielle Lernen, das die stolzen Schriftgelehrten in Judäa an den Tag legten, über jeden Zweifel hinaus. Ebenso bewies Mrs. Eddy, die zwar auf keiner Universität ausgebildet, aber eine erstaunliche Denkerin war, geistige Kraft und Weisheit. Ihr Lehrer war Gott. Dennoch weist sie als Führerin der großen christlich-wissenschaftlichen Bewegung ihre Nachfolger auf die Notwendigkeit rechter akademischer Ausbildung hin. Sie schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 195): „Was auch immer den Schein von einer Idee liefert, die von ihrem Prinzip regiert wird, gibt dem Gedanken Nahrung. Durch die Astronomie, Naturgeschichte, Chemie, Musik und Mathematik geht der Gedanke naturgemäß von der Wirkung auf die Ursache zurück. Akademische Bildung rechter Art ist vonnöten. Beobachtung, Erfindung, Studium und schöpferisches Denken erweitern den Horizont; sie sollten dazu beitragen, daß das sterbliche Gemüt über sich selbst hinaus wachse, über alles, was sterblich ist.“ Und sie fährt fort: „Die verworrene Sinnwidrigkeit der Gelehrsamkeit ist es, die wir beklagen — das bloße Dogma, die spekulative Theorie und die widerlichen Romane.“ Wer den Namen Christus in der göttlichen Wissenschaft genannt hat, aber vielleicht mit der Annahme beschränketer Ausbildung in irdischen Dingen ringt, kann dadurch Erleuchtung und wahres Wissen erlangen, daß er sich an Gott wendet. In dem Grade, wie er seine Verbundenheit mit dem göttlichen Gemüt gewissenhaft aufrecht erhält und die Christliche Wissenschaft versteht und anwendet, wird er in seinem eigenen Leben beweisen, daß die Fähigkeit des Menschen unbegrenzt ist, weil das göttliche Gemüt, das Leben des Menschen, unendlich ist.
