Im Gedanken an die Vergänglichkeit der Materialität sang der Psalmist einst (Ps. 103:15, 16): „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da und ihre Stätte kennet sie nicht mehr.“ Doch dieser sterbliche Begriff vom Menschen verbirgt den geistigen, den von Gott nach Seinem Bild und Gleichnis geschaffenen Menschen, wie er im 1. Buch Mose dargestellt wird.
Zu allen Zeiten hat der Gedanke von Anfang und Ende die Sterblichen beunruhigt und in Verzweiflung gestürzt. Einer der zahlreichen Irrtümer des Fleisches ist zweifellos der, daß wir altern — eine Täuschung, die von dem sterblichen Gedanken „Zeit“ ausgeht. Das gedankenlose Zugeben eines flüchtigen, materiellen Daseins, das in Auflösung endet, ist noch außerdem gefährlich, weil es ein ganzes Heer disharmonischer Zustände und Suggestionen zur Folge haben kann. Betrachten wir deshalb das sogenannte Alter im Licht der Christlichen Wissenschaft, die das Dunkel über diesem Punkt aufhellt.
In dem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt Mary Baker Eddy auf Seite 244: „In der Wissenschaft ist der Mensch weder jung noch alt.“ Dieser Mensch, der von Christus Jesus dargestellt wurde, ist das Bild und Gleichnis Gottes. Mrs. Eddy definiert „Zeit“ zum Teil als: „Sterbliche Maße“ (ebd. S. 595). Zeit hat nichts zu tun mit Ewigheit, dem Gottes-Maß der Vollkommenheit und Seligkeit, die allein die Wirklichkeit ausmachen.
Mit dem, was Alter zu sein scheint, sind jedoch menschengemachte Gesetze verbunden, Annahmen wie Untätigkeit, Hinfälligkeit, Vergeßlichkeit und dergleichen. Hier ist die Christliche Wissenschaft der einzige Weg, der herausführt aus dem Labyrinth der Sterblichkeit. Sie wird uns von allen Trugvorstellungen befreien, wenn wir die im Lehrbuch dargelegten, göttlichen Wahrheiten annehmen, sie studieren und vor allem, sie in die Tat umsetzen.
Mrs. Eddy gibt uns den Rat (ebd. S. 246): „Berichte niemals über Alter. Chronologische Daten sind kein Teil der unermeßlichen Ewigkeit.“ Und in dem gleichen Abschnitt sagt sie: „Der Mensch, der vom unsterblichen Gemüt regiert wird, ist immer schön und groß. Jedes kommende Jahr bringt Weisheit, Schönheit und Heiligkeit zur Entfaltung.“ Die irrigen Auffassungen von jung und alt verschwinden, wenn wir, geistwärts gerichtet, voranschreiten. Gott, Wahrheit, Leben und Liebe kennen keine Veränderung oder Altern; daher kann der wirkliche Mensch diesen Zuständen nicht unterworfen sein.
In der Wissenschaft erkennen wir den Menschen als geistig, als die Widerspiegelung des einen Gemütes, Gottes, der immerdar Schönheit und Heiligkeit zum Ausdruck bringt. Wer zum Verständnis von Gott erwacht ist, wird danach streben, vom unsterblichen Gemüt regiert zu werden. Er wird sich weigern, unharmonische Einflüsterungen anzunehmen, um Christus Jesus, dem Wegweiser, folgen und der Stimme Gottes lauschen und gehorchen zu können.
Alles, was herabziehend wirkt, was dem Ebenbild Gottes nicht gleicht, muß abgelegt werden, wenn es auch große Ausdauer erfordert. Wenn der Christliche Wissenschafter allem, was dem Guten entgegengesetzt ist, jede Wirklichkeit abspricht, dann kommt er unter die göttliche Leitung und reift in Weisheit und Erkenntnis zum wahren Jünger des Meisters heran.
Das einzige Alter, das wir in der christlichen Wissenschaft anerkennen, ist das von dem Apostel Paulus in seinem Brief an die Epheser (4:13) erwähnte, wo er von der Zeit spricht, da „wir alle hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden, der da sei im Maße des vollkommenen Alters Christi.“ Christus Jesus bezog sich auf das geistige Alter, als er zu seinen Jüngern sagte (Matth. 5:48): „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“
Sowohl der Anfänger wie auch der erfahrenere Schüler der Christlichen Wissenschaft wird in Gott alles finden, dessen er zu seiner Reife bedarf, und jedes kommende Jahr wird so zu einer gesegneten Erfahrung werden, unabhängig von den Annahmen von Jugend und Alter. Der wahre Wissenschafter blickt nicht zurück und bedauert die sogenannten entschwundenen Jugendjahre. Er lebt im Licht der ewigen Einheit des Menschen mit dem göttlichen Geist, und er versteht, daß sein wahres Selbst unveränderlich ist.
Eine Schülerin dieser Wissenschaft machte eine hilfreiche Erfahrung. Eines Tages wurde ihr eine künstlerische Tätigkeit, um die man sie gebeten, und die sie bis dahin freudig, selbstlos und zufriedenstellend erfüllt hatte, schroff entzogen mit der Bemerkung, daß sie zu alt sei, und daß nur ein jüngerer Mensch für diese Arbeit in Frage kommen könne. Im ersten Moment war sie in Versuchung, sich verletzt zu fühlen, denn dieses unschöne Verhalten kam von einer Seite, von der es am wenigsten erwartet werden konnte. Doch die Wissenschafterin hatte gelernt, daß sie den Irrtum in sich selbst überwinden mußte, daß sie den Altersgedanken in sich selbst zu berichtigen hatte.
Sie prüfte ihr Denken ernstlich, um zu sehen, in welcher Weise dieser falsche Begriff vom Menschen ihr Wirklichkeit vortäuschte, und während sie so forschte, empfand sie eine geistige Erleuchtung. Es offenbarten sich ihr Fähigkeiten, deren sie sich vorher nicht bewußt geworden war. Darüber war sie sehr glücklich, zumal auch Symptome verschwanden, die allgemein als Alterserscheinungen bezeichnet werden; dafür war sie besonders dankbar. Der Segen, der dieser scheinbar unangenehmen Erfahrung folgte, zeigte sich in besseren Gelegenheiten zur Entfaltung. Ohne ihr Wissen hatte sie Engel beherbergt.
Die Christliche Wissenschaft hilft uns zu verstehen, daß das Böse nicht wirklich ist, und daß in dem Verhältnis, wie wir das Gute lieben und anerkennen, es sich in unserem Leben bekundet. Jede Erfahrung ist ein Meilenstein auf unserem Weg vom Sinn zur Seele. Wenn wir uns höher erheben, treten größere geistige Forderungen an uns heran, denn auf dem schmalen aber sicheren Weg zur Vollkommenheit gibt es keinen Zeitbegriff. Laßt uns frohlocken, daß wir diesen Weg betreten können, ohne durch Altersannahmen behindert zu sein.
Wer versteht, daß der Mensch in der Wissenschaft „weder jung noch alt“ ist, findet, daß seine Fähigkeiten sich im Lauf der Jahre nicht vermindern, daß sie vielmehr zunehmen. Das zeitlose Dasein des Menschen in der Wissenschaft ist als eine unumstößliche Wahrheit offenbart worden.